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07.10.2011 · IWW-Abrufnummer 113546

Finanzgericht München: Urteil vom 19.07.2011 – 14 K 2217/08

1. Die nichtunternehmerische Nutzung von dem Unternehmen zugeordneten Telefonanlagen unterliegt als Leistungseigenverbrauch gem. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 10 UStG der Umsatzsteuer. Private Telefongespräche können grundsätzlich nicht dem Unternehmen zugeordnet werden.


2. Lässt sich der Umfang der privaten Gespräche nicht anhand von Aufzeichnungen ermitteln, ist der Umfang der privaten Telefonnutzung zu schätzen. Gem. § 162 Abs. 1 AO darf die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln kann.


3. Die Schätzung eines privaten Anteils von 40 v. H. an den Telefonkosten ist im Streitfall dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden. Das FA hat sich zutreffend an den vorgelegten Rechnungen orientiert und seiner Schätzung die darin enthaltenen Kosten für die Auslandsgespräche zugrunde gelegt.


IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat das Finanzgericht München, 14. Senat, ohne mündliche Verhandlung am 19. Juli 2011
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe des Telefoneigenverbrauchs.
Der Kläger ist als Architekt sowie als Vermieter unternehmerisch tätig.
Für die Streitjahre wurde der Kläger zunächst entsprechend der von ihm abgegebenen Umsatzsteuererklärungen veranlagt.
Im Rahmen einer für die Jahre 2001 bis 2003 durchgeführten Betriebsprüfung trug der Kläger vor, dass er bislang keine Kosten für das in seiner Wohnung vorhandene Telefon und Telefaxgerät geltend gemacht habe und diese nun als Betriebsausgaben absetze. Nach Ermittlungen des Betriebsprüfers war unter der Wohnadresse des Klägers jedoch kein Telefonanschluss angemeldet. Im Rahmen der Prüfung der Kosten für das in den Büroräumen genutzte Telefon stellte der Betriebsprüfer fest, dass darin erhebliche Kosten für ausländische Gespräche enthalten waren, obwohl laut Aussage des Klägers keine ausländischen Geschäftskontakte bestanden hätten. Da die Ehefrau und die Kinder des Klägers im Ausland lebten, ermittelte die Betriebsprüfung anhand des Anteils der Auslandsgespräche an den Gesamtverbindungen in verschiedenen Rechnungen einen Privatanteil der Telefonanlage von 40 %, der dem Anteil der Verbindungen zu ausländischen Netzen anhand der vorgelegten Rechnungen entsprach. Das Finanzamt (FA) unterwarf den Telefoneigenverbrauch als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer.
Mit Änderungsbescheid jeweils vom 16. Februar 2007 wurde die Umsatzsteuer für 2001 auf 9.063,16 EUR (17.726 DM), für 2002 auf 17.672,93 EUR, für 2003 auf 6.430,79 EUR und für 2004 auf 9.001,75 EUR festgesetzt.
Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 29. November 2007 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass das FA die Kosten für die Privatnutzung seines Telefons und des Telefaxgeräts unzutreffend ermittelt habe. Die Ermittlung der Privatanteile ergebe sich aus den Listen über die Einzelgespräche von den Bürotelefonen für jeweils vier Monate pro Jahr und den Zusammenstellungen darüber.
Während des Klageverfahrens wurde die Umsatzsteuer 2001 mit Änderungsbescheid vom 7. Oktober 2010 auf 8.516,59 EUR festgesetzt.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide 2001, 2002, 2003 und 2004 jeweils vom 16. Februar 2007, des Änderungsbescheids zur Umsatzsteuer 2001 vom 7. Oktober 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2007 die Umsatzsteuer für 2001 auf 8.123,45 EUR (15.888,08 DM), für 2002 auf 17.223,01 EUR, für 2003 auf 6.081,51 EUR und für 2004 auf 8.750,71 EUR festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
II.
Die Klage hat keinen Erfolg, das Finanzamt hat die Umsatzsteuer zutreffend mit Bescheid für das Jahr 2001 im Änderungsbescheid vom 7. Oktober 2010, der gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden ist, sowie mit Bescheiden für die Jahre 2002 bis 2004 jeweils vom 16. Februar 2007 festgesetzt. Die private Telefonnutzung wurde rechtsfehlerfrei steuerlich berücksichtigt. Die Schätzung des privaten Anteils an den Telefonkosten in Höhe von 40 % der Kosten ist dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Bei einem gemischt genutzten Gegenstand hat der Steuerpflichtige das Recht, lediglich den unternehmerisch genutzten Teil seinem Unternehmen zuzuordnen; er kann aber auch den gesamten Gegenstand seinem Unternehmen zuordnen und die unternehmensfremde Verwendung als unentgeltliche Wertabgabe gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG) i.V.m. § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG versteuern (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 31. Januar 2002 V R 61/96, BStBl II 2003, 813). Der private Nutzungsanteil ist gem. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG mit den bei Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten zu versteuern. Dabei bleiben die Kosten, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, außer Ansatz.
Die nichtunternehmerische Nutzung von dem Unternehmen zugeordneten Telefonanlagen unterliegt als Leistungseigenverbrauch gem. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 10 UStG der Umsatzsteuer. Private Telefongespräche können grundsätzlich nicht dem Unternehmen zugeordnet werden. Lässt sich der Umfang der privaten Gespräche nicht anhand von Aufzeichnungen ermitteln, ist der Umfang der privaten Telefonnutzung zu schätzen. Gem. § 162 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) darf die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln kann. Eine entsprechende Schätzungsbefugnis hat auch das Gericht nach § 96 Abs. 1 FGO. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind, § 162 Abs. 1 S. 2 AO. Die gewählte Schätzungsmethode muss dem Ziel gerecht werden, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986,226). Schätzungsunschärfen, die sich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ergeben, muss dieser hinnehmen.
Die Schätzung eines privaten Anteils von 40 v. H. an den Telefonkosten ist dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden. Das FA hat sich zutreffend an den vorgelegten Rechnungen orientiert und seiner Schätzung die darin enthaltenen Kosten für die Auslandsgespräche zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der persönlichen Bindung des Klägers an seine im Ausland lebenden Familienangehörigen und der allgemeinen Lebenserfahrung durfte das FA davon ausgehen, dass die ins Ausland geführten Gespräche privat veranlasst waren. Bei seiner Schätzung hat sich das FA im Rahmen des Möglichen gehalten und durfte diese Kosten bei seiner Schätzung berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

VorschriftenUStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, UStG § 3 Abs. 9a Nr. 1, UStG § 10 Abs. 4 Nr. 2

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