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26.05.2011 · IWW-Abrufnummer 111656

Landgericht Mönchengladbach: Urteil vom 18.04.2011 – 8 O 8/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Datum:18.04.2011
Landgericht Mönchengladbach
2. Kammer für Handelssachen
Urteil
Aktenzeichen:8 O 8/11
Tenor:
Die einstweilige Verfügung vom 2. Februar 2011 wird bestätigt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

T a t b e s t a n d

Der Verfügungskläger ist ein rechtsfähiger Verein, der u.a. den Zweck verfolgt, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern und durch Beteiligung an der Rechtsforschung, Aufklärung und Belehrung im Zusammenwirken mit den zuständigen Stellen der Rechtspflege den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen, bzw. den lauteren Wettbewerb zu fördern. Die Verfügungsbeklagte betreibt in Mönchengladbach einen Einzelhandel als Einrichtungshaus für Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände für Wohnungen.

Die Verfügungsbeklagte warb Ende Januar 2011 für einen sogenannten "exklusiven V.I.P.-Sonntag" am 30. Januar 2011. In dem Kundenbrief heißt es u.a.:

"Am 30. Januar 2011 geöffnet – Nur für V.I.P.-Kunden
Sehr geehrte Damen und Herren,
am Sonntag, 30. Januar 2011, öffnet unser Einrichtungshaus in Mönchengladbach ……. und auch der Kult-Möbelmarkt …. exklusiv für einen ausgewählten Kundenkreis seine Türen.

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Bitte bringen Sie unbedingt dieses Schreiben und Ihren Lichtbildausweis mit!"
Die Verfügungsbeklagte führte diese Veranstaltung auch durch.
Der Verfügungskläger hatte die Verfügungsbeklagte bereits unter dem 12. Januar 2010 wegen einer ähnlichen Veranstaltung abgemahnt. Nachdem die Verfügungsbeklagte die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung damals zunächst abgelehnt hatte, einigten sich die Parteien darauf, den Ausgang einer sachgleichen Angelegenheit mit dem Schwesterunternehmen der Verfügungsbeklagten, der ………….. (im folgenden: …..), abzuwarten und diese Entscheidung als verbindlich anzusehen.

Die ……..wurde von der erkennenden Kammer zur Unterlassung verurteilt, für eine sachgleiche Veranstaltung zu werben und diese durchzuführen. Im Berufungsverfahren gab die …. einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung, am 11. Januar 2011 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, die die Wiederholungsgefahr ausräumte. Der Rechtsstreit wurde in der Hauptsache für erledigt erklärt, die Beklagte hatte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Verfügungsbeklagte teilte der Verfügungsklägerin mit, sie werde die Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht abgeben, da kein rechtskräftiges Urteil ergangen sei. Der Verfügungskläger hat unter dem 31. Januar 2011 eine einstweilige Verfügung erwirkt, die der Vorsitzende der erkennenden Kammer wie folgt erlassen hat:
I.
Der Antragsgegnerin wird untersagt,
im geschäftlichen Verkehr mit persönlichen Anschreiben an Kunden für einen Verkauf außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten zu werben, insbesondere wie aus der nachfolgend abgebildeten Anlage ASt1 ersichtlich, und/oder den so angekündigten Verkauf durchzuführen.

Grafik "Persönliche Einladung" entfernt

Grafik "Die besten Angeote" entfern
Grafik "-Nur bis Sonntag" entfernt
Grafik "Exklusive Rabatte
für V.I.P.-Kunden" entfernt

II.
Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung zu I. ein Ordnungsgeld von 5,00 € bis zu 250.000,00 €, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise für je 500,00 € einen Tag Ordnungshaft, zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter, oder Ordnungshaft von einem Tag bis zu sechs Monaten, ebenfalls zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter, angedroht.

III.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Die Verfügungsbeklagte hat gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt.
Sie ist der Auffassung, dass keine Dringlichkeit vorliege. Der Verfügungskläger habe durch sein Verhalten im Jahre 2010 zu erkennen gegeben, dass die Sache nicht eilbedürftig sei, da er sie, die Verfügungsbeklagte, damals nicht in angemessener Frist abgemahnt und die einstweilige Verfügung beantragt habe. Die Dringlichkeit lebe auch nicht dadurch wieder auf, dass sie, die Verfügungsbeklagte, nach Auffassung des Verfügungsklägers durch die Veranstaltung am 30. Januar 2011 einen Verstoß gegen das LÖG begangen habe. Habe der Verletzte nämlich in der Vergangenheit Wettbewerbsverstöße des Gegners längere Zeit hingenommen und sei deshalb die Dringlichkeit für ein Vorgehen im Eilverfahren entfallen, erschaffe die Begehung neuerlicher Wettbewerbsverstöße regelmäßig keine neue Eilbedürftigkeit.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Der Verfügungskläger beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 2. Februar 2011 zu bestätigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen, die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung liegen vor.
Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und 2 LÖG – NRW. Der Verfügungskläger, an dessen Klagebefugnis kein Zweifel besteht, kann von der Verfügungsbeklagten gemäß diesen Vorschriften Unterlassung der im Tenor der einstweiligen Verfügung näher bezeichneten Werbemaßnahme verlangen.
Das LÖG ist dazu bestimmt, im Interesse der Markt-Teilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Es liegt auch ein Verstoß gegen das LÖG NRW vor.
Nach § 4 Abs. 1 LÖG dürfen Verkaufsstellen mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr geöffnet sein. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift ist außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeit das gewerbliche Anbieten von Waren zum Verkauf an jedermann verboten.

