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  • 14.09.2011 · IWW-Abrufnummer 113053

    Landgericht Landshut: Urteil vom 06.07.2011 – 12 S 975/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Landshut
    Az.: 12 S 975/11
    3 C 379/11 AG Landshut
    IM NAMEN DES VOLKES
    In dem Rechtsstreit XXX

    wegen Forderung
    erlässt das Landgericht Landshut -1. Zivilkammer- durch die Richterin am Landgericht -, die Richterin am Landgericht - und den Richter am Landgericht - am 06.07.2011 folgendes
    Endurteil
    1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Amtsgerichts Landshut vom 05.04.2011, Az. 3 C 379/11, abgeändert:
    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 495,88 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.03.2011 zu bezahlen.
    2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
    Beschluss:
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 495,88 € festgesetzt.
    Die Vorsitzende nimmt gemäß § 540 Abs. 1 S. 2 ZPO folgende Gründe zu Protokoll:
    I.
    Der Kläger begehrt die Erstattung von Gutachterkosten aus abgetretenem Recht.
    Das Amtsgericht Landshut hat seine auf Zahlung von 495,88 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit gerichtete Klage mit Endurteil vom 05.04.2011 abgewiesen. Auf die Feststellungen des Amtsgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mit der Maßgabe nachfolgender Abänderungen und Ergänzungen Bezug genommen.
    Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. In der Berufungsinstanz hat der Kläger einen neuen Sicherungsabtretungsvertrag zwischen ihm und dem Geschädigten vom 16./20.06.2011 vorgelegt. Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Amtsgerichts.
    II.
    Die zulässige Berufung erweist sich aufgrund neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz als begründet.
    1. Das Amtsgericht Landshut hat die Klage zu Recht abgewiesen, indem es darauf abgestellt hat, dass die vom Kläger erstinstanzlich vorgelegt Abtretungserklärung unwirksam ist, weil die abgetretene Forderung nicht ausreichend bestimmt bzw. bestimmbar ist.
    a) Das Amtsgericht hat sich vollumfänglich der Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken mit Urteil vom 15.10.2010 (Schaden-Praxis 2010, 446) angeschlossen, das über eine inhaltlich vergleichbare bzw. weitgehend wortgleiche Abtretung zu befinden hatte. Auf die Ausführungen des Landgerichts Saarbrücken wird Bezug genommen.
    Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 07.06.2011 (Az.: VI ZR 260/10) die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision zurückgewiesen.
    Danach ist eine Abtretung nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Rechtsnatur der Abtretung, die ein dingliches Rechtsgeschäft ist. Die Abtretung bewirkt, dass das Gläubigerrecht an einer Forderung von dem bisherigen Gläubiger auf eine andere Person als neuen Gläubiger übergeht (§ 398 BGB). Wie ein Gläubigerrecht nur an einer bestimmten oder mindestens bestimmbaren Forderung bestehen kann, so kann auch nur das Gläubigerrecht an einer bestimmten oder bestimmbaren Forderung Gegenstand der Abtretung sein. An diesem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es, wenn von mehreren selbständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll. Entstehen aus einem Verkehrsunfall für den Geschädigten mehrere Forderungen, so kann von der Gesamtsumme dieser Forderungen nicht ein nur summenmäßig bestimmter Teil abgetreten werden. Um verschiedene Forderungen handelt es sich etwa dann, wenn neben dem Anspruch auf Ersatz des an dem beschädigten Kraftfahrzeug entstandenen Sachschadens ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall geltend gemacht wird. Für die Annahme verschiedener Forderungen spricht in diesen Fällen schon die Möglichkeit unterschiedlicher Entwicklungen in der Anspruchsinhaberschaft, die sich daraus ergibt, dass die Ersatzansprüche im Regulierungsfall gegebenenfalls auf verschiedene Versicherer übergehen können. Eine Verschiedenheit von Forderungen läge nur dann nicht vor, wenn es sich bei einzelnen Beträgen um lediglich unselbständige Rechnungsposten aus einer klar abgrenzbaren Sachgesamtheit handelt, wie dies etwa bei Einzelelementen der Reparaturkosten der Fall ist (BGH, Urteil vom 07.06.2011, Az.: VI ZR 260/10).
