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25.06.2015 · IWW-Abrufnummer 144767

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 25.02.2015 – 2 U 142/14

Ein Versäumnisurteil darf nur ergehen, wenn eine Partei in einer mündlichen Verhandlung nicht erscheint und damit grundsätzlich erst nach Abschluss einer noch nicht vollständig durchgeführten Beweisaufnahme.


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urt. v. 25.02.2015

Az.: 2 U 142/14

Tenor:

Das Versäumnisurteil vom 28.1.2015 wird aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. - 28. Zivilkammer - vom 18.6.2014 (Az.: 2-28 O 301/12) abgeändert.

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 2.8.2013 wird aufgehoben.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.419,19 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.4.2012 zu zahlen.

Die Beklagten haben die Kosten ihrer Säumnis im Termin vom 2.8.2013 erster Instanz zu tragen.

Die durch den Erlass des Versäumnisurteils vom 2.8.2013 entstandenen Kosten werden niedergeschlagen.

Der Kläger hat die Kosten seiner Säumnis im Termin vom 28.1.2015 in der Berufungsinstanz zu tragen.

Im Übrigen haben die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Abänderung des Beschlusses vom 14.10.2014 auf bis zu 8.000,- € festgesetzt.
Gründe

I. § 313 a Abs. 1 S. 1, § 540 Abs. 2, § 541 ff. ZPO:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht statthaft ist.

II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:

Der Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil vom 28.1.2015 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 338, 339 Abs. 1, § 340 ZPO). Der Prozess wird daher in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (§ 342 ZPO).

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Ungeachtet der Begründetheit der Klage war das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 2.8.2013 aufzuheben, da es nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist; denn ein Versäumnisurteil darf nur ergehen, wenn eine Partei in einer mündlichen Verhandlung nicht erscheint, nicht lediglich in einem Termin zur Beweisaufnahme (§§ 343, 331, 332 ZPO). Der Beweisbeschluss vom 6.7.2012 war noch nicht vollständig ausgeführt, da der Zeuge A nicht zum Beweisaufnahmetermin am 12.10.2012 erschienen war und für seine Vernehmung ein weiterer Termin anberaumt werden mußte. Demzufolge hat das Landgericht Termin zur Beweisaufnahme und zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung zunächst auf den 15.2.2013 bestimmt (Blatt 103 R der Akte) und sodann unter Aufhebung dieses Termins neuen Termin für den 26.4.2013 angeordnet (Blatt 127 der Akte). Dieser Termin wurde erneut aufgehoben und neuer Termin für den 2.8.2013 bestimmt (Blatt 154 der Akte). Die mündliche Verhandlung hätte sich demzufolge erst an die Beweisaufnahme angeschlossen, wovon auch das Gesetz ausgeht (§ 370 Abs. 1 ZPO). Ein Versäumnisurteil durfte daher grundsätzlich erst nach Abschluß der Beweisaufnahme ergehen (vgl. §§ 367, 279 Abs. 3, § 220 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, NJW 2002, 301 f. [BGH 25.10.2001 - III ZR 43/1]; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 332, Rdnr. 2; Zöller/Greger, aaO., § 370, Rdnr. 1).

Die Klage ist, soweit die Parteien sie noch nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Schadenersatz in Gestalt der Erstattung der ihm entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 1.419,19 € zu, da sie die Entstehung dieser Kosten durch vertragswidriges Verhalten verursacht haben (§ 280 Abs. 1, §§ 421, 249 BGB).

Die Beklagten hatten ihre Pflichten aus dem Mietvertrag mit dem Kläger schuldhaft verletzt, indem sie das Mietobjekt entgegen § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages ohne seine Einwilligung gemäß Unterpachtvertrag vom 16.8.2010 an Herrn B. unterverpachteten. Die Beklagten haben nicht in Abrede gestellt, diesen Unterpachtvertrag unterzeichnet zu haben. Es handelt sich auch nicht um ein Scheingeschäft (§ 177 BGB). Insbesondere ergibt sich dies nicht daraus, daß die Beklagten vortragen, Herr B. leite das Restaurant lediglich als Mitarbeiter und Filialleiter, der bei ihnen abhängig beschäftigt sei; den schriftlichen Unterpachtvertrag hätten sie lediglich formal auf die entsprechende Anforderung der X hin unterzeichnet, um mit dieser einen Versorgungsvertrag abzuschließen zu können. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, daß die Beklagten und Herr B. keine Täuschung gegenüber der X begehen wollten, um sich deren Leistungen zu verschaffen, sondern daß sie den von ihnen unterzeichneten Vertrag auch tatsächlich schließen wollten, um die von der X gestellten Voraussetzungen tatsächlich zu erfüllen. Schließlich ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die Beklagten nicht im Einklang mit § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages mit dem Kläger diesen um seine Einwilligung zur Unterzeichnung dieses Unterpachtvertrages baten, wenn dieser Vertrag doch seine Interessen und Rechte nicht beeinträchtigen würde.

