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25.02.2011 · IWW-Abrufnummer 110471

Amtsgericht Neuss: Urteil vom 13.07.2010 – 87 C 667/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Neuss
87 C 667/10
Tenor: Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstre-ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger schloss mit Datum vom 23.05.2008 mit der Beklagten einen Leasingvertrag über einen Pkw der Marke … mit einer Leasingsonderzahlung in Höhe von 14.250 € und anschließenden monatlichen Bruttoraten in Höhe von 90,28 €. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 45 ff. d. A. Bezug genommen. Ursprünglich hatte der Kläger beabsichtigt, das streitgegenständliche Fahrzeug, bei dem es sich zum Zeitpunkt des Leasingvertrages um einen Neuwagen handelte, bei der Firma Autohaus … in … zu kaufen. Aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen entschied sich der Kläger, das Fahrzeug zunächst zu leasen und es nach Ablauf der Leasingzeit abzulösen.
Da die Beklagte im Rahmen ihrer Leasinggeschäfte keine eigene Niederlassung unterhält, bedient sie sich bei Abschluss von Leasingverträgen sogenannter Vertragshändler. Um einen solchen Vertragshändler handelte es sich auch bei der Firma Autohaus … in …, von der der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug zu Beginn der Leasingzeit auch erhielt.
Mit Schreiben vom 01.04.2009 wurde der Kläger nach Ablauf der Leasingzeit von der Beklagten aufgefordert, das Fahrzeug am 29.07.2009 bei dem Autohaus … in … zurückzugeben. Dort vereinbarte der Kläger mit dem Mitarbeiter des Autohauses …, dass gegen Zahlung einer Restrate von 7.259 € das streitgegenständliche Fahrzeug in sein Eigentum übergehen solle und er nach Zahlung diese Betrages den Kfz-Brief erhalte. Der Kläger zahlte den entsprechenden Betrag mit einer Onlineterminüberweisung zum 20.07.2009 an das Autohaus …. Über das Vermögen des Autohauses ... wurde bereits am 18.06.2009 das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet und eine vorläufige Insolvenzverwalterin bestellt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.08.2009 verlangte der Kläger Herausgabe des Kfz-Briefes von der Beklagten. Diese forderte zunächst die Übermittlung des Kaufvertrages, gab den Kfz-Brief – im Hinblick auf die noch nicht erfolgte Weiterleitung des Betrages von 7.259 € seitens der Insolvenzverwalterin – aber noch nicht heraus.
Der Kläger ist der Ansicht, durch Zahlung des Kaufpreises – zumindest gutgläubig - Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs, welches sich noch in seinem Besitz befand - geworden zu sein. Zudem sei auch die vorläufige Insolvenzverwalterin von einem rechtsgültigen Geschäft ausgegangen. Aus seiner Eigentümerstellung habe er auch Anspruch auf Herausgabe des Kfz-Briefes gehabt und ihm stehe auch ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten zu.
Mit der am 30.09.2009 beim Landgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten am 12.11.2009 zugestellten Klage hat der Kläger ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger den Kraftfahrzeugbrief des … mit dem amtlichen Kennzeichen …, Fahrgestellnummer: …, herauszugeben.
Vor Zustellung der Klage hat die Beklagte den streitgegenständlichen Kfz-Brief herausgegeben.
Mit Schriftsatz vom 13.10.2009, beim Landgericht Düsseldorf am 16.10.2009 eingegangen, hat der Kläger die Klage hinsichtlich des Herausgabeanspruchs zurückgenommen.
Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 603,93 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit dem 12.11.2009 zu zahlen
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, ein gutgläubiger Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeuges komme schon deshalb nicht in Frage, da sich der Kläger nicht den Kfz-Brief vorlegen ließ. Dies sei aber – da es sich bei dem Fahrzeug zum Zeitpunkt des Erwerbs um einen gebrauchten Pkw handelte – für einen gutgläubigen Erwerb erforderlich gewesen. Zudem habe der Kläger aus dem Leasingvertrag, in dem vermerkt war: "Erwerb ausgeschlossen", sowie aus den Leasingbedingungen, in denen darauf hingewiesen wurde, dass die Beklagte Eigentümerin des Pkw war, positiv gewusst, dass das Fahrzeug nicht im Eigentum des Vertragshändlers stand.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze sowie die mit diesen überreichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Herausgabe des streitgegenständlichen Kfz-Briefs zustand (dazu s.u.), kann der Kläger auch im Bejahensfall von der Beklagten nicht Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangen.