    Dies zugrunde gelegt hat der Bundesgerichtshof einen - dem streitgegenständlichen entsprechenden - Abtretungsvertrag zwischen einem Sachverständigen und einem Geschädigten für unwirksam erklärt, da die Abtretung weder hinreichend bestimmt noch bestimmbar sei. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut erfasse sie eine Mehrzahl von Forderungen, nämlich sämtliche Ansprüche des Geschädigten aus dem betreffenden Verkehrsunfall. Die Bezugnahme der Abtretung auf die Höhe der Gutachterkosten stelle lediglich eine Beschränkung hinsichtlich des Umfangs der Abtretung dar. Die Abtretung sollte ersichtlich nicht nur die Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten erfassen. Dieser Anspruch sei eine selbständige Forderung und kein unselbständiger Rechnungsposten. Um dem Bestimmbarkeitserfordernis zu genügen, wäre es deshalb erforderlich gewesen, in der Abtretungserklärung den Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln (BGH a. a. O.).
    Diesen Erläuterungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an. Das Urteil des Amtsgerichts Landshut ist daher zu Recht ergangen.
    b) Soweit der Kläger einwendet, die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken bzw. des Bundesgerichtshofs könnten deswegen nicht herangezogen werden, weil dort seitens der Beklagten nur quotal gehaftet worden sei, während hier die Beklagte zu 100% für den Schaden einzustehen habe, führt dies zu keiner anderen Entscheidung.
    Zum einen kann dem Urteil des Landgerichts Saarbrücken schon nicht eindeutig entnommen werden, dass dort eine Haftungsverteilung im Raum stand. Der Tatbestand des BGH-Urteils besagt im Gegensatz zur Behauptung des Klägers sogar, dass dort die volle Einstandspflicht der Beklagten außer Streit stand.
    Zum anderen kann die Wirksamkeit einer Abtretungserklärung nicht davon abhängig gemacht werden, ob sich im konkreten Fall im Nachhinein herausstellt, dass die Beklagten vollumfänglich Schadensersatz zu leisten haben oder nur anteilig. Die Wirksamkeit einer Abtretung ist abstrakt zu beurteilen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, woran die Kammer angesichts des äußeren Erscheinungsbildes der vorliegenden Abtretung und der Tatsache, dass es sich offenkundig um eine empfohlene Formulierung des BVSK e. V. handelt, keinen Zweifel hat.
    2. In der Berufungsinstanz hat der Kläger nunmehr eine Sicherungsabtretung vorgelegt, die dem Erfordernis der vorzitierten Rechtsprechung genügt.
    a) Der Kläger nimmt insoweit eine Klageänderung vor, weil er mit der neuen Abtretung vom 16./20.06.2011 einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren einführt.
    Diese Klageänderung ist nach § 533 ZPO zulässig. Danach ist Voraussetzung, dass entweder der Gegner einwilligt oder das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
    Eine Einwilligung der Beklagten liegt ersichtlich nicht vor. Sachdienlichkeit ist allerdings zu bejahen. Sie ist objektiv im Hinblick auf die Prozesswirtschaftlichkeit und nicht kleinlich zu beurteilen. Sie ist insbesondere dann zuzulassen, wenn damit eine endgültige Beilegung des Rechtsstreits gefördert wird und ein neuer Prozess vermieden wird (Thomas/Putzo, ZPO, 30. Auflage 2009, § 263 RdNr. 8). Da die Beklagte es unwidersprochen gelassen hat, dass der Kläger und der Geschädigte einen neuen Sicherungsabtretungsvertrag geschlossen haben, kann diese Tatsache bei der Urteilsfindung der Kammer berücksichtigt werden.
    b) Ausweislich der neuen Sicherungsabtretung tritt der Geschädigte dem Kläger einen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten in Höhe von 785,88 €ab. Damit sind der Gegenstand der Abtretung und die davon umfasste Forderung klar umrissen. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur fehlenden Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit sind mithin nicht mehr einschlägig.
    c) Entgegen der Ansicht der Beklagten hält die Kammer die Abtretung nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz für unwirksam.
