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  • · Fachbeitrag · Nachlassverbindlichkeit

    Eigenschulden, Erbfallschulden, Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassinsolvenzforderung

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Die Erbschaftsteuer ist grundsätzlich eine Nachlassverbindlichkeit, aber nach § 10 Abs. 8 ErbStG nicht abzugsfähig. Im Nachlassinsolvenzverfahren kann das Finanzamt die ErbSt als Nachlassverbindlichkeit bzw. Nachlassinsolvenzforderung geltend machen - so der BFH. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K ist Insolvenzverwalter über den Nachlass des Erblassers E. Das FA setzte ErbSt gegen einen der beiden Erben fest. Der Bescheid wurde nicht angefochten, jedoch teilte der andere Erbe dem FA mit, der Nachlass sei überschuldet. Das FA meldete daraufhin die ErbSt als Nachlassforderung zur Insolvenztabelle an. Nachdem K der Anmeldung im Prüfungstermin widersprach, erließ das FA einen Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 AO. Das FG Münster (30.4.14, 3 K 1915/12 Erb, EFG 14, 1363) gab der Klage statt. Das FA sei nicht befugt gewesen, die ErbSt gegen K festzustellen. Die ErbSt sei keine Nachlassverbindlichkeit i. S. des § 325 InsO i. V. mit § 1967 Abs. 2 BGB.

     

    Die vom Erben als Gesamtrechtsnachfolger aufgrund Erbanfalls nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. mit § 1922 BGB geschuldete Erbschaftsteuer ist eine Nachlassverbindlichkeit, die vom FA als Nachlassinsolvenzforderung im Nachlassinsolvenzverfahren geltend gemacht werden kann (Abruf-Nr. 184831).

     

    Entscheidungsgründe

    Die Finanzbehörde kann einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, den sie im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Steuerschuldners als Insolvenzforderung geltend gemacht und zur Tabelle angemeldet hat, nach § 251 Abs. 3 AO durch Bescheid feststellen. Im Nachlassinsolvenzverfahren gilt dasselbe, wobei nach § 325 InsO nur Nachlassverbindlichkeiten geltend gemacht werden können. Hierzu gehören nach § 1967 Abs. 2 BGB außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten. Dazu zählen neben den in § 1967 Abs. 2 BGB genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen auch solche aus Erbersatzansprüchen, vermächtnisähnlichen Ansprüchen, Unterhaltsansprüchen sowie die Kosten der Beerdigung, sonstige Nachlasskosten und Kosten der Nachlassverwaltung (Palandt/Weidlich, BGB, 75. Auflage, § 1967 Rn. 7).

     

    Die vom Erben geschuldete ErbSt erfüllt alle Voraussetzungen einer solchen Erbfallschuld, denn sie entsteht aus Anlass des Erbfalls und ohne Zutun des Erben (BFH 28.4.92, VII R 33/91, BStBl II 92, 781; BFH 11.8.98, VII R 118/95, BStBl II 98, 705). Die ErbSt unterscheidet sich nicht von anderen Erbfallschulden wie z. B. Beerdigungskosten, die ebenfalls in der Person des Erben entstehen. Solche Erbfallschulden sind im Fall der Nachlassinsolvenz als Nachlassinsolvenzforderungen geltend zu machen.

     

    § 10 Abs. 8 ErbStG steht der Einordnung der ErbSt als Nachlassverbindlichkeit nicht entgegen: Denn nach den allgemeinen Grundsätzen nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG ist die ErbSt grundsätzlich als Nachlassverbindlichkeit anzusehen und nur aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 8 ErbStG nicht abzugsfähig.

     

    Eigenschulden des Erben, die unabhängig vom Nachlass vor oder nach dem Erbfall in der Person des Erben entstehen und ihn als Träger seines eigenen Vermögens berühren, sind keine Nachlassverbindlichkeiten, z. B. nach dem Erbfall entstandene Grundbesitzabgaben für Nachlassgrundstücke (Palandt/Weidlich, a. a. O., § 1967 Rn. 2 ff.).

     

    Relevanz für die Praxis

    Die aufgrund eines Vermächtnisses, eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) oder die aufgrund sonstiger Erwerbstatbestände des § 3 Abs. 1 und 2 ErbStG geschuldete ErbSt beruht nicht auf der Gesamtrechtsnachfolge. Die insoweit anfallende ErbSt ist keine Nachlassverbindlichkeit i. S. des § 325 InsO, § 1967 BGB und außerhalb eines Insolvenzverfahrens über den Nachlass gegen den jeweiligen Erwerber persönlich geltend zu machen.

     

    Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird das Besteuerungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 240 ZPO unterbrochen. Die Finanzbehörde darf daher nach Eröffnung des Verfahrens Steuern, die zur Insolvenztabelle anzumelden sind, nicht mehr gegen den Steuerpflichtigen festsetzen (BFH 1.4.03, I R 51/02, BStBl II 03, 779). Dasselbe gilt im Nachlassinsolvenzverfahren für die festzusetzende ErbSt. Folglich entfaltet auch ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts keine Bindungswirkung gegen den Erben mehr, sofern der Bescheid nach Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens ergeht.

    Quelle: Ausgabe 05-06 / 2016 | Seite 131 | ID 43979421

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