Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

17.12.2010 · IWW-Abrufnummer 104206

Amtsgericht Nürnberg: Urteil vom 11.01.2010 – 22 C 7766/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


22 C 7766/08
Amtsgericht Nürnberg
22 C 7766/08
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am 11.1.2010
In dem Rechtsstreit XXX
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch Richterin Goldschmitt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2.11.2009 folgendes Endurteil
I.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.930,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2007 zu bezahlen.
II.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 8% und die Beklagten 92%.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.093,61 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Krankenversicherungsvertrag.
Die Klägerin ist seit dem 01.09.2001 bei der Beklagten krankenversichert. Der Versicherungsschutz umfasst hierbei den Tarif ZA 100, der eine Erstattung von 100% für vorbeugende Maßnahmen, Zahnbehandlung und Zahn- und Kieferregulierung und von 80% für Zahnersatz und funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen gewährt. In der Vertrag einbezogen waren Teil I der MB/KK 94 und Teil II der TB/KK (vgl. S. 7 und 16 ff. d Akte).

In der Zeit vom 17.10.2006 bis zum 20.03.2007 befand sich die Klägerin bei dem Zahnarzt Dr. G. M. in zahnärztlicher Behandlung. Sie schloss zu Beginn ihrer Behandlung, am 7.10.2006, mit Dr. G. M. eine Vergütungsvereinbarung über die zahnärztlichen Leistungen. Hierbei einigten sie sich auf den 8,3-fachen 7-fachen bzw. 5,9-fachen Satz für die verschiedenen Leistungen (hinsichtlich der Einzelheiten vgl. S. 12 d. Akte). Mit Rechnung vom 03.04.2007 stellte Dr. G. M. der Klägerin für insgesamt acht Behandlungen während dieses Zeitraumes 3.829,63 € in Rechnung. Ein Betrag von 803,31 € entfiel hierbei auf die Kosten des Praxislabors (vgl. S. 9 ff d. Akte).
Mit Leistungsabrechnung vom 16.04.2007 erstattete die Beklagte der Klägerin hinsichtlich dieser Rechnung 1.560,82 €.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Erstattung der Kosten von weiteren 2.093,61 € habe. Hinsichtlich der Gebührensätze seinen diese von der Beklagten in der geltend gemachten Höhe zu begleichen. Eine Kürzung auf den 2,3-fachen Gebührensatz sei nicht zulässig. Die Position 517 sei zu 100% zu erstatten. Zwar stelle dies eine prothetische Leistung im Sinne der GOZ dar, jedoch keinen Zahnersatz im Sinne der Tarifvereinbarung.
Die Kosten für Material und Labor seinen ortsüblich und angemessen.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.093,61 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. April 2007 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte behauptet, dass keine medizinische Notwendigkeit nach § 1 Abs. 2 MB/KK 94 für Abrechnungsfaktoren, die über den 2,3-fachen Satz hinausgehen, bestünde. Die Gebührenvereinbarung würde nur den Arzt und die Klägerin binden, nicht jedoch die Beklagte. Ferner sei die Ziffern GOZ 517 nur zu 80% erstattungsfähig. Auch seinen die Material und Laborkosten überhöht.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist zum größten Teil begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von weiteren 1.930,48 €.
1. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten, die durch die zahnärztliche Behandlung der Klägerin entstanden sind, ergibt sich aus dem zwischen den Parteien unstreitig
geschlossenen Versicherungsvertrag. Dieser verpflichtet die Beklagte zum Ersatz derjenigen Aufwendungen, die der Klägerin in Bezug auf das zu versichernde Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigen Ansprüchen Dritter erwachsen sind (vgl. BGH vom 14.1.1998 - IV ZR 61/97). Dem Grunde nach kann die Klägerin daher von der Beklagten Ersatz der Kosten erstattet verlangen, die ihr aus dem Behandlungsvertrag mit Dr. G. M. entstanden sind. Hierbei handelt es sich um berechtigte Ansprüche eines Dritten.
2. Hinsichtlich der Höhe der erstattungsfähigen Kosten ist die Vereinbarung der Parteien maßgebend.
a. Diese Vereinbarung beinhaltet Kosten bezüglich vorbeugender Maßnahmen, Zahnbehandlung und Zahn- und Kieferregulierung zu 100% und Kosten für Zahnersatz und funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen zu 80% zu begleichen. Streitig zwischen den Parteien ist hinsichtlich des zu erstattenden %-Satzes lediglich Ziffer 517. Diese Position ist zu 80% zu erstatten, da diese unter „Zahnersatz“ im Sinne der Vereinbarung der Parteien fällt. Ziffer 517 ist nach der GOZ eine „prothetische Leistung“.