Die Beklagte hat in ihrem Kundenbrief für den Sonntag vom 30. Januar 2011 einen Verkauf angeboten und später auch durchgeführt. Dieser Verkaufstermin lag außerhalb der in § 4 Abs. 1 geregelten allgemeinen Ladenöffnungszeiten. Bei dem angekündigten und durchgeführten Verkauf handelte es sich auch um einen Verkauf an jedermann.

Ein Verkauf an jedermann ist nur dann ausgeschlossen, wenn zwischen dem Betreiber des Geschäftslokals und seinen Kunden eine gerechtfertigte, nicht willkürliche Eingrenzung auf einen bestimmten und individualisierbaren Personenkreis als Abnehmer stattfindet (vgl. BGH Gur 1973, 144 ff. – Mischbetrieb). Das LÖG NRW dient dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe und der Schaffung und Sicherung einer allgemeinen Ladenöffnungszeit. Gemessen an dieser gesetzgeberischen Zielsetzung ist ein Verkauf an jedermann insbesondere dann zu verneinen, wenn besondere sich aus der Natur des Geschäfts ergebende Gründe eine Sonderstellung der Verkaufsstelle und/oder sachbezogene Abgrenzungsgründe ergeben, die es rechtfertigen, diese Verkaufsstelle außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten einem bestimmten beschränkten Käuferkreis zu eröffnen (vgl. BGH a.a.O.).

Ausnahmsweise ist der Verkauf an jedermann dann zu verneinen, wo aus Gründen einer sachlichen Beziehung zwischen dem Betreiber des Geschäftslokals und seinem Kunden eine gerechtfertigte, nicht willkürliche Eingrenzung auf einen bestimmten und individualisierbaren Personenkreis als Abnehmer stattfindet, so etwa bei Verkäufen in Werkskantinen an das Betriebspersonal (vgl. BGH a.a.O.).

Allerdings ist nicht jede, auch willkürliche, persönliche Beschränkung des Käuferkreises geeignet, eine Befreiung von den Vorschriften des Ladenöffnungsgesetzes zu bewirken. Wählt nämlich der Inhaber eines Geschäftslokals ohne eine solche Beziehung bestimmte Gruppen von Verbrauchern aus, um diese jederzeit ohne Rücksicht auf die Ladenschlusszeiten zu bedienen, so ist der Anwendungsbereich des Ladenöffnungsgesetzes betroffen. Denn ein Geschäftsinhaber kann nicht von sich aus willentlich darüber befinden, welche Personenkreise er außerhalb der Ladenschlusszeiten bedienen will, da dies zu einer Aushöhlung des Ladenschlussgesetzes führen würde (BGH a.a.O.). Käme es nur auf die Auswahl schon bestehender, hinreichend genauer abgrenzbarer Personengemeinschaften an, um geltend machen zu können, dass man nicht mehr an jedermann verkaufe und insoweit von dem Ladenschlussgebot befreit sei, könnte jeder Geschäftsinhaber wahllos diejenigen Verbände, Vereine oder sonstigen Organisationen oder Käufergruppen (etwa verschiedene Berufsgruppen an unterschiedliche Wochentagen) aussuchen, deren Mitglieder er sich als Einkäufer außerhalb der allgemeinen Ladenschlusszeiten wünscht (BGH a.a.O.). Damit würde der Schutz der Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten vollständig unterlaufen.

So liegt der Fall auch hier.

