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04.02.2011 · IWW-Abrufnummer 110560

Bundesfinanzhof: Beschluss vom 07.12.2010 – III B 199/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Gründe

1

I.

Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) betreibt eine Kfz-Reparaturwerkstatt mit Gebrauchtwagenhandel. In den Streitjahren hielt er die Kundenaufträge dergestalt fest, dass er den Kfz-Schein des zu reparierenden Fahrzeugs kopierte und auf der Kopie den Auftragsumfang und die zu beschaffenden Ersatzteile notierte; die Mitarbeiter fügten die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden hinzu. Diese Aufzeichnungen, mittels derer die Rechnungen erstellt wurden, wurden nach Zahlungseingang vernichtet. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) sah aufgrund dessen, dass der Kläger die "Auftragszettel" nicht aufbewahrte, die Buchführung als nicht ordnungsgemäß an und nahm Hinzuschätzungen vor. Der Einspruch des Klägers hatte nur insoweit Erfolg, als seinem gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) stattgegeben wurde. Der für die Hauptsache zuständige Senat des Finanzgerichts (FG) gab der Klage in vollem Umfang statt mit der Begründung, der Kläger habe keine Aufbewahrungspflichten verletzt.

2

Mit der Beschwerde beantragt das FA die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Beide mit der Sache befassten Senate des FG hätten der Frage der Aufbewahrungspflicht zentrale Bedeutung beigemessen und ihren Entscheidungen unterschiedliche Rechtsauffassungen zugrunde gelegt. Übrige Indizien, die eine Schätzungsbefugnis des FA begründen könnten, könnten die jeweilige Entscheidung alleine nicht tragen.

3

II.

Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

4

1.

Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) ist nicht erforderlich.

5

a)

Es ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) grundsätzlich begrenzt wird durch die Reichweite der zugrunde liegenden Aufzeichnungspflicht. Dies bedeutet, dass die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen aufgrund ihrer Akzessorietät stets eine Aufzeichnungspflicht voraussetzt und grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht besteht (BFH-Urteile vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599; vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452).

6

Der Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 AO unterliegen zwar grundsätzlich alle Unterlagen und Daten, die zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen von Bedeutung sind. Auch vor dem Hintergrund des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO gehören jedoch nicht dazu neben Unterlagen und Daten, die private, nicht aufzeichnungspflichtige Vorgänge betreffen, solche Unterlagen und Daten, die "freiwilligen", über die gesetzliche Pflicht hinausreichenden Aufzeichnungen zuzuordnen sind (BFH-Urteil in BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452).

7

b)

Angesichts der vorhandenen Rechtsprechung ist nicht ersichtlich, dass eine Revisionsentscheidung zu einer weiteren Klärung des Umfangs der in § 147 Abs. 1 AO geregelten Aufbewahrungspflicht beitragen könnte. Das FG hat in der angefochtenen Entscheidung nicht feststellen können, dass die Buchungen und sonstigen Aufzeichnungen des Klägers nicht den Anforderungen des § 146 AO entsprächen, insbesondere dass die teilweise bar vereinnahmten Entgelte für Kfz-Reparaturen nicht täglich festgehalten worden wären. Dabei ist geklärt, dass selbst die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen nicht erforderlich ist, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (BFH-Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599, m.w.N.).

8

c)

Soweit das FA hervorhebt, die Aufbewahrung der "Auftragszettel" sei allgemein auch für die Bewertung teilfertiger Leistungen von Bedeutung, hat es einen Zulassungsgrund nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Die Frage des Umfangs der Aufbewahrungspflicht ist insoweit nicht klärungsfähig, da im Streitfall nach Bekunden des FA eine Bewertung teilfertiger Leistungen nicht angezeigt gewesen sei.

9

2.

Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erfordert keine Entscheidung des BFH. Zwar kommt der Beschluss des Niedersächsischen FG vom 30. August 2007 13 V 308/07 wegen AdV als Divergenzentscheidung in Betracht (vgl. Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 175). Das angefochtene FG-Urteil entspricht jedoch den Rechtsgrundsätzen des BFH-Urteils in BFHE 225, 302, BStBl II 2010, 452, das dem FG-Beschluss zeitlich nachfolgte.

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