Unter Zahnersatz sind gemäß der Vereinbarung der Parteien „die zahnärztlichen Gebühren für prothetische Leistungen, Kronen, Implantate... sowie die damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen und die erforderlichen Vor- und Nachbehandlungen“ zu verstehen.
Insoweit ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung der Parteien eindeutig, dass prothetische Leistungen unter den Zahnersatz fallen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vereinbarung entgegengesetzt zum eindeutigen und klaren Wortlaut auszulegen ist, ergeben sich nicht.
b. Was den Gebührenrahmen betrifft, so enthält die Vereinbarung der Parteien keine Beschränkung auf den Gebührenrahmen des § 5 GOZ (3,5-facher Steigerungssatz), so dass die Beklagte auch dann erstattungspflichtig ist, wenn die Klägerin mit dem behandelnden Arzt eine Honorarvereinbarung trifft, die den Rahmen des § 5 GOZ übersteigt. Eine solche wirksame Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Zahnarzt liegt vor (vgl. LG Nürnberg-Fürth v. 5.6.1996, 8 O 11428/92).
Die Beklagte konnte die Leistung nicht gemäß § 5 Abs. 2 MB/KK 94 auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. Denn eine solche Herabsetzung ist nach § 5 Abs. 2 MB/KK 94 nur möglich, soweit eine Heilbehandlung oder sonstige Maßnahmen das medizinisch notwendige Maß übersteigt. Hierunter fallen nur die Kosten einer Übermaßbehandlung. Ist die Behandlung an sich unstreitig notwendig und steht nur die Höhe der hierfür geltend gemachten Vergütung in Streit, so unterfällt dies nicht dem § 5 Abs. 2 MB/KK 94. Denn schon dem Wortlaut kann nicht entnommen werden, dass mit der Überschreitung des medizinisch notwendigen Maßes auch ein wirtschaftliches Übermaß gemeint ist (vgl. BGH, IV ZR 278/01, VersR 03/581, Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 5 MBKK 94, Rn. 17 ff). Da die Notwendigkeit der Behandlung an sich vorliegend von der Beklagten nicht bestritten wird, kann eine Kürzung nach § 5 Abs. 2 MB/KK mithin nicht erfolgen.
Die Beklagte ist zur Kürzung ihrer Leistungen gegenüber der Klägerin jedoch nach § 242 BGB berechtigt. Das private Versicherungsverhältnis unterliegt in besonderem Maß den Grundsätzen von Treu und Glauben. Der Versicherungsnehmer muss bei der Inanspruchnahme einer besonders kostenträchtigen und nicht vital lebensnotwendigen Behandlung in angemessener Weise Rücksicht auf den Versicherer und die Versicherungsgemeinschaft nehmen. Der Versicherer braucht deshalb jedenfalls ganz unverhältnismäßige Kosten dafür nicht zu erstatten (vgl. BGH, IV ZR 278/01, VersR 03/581 (585) m. w. N.). Zur Beurteilung, ob vorliegend eine derartige Unverhältnismäßigkeit der Kosten gegeben ist, ist vom gesetzlichen Leitbild der Gebührenordnung für Zahnärzte auszugehen. Diese sieht in § 5 Abs. 1 einen Steigerungssatz von maximal 3,5 vor, wobei nach Abs. 2 der Regelsatz das 2,3-fache beträgt. Hiervon ausgehend erachtet das Gericht eine 100%-ige Steigerung als angemessen. Übersteigen die Gebührensätze 100% des Höchstsatzes der Gebührenordnung ist eine Unverhältnismäßigkeit nach § 242 BGB gegeben.
Insoweit sind die in der Rechnung vom 3.4.2007 mit einem Satz von 8,2 abgerechneten Positionen nur hinsichtlich eines Satzes von 7 erstattungsfähig.
c. Die Klägerin kann die Kosten für Material und Labor in vollem Umfang erstattet verlangen.
Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Höhe dieser Kosten erfolgte lediglich pauschal und ist daher nicht zu berücksichtigen.
3. Nach alledem hat die Klägerin, nachdem die Beklagte unstreitig einen Betrag von 1.560,82 € beglichen hat, noch einen Anspruch auf weitere 1.930,48 €.
Die Position 517 ist zu 80%, mithin in Höhe von 132,72 € und 8,99 € erstattungsfähig. Die Positionen 001 ist in Höhe von 39,33 €, Ä3 in Höhe von 61,81 €, Ä6 in Höhe von 40,81 €, 415 in Höhe von 5,03 €, Ä5 in Höhe von 32,61 € und Ä1 in Höhe von 32,61 € zu begleichen.

Insoweit ergibt sich ein zu erstattender Rechnungsbetrag von insgesamt 3.491,30 €. Dieser Betrag abzüglich der gezahlten 1.560,82 € ergibt den zugesprochenen Betrag.
4. Die Zinsentscheidung folgt aus § 286, 288 Abs. 1 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO konnte keine Anwendung finden, da ein Gebührensprung ersichtlich ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

RechtsgebietPrivatversicherungsrechtVorschriftenMB/KK § 5

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr