FAQ
Die Coronakrise in der Anwaltskanzlei: DAV hilft mit FAQs
Die Coronakrise trifft auch Kanzleien und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die FAQs des DAV geben Orientierung – was Anwältinnen und Anwälte jetzt wissen sollten. Der DAV schreibt die FAQs fort – und nimmt weitere Themen auf.
Der DAV empfiehlt nach § 53 BRAO einen Vertreter zu bestellen: Für Einzelanwältinnen und Einzelanwälte jetzt, bei Anwältinnen und Anwälten in Sozietäten spätestens bei einer Quarantäne. Dies dient nicht nur der Kanzleiorganisation, sondern auch der Vermeidung möglicher Haftungsfälle.
Für Sozietäten lässt sich ein Vertretungsfall praktisch leicht lösen. Sollte hier aber eine Quarantäne über alle Mitarbeitenden verhängt werden, da z.B: ein Corona-Fall unter den Mitarbeitenden aufgetreten ist, sollten spätestens dann Vertreter bestellt werden. Denn dann entspricht die Situation der eines Einzelanwaltes, einer Einzelanwältin, die ihre Kanzlei wegen Quarantäne oder Krankheit nicht mehr aufsuchen können.
Gemäß § 53 BRAO besteht die Verpflichtung, für eine Vertretung zu sorgen, wenn Anwälte/innen länger als eine Woche daran gehindert sind, ihren Beruf auszuüben (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) oder wenn sie sich länger als eine Woche von ihrer Kanzlei entfernen wollen (§ 53 Abs. 1 Nr. 2 BRAO).
Eine Quarantäne hindert bei den heutigen Arbeits- und Kommunikationsmöglichkeiten nicht unbedingt an einer Berufsausübung, wenn der Kanzleibetrieb entsprechende elektronische Arbeitsmöglichkeiten bietet. Allerdings wird hier die Nr. 2 des § 53 Abs. 1 BRAO erfüllt sein, da die Quarantäne regelmäßig dazu führen wird, dass sich Anwalt/Anwältin länger als eine Woche von der Kanzlei entfernen. Bei der Vertreterwahl sollte nach Möglichkeit sichergestellt wird, dass der gewählte Vertreter voraussichtlich nicht mit dem Vertretenen gemeinsam unter Quarantäne gestellt wird. Und: Wer in Quarantäne ist, dem droht selbst die Erkrankung, schon deswegen sollte rechtzeitig ein Vertreter bestellt werden.
Vertreter können vom Anwalt selbst bestellt werden, wenn der Vertreter der selben Rechtsanwaltskammer angehört wie der Vertretene. Diese Vertreterbestellung kann auch vorsorglich für alle Verhinderungsfälle eines Kalenderjahres erfolgen. Die Vertreterbestellung ist dann der RAK gemäß § 53 Abs. 6 BRAO anzuzeigen, was Voraussetzung für einen Zugang des Vertreters zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) für den Vertretenen ist. In allen anderen Fällen kann ein Vertreter nur auf Antrag des Rechtsanwalts von der RAK bestellt werden. Tipps zur Vertreterbestellung bei Offermann-Burckart: Wenn (und wann) der Rechtsanwalt einen Vertreter braucht. Praktische Tipps zur Dunkelnorm des § 53 BRAO – nicht nur für Einzelkämpferinnen und –kämpfer (AnwBl 2019, 342).
Die BRAK muss gemäß § 31a Abs. 3 Satz 2 BRAO auch Vertretern die Nutzung des beAs ermöglichen. Der Vertreter erhält für die Dauer seiner Bestellung einen auf die Übersicht der eingegangenen Nachrichten beschränkten Zugang (§ 25 Abs. 3 RAVPV). Wegen dieser Beschränkung der Zugriffsrechte, kann es empfehlenswert sein, dem Vertreter weitere Zugriffsrechte einzuräumen.
Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Rechtevergabe im beA finden Sie in diesem Video:
Weitere Informationen zur Vertretung im Hinblick auf das beA und die Vergabe von Zugriffsrechten finden Sie in den beA-Newslettern (https://www.brak.de/zur-rechtspolitik/newsletter/bea-newsletter/).
Neben der Vertreterbestellung (FAQ 1) sollte der Kanzleiablauf so organisiert werden, dass dieser auch im Falle einer Quarantäne oder Ausgangssperre von Außen aufrecht gehalten werden kann. Folgende Bereiche sind hier zu regeln:
- Fristenkalender, E-Mail-Postfach, Buchhaltung: Hier sollte eine externe Zugriffsmöglichkeit eingerichtet sein. Ist der Fristenkalender nur in Papierform vorhanden, sollte dieser täglich nach Kanzleischluss mitgenommen werden.
- Technische Ausstattung: beA Kartenlesegerät, Laptop etc. sollten täglich nach Kanzleischluss mitgenommen werden.
- Post und Fax: Personelle Regelung (inklusive möglicher Vertretung), wer nach der Post und Faxeingängen schaut, evtl. Nachsendeauftrag, Postlagerung oder ähnliche Möglichkeiten prüfen.
- Personelle Vertretung: Wer übernimmt wessen Aufgaben? Falls keine Vertretung der Rechtsanwaltsfachangestellten möglich sein sollte, muss der Anwalt/die Anwältin selbst jederzeit in der Lage sein, Fristen zu überwachen etc.
Wie Anwaltskanzleien im Homeoffice arbeiten können, wird unter III. in diesen FAQs des DAV erläutert.
Bei einem Abschluss von Mandatsverträgen mit Verbrauchern zum Beispiel über Telefon oder Internet (Fernkommunikationsmittel) kann es sich um Fernabsatzverträge handeln. Die Folge ist ein Widerrufsrecht des Verbrauchers, über das Sie diesen belehren müssen, um die 14-tägige Widerrufsfrist in Gang zu bringen. Ohne fehlerfreie Belehrung kann die Widerrufsfrist sogar bis zu einem Jahr und 14 Tagen betragen.
Ein Beginn mit der Mandatsbearbeitung vor Ende der Widerrufsfrist birgt das Risiko umsonst zu arbeiten. Wann Fernabsatzverträge vorliegen, wie Sie die Widerrufsfrist zum Erlöschen bringen können und wie eine Widerrufsbelehrung aussehen kann (Musterwiderrufsbelehrung), stellt dieser Beitrag im Anwaltsblatt für Sie zusammen.
Die Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist sehr schlicht: Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Aus welchen Gründen ein Anwalt, eine Anwältin in finanzielle Not geraten ist, interessiert nicht. Auch unverschuldete Not führt zum Vermögensverfall. Und: Die Interessen der Rechtssuchenden sind nach der strengen Rechtsprechung fast immer gefährdet. Zudem gilt: Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung, § 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist.
Die rigide Rechtsprechung zum Vermögensverfall stellt mit Blick auf die Coronakrise Rechtsanwalt Dr. Michael Kleine-Cosack im Anwaltsblatt vor. Er rät Anwältinnen und Anwälten in der Coronakrise, sich für Zahlungen an das Finanzamt, die Versorgungswerke und die Sozialversicherungsträger rechtzeitig um Stundung zu bemühen und auch mit anderen Gläubigern – wie zum Beispiel Vermietern - rechtzeitig Regelungen zu treffen. Zugleich wirbt er in dem Beitrag für eine Sonderregelung des Gesetzgebers, die für unverschuldet durch die Coronakrise in Vermögensverfall geratene Anwältinnen und Anwälte den § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO aussetzt, solange natürlich keine Straftaten gegen das Vermögen anderer begangen worden sind. Konkret geht es um Untreue von Mandantengeldern oder Subventionsbetrug. Denn das muss klar sein: Der Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls kann nur verhindert werden, wenn der Beruf untadelig ausgeübt worden ist.
Auch der DAV setzt sich für einen Schutz vor einem corona-bedingten Zulassungswiderruf ein und hat eine entsprechende Übergangsregelung in der BRAO gefordert (siehe unter VIII. politische Forderungen des DAV). Nach der BRAK hat dies nun auch das Bundesjustizministerium abgelehnt. Die Details hat das Anwaltsblatt zusammengefasst.
Stand: 18. Mai 2020
Für Anwältinnen und Anwälte kann sich jetzt in der Coronakrise die Fragen stellen, ob sie sich mit einer Zweittätigkeit kurzfristig Geld dazu verdienen wollen. In den Medien wurde über Erntehelfer in der Landwirtschaft gesprochen. Aber auch andere coronabedingte Jobs sind denkbar, zum Beispiel in der Pflege, in Krankenhäuser oder in der Lebensmittelversorgung.
Die Ausübung der Zweittätigkeit ist berufsrechtlich erlaubt, solange die Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist (also fast immer, Ausnahme: Immobilienmakler und Finanzberater). Wichtig: Wer einen weiteren „Beruf“ aufnimmt, muss das seiner Rechtsanwaltskammer anzeigen (gegebenenfalls mit Hinweis auf einen konkreten Anstellungsvertrag und den Namen des Arbeitgebers).
Kurzfristige Beschäftigung versicherungsfrei
Spannend ist, wie mit einer kurzfristigen Beschäftigung melde- und beitragsrechtlich im Sozialrecht umzugehen ist. Denn sie kann sozialversicherungsrechtlich beitragsfrei sein. Zu unterscheiden ist diese Tätigkeit von einer geringfügigen Beschäftigung (450 Euro-Job, Minijob), die einer pauschalen Beitragspflicht unterliegt. Die sog. kurzfristige Beschäftigung ist dagegen zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei und unterliegt keiner pauschalen Beitragspflicht. Sie ist grundsätzlich gegeben, wenn die Beschäftigung bei einer vorausschauenden Betrachtung von vornherein innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist. Allerdings: Das gilt nicht, wenn diese Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt dabei 450 Euro im Monat übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV). Oder anders gesagt: Wenn die Beschäftigung gerade nicht berufsmäßig ausgeübt wird (weil die Anwältin oder der Anwalt in der Coronakrise in der Landwirtschaft hilft), kann auch versicherungsfrei mehr als 450 Euro im Monat verdient werden.
Altersversorgung: Versorgungswerk läuft weiter
Eine versicherungsfreie Beschäftigung stellt auch von der geringen Beitragspflicht der Beschäftigten zur gesetzlichen Rentenversicherung frei. Bei Anwältinnen und Anwälte mit Zulassung verbleibt es dann bei der Pflichtversicherung in den anwaltlichen Versorgungswerken (die Beiträge richten sich nach der Höhe der Einnahmen aus der Anwaltstätigkeit).
Coronakrise: Befristet statt 70 sogar 115 Arbeitstage als kurzfristige Beschäftigung
In der Coronapandemie hatte der Gesetzgeber die Regelungen noch gelockert: Eine kurzfristige Beschäftigung lag vor, wenn die Tätigkeit von vornherein auf bis fünf Monate oder auf 115 Arbeitstage begrenzt war. Die entsprechende befristete Regelung im SGB IV zu § 115 durch das „Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2“, dem sog. Sozialschutz-Paket, vom 27. März 2020 (BGBl I S. 575) hat der Gesetzgeber nicht verlängert. Seit dem 1. November 2020 gelten damit wie bisher Beschäftigungen von bis zu 70 Arbeitstagen als kurzfristig.
Stand: 18. Februar 2021
Mit dem Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) hat der Gesetzgeber kurzfristig die Umsatzsteuersätze befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 von 19 auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent gesenkt. Dies hat auch Auswirkungen auf die Anwaltschaft. Kanzleien müssen besonders sorgfältig bei der Rechnungsstellung sein.
Für die Frage, welchem Steuersatz die Tätigkeit unterliegt, kommt es weder auf den Zeitpunkt der Mandatierung noch auf die Rechnungsstellung an, sondern auf die Leistungserbringung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 UStG). Da die Anwaltsdienstleistung regelmäßig eine Dauertätigkeit über einen bestimmten Zeitraum ist, wird die Leistungserbringung erst mit der Beendigung des Mandats vollendet.
Für den anzuwendenden Steuersatz kommt es daher auf die Fälligkeit der Vergütung nach § 8 Abs. 1 RVG an. Probleme aufwerfen können dabei insbesondere Vorschussrechnungen, Teilleistungen sowie Anrechnungsfälle.
Und auch an eine eventuelle Anpassung der Umsatzsteuervoranmeldungen sollte gedacht werden.
Tipp: Besondere Sorgfalt ist gerade jetzt bei der Angabe des Leistungszeitraums in der anwaltlichen Rechnung geboten. Dabei darf als Ende nicht der Tag der Rechnungserstellung angegeben werden, auch wenn dieses Datum von den Abrechnungsprogrammen oft automatisch vorgegeben wird. Wird die Rechnung nicht bereits am Tag der Fälligkeit, sondern – wie in der Praxis üblich – erst später geschrieben, muss das richtige Datum händisch eingefügt werden.
Ein Leitfaden des DAV-Ausschusses RVG und Gerichtskosten unterstützt mit konkreten Tipps für die Abrechnung.
Weitere Informationen gibt auch das Anwaltsblatt. Einen Erfahrungsaustausch unter Kolleginnen und Kollegen ermöglicht das Corona-Forum des DAV. Mit dem DAV-Prozesskostenrechner können Sie außerdem die Vergütung sowohl mit 19 als auch 16 Prozent individuell für jedes Verfahrensstadium gesondert berechnen.
Wertvolle Tipps und Hinweise für die Praxis, was alles bei der Abrechnung zu beachten ist, gab DAV-Präsidentin Edith Kindermann beim Virtuellen DAT in dem Beitrag im RVG-Workshop kompakt „Absenkung der Umsatzsteuersätze vom 01.07.2020 bis 31.12.2020“.
Stand: 2. Juli 2020
Nach den aktuell vorliegenden Informationen sieht der DAV keine Anhaltspunkte dafür, dass die App unbefugten Dritten Einblicke in Informationen ermöglicht, welche unter das Berufsgeheimnis fallen. Berufsrechtliche Bedenken gegen eine Nutzung der App durch Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen hat der DAV daher nicht.
Allerdings unterstützt der Anwaltstag des DAV die Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für den Einsatz der App.
II. Quarantäne und Kanzleischließung
Betrifft die Anordnung von Quarantäne alle Mitarbeiter, führt dies faktisch zu einer Schließung der Anwaltskanzlei.
Ist aufgrund bestätigter Krankheits- und/oder Infektionsfälle in der Kanzlei der ordnungsgemäße und gefahrlose Betrieb mit den verbliebenen Mitarbeitern nicht mehr möglich, kann es erforderlich sein, dass Sie selbst die Kanzlei vorübergehend schließen. Eine solche Entscheidung entspricht der Fürsorge des Rechtsanwaltes/ der Rechtsanwältin als Arbeitgeber/in. Spätestens jetzt sollte an eine Vertreterbestellung nach § 53 BRAO und an eine klare Aufteilung und Vertretungsregelung bezüglich der Kanzleiorganisation, konkret: Fristenkalender, E-Mail, beA, Buchhaltung (oben unter Ziffer 1.) gedacht werden.
Von der Kanzleischließung nicht verändert wird die Pflicht zur Lohnzahlung, da sich hier das Betriebsrisiko nach § 615 BGB verwirklicht. Hier wird in der Regel § 326 Abs. 2 BGB greifen, sodass der Arbeitslohn weitergezahlt werden muss.
Sind Mitarbeiter in Quarantäne tatsächlich erkrankt, erhalten diese – wie sonst erkrankte Mitarbeiter auch –sechs Wochen lang ihr Gehalt vom Arbeitgeber und danach Krankengeld. Hier gilt das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntfgFG).
Sind Mitarbeiter ohne Erkrankung als Vorsichtsmaßnahme oder ohne Krankheitssymptome in Quarantäne, erhalten sie eine Entschädigung nach dem IFSG. Für Angestellte zahlt die Anwaltskanzlei in den ersten sechs Wochen die Entschädigung aus, die dem Nettogehalt entspricht.
III. Homeoffice in Anwaltskanzleien
Immer mehr Kanzleien arbeiten mit immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Homeoffice. Doch wie organisiere ich das Team und die Arbeit zu Haus? Das Anwaltsblatt-Team – inzwischen vollständig im Homeoffice - gibt sieben Tipps für das erfolgreiche Arbeiten von Kanzleien in der Coronakrise:
- Morgen-Check-in: Jeden Morgen zur selben Zeit trifft sich das gesamte Team in einer Videokonferenz. Das hilft, um alle auf denselben Arbeitsstand zu bringen. Was liegt an? Wie sind die Ressourcen? Was hat Priorität? Wichtig ist, jedem die Chance zum Sprechen zu geben, denn in Videokonferenzen gehen manche Stimmen einfach unter. Bei Problemen: Lösungswege finden, nicht schönreden.
- Gatekeeper bestimmen: Für alle unaufgeforderten Mail- und beA-Eingänge von außen ist es ratsam ein Teammitglied zu bestimmen. Diese Person kann so den Überblick behalten, Eingänge gleichmäßig verteilen und Fristsachen erkennen. Für die Kanzlei muss eine Post- und Fax-Wache eingerichtet werden, die einmal am Tag alle Papierpost und Eingänge am Fax sammelt, scannt und an den Gatekeeper schickt. Achtung: Auch an Vertretungen muss gedacht werden – jetzt in der Coronakrise erst recht.
- Fristen notieren und streichen: Wenn der Gatekeeper nicht selbst Fristen bestimmt und direkt notiert, Weiterleitung an zuständige Reno, erst danach Weiterleitung an zuständigen Anwalt, zuständige Anwältin (da diese anhand Annotation sehen muss, dass Frist eingetragen ist). Auch in der Corona-Krise gilt: Empfangsbekenntnisse erst zurückschicken, wenn Fristen notiert sind. Nicht vergessen: Die Abfrage und Kontrolle anhand der Postausgangsbelege (beA-Empfangsbestätigung/ggf. Faxprotokoll/ Empfangsbestätigung bei nicht formgebundenen E-Mails) muss weiterhin erfolgen (falls nur Papierkalender vorhanden, muss dieser auch bei der abendlichen Kontrolle zugrunde gelegt werden).
- Knowhow teilen: Homeoffice bringt Freude, wenn alle, ihr spezifisches Knowhow über hierarchische Grenzen hinweg teilen. Da die Arbeitsfähigkeit zu Hause alleinschon aus technischer Sicht doch eingeschränkt ist, geht es schneller und besser voran, wenn alle sich gegenseitig helfen.
- Funkdisziplin: Im Homeoffice kann jede Anfrage an das Team eine Lawine auslösen – am Ende sind alle verwirrt, frustriert und genervt. Es ist daher wichtig, vorher zu überlegen, welchen Chat, welche Mail, welchen Telefonanruf man absetzt und wen man mit welcher Information behelligt.
- Vertrauen in dezentrale Entscheidungen: Im Homeoffice muss gerade in einer krisenhaften Situation jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin ständig kleine und größere Entscheidungen fällen ohne kurze Rücksprachen mit dem Team halten zu können. Das klappt, wenn man sich vertraut. Bei zeitkritischen oder haftungsträchtigen Informationen kann es sich empfehlen, auch kanzleiintern mit Empfangsbestätigungen zu arbeiten, damit man sichergeht, dass das Teammitglied im Homeoffice eine wichtige Information zur Kenntnis genommen hat. Und: Viele Kanzleien werden möglicherweise jetzt überlegen, den Fristenkalender von zentral auf dezentral umzustellen (also jedes Referat führt einen eigenständigen Kalender). Dann muss bei der Umstellung sehr exakt gearbeitet werden, wenn das fehlerfrei funktionieren soll – und übrigens auch wieder bei der Rück-Umstellung! Und: Kanzleien sollten dokumentieren, dass und wie die Büroorganisation verändert wurde (damit man es im Falle der Wiedereinsetzung auch erläutern kann).
- Ausprobieren: Nicht jeder Arbeitsablauf, klappt sofort, und nicht jeder Workflow bewährt sich. Der Schlüssel ist, verschiedene Arbeitsweisen auszuprobieren und anzupassen. Klappt etwas nicht, einfach im nächsten Morgen-Check-in ansprechen. Nur so kann ein reibungsloses Arbeiten auf Distanz funktionieren. Von Zeit zu Zeit ist es hilfreich, einen Rück- und Ausblick (zum Beispiel zum Start ins Wochenende) zu starten.
- Realistisch bleiben: Vielleicht ist dies in Zeiten der Corona-Pandemie der wichtigste Rat für das Arbeiten im Homeoffice. Nichts wird so laufen, wie man es gewohnt ist. Die Situation ist eine andere und alle müssen sich anpassen. Fehler werden passieren. Bei nicht verlängerbaren Notfristen sollte das Team alles unternehmen, dass diese Fristen gehalten werden. Ansonsten gilt: Wenn Fehler passieren, Fehler überlegt beheben (Wiedereinsetzung!) und aus dem Fehler lernen. Alles zu Fristen und Wiedereinsetzung bei Schiller, AnwBl 2017, 480).
Kommen Sie gut durch die Krise.
Eine nicht abschließende Liste mit cloud-basierten Anbietern für Videokonferenzen steht unter nachfolgendem Link bereit (die Angaben zu den Anbietern beruhen auf deren eigenen Werbeangaben auch zur DSGVO-Konformität):
Ein Tipp: Wenn in den Videokonferenzen vertrauliche Mandantenangelegenheiten besprochen werden sollen, achten Sie auf eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Vorzugswürdig wäre aus Sicht des Datenschutzes die Installation eines Systems auf einem eigenen Server wie beispielsweise Jitsimeet oder Nextcloud Talk.
Um Risiken und Nebenwirkungen von Videokonferenz-Tools gering zu halten, können die folgenden DSGVO-Tipps Orientierung geben:
- Achten Sie auf eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.
- Sichern Sie Ihre Videokonferenz mit einem Passwort ab! Das ist bei vielen Diensten optional möglich.
- Bevorzugen Sie EU-Dienste.
- Prüfen Sie, ob Dienste aus den USA jedenfalls über ein Privacy-Shield-Zertifikat verfügen oder die Einhaltung des Europäischen Datenschutzniveaus vertraglich zusichern.
- Wählen Sie datenschutzfreundliche Einstellungen (Tracking-, Aufnahme- und Beobachtungsfunktionen nur nach Einwilligung aller Nutzer aktivieren)
- Schließen Sie ggf. eine Auftragsverarbeitungsvereinbarung mit dem Dienstleister, wenn dort personenbezogene Daten erfasst werden. Denken Sie als Anwalt dann auch an die Verschwiegenheitsvereinbarung nach § 43 e Abs. 3 BRAO (Muster, AnwBlatt Online 2018, 283 ff.).
Auch in der Kanzlei im Homeoffice gelten im Prinzip die gleichen datenschutz-, berufs- und strafrechtlichen Standards zum Schutz von Daten und Mandatsgeheimnissen, die auch ohne Homeoffice gelten. Daher müssen technisch-organisatorische Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten getroffen werden.
Für das Homeoffice können die folgenden zehn Regelungen für die Kanzlei hilfreich sein:
- Unterlagen sollten nicht offen auf dem (Küchen-)Tisch liegen bleiben, sondern auch zu Hause in einem abschließbaren Schubfach gelagert werden.
- Sensible Daten auf Papier dürfen auch nicht einfach über den Hausmüll entsorgt werden.
- Der PC ist so einzurichten, dass er sich automatisch bei Nichtnutzung in den Ruhemodus schaltet.
- Die Nutzung kanzleieigener Geräte sollte üblich sein (mit verschlüsselter Festplatte, aktuellem Betriebssystem, Firewall und Virenschutz).
- Wenn der Administrationszugang beim Arbeitgeber liegt, kann die ungewollte Installation von unbekannten Programmen und damit womöglich schadhafter Software ausgeschlossen werden (und auch mit Adminstratorenzugang nur einloggen, wenn nötig).
- Der Zugriff auf Daten der Kanzlei sollte durch eine VPN-Verbindung in einem geschlossenen Netz sichergestellt sein, alternativ oder ergänzend kann hier die Nutzung einer verschlüsselten Cloud sinnvoll sein wie sie beispielsweise von TeamDrive angeboten wird.
- Die Privatnutzung ist zusätzlich auszuschließen. Die Nutzung einer privaten Mailadresse und der Austausch von Mandantendaten auf diesem Wege verbieten sich bereits wegen der fehlenden Verschlüsselung.
- Mit Mandanten direkt können Daten über unverschlüsselte Mails, wenn überhaupt, nur nach einem Risikohinweis ausgetauscht werden (vgl. hierzu den Bericht zu § 2 BORA auf anwaltsblatt.de).
- Auch beim W-Lan zuhause ist darauf zu achten, dass es vor dem Zugriff Unbefugter gesichert ist. Weniger bekannt ist, dass das auch für den Drucker im hauseigenen Netzwerk gilt (diese sind ein beliebtes Ziel für Hacker).
Tipp: Kanzleien sollten ihre Mitarbeiter zur Einhaltung dieser Grundregeln verpflichten, um ihrer Rechenschaftspflicht nachzukommen! Und: Wenn Sie diese Tipps beachten, werden die Datenschutzbehörden vermutlich nicht erwarten, dass Homeoffice nur in einem separaten Raum stattfinden kann und der Arbeitgeber eine Einwilligung zum Betreten dieser Räumlichkeiten einfordern muss, um Überprüfungen durchführen zu können. Ja, auch das wird von Datenschützern gefordert.
Wer jetzt in der Corona-Krise wissen will, wie gut er dasteht und ob er die grundsätzlichen Empfehlungen der IT-Sicherheit einhält, sollte die Online-Checklist von „Virus fördert Viren“ durchgehen. Das Projekt ist im Rahmen des Hackathon #WirvsVirus entstanden ist.
Das Arbeiten von zuhause verlangt organisatorisches Mitdenken, Vorausplanen. Sonst ist die Berufungsbegründung zwar selbst geschrieben, spracherkannt diktiert, aber die Übermittlung an das Gericht und die gegnerische Partei oder deren Bevollmächtigte scheitert.
Um die elektronische Kommunikation mit den Gerichten und den gegnerischen Bevollmächtigten zu gewährleisten, sollte der Homeoffice-Koffer gut gepackt sein. In meinem Koffer packe ich …: meinen Laptop, das Karten-Lesegerät und meine beA-Karte (möglichst die mit der Signaturfunktion). Mal von der Kommunikation mit dem BVerfG abgesehen – keinen ERV-Zugang! – sind Sie damit schon einmal auf einem guten Weg.
Hilfreiche Tipps und Informationen hierzu erhalten Sie in zwei elektronischen Newslettern, die Ihnen wichtige Helferlein beim elektronischen Rechtsverkehr sein können.
Die BRAK informiert regelmäßig im beA-Newsletter über die Arbeitsweise mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach und gibt Tipps. Unter diesem Link können Sie sich anmelden, wie auch in älteren Ausgaben recherchieren.
Wenn das beA-System und die gerichtliche Infrastruktur mal nicht fehlerfrei laufen, informiert diese Seite im Auftrag der Gerichtsverwaltungen des Bundes und der Länder über aktuelle Störungen. Unter diesem Link melden Sie sich für den Empfang des entsprechenden Newsletters an. Zu wissen, warum ein Zugriff auf das Postfach nicht möglich ist, zu welchen Störungen es kommt (und wann diese wieder behoben werden) ist nicht nur für etwaige Wiedereinsetzungsanträge wichtig, sondern schafft die Möglichkeit, sich nach Alternativen umzusehen (muss ich doch ins Büro und einen Schriftsatz faxen, wenn das von zuhause nicht möglich ist?).
Und auch das sollten Sie im Auge behalten:
- Übernehmen Sie für die elektronische Kommunikation die gerichtlichen Aktenzeichen so, wie sie Ihnen mitgeteilt werden. So schaffen Sie die Möglichkeit, dass Ihre Nachrichten, vielleicht ein Schriftsatz in einem Eilverfahren, unmittelbar in die Akte des Gerichts gelangt und schneller bearbeitet werden kann. In der Depesche 13/20 des DAV gibt es dazu eine detaillierte Anleitung mit Beispielen.
- Bezeichnen Sie Dateien, die Sie als pdf-A an das Gericht verschicken, folgendermaßen:
Nutzen Sie alle Buchstaben des deutschen Alphabetes bis auf das Leerzeichen (!), alle Ziffern und die Zeichen Unterstrich und Minus. Punkte sind nur als Trennung zwischen Dateiname und Dateinamenserweiterung zulässig. Die Länge des Dateinamens ist auf 90 Zeichen beschränkt. Der Schriftsatz könnte etwa lauten 20200331_00_stellungnahme_vergleichsvorschlag.pdf.
Mit dem dazwischen gestellten 00 schaffe ich im Übrigen die Möglichkeit, dass die Gerichte Anlagen zu Schriftsätzen richtig sortiert zur Kenntnis nehmen können. Die Anlagen zu diesem Schriftsatz wären also so bezeichnet: 20200331_01_anlage-1.pdf und 20200331_02_anlage-2.pdf.
- Nach Ziff. 2 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2019 – ERVB 2019, besteht die Verpflichtung, einen strukturierten, maschinenlesbaren Datensatz anzufügen. Das kann das beA automatisch, Sie müssen es aber „anklicken“. Wie das geht beschreibt die BRAK in ihrem beA-Newsletter 29/2019.
Und zum Schluss noch zwei Hinweise auf die Arbeit des DAV in diesem Zusammenhang: Ein Video zur Rechtevergabe im beA finden Sie hier.
