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  • · Fachbeitrag · Privathaftpflichtversicherung

    Die sogenannte kleine Benzinklausel ist nicht wegen Intransparenz unwirksam

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    Die sogenannte kleine Benzinklausel (Nr. 3.1 BesBedPHV) ist nicht wegen Intransparenz unwirksam (OLG München 4.7.13, 29 U 430/13, Abruf-Nr. 132590).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die Klägerin, eine gemeinnützige Verbraucherschutzorganisation, hat den VR zu verurteilen beantragt, die genannte Klausel nicht mehr zu verwenden, weil diese wegen Intransparenz unwirksam sei. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das OLG begründete seine Entscheidung folgendermaßen:

     

    • Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei ist im Regelfall auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und auch auf seine Interessen abzustellen. Das Versicherteninteresse geht bei Risikoausschlussklauseln in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherte braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. BGH VersR 13, 853). Das Transparenzgebot verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (vgl. BGH GRUR 13, 375). Andererseits besteht die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, nur im Rahmen des Möglichen (vgl. BGH NJW-RR 05, 1496 [1505]).

     

    • Nach diesen Maßstäben ist die Klausel hinreichend klar und verständlich. Sie verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie nimmt vom Versicherungsschutz die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Fahrzeugs wegen Schäden aus, die durch deren Gebrauch verursacht werden. Es muss sich also eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gefahr von der Art des Fahrzeuggebrauchs oder aber beim Gebrauch vom Fahrzeug selbst ausgeht. Entscheidend ist aus der Sicht des verständigen VN vielmehr, dass der Anwendungsbereich der Klausel dann und nur dann eröffnet sein soll, wenn sich ein Gebrauchsrisiko gerade des Fahrzeugs verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat (vgl. BGH NJW-RR 07, 464).

     

    • Der Begriff des Fahrzeuggebrauchs eröffnet dem Klauselverwender keinen zur Unklarheit der Klausel führenden Beurteilungsspielraum, der geeignet sein könnte, die Kunden von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten. Ob es sich um einen Fahrzeuggebrauch handelt, obliegt nicht der Beurteilung des Klauselverwenders, sondern - wenn es zum Streit kommt - der Beurteilung des angerufenen Gerichts. Auch wenn im Einzelfall nicht immer ganz einfach festzustellen ist, ob ein Schaden durch einen Fahrzeuggebrauch verursacht wurde, ist dies nicht die Folge eines unklaren Begriffsverständnisses, sondern beruht auf tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des für die Beurteilung maßgeblichen Sachverhalts. Ebenso wenig begründet der Begriff die Gefahr, dass die Kunden von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine solche zur Unklarheit der Klausel führende Gefahr ist nur gegeben, wenn die Klausel die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender die Möglichkeit eröffnet, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die Klauselgestaltung abzuwehren (vgl. BGH NJW 13, 291). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der BGH mit Klauseln der angegriffenen Art bereits mehrfach befasst war (vgl. BGH NJW-RR 07, 464; NJW 92, 315). Er hat aber keine Veranlassung gesehen, diese wegen Intransparenz als unwirksam anzusehen.

     

    Praxishinweis

    Die Benzinklausel dient der Abgrenzung zwischen den Deckungsbereichen der PHV und der Kfz-Haftpflichtversicherung. Ein VN, der in beiden Bereichen versichert ist, darf erwarten, dass dazwischen keine ihm nicht aufgezeigte Deckungslücke besteht. Entscheidend ist dabei aber nicht, ob tatsächlich Versicherungsschutz besteht (dieser kann etwa wegen Obliegenheitsverletzung ausgeschlossen sein). Entscheidend sind nur die Deckungsbereiche.

     

    Die Klausel ist als Ausschlussklausel, wie stets, eng auszulegen. Ihre Anwendbarkeit kann deshalb nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass Versicherungsschutz in der Kasko-Versicherung besteht. Der Ausschluss greift auch nicht, wenn derjenige, der durch den Gebrauch des Fahrzeugs einen Drittschaden verursacht hat, weder Eigentümer, Besitzer, Halter oder Führer war (vgl. VK 06, 136).

     

    Das OLG hat mit der ganz h.M. die Wirksamkeit der Klausel bejaht. Dagegen ist nichts zu erinnern. An die Beschreibung ihrer Voraussetzungen und Rechtsfolgen dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Müssten nämlich alle denkbaren Alternativen aufgezeigt werden, würde der Klauselinhalt so umfangreich und unübersichtlich, dass schon deshalb Intransparenz bejaht werden müsste. Verbleibende Grauzonen, die bei fast jeder abstrakt formulierten Bestimmung verbleiben, müssen durch uns Juristen geklärt werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Wann erfolgt der Schadensfall „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs (Benzinklausel)? VK 06, 150
    • Benzinklausel: Auf diese Punkte müssen Sie bei der Fallbearbeitung achten, Lücke, VK 08, 211
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 41 | ID 42533041