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  • 18.08.2016 · IWW-Abrufnummer 188094

    Verwaltungsgericht Dresden: Beschluss vom 30.06.2016 – 2 O 22/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Az.: 2 O 22/16
    (zu 2 K 2188/15)             

    VERWALTUNGSGERICHT DRESDEN

    B E S C H L U S S

    In der Verwaltungsrechtssache

    xxx

    wegen

    Schmutzwasserbeitrags - R.    gasse , M.         
    hier: Kostenerinnerung

    hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Dresden durch den Richter am Verwaltungsgericht Büchel als Einzelrichter

    am 30. Juni 2016

    beschlossen:

    Auf die Erinnerung des Beklagten und Erinnerungsführers vom 12. Mai 2016 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom     2. Mai 2016 - 2 K 2188/15 - wird dem Beklagten und Erinnerungsführer eine weitere 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV zugesprochen.

    Der Kläger und Erinnerungsgegner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens.

    Gründe

    Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch den Berichterstatter als Einzelrichter      (§ 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). 

    Die statthafte, rechtzeitig eingelegte und auch sonst zulässige Erinnerung (§ 165 i. V. m.      § 151 VwGO) hat auch in der Sache Erfolg.

    Entgegen der Rechtsauffassung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts ist eine weitere 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV in Ansatz zu bringen, weil die Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG vorliegen.

    Nach § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG erhält ein Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist und beauftragt wird, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, grundsätzlich nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Der Rechtsanwalt kann demnach im Grundsatz Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal verlangen.

    Demgegenüber enthält § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG als reine Billigkeitsregelung eine Ausnahmeregelung, die diesen Grundsatz durchbricht, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist. Diese Bestimmung setzt demnach zunächst voraus, dass der frühere Auftrag erledigt ist und dem Rechtsanwalt nach der Erledigung ein weiterer Auftrag erteilt worden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 8.12.2014 - 15 M 14.2529 -, juris). Dem weiteren Auftrag steht jedes anders geartete Ansinnen, eine Angelegenheit wieder anzugehen gleich.
     
    Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Es trifft zwar zu, dass die Anordnung des Ruhens des Verfahrens und die statistische Erledigung das zunächst unter dem Aktenzeichen           2 K 778/09 geführte gerichtliche Verfahren lediglich (vorübergehend) unterbrochen, nicht aber endgültig abgeschlossen haben. Im Hinblick auf die hier streitigen Fragen kommt es jedoch nicht auf den endgültigen Abschluss des Klageverfahrens an. Maßgeblich ist im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer Erledigung i. S. d. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG allein die Erledigung des Verfahrens für den bevollmächtigten Rechtsanwalt. „Erledigt“ ist daher bezogen auf das Rechtsanwaltsvergütungsrecht zu verstehen. Das RVG verwendet den Begriff der Erledigung nicht nur in § 15 Abs. 5, sondern ebenfalls in § 15 Abs. 1, Abs. 4 und  § 8 Abs. 1 RVG. Dort wird die Erledigung jedoch ausschließlich auf den Zeitpunkt bezogen, in dem die Rechtsanwaltsgebühren fällig werden. Auf den formalen, endgültigen Abschluss eines Klageverfahrens kommt es insoweit nicht an. Denn hierfür verwendet § 8 Abs. 1 RVG ausschließlich den Begriff der „Beendigung“. Damit hat der Gesetzgeber, was der Kostenbeamte der Geschäftsstelle in seinem Beschluss vom 2.5.2016 verkannt hat, deutlich gemacht, dass er beiden Begriffen verschiedene prozessuale Sachverhalte zugrunde legt. Es ist darüber hinaus kein Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber diese Unterscheidung nur im Hinblick auf die Fälligkeit der Rechtsanwaltsgebühren vorgenommen haben soll, insbesondere, da er beide prozessuale Sachverhalte gleich behandelt. Eine "Erledigung" i. S. v. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG liegt deswegen bereits vor, wenn ein gerichtliches Verfahren länger als 3 Monate förmlich ruht und somit rechtsanwaltsgebührenrechtlich die Fälligkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 2 a.E. RVG) eingetreten ist (vgl. auch OVG Stuttgart, Beschl. v. 13.5.2002    - 8 W 640/01 -, juris m. w. N. zu § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO).