Der DAV setzt sich auch weiterhin für gute Rahmenbedingungen beim Elektronischen Rechtsverkehr ein. In einem Schreiben, das u.a. an die Bundeskanzlerin gerichtet ist, schlägt die Präsidentin des DAV vor, § 130a ZPO (und die entsprechenden Regelungen in den anderen Gerichtsverfahrensordnungen) um eine Regelung zu ergänzen, die bereits jetzt die Möglichkeit schafft, bei technischen Störungen der elektronischen Kommunikation mit den Gerichten Schriftsätze nachzureichen, sobald die technische Störung behoben wurde.
Die Corona-Krise ändert im Grundsatz nichts an den arbeitsrechtlichen Vorgaben. Worauf Anwältinnen und Anwälte als Arbeitgeber jetzt achten sollten, was angestellte Anwältinnen und Anwälte und weitere Kanzleimitarbeiter wissen sollten, wird im Folgenden erläutert:
a) Kann der Arbeitgeber die Arbeit im Homeoffice einseitig anordnen?
Grundsätzlich nein, das Direktionsrecht des Arbeitgebers reicht nicht soweit. Erforderlich ist daher eine entsprechende Vereinbarung bzw. Abrede mit den Arbeitnehmern. Wenn die Kanzlei den Rechner und die Technik stellt, werden viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Angebot gerade jetzt gerne annehmen.
b) Besteht ein Anspruch auf Arbeit im Homeoffice?
Seit dem 27. Januar 2021 sind Arbeitgeber verpflichtet, Homeoffice anzubieten, soweit keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen, § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 21. Januar 2021. Angestellte sind aber nicht verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen. Diese Regelung ist bis zum 30. April 2021 befristet, § 4 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung.
Gilt diese Regelung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung nicht mehr, besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeit im Homeoffice. Die Gestaltung der Arbeitsorganisation gehört zur unternehmerischen Freiheit. Der Arbeitnehmer darf sich grundsätzlich auch nicht aus Angst vor Ansteckung weigern, ins Büro zu kommen, es sei denn, er würde besonderen Risiken ausgesetzt. Es empfiehlt sich, durch geeignete Maßnahmen (etwa erhöhten Abstand zu Mitarbeitern, Beschränkung des Publikumsverkehrs, Trennschreiben in Mehr-Personen-Büros) ausreichenden Infektionsschutz zu gewährleisten. Allerdings kann in Ausnahmefällen ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen.
c) Welche Arbeitszeiten gelten im Homeoffice?
Grundsätzlich bleibt es auch im Homeoffice bei den betrieblich vorgegebenen Arbeitszeiten. Diese können zwar individuell verändert werden, beispielsweise um die Kinderbetreuung zu ermöglichen. Die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes – etwa zu Dokumentationspflichten oder zu den erforderlichen Pausen-, Ruhe- und Höchstarbeitszeiten - gelten allerdings auch im Homeoffice. Einen umfassenden Überblick über die arbeitszeitrechtlichen Grenzen und Gestaltungsmöglichkeiten bietet der Beitrag von RA Prof. Dr. Stefan Lunk im Anwaltsblatt.
d) Welche Anforderungen sind an die Ausstattung des Arbeitsplatzes zu stellen?
Es ist zu differenzieren: Wenn im Homeoffice ein vom Arbeitgeber eingerichteter Arbeitsplatz vorgehalten wird, muss dieser die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung einhalten. Damit sind dauerhafte Homeoffice-Arbeitsplätze gemeint. Bei einem provisorisch eingerichteten Arbeitsplatz gelten diese strengen Vorgaben dagegen nicht. Das wird bei corona-bedingtem Homeoffice regelmäßig der Falls sein.
Auch dann muss der Arbeitgeber allerdings eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten für eine möglichst unbelastete Arbeitsumgebung sorgen. Dies umfasst auch die Unterweisung des Arbeitnehmers dahingehend, möglichst gesundheitsgerecht zu arbeiten.
e) Bin ich im Homeoffice gegen Unfälle versichert?
Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz besteht auch im Homeoffice, sofern das Homeoffice als Arbeitsplatz vereinbart worden ist. Allerdings sind nur betrieblich veranlasste Tätigkeiten versichert, also zum Beispiel der Weg zum Telefon, um einen dienstlichen Anruf entgegenzunehmen, nicht aber der Weg in die Küche, um etwas zu essen. Auch der Weg vom Homeoffice in die Kindertagesstätte ist nicht versichert, anders als bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die ihre Kinder auf dem Weg zum Betrieb in der Betreuungseinrichtung abgeben.
f) Kann der Arbeitnehmer in Zwangsurlaub geschickt werden?
Das BUrlG gibt den Wünschen des Arbeitnehmers grundsätzlich Vorrang. Nur wenn dringende betriebliche Belange entgegenstehen, dürfen diese übergangen werden.
Stand: 04.03.2021
IV. Gerichtsverfahren
Trotz Beschränkung der sozialen Kontakte gilt es, einen Stillstand der Rechtspflege zu vermeiden. Die Empfehlung ist eindeutig: Anwältinnen und Anwälte sollten sich vergewissern, ob bei Gerichtsterminen ausreichende Vorkehrungen getroffen sind, um Abstands- und Hygienevorgaben einzuhalten. Nur wenn dies offensichtlich nicht der Fall ist, sollten Termine rechtzeitig verlegt werden. Was die Zivilprozessordnung (ZPO) hergibt, erläutert Prof. Dr. Hanns Prütting im Anwaltsblatt. Im Falle einer Quarantäne kann ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 247 ZPO (Aussetzung bei abgeschnittenem Verkehr) helfen. Wer zu einer Risikogruppe gehört, kann auch eine Terminvertretung in Erwägung ziehen.
Stand: 20. Mai 2020
V. Finanzielle Hilfen
Die Anwaltskanzlei hat gegenüber dem Land einen Erstattungsanspruch wegen einer quarantänebedingten Entschädigungszahlung (vgl. II.2) an Mitarbeiter (§ 56 Abs. 5 S. 2, 3 IfSG). Dieser Entschädigungsanspruch geht (nach h.M.) auch den Entgeltfortzahlungsansprüchen nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) vor, da Grund des „Nicht-Arbeitens“ keine Erkrankung, sondern die behördliche Anordnung ist. Dies verpflichtet den Staat zu einer Entschädigung.
Für Selbständige gelten die vorstehenden Erläuterungen entsprechend. Kommt es für sie zu einer Existenzgefährdung, können sie zusätzlich auf Antrag auch Mehraufwendungen erstattet erhalten, sowie in angemessenem Umfang die Erstattung der weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben (§ 56 Abs. 4 IfSG).
Die Höhe dieser Entschädigungszahlung ist abhängig von den jeweiligen Konditionen des Arbeitsverhältnisses und es gelten gewisse Höchstbeträge. Der Antrag hierauf muss gemäß § 56 Abs. 11 IfSG innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Ende der Quarantäne gestellt werden.
Für die Bundesländer Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen ist eine zentrale elektronische Antragstellung über das Infoportal IfSG möglich, für den Freistaat Thüringen ab dem 1. Januar 2021 sogar zwingend. Dort findet man Antragsformulare und weitere Hinweise.
Weitere Informationen können Sie dem Beitrag „Corona-Virus: Entschädigung vom Staat bei Quarantäne“ von Martin Schafhausen entnehmen.
Stand: 18. Februar 2021
Auch freiberuflich Tätige können einen Anspruch auf sog. aufstockende Leistungen haben. Dazu müssen Sie beim zuständigen JobCenter einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (ALG II) stellen. Ob eine tatsächliche Hilfebedürftigkeit besteht, richtet sich nach dem Einzelfall.
Der Bundestag hat deutliche Erleichterungen bei der Bewilligung für Leistungen nach dem SGB II beschlossen und in § 67 SGB II ein vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Coronavirus geregelt (BT-Drs. 19/18107). Für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2020 beginnen, wird Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt, sofern das Vermögen nicht erheblich ist. Dabei wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn dies im Antrag erklärt wird. Des Weiteren gelten die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von sechs Monaten als angemessen.
Weitere Informationen beispielsweise zur Vorliegen einer Hilfebedürftigkeit, Berechnung des Aufstockungsanspruches, Antragstellung finden Sie im Anwaltsblatt Online, im Beitrag von Volker Gerloff „Hilfebedürftigkeit wegen Corona: ALG II für die freien Berufe“.
Stand: 20. Mai 2020
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat im Einvernehmen mit den obersten Landes-Finanzbehörden steuerliche Maßnahmen beschlossen, um unbillige Härten in Folge der Coronakrise zu vermeiden. Dies sind: Stundung und Anpassung von Vorauszahlungen sowie Absehen von der Vollstreckung.
a) Stundung und Herabsetzung der Vorauszahlungen
- Stundung der bis zum 31. März 2021 fälligen oder fällig werdenden Steuern (Einkommens- Umsatz-, Kirchen und Körperschaftssteuer sowie Solidaritätszuschlag),
- Regelmäßiger Verzicht auf Stundungszinsen,
- Herabsetzung der Vorauszahlungen auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer (inklusive Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer) auf Antrag.
Die Voraussetzungen sind:
- Antrag auf Stundung und/oder Anpassung der Vorauszahlungen in diesem Zeitraum (bis 31. März 2021), Antrag auf Stundung, bei fällig werdenden Steuern ist die Antragstellung erst nach deren Festsetzung möglich. Musteranträge sind teilweise bei den Finanzverwaltungen der Länder veröffentlicht, z.B. in NRW, Baden-Württemberg, Bayern (in vielen Ländern gleichlautend). Der Antrag kann auch als formloses Schreiben an das zuständige Finanzamt gestellt werden. Die elektronische Übermittlung über das Online-Finanzamt Mein ELSTER ist ratsam.
- Besondere Begründung des Antrags: Steuerpflichtige müssen unmittelbar oder nicht unerheblich betroffen Der wertmäßige Nachweis der entstandenen Schäden im Einzelnen ist nicht erforderlich, plausible Angaben schwerwiegender negativer Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen reichen aus.
