Künstliche Intelligenz Die Schreibmaschine

Open AI, KI, Elon Musk Quelle: imago images

Algorithmen, die täuschend echte Texte schreiben, dringen tief in unseren Alltag ein – als Chatbots oder Fake-News. Ein Start-up, das Elon Musk gegründet hat, erzeugt so gute Roboter-Texte, dass es vor Missbrauch warnt.

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Es gibt Computer, die das Wetter vorhersagen, Computer, die prophezeien, wie sich die Börsenkurse entwickeln oder wo die Autobahn überfüllt ist. Sie alle verändern zunehmend unseren Alltag, bestenfalls zum Besseren, weil wir nicht mehr im Regen stehen oder im Stau.

Aber beim Computermodell GPT-2 sind sich die Schöpfer selbst nicht sicher, ob sie die Welt zum Besseren verändern: GPT-2 sagt nur eine Sache vorher: das nächste Wort in einem Text. Und es macht seine Sache extrem gut, gemessen am Stand der Technik: Viele der Texte, die GPT-2 Wort für Wort zusammensetzt, sind sprachlich fehlerfrei und inhaltlich schlüssig. Sie könnten auch von Menschen geschrieben worden sein.

Das ist zwar einerseits das große Ziel vieler Forscher: Eine künstliche Intelligenz (KI), die uns Schreibkram abnimmt, uns persönlich berät, unterrichtet oder unterhält. Andererseits, in den falschen Händen, könnte so eine universale Schreibmaschine viel Unheil anrichten: Sie könnte Propaganda verbreiten und das Netz mit Falschmeldungen fluten, bis niemand mehr weiß, was wahr ist und was gelogen.

Das nichtkommerzielle Forschungsunternehmen OpenAI, das GPT-2 entwickelt hat, entschied sich darum zu einem ungewöhnlichen Schritt: Es veröffentlichte in einem Aufsatz und einem Blogbeitrag zwar die erstaunlichen Ergebnisse seiner neuen KI. Doch die dahinterliegende Technik und die benutzten Datensätze halten die Forscher, anders als bei wissenschaftlichen Publikationen üblich, unter Verschluss - aus Sorge, der Code könne genutzt werden, um „irreführende, voreingenommene oder beleidigende Sprache in großem Maßstab zu generieren“, wie die Schöpfer in einem Blogbeitrag schreiben.

Was steckt hinter dieser Entscheidung? Ist KI etwa inzwischen so gut geworden, dass sie uns hinters Licht führen kann? Und was bedeutet GPT-2 für die Zukunft von Werbung, Handys und intelligenten Maschinen?

Wie GPT-2 genau funktioniert, wissen vermutlich nur seine Entwickler. Aber so viel ist bekannt: Es handelt sich um ein Computermodell, das Texte vorhersagen kann. Dazu wertet es riesige Mengen an Texten aus, die von Menschen verfasst worden sind. Es versucht, darin Muster zu erfassen, ohne dass ein Wissenschaftler ihm dabei Vorgaben macht.

Die Resultate, die OpenAI veröffentlicht hat, sind beachtlich: Gibt man GPT-2 zwei Sätze vor, schreibt die KI den Text weiter - in einem ähnlichen Stil und mit Sätzen, die auch inhaltlich sinnvoll daran anknüpfen. In einem publizierten Fall ist das eine fiktive Geschichte über einen Forschertrupp, der in den bolivianischen Anden eine Herde Einhörner entdeckt.

Die Redakteure vom Online-Magazin The Verge durften die Software ausprobieren. „This is the story of a little dog named Boo“ tippten sie ein („Dies ist die Geschichte eines kleinen Hundes namens Boo.“) Die KI dichtete einige Sätze weiter: „You see, Boo is a Labrador, a dog that loves people more than anything else...“ („Schau, Boo ist ein Labrador, ein Hund, der Menschen mehr liebt als alles andere...“).

Die KI kann auch Texte analysieren und dann Fragen dazu in vielen Fällen korrekt beantworten. Sie kann Texte mit überzeugenden Ergebnissen von einer Sprache in die andere übersetzen und von einem Schreibstil in einen anderen. Und bei Tests zum Leseverständnis liefert sie deutlich bessere Resultate ab als bisherige Software.

Möglich machte den Fortschritt, neben besseren Algorithmen, der riesige Datensatz, an dem sich die KI abarbeiten konnte: Acht Millionen Webseiten studierte sie, insgesamt 40 Gigabyte Text. Das entspricht 8000 Büchern mit der Textmenge der Bibel.

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