Dem Vorliegen eines Unterpachtvertrages steht auch nicht entgegen, dass der Unterpächter B bei Unterzeichnung des Mietvertrages anwesend gewesen sein sollte und daß er unmittelbar an den Kläger die Miete zahlte. Denn allein hieraus ergab sich für den Kläger noch keine Überlassung der Mietsache an Herrn B. oder gar eine Unterverpachtung gemäß § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages. Hingegen hatten die Beklagten auf einen entsprechenden Vorhalt des Klägers im Februar/März 2012 hin ein Untermietverhältnis gerade noch in Abrede gestellt. Daraus ergibt sich aber, daß sie ihm eine etwaige Beteiligung des Herrn B. auch zuvor nicht als Unterverpachtung dargestellt haben können.

Aufgrund dieser Pflichtverletzung durch die Beklagten war der Kläger berechtigt, sich anwaltlichen Rat einzuholen, welche Konsequenzen er aus dieser Pflichtverletzung seitens der Beklagten ziehen konnte. Denn zur Beurteilung, ob und in welcher Weise gegebenenfalls eine Abmahnung erfolgen konnte und unter welchen Voraussetzungen eine außerordentliche Kündigung des Mietvertrages erklärt werden konnte, erschien es als sinnvoll, eine anwaltliche Beurteilung zu erfragen. Die hierdurch entstehenden Kosten haben die Beklagten als durch ihre Pflichtverletzung verursachten Schaden zu erstatten. Durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden dem Kläger die nunmehr geltend gemachten Anwaltskosten, die zutreffend aus einem Streitwert von 38.400,- € berechnet wurden. Die Höhe der berechneten Kosten haben die Beklagten im Übrigen nicht beanstandet.

Der Zinsanspruch steht dem Kläger auf den zuerkannten Betrag seit Zustellung der Klage aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu (§ 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB).

Etwaige durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 2.8.2013 vor dem Landgericht verursachte Kosten haben die Beklagten zu tragen (§ 95 ZPO); hierunter fallen nicht die Kosten des Versäumnisurteils vom 2.8.2013, da dieses wie oben ausgeführt nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist (§ 344 ZPO). Diese Kosten waren vielmehr wegen unrichtiger Sachbehandlung niederzuschlagen (§ 21 Abs. 1 S. 1 GKG).

Die Kosten des in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärten Teils betreffend den Antrag des Klägers auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts im Erdgeschoß rechts des Anwesens Straße1 in O1 haben die Beklagten zu tragen. Denn insoweit wären die Beklagten unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Räumung und Herausgabe des Objekts als des erledigenden Ereignisses und nach billigem Ermessen in der Hauptsache unterlegen (§ 91 a Abs. 1 ZPO).

Der Antrag auf Räumung und Herausgabe war begründet, da dem Kläger gegen die Beklagten ein entsprechender Anspruch zustand (§ 546 Abs. 1 BGB). Der Mietvertrag zwischen den Parteien über das Objekt Straße1 in O1 war beendet, da der Kläger diesen Vertrag jedenfalls mit Anwaltsschreiben vom 30.3.2012 wirksam gekündigt hatte (§ 543 Abs. 1, 2 BGB). Dem Kläger war die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum vertraglich vorgesehenen Ende am 28.2.2015 nicht zumutbar, da die Beklagten ihre mietvertraglichen Pflichten durch die Unterverpachtung ohne Einwilligung des Klägers in erheblicher Weise verletzt hatten. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Es fehlt auch nicht an der grundsätzlich erforderlichen vorherigen Abmahnung unter Fristsetzung durch die Beklagten (§ 543 Abs. 3 BGB). Eine Abmahnung lag jedenfalls in dem Anwaltsschreiben vom 13.3.2012, in welchem der Kläger die Unterverpachtung beanstandete und auf sie bereits eine fristlose Kündigung stützen wollte. Zwar fehlte es insoweit an der erforderlichen Fristsetzung. Die Beklagten haben aber auf dieses Schreiben hin nicht die Unterverpachtung beendet, sondern vielmehr mit Anwaltsschreiben vom 19.3.2012 auf deren Zulässigkeit bestanden und damit eine Abhilfe abgelehnt. Danach war schon aus diesem Grunde eine weitere Abmahnung unter Fristsetzung nicht mehr erforderlich (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BGB).

Welche Motivation der Kläger möglicherweise darüber hinaus verfolgte, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung ohne Bedeutung. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben der eine Kündigung ausgeschlossen hätte, liegt jedenfalls nicht vor (§ 242 BGB). Er liegt insbesondere nicht in einem Verlangen nach höherer Mietzahlung, da jede Vertragspartei ohne weiteres Verhandlungen mit dem Ziel einer einverständlichen Vertragsänderung beginnen kann. Der Kläger hat auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht behauptet, bereits einen Anspruch auf höhere Mietzahlung zu haben.

Der Kläger hat die Kosten seiner Säumnis im Termin vom 28.1.2015 in der Berufungsinstanz zu tragen (§ 344 ZPO).

Im Übrigen haben die Beklagten als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 14.10.2014 auf bis zu 8.000,- € festzusetzen, nämlich in Höhe der Kosten des in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klage (§ 3 ZPO). Die Nebenforderung wird auch in der Berufungsinstanz nicht streitwerterhöhend berücksichtigt (§ 4 Abs. 1 ZPO).

RechtsgebietVersäumnisurteilVorschriftenZPO § 220 Abs. 2; ZPO § 279 Abs. 3; ZPO § 331; ZPO § 332; ZPO § 370 Abs. 1

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