Die Dauer der Stundung hängt vom Einzelfall ab. Wird keine Stundungsdauer beantragt, wird die Stundung grundsätzlich zunächst für einen Zeitraum von drei Monaten gewährt. Im vereinfachten Verfahren ist eine Stundung bis längstens zum 30. Juni 2021, darüber hinaus nur in Zusammenhang mit einer angemessenen und längstens bis zum 31. Dezember 2021 dauernden Ratenzahlungsvereinbarung möglich.
b) Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen
- Keine Vollstreckungsmaßnahmen bei rückständigen oder bis zum 31. März 2021 fällig werdenden Steuern (Einkommens-, Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, Lohnsteuer und Umsatzsteuer) bis längstens 30. Juni 2021,
- Erlass der für den Zeitraum vom 19. März 2020 bis 30. Juni 2021 verwirkten Säumniszuschläge, ggf. durch Allgemeinverfügung.
Die Voraussetzungen sind:
- Steuerpflichtige müssen nachweislich unmittelbar oder nicht unerheblich betroffen
- Antrag auf Vollstreckungsaufschub, wenn bereits Vollstreckungsmaßnahmen ausgebracht worden sind. Sonst Mitteilung des Vollstreckungsschuldners an das Finanzamt, dass Sie als Vollstreckungsschuldner von der Coronakrise betroffen sind.
Über diese Maßnahmen hat das BMF mit Schreiben vom 19. März 2020, ergänzt mit Schreiben vom 22. Dezember 2020 informiert. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben gleich lautende Erlasse veröffentlicht. Eine Zusammenstellung aller Informationen zu Steuern in der Coronakrise hat das BMF in Form von FAQs auf seiner Website veröffentlicht.
Stand: 18. Februar 2021
Auch Anwaltskanzleien können grundsätzlich Kurzarbeitergeld für ihre sozialversicherungspflichtig angestellten Mitarbeiter beantragen. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 01. März 2020 folgende Erleichterungen beschlossen. Danach müssen für Betriebe, die bis zum 31. März 2021 mit Kurzarbeit begonnen haben, folgende Bedingungen erfüllt sein:
Wenigstens 10 % der Beschäftigten (statt bislang ein Drittel) müssen einen Arbeitsentgeltausfall von mindestens 10% haben. Auch Leiharbeitnehmer*innen erhalten Kurzarbeitergeld. Das Einbringen von Minusstunden zur Vermeidung von Kurzarbeit ist nicht erforderlich. Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden werden bis zum 30. Juni 2021 zu 100% erstattet. Wird bis zu diesem Datum Kurzarbeit eingeführt, werden die Sozialversicherungsbeiträge nach dem 30. Juni 2021 bis Dezember 2021 zur Hälfte erstattet.
Die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes wird bis auf 24 Monate, längstens bis zum 31. Dezember 2021 festgelegt.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Die genauen Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld sind in den §§ 95 ff SGB geregelt. Der Gesetzgeber hat angesichts der Corona-Krise Erleichterungen bei den Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld beschlossen.
Zunächst muss ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall (§ 96 SGB III) vorliegen. Der Arbeitsausfall muss auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen, vorrübergehend und unvermeidbar sein. Mindestens 10% der Beschäftigten müssen von einem Entgeltausfall von mehr als 10% ihres Bruttolohns betroffen sein. Die betrieblichen Voraussetzungen (§ 97 SGB III) sind bereits erfüllt, wenn in dem Betrieb mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer beschäftigt ist. Weiterhin müssen die persönlichen Voraussetzungen beim Arbeitnehmer (§ 98 SGB III) erfüllt sein. Schließlich muss auch eine Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit erfolgt sein (§99 SGB III).
Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Netto-Entgeltausfall. Beschäftigte in Kurzarbeit erhalten grundsätzlich 60 Prozent des ausgefallenen pauschalierten Netto-Entgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 Prozent des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Ab dem vierten Monat erhöht sich das Kurzarbeitergeld auf 70 bzw. 77 Prozent, ab dem siebten Monat auf 80 bzw. 87 Prozent, wenn die Differenz zwischen Soll-und Ist-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat mindestens 50 Prozent beträgt. Die Sozialversicherungsbeiträge abzgl. Arbeitslosenversicherung werden für das Kurzarbeitergeld zurückerstattet. Weitere Hinweise zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes sowie eine Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes finden Sie über den vorangegangenen Link und über folgendes Video der Agentur für Arbeit:
- Einigung mit dem Arbeitnehmer
Kurzarbeit kann nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Rechtsgrundlage kann etwa eine einvernehmliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer über eine zeitlich begrenzte Verkürzung der vertraglichen Wochenarbeitszeit sein.
- Anzeige der Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit
Der Arbeitsausfall durch Kurzarbeit ist der zuständigen Agentur für Arbeit gemäß § 99 SGB III schriftlich oder elektronisch anzuzeigen. Die Anzeige kann online über das Portal der Arbeitsagentur oder per Formular vorgenommen werden. Mit der Anzeige ist glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind. Kurzarbeitergeld wird frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Die Agentur für Arbeit prüft die Anzeige und trifft eine Grundsatzentscheidung, ob Kurzarbeitergeld bewilligt werden kann.
- Beantragung des Kurzarbeitergeldes (Leistungsantrag)
Das Kurzarbeitergeld wird auf Antrag des Arbeitgebers oder der Betriebsvertretung von der Agentur für Arbeit erstattet. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten bei der zuständigen Agentur für Arbeit einzureichen. Zuständig ist die Agentur für Arbeit, in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats (Anspruchszeitraums), in dem die Tage liegen, für die Kurzarbeitergeld beantragt wird. Antragsformular. Nach Beendigung der Kurzarbeit erfolgt eine Abschlussprüfung, nach der ggf. das Kurzarbeitergeld korrigiert wird.
- Auszahlung des Gehalts an Arbeitnehmer
Der Arbeitgeber zahlt an die Arbeitnehmer zunächst das Entgelt für die geleisteten Arbeitsstunden sowie das Kurzarbeitergeld aus.
Stand: 18. Februar 2021
Alleinerziehende und Familien mit geringem Einkommen sind in der Corona-Zeit in Not, große organisatorische und finanzielle Herausforderungen sind zu bewältigen. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im DAV weist darauf hin, dass es hierbei Unterstützung durch einen Notfall-Kinderzuschlag des Bundesfamilienministeriums gibt.
Reicht das Einkommen der Eltern nicht für die gesamte Familie, kann der Notfall-Kinderzuschlag weiterhelfen. Dies kann u.a. bei Bezug von Kurzarbeitergeld oder bei Selbstständigen mit derzeit keinen oder verringerten Einnahmen der Fall sein. Informationen und die Möglichkeit, den Antrag zu stellen, finden sich im Internetangebot der Bundesagentur für Arbeit: https://con.arbeitsagentur.de/prod/kiz/ui/start. Pro Kind kann Anspruch auf bis zu 185 Euro im Monat bestehen.
Das Besondere am Notfall-Kinderzuschlag ist, dass bei der Einkommensüberprüfung nicht auf das Einkommen der letzten sechs Monate abgestellt wird, sondern nur das Einkommen des letzten Monats vor der Antragstellung nachzuweisen ist. Der Notfall-Kinderzuschlag kann ab April beantragt werden und ist befristet bis zum 30. September 2020.
Weiteren Hinweise zur neuen Gesetzeslage stehen auf der Sonderseite der Bundesagentur für Arbeit zum Notfall-KiZ zur Verfügung.
Stand: 20. Mai 2020
Sowohl der Bund, als auch die Länder haben umfangreiche finanzielle Hilfsmaßnahmen beschlossen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise abzufedern. Dazu gehören insbesondere finanzielle Soforthilfen in Form von steuerbaren Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Zudem gibt es diverse Kreditprogramme, um finanzielle Engpässe zu überwinden.
Stand: 08. Juli 2020
Um den von den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung besonders betroffenen Branchen zu helfen, hat die Bundesregierung anschließend an ein erstes Soforthilfeprogramm eine Überbrückungshilfe auf den Weg gebracht. Die Überbrückungshilfe ist ein branchenübergreifendes Bundesprogramm für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Corona-Krise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen mussten.
Antragsberechtigt sind Unternehmen, Soloselbständige und selbständige Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb.
Voraussetzung für eine Förderung ist ein Umsatzeinbruch im April und Mai 2020 um durchschnittlich mindestens 60 Prozent gegenüber den gleichen Vorjahresmonaten. Haben Unternehmen aufgrund starker saisonaler Schwankungen ihres Geschäfts im April und Mai 2019 zusammen weniger als 5 Prozent des Jahresumsatzes 2019 erzielt, gilt die Bedingung des sechzigprozentigen Umsatzrückgangs nicht.
Die Höhe der Überbrückungshilfe richtet sich nach dem Umsatzeinbruch in den förderfähigen Monaten Juni, Juli und August sowie der Höhe der förderfähigen Kosten:
- Umsatzeinbruch > 70 Prozent: 80 Prozent der förderfähigen Fixkosten
- Umsatzeinbruch ≥ 50 Prozent und ≤ 70 Prozent: 50 Prozent der förderfähigen Fixkosten
- Umsatzeinbruch ≥ 40 Prozent und < 50 Prozent: 40 Prozent der förderfähigen Fixkosten
Förderfähige Kosten sind insbesondere fortlaufende, im Förderzeitraum anfallende vertraglich begründete oder behördlich festgesetzte und nicht einseitig veränderbare betriebliche Fixkosten.
Die maximale Förderung beträgt 50.000 Euro pro Monat. Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten werden max. 3.000 Euro pro Monat, bei Unternehmen bis zu zehn Beschäftigten max. 5.000 Euro pro Monat gezahlt.
Der Antrag auf Überbrückungshilfe kann nur durch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sowie (ab dem 10.August) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte über ein bundeseinheitliches Online-Portal gestellt werden. Die Antragsbearbeitung erfolgt in den Bewilligungsstellen der Länder.