    Dieses Verständnis der (gebührenrechtlichen) Erledigung wird zudem durch die weitere Voraussetzung des §  15 Abs. 5 Satz 2 RVG gestützt. Danach muss diese Erledigung seit mehr als zwei Kalenderjahren vorliegen. Der Grund für diese Ausnahmeregelung ist allein die Erfahrung, dass nach einem Ablauf von zwei Kalenderjahren eine vollständige Wiedereinarbeitung eines Rechtsanwaltes in ein Mandat erfolgen muss (Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, Kommentar, 21. Auflage, RVG § 15 Rn. 125). Über die bereits in § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO enthaltene vorhergehende Regelung hinaus sollten nach dem  ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers gemäß § 15 Absatz 5 Satz 2 auch sonst vorgesehene Anrechnungen entfallen, weil sich auch in diesen Fällen ein Rechtsanwalt wegen des Zeitablaufs wieder neu in die Angelegenheit einarbeiten muss (vgl. Bt-Drs. 15/1971, Seite 190). Das Abstellen auf die Notwendigkeit einer Neueinarbeitung nach Ablauf von zwei Kalenderjahren schlägt auch auf die Frage durch, was unter einer gebührenrechtlichen Erledigung zu verstehen ist, nämlich schlicht ein Zeitpunkt, ab dem sich ein Rechtsanwalt mit einer Angelegenheit nicht mehr weiter befasst, so dass er sich nach Ablauf der zwei Kalenderjahre wieder neu einarbeiten muss. Dem stünde ein Verständnis entgegen, dass eine Erledigung etwa bei einem förmlich angeordneten Ruhen des Verfahrens nicht eingetreten sein soll, und dieses Verfahren erst nach zwei Kalenderjahren Jahren wieder angerufen wird. Denn auch dann müsste sich der Rechtsanwalt wieder neu in die Sache einarbeiten.

    Diese Situation unterscheidet sich für den Rechtsanwalt auch nicht von der einer Zurückverweisung einer Sache nach § 21 RVG, hinsichtlich der in Rechtsprechung und Literatur uneingeschränkte Einigkeit dahingehend besteht, dass dann § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG greift.

    Auch insoweit liegen daher die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG hier vor. Mit Beschluss vom 26.7.2010 - 2 K 778/09 - wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Da § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG auf das Kalenderjahr abstellt, kommt die Vorschrift nur zur Anwendung, wenn die erneute Mandatierung frühestens im Jahr 2013 erfolgt ist. Das ist hier der Fall, da das Klageverfahren erst am 9.12.2015 wiederangerufen wurde.

    Soweit man zudem, quasi als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG voraussetzen wollte, dass sich der Rechtsanwalt zwischen den Zeitpunkten der rechtsanwaltsgebührenrechtlichen Erledigung und der Fortführung des ruhend gestellten Verfahrens nicht, auch nicht außergerichtlich, mit der Angelegenheit befasst haben darf (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.1.2004 - 13 W 227/04 -, juris) sind Anhaltspunkte hierfür vorliegend nicht ersichtlich.  

    Der Einzelrichter hält daher auch nach nochmaliger Würdigung der anderslautenden Rechtsauffassung anderer Gericht an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. insgesamt VG Dresden, Beschl. v. 15.6.2016 - 2 O 20/16 -).       

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG und      § 11 Abs. 2 RVG entsprechend). Eine Streitwertfestsetzung ist deshalb nicht erforderlich.
       
    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- € übersteigt.

    Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgericht Dresden innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über den elektronischen Rechtsverkehr, die elektronische Aktenführung, die elektronischen Register und das maschinelle Grundbuch in     Sachsen (Sächsische E-Justizverordnung - SächsEJustizVO) vom 6. Juli 2010 (SächsGVBl. S. 190), zuletzt geändert durch Art. 1 der VO vom 5. März 2014 (SächsGVBl. S. 94) in der jeweils geltenden Fassung einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der SächsEJustizVO eingeht.


    Vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten - außer im Prozesskostenhilfeverfahren - durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (§ 67 Abs. 4 und 5 Verwaltungsgerichtsordnung, §§ 3 und 5 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz). Dies gilt bereits für die Einlegung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht Dresden.

    Anschriften des Verwaltungsgerichts Dresden:
    Hausanschrift: Verwaltungsgericht Dresden, Hans-Oster-Straße 4, 01099 Dresden
    Postanschrift:  Verwaltungsgericht Dresden, Postfach 10 08 53, 01078 Dresden

    Anschriften des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts:
    Hausanschrift: Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Ortenburg 9, 02625 Bautzen
    Postanschrift:  Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Postfach 4443, 02634 Bautzen

    gez. Büchel             

    Die Übereinstimmung der Abschrift mit der Urschrift wird beglaubigt.
    Dresden, den
    Verwaltungsgericht Dresden

    Franzioch
    beauftragte Urkundsbeamtin der
    Geschäftsstelle

    RechtsgebieteRuhen des Verfahrens, AngelegenheitVorschriftenNr. 3100 VV RVG