Abgesehen davon, dass die Verfügungsbeklagte weder in dem Kundenschreiben noch im Rechtsstreit darlegt, wie sie den Begriff "V.I.P.-Kunden" definiert, handelt es sich bei der Differenzierung zwischen V.I.P.-Kunden und sonstigen Kunden nicht um ein geeignetes durch eine sachliche Beziehung zum Unternehmen gerechtfertigtes Kriterium, dass die Verfügungsbeklagte von der Einhaltung der Vorschriften des LÖG NRW befreien könnte. Es fehlt an sachbezogenen Abgrenzungskriterien, die es ermöglichen würden, die Gruppe von anderen Gruppen sachbezogen zu unterscheiden. Die "V.I.P.-Kunden" bilden offensichtlich keine homogene Gruppe, die mit dem Unternehmen der Verfügungsbeklagten in irgendeiner Weise näher verbunden wären. Auch sind die Angehörigen des Adressatenkreises offensichtlich durch nichts miteinander verbunden als den Umstand, bei der Verfügungsbeklagten etwas gekauft zu haben. Dies genügt nicht, um eine Befreiung von den allgemeinen Ladenöffnungszeiten zu erreichen (so auch Landgericht Dresden, Urteil vom 07.08.2009, Aktenzeichen: 44 HKO 130/09).

Schließlich ist der Begriff des V.I.P.-Kunden ohnehin nicht geeignet, eine abgrenzbare Gruppe zu definieren. Konkrete Kriterien werden von der Verfügungsbeklagten nicht angegeben. Es ist daher nicht klar, ob Kunden ab einer bestimmten Anzahl von Käufen oder ab einem bestimmten Umsatz oder nach anderen Kriterien ausgesucht werden.

Es liegt folglich ein Verkauf an jedermann vor.

Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die Verfügungsbeklagte die Zugehörigkeit zum Kreis ihrer V.I.P.-Kunden durch Einlasskontrollen geprüft hat.

Auch liegt der Verfügungsgrund vor.

Insbesondere ist die Dringlichkeitsvermutung in Wettbewerbssachen entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht widerlegt.

Der Verfügungskläger hat unmittelbar nach Kenntnis von der Werbemaßnahme der Verfügungsbeklagten am 31. Januar 2011 noch am selben Tag den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gestellt.

Die Dringlichkeitsvermutung ist auch nicht aufgrund eines vorangegangenen Verhaltens des Verfügungsklägers widerlegt.

Insbesondere hat das Verhalten des Verfügungsklägers im Jahre 2010 keinen Einfluss auf die Dringlichkeitsvermutung hinsichtlich des Verstoßes gegen das Ladenöffnungsgesetz vom 30. Januar 2011. Die Verfügungsbeklagte kann sich hier nicht darauf berufen, dass die Dringlichkeit möglicherweise dann fehlt, wenn der Verletzte gegen einen früheren Verstoß nicht vorgegangen ist. Dabei kann dahinstehen, ob der Verstoß der Verfügungsbeklagten vom 30. Januar 2011 gegen das Ladenöffnungsgesetz identisch ist mit dem aus dem Jahre 2010. Denn die Dringlichkeit entfällt auch bei einem identischen Verstoß nicht (oder lebt wieder auf), wenn eine neue Situation zu Lasten des Verletzten entsteht und die Verletzung einen Intensitätsgrad erreicht, der ihn erkennbar neu tangiert (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 12, Rdnr. 3.19).55Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Zum einen ist der Verfügungskläger gegen den Verstoß im Jahre 2010 vorgegangen. Er hat die Verfügungsbeklagte abgemahnt.

Zum anderen waren sich die Parteien nach der Abmahnung durch den Verfügungskläger darüber einig, dass man die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in der sachgleichen Angelegenheit mit dem Schwesterunternehmen, der ….., abwarten und diese Entscheidung als verbindlich ansehen zu wollen.

Wenn nun aber einen Tag vor der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf das Schwesterunternehmen der Verfügungsbeklagten in einer sachgleichen Angelegenheit eine Unterlassungserklärung abgibt und ausdrücklich alle Kosten übernimmt, beide Unternehmen sodann identische – so die Verfügungsbeklagte ausdrücklich – Werbemaßnahmen durchführen, die der Verfügungskläger, das Landgericht Mönchengladbach und auch die ….. (wie ihre Unterlassungserklärung ja zeigt) als Verstoß gegen das Ladenöffnungsgesetz ansehen, ist es höchst unseriös, wenn sich die Verfügungsbeklagte nun formal darauf beruft, dass keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das offenbar abgestimmte Verhalten der beiden Schwesterunternehmen, der Beklagten und der …., die beide im Januar 2011 einen V.I.P.-Sonntag durchgeführt haben. Dies erweist sich auch als ein "Verhaltensmuster" in dem Sinn, dass die Verfügungsbeklagte offenbar nicht daran denkt, ihr wettbewerbswidriges Verhalten einzustellen.

Im Hinblick auf diesen groben Verstoß gegen Treu und Glauben ist die Dringlichkeitsvermutung nicht widerlegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91Abs. 1 ZPO.61Streitwert: 20.000,00 €

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