Der DAV hatte sich mit Erfolg dafür eingesetzt, dass auch Anwältinnen und Anwälte, die zunächst unberücksichtigt blieben, die Anträge für ihre Mandanten einreichen können (Pressemitteilung, Anwaltsblatt, Präsidentinnenschreiben, Statement).
Das BMWi hat eine Sonderseite zur Überbrückungshilfe eingerichtet. Dort sind detaillierte Informationen in den umfangreichen FAQs zusammengestellt und die Online-Antragstellung durch den „prüfenden Dritten“ nach Registrierung und Erhalt der PIN möglich. Die Antragsfrist läuft bis zum 30. September 2020.
Mit dem Auslaufen der Soforthilfe des Bundes sind auch in vielen Bundesländern die ergänzenden Soforthilfeprogramme ausgelaufen. Nur vereinzelt gibt es noch landesspezifische finanzielle Zuschussmöglichkeiten:
Im Rahmen der Soforthilfe V kann bei Liquiditätsengpässen ein Zuschuss für die folgenden 3 Monate beantragt werden. Antragsberechtigt sind kleine und mittlere Unternehmen aus Berlin mit mehr als 10 und bis zu 100 Beschäftigten (in Vollzeitäquivalent). Die Höhe der Soforthilfe beträgt bis zu 25.000 Euro und orientiert sich an dem glaubhaft versicherten Liquiditätsengpass für die auf die Antragstellung folgenden drei Monate.
Eine Antragstellung ist ausschließlich digital bis zum 31.12.2020 möglich.
Weitere Informationen sowie das Antragsformular finden Sie hier.
Nordrhein-Westfalen
Neben der Überbrückungshilfe des Bundes gewährt das Land NRW mit der Überbrückungshilfe PLUS Solo-Selbstständigen, Freiberuflern und im Unternehmen tätigen Inhabern von Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit max. 50 Mitarbeitern ergänzend eine einmalige Zahlung in Höhe von 1.000 Euro pro Monat für maximal drei Monate im Zeitraum Juni bis August 2020, sofern die Antragsvoraussetzungen der Überbrückungshilfe des Bundes erfüllt sind. Damit dürfen Ausgaben für die private Lebensführung wie z. B. private Mieten, Lebensmittel, Beiträge für die Krankenversicherung oder private Altersvorsorge abgedeckt werden.
Für das Antragsverfahren gelten dieselben Voraussetzungen wie bei der Soforthilfe des Bundes, der Antrag ist dort vollintegriert. Weitere Informationen finden Sie hier.
Der Bund stellt über die Kreditanstalt für Wiederaufbau verschiedene Hilfskredite für kleine, mittlere und große Unternehmen zur Verfügung. Die verschiedenen Förderkredite werden von Kreditinstituten an ihre Kunden weitergegeben.
Alle etablierten Unternehmen (und Freiberufler), die seit mindestens fünf Jahren bestehen, können einen KfW-Unternehmerkredit beantragen. Für jüngere Unternehmen (und Freiberufler), die noch nicht seit fünf Jahren bestehen, steht der ERP-Gründerkredit zur Verfügung.
Die Kredite müssen über die Hausbank oder einem anderen Finanzierungspartner beantragt werden. Die direkte Beantragung bei der KfW ist nicht möglich.
Weitere Informationen zur KfW-Corona-Hilfe einschließlich KfW-Förderassistent finden Sie hier.
Flankierend zu den Maßnahmen des Bundes bieten auch einige Länder diverse Kreditprogramme und teilweise auch zinslose Darlehen für Unternehmen und Freiberufler an, um Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten der jeweiligen Bundesländer:
Hamburg (Link veraltet, Stand 25.07.2022)
Hessen (Link veraltet, Stand 27.06.2022)
Niedersachsen (Link veraltet, Stand 25.07.2022)
Nordrhein-Westfalen (Link veraltet, Stand 25.07.2022)
Sachsen-Anhalt (Link veraltet, Stand 25.07.2022)
Eltern, die bei einer vorübergehenden behördlichen Schließung von Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder einem Betretungsverbot nach Maßgabe des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) einen Verdienstausfall aufgrund der notwendigen Betreuung erleiden, können eine Entschädigung in Geld erhalten (§ 56 Abs.1a IfSG). Die Neuregelung ist zum 30.3.2020 in Kraft getreten und gilt bis 31.12.2020.
Stand: 8. Juni 2020
Anspruchsberechtigt sind Eltern von Kindern unter 12 Jahren oder mit Behinderungen, die auf Hilfe angewiesen sind, die die Kinder mangels anderweitig zumutbarer Betreuungsmöglichkeit in diesem Zeitraum selbst betreuen müssen und daher ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen können.
Der Verdienstausfall darf nicht vermeidbar sein. Voraussetzung ist daher, dass keine anderweitige zumutbare Betreuung möglich ist, z. B. durch den anderen Elternteil, Notbetreuung in den Einrichtungen, betreuungsbereite Familienmitglieder/ Verwandte/ Freunde (Personen einer Risikogruppe bleiben unberücksichtigt).
Besteht ein Zeitguthaben oder Resturlaub, ist dieses vorrangig abzubauen. Soweit Kurzarbeit angeordnet ist, entsteht der Anspruch auf Entschädigung ebenfalls nicht. Gleiches gilt bei der zumutbaren Möglichkeit von Homeoffice oder wenn Eltern bereits nach anderen gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen oder individualrechtlichen Grundlagen der Arbeit unter Fortzahlung des Entgelts oder einer der Höhe nach dem Entgelt entsprechenden Geldleistung fernbleiben können.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn wegen Schul- oder Betriebsferien ohnehin eine Schließung erfolgen würde.
Die Regelung gilt für alle erwerbstätigen Personen, also nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Selbständige.
Die Entschädigung beläuft sich auf 67 Prozent des entstandenen Verdienstausfalls und wird für jede erwerbstätige Person für längstens zehn Wochen, für eine erwerbstätige Person, die ihr Kind allein beaufsichtigt, betreut oder pflegt, längstens für 20 Wochen gewährt. Der Betrag ist auf maximal 2.016 € für einen vollen Monat gedeckelt (§ 56 Abs. 2 S. 4 IfSG).
Selbständige können darüber hinaus Aufwendungen für die private soziale Sicherung in angemessenem Umfang geltend machen (§ 58 IfSG).
Die Auszahlung des Entschädigungsanspruchs für Arbeitnehmer übernimmt der Arbeitgeber, der die ausgezahlten Beträge auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet bekommt (§56 Abs. 5 S. 2 IfSG). Selbständige stellen den Antrag direkt bei der Behörde. Der Antrag muss innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach dem Ende der vorübergehenden Schließung oder der Untersagung des Betretens gestellt werden (§ 56 Abs. 11 IfSG).
Auf Antrag kann auch ein Vorschuss gewährt werden (§ 56 Abs. 12 IfSG).
Gegenüber der zuständigen Behörde und ggf. auch auf Verlangen des Arbeitgebers ist das Fehlen einer zumutbaren Betreuungsmöglichkeit darzulegen. Im Übrigen gelten dieselben Regelungen wie bei der Entschädigung wegen angeordneter Quarantäne.
Bei Selbstständigen berechnet sich der Verdienstausfall pro Monat nach einem Zwölftel des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV). Nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ist der ermittelte Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit maßgeblich. Als Nachweis dient der letzte Einkommensteuerbescheid.
Für die Bundesländer Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein (Niedersachsen soll folgen) ist eine zentrale elektronische Antragstellung über das Infoportal IfSG möglich. Dort findet man Antragsformulare und weitere Hinweise.
Weitere Informationen:
Niedersachsen, Sachsen
Stand: 08. Juni 2020
Die Beitragszahlungen für die Sozialversicherung können von den Krankenkassen vorübergehend erleichtert gestundet werden. In einer Pressemitteilung vom 25. März 2020 teilt der GKV-Spitzenverband mit, dass den Krankenkassen als Einzugsstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag empfohlen worden sei, die Stundung der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge zu erleichtern. Grundsätzlich müssten aber alle anderen Maßnahmen aus den verschiedenen Hilfspaketen und Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung ausgeschöpft worden sein. Bis jedoch diese Maßnahmen griffen, solle den Unternehmen und Selbständigen, die durch die Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, ermöglicht werden, die Sozialversicherungsbeiträge vorübergehend später zu zahlen. Die vorerst auf die Monate März und April zu zahlenden Beiträge begrenzt Regelung wurde auf Mai verlängert. Für die Monate März und April 2020 gestellte Anträge verlängern sich nicht ohne Weiteres. Für die Fortsetzung der Stundung bedarf es eines erneuten Antrags. Ab Juni kommt dann ggf. das Regelstundungsverfahren in Betracht.
Wenn Sie – auch als freiwillig versicherte/r Anwalt/ Anwältin - davon Gebrauch machen wollen, sollten Sie bei der zuständigen Einzugsstelle unter Hinweis auf die schwierige finanzielle Lage durch die Corona-Krise einen Stundungsantrag stellen.
Der GKV-Spitzenverband hat u. a. zum vereinfachten Stundungsverfahren zusätzlich diese FAQs (Stichwort "Sozialversicherungsbeiträge") zusammengestellt.
Stand: 20. Mai 2020
VI. Fortbildungspflicht
Auch ohne Präsenzveranstaltungen gibt es Möglichkeiten, Fortbildungsstunden zur Erfüllung der Fortbildungspflicht nachzuweisen und so den Fachanwaltstitel zu erhalten.
Die kompletten 15 Stunden Fortbildungspflicht der FAO können durch die Teilnahme an Online-Seminaren absolviert werden, wenn die Möglichkeit der Interaktion zwischen Referierenden und Teilnehmenden sowie der Teilnehmenden untereinander während der Dauer der Fortbildungsveranstaltung gewährleistet ist und der Nachweis der durchgängigen Teilnahme erbracht wird (§ 15 Abs. 2 FAO). Entsprechende Seminare u.a. der örtlichen Anwaltvereine, Arbeitsgemeinschaften im DAV sowie der Deutschen Anwaltakademie finden Sie im DAV-Veranstaltungskalender.