    (1) Zur früheren Rechtslage unter dem Rechtsberatungsgesetz galt unter anderem folgendes:
    Art 1 § 1 Abs. 1 RBerG sah vor, dass die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, geschäftsmäßig - ohne Unterschied zwischen haupt- und nebenberuflicher oder entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit - nur von Personen betrieben werden durfte, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt war.
    Nach Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG stand den Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes nicht entgegen, dass kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigten, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebs in unmittelbarem Zusammenhang standen.
    Nach (früherer) ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Rechtsberatungsgesetz bedurfte der Inhaber eines Mietwagenunternehmens, das es geschäftsmäßig übernimmt, für unfallgeschädigte Kunden die Schadensregulierung durchzuführen, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG, und zwar auch dann, wenn er sich die Schadensersatzforderung erfüllungshalber abtreten ließ und die eingezogenen Beträge auf seine Forderungen gegen die Kunden verrechnete. Die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG kam ihm nicht zugute. Bei der Beurteilung, ob die Abtretung den Weg zu einer erlaubnispflichtigen Besorgung von Rechtsangelegenheiten eröffnen sollte, war nicht allein auf den Wortlaut der getroffenen vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten dieser zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die es vermied, dass Art. 1 § 1 RBerG durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze umgangen wurde.
    Ging es dem Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgte es keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit. Ein solcher Fall lag nicht vor, wenn nach der Geschäftspraxis des Mietwagenunternehmens die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen wurden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen wurden. Denn damit wurden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hatten. Allerdings war es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durchaus zulässig, dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen Mitwirkung des Fahrzeugvermieters bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Rechnung zu tragen.
    Bei der Auslegung des zwischen einem Mietwagenunternehmen und dem unfallgeschädigten Kunden geschlossenen Sicherungsvertrages war zunächst von dessen Wortlaut auszugehen. Die Frage war, ob sich sowohl aus der Sicherungsabtretung als auch aus der "Vereinbarung zur Sicherungsabtretung" ergab, dass sich nicht das Mietwagenunternehmen, sondern der Kunde selbst um die Schadensregulierung kümmern musste. Trat der Kunde nicht sämtliche Ansprüche gegen den Schädiger ab, sondern war die Abtretung auf die Ersatzansprüche hinsichtlich der Mietwagenkosten beschränkt, sprach dies gegen eine umfassende Besorgung fremder Angelegenheiten im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG (BGH, Urteil vom 04.04.2006, NJW 2006, 1726; BGH, Versäumnisurteil vom 15.11.2005, VersR 2006, 283; BGH, Urteil vom 20.09.2005, NJW 2005, 3570).
    (2) Nach Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes gilt folgendes:
    Gemäß § 2 Abs. 1 RDG ist Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
    § 5 Abs. 1 RDG erlaubt Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
    Die Intention des Gesetzgebers zu § 5 Abs. 1 RDG ergibt sich aus der BT-Drucksache 16/3655 vom 30.11.2006:
    Der Bereich der Rechtsdienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer anderen geschäftsbesorgenden Tätigkeit erlaubt sind, soll in § 5 RDG weiter gefasst werden als der bisherige Ausnahmetatbestand des Art. 1 § 5 RBerG zur „Annexrechtsberatung“. Diese Erweiterung der Möglichkeiten, im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit Rechtsdienstleistungen zu erbringen, steht dabei in unmittelbarem und untrennbarem Zusammenhang mit der systematischen Neuausrichtung des RDG, das nicht ganze berufliche Tätigkeiten aus dem Schutzbereich des Gesetzes ausnimmt, sondern innerhalb eines Berufs für jede Tätigkeit prüft, ob eine Rechtsdienstleistung vorliegt, und ob diese innerhalb der Gesamtleistung eine zulässige Nebenleistung darstellt.
