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  • 22.09.2010 · IWW-Abrufnummer 102775

    Landgericht Halle: Beschluss vom 14.09.2009 – 1 T 55/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Halle
    1 T 55/09
    10 C 22/09 (X) Amtsgericht Merseburg
    Beschluss
    In der Beschwerdesache XXX
    hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Halle am 14.9.2009 durch die Richterin am Landgericht XXX als Einzelrichterin beschlossen:
    Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Merseburg vom 15.5.2009, Geschäfts-Nr. 10 C 22/09, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
    Gründe:
    Über die sofortige Beschwerde war durch die Einzelrichterin zu entscheiden, nachdem die angefochtene Entscheidung durch die Einzelrichterin erlassen worden war, § 568 S. 1 ZPO.
    Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Merseburg vom 15.5.2009, Geschäfts-Nr. 10 C 22/09, ist unbegründet.
    Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen zu entscheiden.
    Die vom Amtsgericht getroffene Entscheidung, die Kosten gegeneinander aufzuheben, entspricht billigem Ermessen und ist der Klägerin jedenfalls nicht nachteilig.
    Denn, wie das Amtsgericht im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, hat die Klägerin die Klage vor Ablauf der der Beklagten zu 3) zuzubilligenden Prüfungsfrist erhoben.
    Dem Haftpflichtversicherer des Schädigers wird bei durchschnittlichen Verkehrsunfällen eine Prüfungsfrist von vier bis sechs Wochen zugestanden. Die Prüfungsfrist wird nicht durch den Unfall, sondern erst durch den Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens in Lauf gesetzt. Dem Haftpflichtversicherer steht eine Überprüfung der Angelegenheit anhand der amtlichen Ermittlungsakte zu, er muss sich nicht auf die Angaben seines Versicherungsnehmers oder des Geschädigten verlassen. Auch im Interesse aller Versicherungsnehmer muss der Versicherer prüfen, ob und inwieweit er zur Zahlung verpflichtet ist; die Ermittlungsakte zur Grundlage dieser Prüfung zu machen, ist sachgerecht (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 9.1.2001, 1 W 338/98, in juris, MDR 2001, 935 f. mit weiteren Nachweisen).
    Soweit die Klägerin mit der Beschwerde geltend macht, dass der Beklagten zu 3) schon kurz nach dem Unfall sowohl die Unfallschilderungen der Parteien dieses Rechtsstreits und einer Zeugin vorgelegen hätten, ändert dies nichts daran, dass der Versicherer trotzdem Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen darf. Denn aus dieser können sich durchaus andere Anhaltspunkte ergeben, die für den Umfang der Eintrittspflicht bedeutsam sind, wenn andere Ermittlungsergebnisse, z.B. verkehrsunfallanalytische Gutachten o.ä., vorliegen. Ob dies der Fall ist, kann erst bei Vorliegen der Akte geprüft werden.
    Die Klägerin hat Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 3) erstmals mit Schreiben vom 17.12.2008 geltend gemacht und darin verlangt, die Reparaturkosten gemäß einem eingeholten Sachverständigengutachten zu übernehmen und ihrer Prozessbevollmächtigten oder der Werkstatt eine Reparaturkostenbestätigung zu übersenden.
    Die Prüfungsfrist wäre danach etwa Ende Januar 2009 abgelaufen. Die Beklagte zu 3) hat innerhalb dieser Frist mit Schreiben vom 7.1.2009 reagiert, was angesichts der vorhergehenden Feiertage um Weihnachten und den Jahreswechsel herum als zeitnah angesehen werden muss, und der Klägerin mitgeteilt, dass sie die Angelegenheit prüfen müsse und die amtliche Ermittlungsakte angefordert habe.
    Die Ermittlungsakte ist bei der Beklagten zu 3) am 2.2.2009 zugegangen. Auch wenn mittlerweile sechs Wochen seit dem Anspruchsschreiben vergangen waren, stand der Beklagten zu 3) eine weitere Frist zu, binnen derer sie anhand der nunmehr vorliegenden Ermittlungsakte die Berechtigung der Ansprüche zu überprüfen hatte. Hier erscheint eine weitere Frist von drei Wochen angesichts der Arbeitsabläufe in einer Versicherung nicht unangemessen.
    Innerhalb dieser Frist hat die Beklagte zu 3) aber am 17.2.2009 die Kosten für das Sachverständigengutachten in Höhe von 260,00 EUR gezahlt sowie am 23.2.2009 eine Übernahmebestätigung für 80 % der Reparaturkosten gegenüber der Werkstatt der Klägerin abgegeben.
    Damit war zwar der Anspruch der Klägerin nicht in vollem Umfang erfüllt. Die Klägerin hätte jetzt - nach erfolgter Prüfung durch die Beklagte zu 3) binnen angemessener Frist - aber allenfalls in Höhe von 20 % der zu erwartenden Reparaturkosten sowie der Wertminderung (ins. 466,19 EUR) Klage erheben dürfen. Nur zu einer Klage in dieser Höhe hätte die Beklagte zu 3) Anlass gegeben. Mit einer solchen Klage hätte die Klägerin aber die Kosten des Rechtsstreits verursacht, die unter der Hälfte der jetzt entstandenen Kosten bei einem Streitwert von 1.530,96 EUR gelegen hätten.
    Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung von § 91 a ZPO ist es danach angemessen, dass beide Parteien einen Teil der Kosten zu tragen haben: Die Klägerin, weil sie verfrüht eine - zu hohe - Klage erhoben hat, die Beklagte, weil nicht innerhalb der Prüfungsfrist die volle Haftung übernommen worden ist, was sich nach weiterer Prüfung offenbar als richtig herausgestellt hat. Die vom Amtsgericht getroffene Entscheidung, die Kosten gegeneinander aufzuheben, entspricht billigem Ermessen. Die Klägerin ist dadurch jedenfalls nicht benachteiligt worden, da allenfalls eine geringfügige Verschiebung der Kostenlast zugunsten der Beklagten in Betracht käme. Die Beklagten haben den Beschluss des Amtsgerichts jedoch nicht angegriffen, so dass eine Abänderung wegen des Verschlechterungsverbots zu unterbleiben hat.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.