Auch können Sie bis zu 5 Stunden der Fortbildungspflicht im Wege des Selbststudiums erfüllen, sofern eine Lernerfolgskontrolle erfolgt. Über die Seite www.faocampus.de finden Sie hierzu passende Möglichkeiten und können sich eine Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme an der Lernerfolgskontrolle und die Prüfungsfragen mit ihren Antworten auszudrucken.
Der Fortbildungspflicht können Sie weiterhin dadurch entsprechen, dass Sie wissenschaftlich publizieren. Der Deutsche Anwaltverein plädiert dafür, bei der Bewertung, welcher zeitliche Aufwand erforderlich ist, einen wissenschaftlichen Beitrag zu verfassen, einen großzügigen Maßstab anzulegen. 3.000 Zeichen Text (inkl. Leerzeichen) sollten als eine Fortbildungsstunde angerechnet werden. Die wichtigsten Probleme bei der Anerkennung von wissenschaftlichen Publikationen hat Bernd Lorenz im Anwaltsblatt vorgestellt und Lösungsmöglichkeiten angeboten (Lorenz, AnwBl Online 2019, 455).
Sollten diese Möglichkeiten nicht ausreichen, besteht die Möglichkeit, eine Fristverlängerung zu beantragen. Aus persönlichen Gründen (zum Beispiel wegen einer Erkrankung oder aufgrund von Quarantäne-Maßnahmen) oder weil bereits gebuchte Fortbildungsveranstaltungen abgesagt wurden, können Sie bei ihrer Kammer einen entsprechenden Antrag auf Verlängerung der Nachweispflicht stellen. Über diesen entscheiden die Kammern nach ihrem Ermessen.
Stand: 15.10.2020
VII. Anwaltspraxis
Die Corona-Krise ist das Störereignis in vielen Vertragsbeziehungen. Doch mit höherer Gewalt, Unmöglichkeit oder Wegfall der Geschäftsgrundlage haben sich Anwältinnen und Anwälte meist zuletzt in der Juristenausbildung beschäftigt. Das Anwaltsblatt hilft mit Beratertipps in der Corona-Krise zum Vertragsrecht. Alles zu Rücktritt und Schadensersatzansprüchen haben zwei Mitarbeiter der Universität Köln zusammengefasst.
Die Corona-Krise hat zum 1. April 2020 auch im BGB zu Änderungen geführt. Mit dem Covid-19-Justizpaket sind – für drei Monate befristet – Regelungen geschaffen worden, die Schuldner in finanziellen Schwierigkeiten entlasten sollten. Dazu gehörte ein neues Leistungsverweigerungsrecht in Art. 240 § 1 EGBGB und für Miet- und Pachtverträge ein Sonderkündigungsschutz in Art 240 § 2 EGBGB. Diese Sonderregelungen waren befristet bis 30. Juni 2020. Ausführlich berichtet hierüber das Anwaltsblatt. Von der Verlängerungsmöglichkeit durch Rechtsverordnung hat die Bundesregierung keinen Gebrauch gemacht, so dass ab dem 1. Juli 2020 keine der Erleichterungen mehr greifen.
Stand: 23.02.2021
Die Corona-Krise wirft zahlreiche Fragen und Probleme auf, die sowohl die Anwältin und den Anwalt in der Berufsausübung selbst betreffen als auch erheblichen Beratungsbedarf zu den verschiedensten Themen beim Mandanten auslösen. Regelmäßig gibt es neue Informationen zu verschiedensten finanziellen Hilfen, Ge- und Verboten etc. Viele Bereiche sind dabei Ländersache, ein Flickenteppich an Regelungen, Zuständigkeiten u.a. sind die Folge.
Da fällt es schwer, den Überblick zu wahren und die aktuellen wesentlichen Informationen zu finden. Wo finde ich Antragsformulare und wer ist in meinem Bundesland überhaupt zuständig?
Nachfolgende Übersicht über die offiziellen Informationsseiten helfen, schnell die richtigen Informationen zu finden.
- Baden-Württemberg
- Bayern
- Berlin
- Brandenburg
- Bremen
- Hamburg
- Hessen (Link veraltet, Stand 27.06.2022)
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz (Link veraltet, Stand 12.06.2023)
- Saarland
- Sachsen
- Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein
- Thüringen
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
Bundesministerium der Finanzen
Stand: 14. Mai 2020
VIII. Die Arbeit des DAV
Die Bekämpfung der Coronakrise führt zu einschneidenden Auswirkungen auf das tägliche und berufliche Leben. Der DAV setzt sich dafür ein, dass die Anwaltschaft als tragende Säule unseres Rechtssystems berücksichtigt wird und auch Anwältinnen und Anwälte durch Hilfspakete und krisenbedingte Ausnahmeregelungen unterstützt werden. Eine Übersicht über die Forderungen des DAV finden Sie in einem Beitrag von Natalie Schorr: „DAV: Anwaltschaft ist systemrelevant in der Corona-Krise“ im Anwaltsblatt Online.
Nachfolgend haben wir eine Liste der Forderungen des DAV zusammengestellt.
DAV-Stellungnahmen:
- SN 17/20: DAV zum Corona-Maßnahmenpaket der BReg: Der DAV zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht u. zu den staatlichen Finanzierungsprogrammen zur Liquiditätsstärkung betroffener Unternehmen
- SN18/20: Änderungen im Arbeitsrecht während Covid-19 Pandemie Der DAV schlägt befristete Änderungen im BetrVG, AÜG und ArbZG vor, um die Handlungsfähigkeit der Betriebspartner zu gewährleisten.
- SN 20/20: Covid-19 Pandemie – Steuerliche Sofortmaßnahmen Der DAV fordert verfahrens- u. materiell rechtliche Änderungen im Steuerrecht, die für die Dauer der Corona-Krise umgesetzt werden sollten.
- SN 21/20: Pandemiegesetz – hier Art. 3 Änderung der StPO Der DAV begrüßt die Änderungen, äußert aber einige Kritikpunkte.
- SN 22/20: Covid-19: Anpassung des Infektionsschutzgesetzes Der DAV fordert auch in Krisenzeiten umfassende parlamentarische Kontrolle und Zugang zu anwaltlicher Unterstützung.
DAV-Pressemitteilungen:
- PM 07/20: Anwälte sind systemrelevant!
- PM 08/20: Ausgangssperre: DAV fordert Bereichsausnahme für Anwaltschaft
- PM 09/20: Kontaktbeschränkungen: Zugang zum Recht weiterhin sichergestellt
- PM 12/20: Soforthilfen für die Anwaltschaft – Klarstellung erforderlich
Schreiben des DAV mit politischen Forderungen:
-
Schreiben der DAV-Präsidentin Edith Kindermann vom 18. März 2020 an die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: Corona-Ausgangssperre – Notwendige Ausnahme für Anwältinnen und Anwälte.
-
Schreiben der DAV-Präsidentin Edith Kindermann vom 18. März 2020 an die Landesjustiz-, Landesgesundheits-, Landesinnen- Landeswirtschaftsminister, Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen sowie die Bundeskanzlerin, Bundesjustizministerin, Bundesgesundheitsminister, Bundesinnenminister und Bundeswirtschaftsminister: Die Anwaltschaft ist systemrelevant für den Rechtsstaat.
-
Schreiben der DAV-Präsidentin Edith Kindermann vom 24. März 2020 an die Bundeskanzlerin, Bundesgesundheitsminister, Bundesjustizministerin, Bundeswirtschaftsminister, Bundesinnenminister, Ministerpräsidentinnen und –präsidenten, Landesgesundheitsminister, -innenminister, -justizminister, -wirtschaftsminister: Corona-Eilgesetze – Notwendige Regelungen für Anwältinnen und Anwälte zum Erhalt des funktionierenden Rechtsstaates.
-
Schreiben des stellvertretenden Hauptgeschäftsführer Swen Walentowski vom 25. März 2020 an die niedersächsische Justizministerin und Schreiben der DAV-Präsidentin Edith Kindermann vom 25. März 2020 an den bayerischen Justizminister: Den Zugang zum Recht gewährleisten – trotz Ausgangsbeschränkung.
-
Schreiben der DAV-Präsidentin Edith Kindermann vom 14. April 2020 an die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: Schutz der Rechtsanwaltschaft: Kein corona-bedingter Zulassungswiderruf.
Stand: 29. April 2020
IX. Versorgungswerke
Die berufsständische Altersvorsorge ist ein wichtiger Moment unserer freiberuflichen Tätigkeit. Selbständige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte führen als im Versorgungswerk Pflichtversicherte zumindest die Regelpflichtbeiträge ab. Häufig wird von der Möglichkeit freiwilliger höherer Beitragszahlungen Gebrauch gemacht. Die Beitragsfestsetzung erfolgt regelmäßig durch Vorlage des Einkommenssteuerbescheides des vorletzten Kalenderjahres (oder durch entsprechende Bescheinigungen eines Steuerberaters oder einer Steuerberaterin). Dies bedeutet aber, dass auf Einkommensschwankungen nicht ohne weiteres reagiert werden kann.
In einigen Satzungen der Versorgungswerke finden sich aber Härteklauseln, die eine auch kurzfristige Beitragsreduzierung möglich machen, gelegentlich auch Stundungsregelungen, die es ermöglichen, vorübergehend keinen oder einen niedrigeren Beitrag zu zahlen. So können etwa in Hessen (§ 27 Abs. 5 Nr. 1 der Satzung) auf Antrag bei selbständig Tätigen die Beiträge vorläufig nach dem niedrigeren Einkommen des laufenden Kalenderjahr festgesetzt werden, wenn deren Arbeitseinkommen erheblich gegenüber dem des vorletzten Kalenderjahres absinkt. Das Arbeitseinkommen muss hierzu glaubhaft gemacht werden. Eine endgültige Festsetzung erfolgt nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheides. So wird gewährleistet, dass leistungsrechtlich keine Nachteile entstehen.