    Rechtsdienstleistungen müssen als Teil erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung ebenfalls erlaubnisfrei zulässig sein, soweit nur der Kern und Schwerpunkt der Tätigkeit insgesamt auf wirtschaftlichem Gebiet liegt. Entscheidend ist, ob die Rechtsdienstleistung eine die Tätigkeit prägende Leistung darstellt, oder ob es sich lediglich um eine Nebenleistung handelt, die zum Leistungsangebot des gewerblich oder freiberuflich tätigen Unternehmers gehört. Allein darauf, ob die Dienstleistung ohne die rechtsberatende oder rechtsbesorgende Tätigkeit nicht ordnungsgemäß erbracht werden kann, soll es künftig nicht mehr ankommen. Nebenleistungen sollen nicht mehr auf bloße Hilfstätigkeiten beschränkt sein; vielmehr können sie im Einzelfall innerhalb der Gesamtleistung einen „beachtlichen Umfang“ erlangen.
    Abzustellen ist also darauf, ob eine Dienstleistung als überwiegend rechtlich oder als wirtschaftlich geprägt anzusehen ist. Dabei soll die Neufassung des § 5 RDG den Weg für eine neue, weitere Auslegung der zulässigen Nebentätigkeit durch die Rechtsprechung eröffnen. Rechtliche Nebenleistungen sind daher auch bei Tätigkeiten zulässig, für die sich noch kein festes Berufs- oder Tätigkeitsbild etabliert hat, oder bei denen die Erledigung rechtlicher Angelegenheiten nicht zum bisher bestehenden Berufs- oder Tätigkeitsbild gehört. Hierzu kann etwa die Einziehung von Kundenforderungen zählen, die einem Unternehmer, Arzt oder einer Werkstatt erfüllungshalber abgetreten wurden. Diese Forderungseinziehung, bei der die Rechtsdienstleistung - die Einziehung der eigenen Vergütungsansprüche gegenüber einem Dritten - besonders eng mit der eigentlichen, den Vergütungsanspruch auslösenden Haupttätigkeit verbunden ist, soll künftig auch dann grundsätzlich erlaubt sein, wenn sie eine besondere rechtliche Prüfung erfordert. Weitere Anwendungsfälle der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit finden sich auch im Bereich der Unfallschadenregulierung etwa bei der Geltendmachung von Sachverständigen-, Mietwagen- oder Reparaturkosten. Hierbei entsteht häufig Streit etwa über die von einer Werkstatt in Rechnung gestellten Reparaturkosten oder über die Höhe der Mietwagenrechnung, insbesondere bei Zugrundelegung eines so genannten Unfallersatztarifs.
    Prüfungsmaßstab ist, ob für eine Tätigkeit die umfassende rechtliche Ausbildung des Rechtsanwalts oder seine besondere Pflichtenstellung im Rechtssystem erforderlich ist, oder ob es im Kern gerade nicht um eine umfassende Rechtsberatung geht und deshalb die berufliche Stellung und Qualifikation des nichtanwaltlichen Dienstleisters, die etwa bei Wirtschaftsjuristen, Betriebswirten oder Diplomkaufleuten auch im juristischen Bereich vorhanden ist, für den rechtsdienstleistenden Teil der Gesamtleistung ausreicht.