Insbesondere scheidet ein Anspruch aus Verzug i.S.d. §§ 280, 286 BGB aus, da die verzugsbegründenden Handlungen und Mahnungen nicht ersatzfähig sind (Palandt-Grüneberg, § 286 Rn. 44 m.w.N.). Nach seinem eigenen Vortrag hat der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 03.08.2009 zur Übersendung des Kfz-Briefes aufgefordert. Mithin ist die Beklagte erst durch den anwaltlichen Schriftsatz in Verzug gesetzt worden. Dass bereits vorher Mahnungen erfolgten ist weder dargelegt noch unter Beweis gestellt.
2.
Mangels einer Hauptforderung, kann der Kläger auch keinen Zinsanspruch gegenüber der Beklagten geltend machen.
3.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO.
Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 13.10.2009 beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits zur ersetzen, so legt das Gericht diesen Antrag als allgemeinen Kostenantrag insbesondere im Hinblick auf die zurückgenommene Forderung i.S.d. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO und nicht als zusätzlichen Feststellungsantrag aus. Dies hat der Klägervertreter im Übrigen in der mündlichen Verhandlung entsprechend klargestellt.
Die Kosten des Verfahrens waren zu 10 % dem Kläger und zu 90 % der Beklagten aufzuerlegen.
Soweit der Kläger die Klage hinsichtlich des Herausgabeanspruchs zurückgenommen hat, bestimmt sich die Kostentragungspflicht nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Insoweit wäre die Beklagte unterlegen.
Denn dem Kläger hat gegen die Beklagte ein Herausgabeanspruch im Hinblick auf den Kfz-Brief des streitgegenständlichen Fahrzeugs zugestanden, da der Kläger gemäß §§ 929 S. 2, 932, 952 BGB, § 366 HGB gutgläubig das Eigentum an dem streitgegenständlichen Pkw und damit gemäß § 952 BGB analog auch an dem Fahrzeugbrief erlangt hat. Eine Kenntnis des Klägers, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im Eigentum der Beklagten stand, vermag das Gericht nicht zu sehen. Hierfür ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. (Palandt-Bassenge, § 932 Rn. 15). Dass der Kläger positiv wusste, dass das Autohaus … nicht befugt war, über das Fahrzeug zu verfügen, ist nicht zu erkennen. Soweit die Beklagte auf den Leasingvertrag und die Leasingbedingungen verweist, in denen vermerkt ist, dass Eigentümerin des Fahrzeugs die Beklagte ist bzw. der Erwerb ausgeschlossen ist, so kann hieraus allein noch keine positive Kenntnis des Klägers abgeleitet werden. In Betracht käme in diesem Zusammenhang lediglich die Prüfung einer grob fahrlässigen Unkenntnis.
Allerdings vermag das Gericht auch keine grobe Fahrlässigkeit des Klägers festzustellen. Zwar ist grundsätzlich von grober Fahrlässigkeit auszugehen, wenn bei einem Gebrauchtwagenkauf der Käufer sich den Kfz-Brief nicht vorlegen lässt (BGH NJW 1996, 2226). Etwas anderes wird im Allgemeinen nur angenommen, wenn es um den Kauf eines Neuwagens geht (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 381). Auch beim Kauf von Leasingfahrzeugen unter Kraftfahrzeughändlern wird grobe Fahrlässigkeit angenommen, wenn der Fahrzeugbrief nicht vorgelegt wurde (BGH NJW 1996, 2226).