In Nordrhein-Westfalen kommt eine vorübergehende Beitragsreduzierung nach § 30 Abs. 4 Nr. 3 Satzung nur dann in Betracht, wenn sich der Beitrag um wenigstens 15vH verringern würde. Das reduzierte Einkommen muss daher wenigstens die Beitragsbemessungsgrenze um 15vH unterschreiten, da sich erst dann ein Einkommensverlust überhaupt auf den Beitrag auswirkt.
Die Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwaltskammer des Saarlandes sieht eine Stundung vor, wenn die Entrichtung bei Fälligkeit für das Mitglied eine besondere Härte bedeuten würde (§ 32 Satzung).
Und: Zu bedenken ist immer, dass ein niedrigerer Beitrag sich selbstverständlich auch leistungsrechtlich auswirkt.
Stand: 19. Mai 2020
X. Anwaltsnotariat
Notarielle Amtshandlungen haben eine systemkritische Bedeutung für die Funktionsfähigkeit bestimmter zentraler Bereiche des Rechts- und Wirtschaftslebens: Auch während der Corona-Pandemie müssen notarielle Beurkundungen von Grundschulden, Gesellschaftsverträgen und Immobilienkaufverträgen stattfinden können. Daher müssen diese Funktionen trotz der aktuellen Verschärfung der Risikosituation bei der Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) weiterhin aufrechterhalten werden. Auch muss gewährleistet bleiben, dass insbesondere schwerkranke oder ältere Menschen Verfügungen von Todes wegen und Beurkundung von Testamenten durch die Notarin/den Notar durchführen lassen können.
Daher besteht auch in der aktuellen Situation die Pflicht zur Offenhaltung der Geschäftsstelle (vgl. § 10 Abs. 3 BNotO) zur Erfüllung des Urkundsgewährungsanspruchs der rechtsuchenden Bevölkerung fort.
Es gibt aber nach § 10 Abs. 3 BNotO die Möglichkeit - und davon sollte derzeit auch im Einzelfall Gebrauch gemacht werden, das Notariat in Anlehnung an die Gerichte und Behörden mit eingeschränkten Öffnungszeiten weiter zu führen.
Ein behördliches Tätigkeitsverbot (bzw. auch die Anordnung von Quarantäne) kann faktisch zu einer Schließung des Notarbüros führen, wenn der Notar und alle Mitarbeiter hiervon betroffen sind.
Eine Schließung des Notarbüros ohne behördliche Anordnung kommt bei Vorliegen bestätigter Krankheits- und/oder Infektionsfällen im eigenen Büro (bei Notar und/oder Mitarbeitern) in Betracht, wenn der ordnungsgemäße und gefahrlose Betrieb mit den verbleibenden Mitarbeitern nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Die Schließung ist dann nach § 32 BnotO der örtlichen Notarkammer und zuständigen Aufsichtsbehörde mitzuteilen.
Einzelne Notarkammern haben die restriktive Regeln bzgl. der notariellen Beurkundungen inzwischen gelockert, damit auch während der Corona-Pandemie notarielle Beurkundungen von Grundschuldbestellungen, Gesellschaftsverträgen und Immobilienkaufverträgen stattfinden können. Bisher konnte aufgrund des Prinzips der persönlichen Anwesenheit aller Beteiligten nur in begründeten Ausnahmefällen die Beurkundung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht durchgeführt werden. Diese Möglichkeit wird von einigen Kammern jetzt für die Zeit der Pandemie ausdrücklich zugelassen, um den Fortbetrieb der Notarstellen sicherzustellen. Damit sollen persönliche zusammentreffen vermieden werden und einer Ansteckung durch Corona vorgebeugt werden. Insoweit ist es ratsam, sich bei der zuständigen Notarkammer über diese Möglichkeit zu informieren.
Personen, die sich in Quarantäne befinden oder innerhalb der letzten vierzehn Tage in einem vom Robert Koch-Institut festgelegten Risikogebiet waren, kann der Zugang zur Geschäftsstelle und die Beurkundung verweigert werden, da bei hochgradig ansteckenden Krankheiten eine Ausnahme von der bei Amtstätigkeit bestehenden Urkundsgewährleistungspflicht besteht. Das gleiche gilt für bereits infizierte Personen oder deren Kontaktpersonen (Kategorie I nach Robert Koch-Institut).
Bei einem bloßen Verdacht einer Krankheits- und Ansteckungsgefahr sollte geprüft werden, ob das Infektionsrisiko durch Schutzmaßnahmen für den Notar und seine Mitarbeiter auf ein hinreichendes Maß reduziert werden kann. Sinnvoll erscheinen dann Besprechungen telefonisch oder per Video durchzuführen. Sind Amtshandlungen nicht dringlich, sollten sie auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Nach § 40 Abs. 1 BeurkG ist die sogenannte Fernbeglaubigung von Unterschriften verboten. Auch eine Fernbeurkundung ist nicht erlaubt. Die Anerkennung der Unterschrift allein über das Telefon oder eine Videokonferenz scheiden daher aus. Die Notarin/der Notar bleibt an das übliche Beurkundungsverfahren gebunden, so dass die Präsenz der Parteien weiterhin erforderlich ist. Es empfiehlt sich daher von Präsenzerleichterungen, wie z.B. Beurkundungen mit nur einem Vertragsteil vorbehaltlich Genehmigungen oder Einsatz eines Notariatsmitarbeiters als Vertreter verstärkt Gebrauch zu machen.
XI. Anwaltsgesellschaft, hier: GmbH und AG
In Deutschland sind 947 Rechtsanwalts-Gesellschaften mit beschränkter Haftung und 23 Rechtsanwalts-Aktiengesellschaften zugelassen (Stand: 1. Januar 2019). Die derzeit geltenden Einschränkungen betreffen auch diese aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Vorgaben. Um GmbH und AG handlungs- und entscheidungsfähig zu halten, sieht das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ (GesRuaCOVBekG) Erleichterungen vor. Hierzu nachfolgend unter 2. und 3.
Gesetzlich erleichtert wird die Wahl der elektronischen Form nach § 118 AktG. Für die Teilnahme der Aktionäre an der Hauptversammlung (elektronische Teilnahme), die Stimmabgabe (Briefwahl), die Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern und die Zulassung der Bild- und Tonübertragung darf der Vorstand entscheiden, ohne in der Satzung oder Geschäftsordnung dazu ermächtigt worden zu sein, § 1 Abs. 1 GesRuaCOVBekG.
Darüber hinaus sehen § 1 Abs. 2 bis 5 GesRuaCOVBekG weitere Erleichterungen vor, etwa:
- Virtuelle Hauptversammlung, § 1 Abs. 2 GesRuaCOVBekG
- Einberufung der Hauptversammlung, § 1 Abs. 3 GesRuaCOVBekG
- Abschlag auf Bilanzgewinn und auf Ausgleichszahlung, § 1 Abs. 4 GesRuaCOVBekG.
Zu beachten ist, dass alle erleichterten Entscheidungen des Vorstandes nach § 1 Abs. 1 bis 5 GesRuaCOVBekG der Genehmigung durch den Aufsichtsrat, bedürfen, § 1 Abs. 6 GesRuaCOVBekG.
Die Erleichterungen für Aktiengesellschaften galten zunächst nur für Hauptversammlungen und Abschlagszahlungen auf Bilanzgewinn, die im Jahr 2020 stattfanden, § 7 Abs. 1 GesRuaCOVBekG. Wegen fortbestehender Auswirkungen der COVID-19-Pandemie hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz diese Maßnahmen bis zum 31. Dezember 2021 durch zustimmungsfreie Rechtsverordnung verlängern.
In der GmbH können Beschlüsse in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter – abweichend von § 48 Abs. 2 GmbHG – gefasst werden, § 2 GesRuaCOVBekG.
Auch die Erleichterungen für Gesellschaften mit beschränkter Haftung galten zunächst nur für Gesellschafterversammlungen und –beschlüsse, die im Jahr 2020 stattfanden, § 7 Abs. 2 GesRuaCOVBekG. Wegen fortbestehender Auswirkungen der COVID-19-Pandemie hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz diese Maßnahmen bis zum 31. Dezember 2021 durch zustimmungsfreie Rechtsverordnung verlängert.
Stand: 23.02.2021
Austausch-Forum
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) will den Austausch zwischen den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in dieser Krisensituation fördern. Zu diesem Zweck hat der Verband kurzfristig ein digitales Austauschforum eingerichtet: corona.anwaltverein.de. Das Forum richtet sich exklusiv an Anwältinnen und Anwälte. Die Registrierung und die Nutzung sind kostenfrei.
Hinweis des Deutschen Anwaltvereins:
In diesen „FAQs“ hat der DAV seine unverbindliche Auffassung zum Umgang mit dem Coronavirus zusammengestellt, um den Mitgliedern der Anwaltvereine eine erste Orientierung zu bieten. Eine rechtliche Beratung im konkreten Einzelfall können diese „FAQs“ nicht ersetzen. Daneben sollten insbesondere die aktuellen Informationen www.rki.de, www.infektionsschutz.de, www.bmas.de beachtet werden.
Stand: 06. März 2021
Die FAQs sind von einem Bearbeiter-Team verfasst worden und werden laufend aktualisiert. Beteiligt sind:
- Rechtsanwältin Bettina Bachmann, DAV, Berlin
- Rechtsanwältin Tanja Brexl, DAV, Berlin
- Rechtsanwalt Max Gröning, DAV, Berlin
- Rechtsanwältin Nicole Narewski, DAV, Berlin
- Rechtsassessorin Sabrina Reckin, DAV, Berlin
- Rechtsanwalt Martin Schafhausen, Frankfurt a.M.
- Rechtsanwältin Anne Schnapp, DAV, Berlin
- Anwaltsblatt-Redaktion (mit Nicolas Lührig und Lisa Tramm, Dank für Anregungen an Antje Jungk und Bertin Chab)