    (3) Gerade diesem vom Gesetzgeber gewollten Zweck entspricht die nunmehr eingereichte Sicherungsabtretung vom 16./20.06.2011 (vgl. auch LG Saarbrücken, Urteil vom 5.10.2010, Schaden-Praxis 2010, 446). Dass die Einziehung einer Sachverständigenvergütung eine bloße Nebenleistung zur eigentlichen Tätigkeit des Klägers als Kfz-Sachverständiger darstellt, steht für die Kammer außer Frage. Die Leistung als Gutachter bleibt bei weitem im Vordergrund und prägt das Angebot des Klägers. Zur Verteidigung der Vergütung dem Grunde und der Höhe nach hält die Kammer keine besonderen Rechtskenntnisse für erforderlich, zumal hier ohnehin nur ausgewählte Problemstellungen auftauchen dürften, deren Bearbeitung keine umfassende rechtliche Ausbildung erfordern. Der Kläger, der grundsätzlich eine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG betreibt, kann sich daher auf § 5 Abs. 1 RDG berufen.
    (4) Der Ansicht des Landgerichts Stuttgart (Urteil vom 13.04.2011, Az.: 4 S 278/10) schließt sich die Kammer nicht an. Der Wille des Gesetzgebers zielte auf eine gemäßigte Deregulierung des Rechtsdienstleistungssektors ab. Insbesondere wollte er den Gerichten die Möglichkeit bieten, den Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 1 RDG weiter als bisher auszulegen.
    Dass der Gesetzgeber die Inkassotätigkeit von Mietwagenunternehmen (oder wie hier Kfz-Sachverständigen) nicht in den Katalog der ausdrücklich erlaubten, konkret bezeichneten Nebenleistungen des § 5 Abs. 2 RDG aufgenommen hat, wie das Landgericht Stuttgart moniert, ist zwar zutreffend. Die genannte Regelung sollte aber nur dazu dienen, einzelne für die Praxis bedeutsame Fälle insgesamt dem Streit darüber zu entziehen, ob die Rechtsdienstleistung lediglich Nebenleistung ist. Für die in § 5 Abs. 2 RDG abschließend aufgeführten Tätigkeiten sollte dies unwiderleglich vermutet werden. Der Gesetzgeber war jedoch nicht gehalten, von vornherein sämtliche denkbaren weiteren Personenkreise aufzunehmen, bei denen ebenfalls eine Rechtsdienstleistung als Nebenleistung in Betracht kommt. Gerade dafür existiert die Generalklausel des § 5 Abs. 1 RDG.
    Im Übrigen darf nicht verkannt werden, dass der Bundesgerichtshof bereits zur früheren - strengeren - Rechtslage die Meinung vertreten hat, es solle dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen Mitwirkung des Fahrzeugvermieters bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Rechnung getragen werden (siehe oben). Warum dies trotz einer beabsichtigten moderaten Aufweichung des Rechtsdienstleistungsbereichs nunmehr nicht mehr gelten sollte, ist für die Kammer nicht ersichtlich.
    d) Zur Höhe der geltend gemachten Kosten hat die Beklagte erstinstanzlich lediglich eingewandt, sie seien nicht notwendig gewesen und das Grundhonorar von 500,00 € übersteige den Höchstbetrag nach dem HB II-Wert. In der Berufungsinstanz haben die Parteien die Höhe der Forderung nicht mehr zur Diskussion gestellt.
    Die Frage, ob nach einem Verkehrsunfall ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, wird von einer Vielzahl von Gerichten bejaht. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint, so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, Urteil vom 23.01.2007, NJW 2007, 1450).
    Vorliegend hat der Kläger ein Grundhonorar in Höhe von 500,00 € in Abhängigkeit zur Schadenshöhe in Ansatz gebracht. Laut BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 betrug für eine Schadenshöhe netto bis 4.250,00 €der Honorarkorridor HB III (Honorarkorridor, in dem je nach Schadenhöhe zwischen 40 % und 60 % der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen) 433,00 € bis 501,00 €. Mit 500,00 € bewegt sich der Kläger mithin im obersten Bereich, aber gerade noch im Rahmen. Weitere Einwendungen gegen die Forderungshöhe hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan.
    III.
    Kostenentscheidung: § 97 Abs. 1, Abs. 2 ZPO;
    Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO;
    Nichtzulassung der Revision: § 543 Abs. 2 ZPO.