Der hier zu entscheidende Fall liegt allerdings anders. Denn vorliegend handelt es sich nicht um den Erwerb eines fremden Gebrauchtwagens von einer dritten unbekannten Person, bei der die Vorgeschichte des Fahrzeuges unbekannt ist. Vielmehr hat der Kläger selbst das streitgegenständliche Fahrzeug als Neuwagen geleast und war bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der Leasingzeit sowie des anvisierten Kaufs im Besitz des Pkw, den ihm die Firma Autohaus … mit offensichtlichem Einverständnis der Beklagten eingeräumt hat (vgl. auch LG Darmstadt, NJW-RR 2002, 417). Damit kamen für den Kläger als Eigentümer nur die Firma Autohaus … und die Beklagte in Betracht. Für den letzteren Fall konnte der Kläger aufgrund der gegebenen Umstände durchaus davon ausgehen, dass das Autohaus … zur Veräußerung des Fahrzeuges autorisiert war. Denn schließlich handelte es sich bei diesem um einen …-Vertragshändler, während es sich bei der Beklagten um eine … Leasing Gesellschaft handelt (ähnlich LG Darmstadt, NJW-RR 2002, 417). Zudem forderte die Beklagte den Kläger noch mit Schreiben vom 01.04.2009 nach Ablauf der Leasingszeit auf, das Fahrzeug bei dem Autohaus … zurückzugeben. Der Zusammenhang zwischen dem Autohaus … und der Beklagten war für den Kläger aus der Sicht eines juristischen Laien damit offensichtlich. Schließlich ist es im Kfz-Handel nicht unüblich, wenn der Vertragshändler das zunächst geleaste Fahrzeug nach Ablauf des Leasingvertrages an den Kunden weiterveräußert (LG Darmstadt, NJW-RR 2002, 417). Die Tatsache, dass der Kläger mit der fehlenden Eigentümerstellung des Autohauses … rechnen musste, steht dem Gutglaubenserwerb nicht entgegen, da § 366 HGB den guten Glauben an die Verfügungsbefugnis schützt.
Die Umstände des hiesigen Falles sind auch nicht mit der Fallkonstellation zu vergleichen, in der bei der Veräußerung von Leasingfahrzeugen unter Kfz-Händlern grobe Fahrlässigkeit angenommen wird, wenn sich der Erwerber den Kfz-Brief nicht vorlegen lässt. Denn im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Kläger nicht um einen Kfz-Händler sondern einen privaten Vertragspartner. Diesem sind die juristischen und wirtschaftlichen Umstände bzw. Geschäftspraktiken zwischen den Vertragshändlern und der finanzierenden Bank bzw. Gesellschaft nicht in der Weise vertraut, wie es der Fall bei einem Kfz-Händler ist (LG Darmstadt, NJW-RR 2002, 417).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem Leasingformular als Zusatz zum Leasinggegenstand vermerkt war, dass der Erwerb ausgeschlossen ist. Denn insoweit sollte das streitgegenständliche Fahrzeug zum Zeitpunkt des Abschlusses des Leasingvertrages auch gar nicht verkauft werden. Dass der Erwerb auch für die Zeit nach Ablauf der Leasingzeit ausgeschlossen sein sollte, ist dem Vermerk nicht zu entnehmen. Auch aus dem Hinweis in den Leasingvertragsbedingungen, dass Eigentümerin des Fahrzeugs die Beklagte ist, ergibt sich keine abweichende Würdigung. Denn die fehlende Eigentümerstellung des Autohauses … steht dem gutgläubigen Erwerb nicht entgegen, da § 366 HGB den guten Glauben an die Verfügungsbefugnis schützt.
Eine fehlende Verfügungsbefugnis musste sich dem Kläger – auch im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 01.04.2009 zum Ablauf des Leasingvertrages nicht aufdrängen, so dass – wenn überhaupt – lediglich eine mittlere Fahrlässigkeit des Klägers angenommen werden kann. Guter Glaube nach § 366 HGB ist aber nur bei grober Fahrlässigkeit, nämlich wenn die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich grobem Maß verletzt wurde, ausgeschlossen. Allein der Umstand, dass sich der Kläger vom Mitarbeiter des Autohauses … nicht den Kfz-Brief vorlegen ließ, stellt keine Tatsache dar, woraus sich dem Kläger aufgedrängt hätte, dass dieser nicht zu Veräußerung autorisiert war.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert:
bis zum 16.10.2009 : 7.000 €

RechtsgebieteKfz-Handel, LeasingVorschriften§§ 929, 932 BGB, § 366 HGB

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