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16.12.2010 · IWW-Abrufnummer 104029

Kammergericht Berlin: Urteil vom 13.09.2010 – 23 U 170/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Kammergericht
Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 23 U 170/09
verkündet am: 13.09.2010
10 O 207/07 Landgericht Berlin
In dem Rechtsstreit XXX
hat der 23. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 28.07.2010 durch den Richter am Kammergericht Wagner als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 14.07.2009 verkündete Urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 313a I 1, 540 II ZPO abgesehen.
Die Entscheidung des Landgerichts, dass der Kläger wegen eines Sachmangels zum Rücktritt berechtigt ist, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht teilt allerdings nicht die Ansicht des Landgerichts, dass kraft gesetzlicher Vermutung (§ 476 BGB) festzustellen sei, dass der vom Sachverständigen H am 14.11.2008 festgestellte Leistungsabfall des Motors bereits bei Übergabe des Fahrzeugs am 17.10.2006 vorgelegen habe. Der Kläger hat das Fahrzeug nach Übergabe mehrere Wochen benutzt, ohne dass sich ein Leistungsabfall des Motors bemerkbar gemacht hätte. Demnach war ein Leistungsabfall des Motors nicht bereits bei Übergabe vorhanden. Solches wird auch vom Kläger nicht behauptet. Wenn eine Tatsache unstreitig ist, kann nicht ein anderer damit unvereinbarer Tatbestand gesetzlich vermutet werden.
Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich nach weiterer Beweisaufnahme im Ergebnis aber als richtig. Der Kläger war zum Rücktritt berechtigt, weil der Kaufgegenstand bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hatte und der Beklagte die von ihm verlangte Nacherfüllung verweigert hat (§ 434 I 1, 437 Nr. 2, 440 Satz 1 BGB).
1. Die Parteien haben zur Beschaffenheit des Fahrzeugs vereinbart, dass an dem Fahrzeug vor dem Verkauf u.a. die Auspuffanlage und die Querlenkerbuchsen erneuert worden sein sollten. Dies ist im Vertrag vom 17.10.2006 (K 1) ausdrücklich niedergelegt. Der Klammerzusatz „zeitlich nicht genau festzulegen„ nach den Worten „erneuert wurde„ besagt lediglich, dass der Verkäufer das genaue Datum der Erneuerung nicht angeben kann. Der Zusatz kann aber nicht einschränkend dahin verstanden werden, dass die Erneuerung möglicherweise schon Jahre zurück liegt. Die Erneuerung muss, um als solche bezeichnet werden zu können, unlängst, allenfalls wenige Monate vor dem Verkauf stattgefunden haben. Andernfalls stünde die Erklärung im Widerspruch zu den Angaben in der Werbeanzeige, wo die komplette Auspuffanlage und die Vorderachsbuchsen als neu bezeichnet werden. Wenn der Beklagte seine in der Werbung gemachten Angaben zur Beschaffenheit des Fahrzeug hätte widerrufen wollen, hätte er das deutlich und anders zum Ausdruck bringen müssen als durch den eher bestärkenden Zusatz „zeitlich nicht genau festzulegen„ (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05 Rz. 12 sowie zur Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit durch vorangehende Werbeaussagen OLG Köln NJW-RR 1990, 758; OLG Düsseldorf 1999, 514, LG Köln DAR 2002, 272; OLG Brandenburg, Urt. vom 27.07.2006 - 5 U 161/05).
2. Weder die Auspuffanlage noch die Querlenkerbuchsen waren bei Gefahrübergang „neu“. Das ergibt sich aus den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen.
Die Querlenkerbuchsen waren bei der ersten Besichtigung durch den Sachverständigen am 14.11.2008 so erheblich verschlissen, dass sie - so der Sachverständige - bereits bei Gefahrübergang verschlissen gewesen sein müssen, also keineswegs erst kürzlich erneuert gewesen sein können.
Die Auspuffanlage kann ebenfalls nicht erst kürzlich erneuert worden sein. Dies ergibt sich aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Ergänzungsgutachten. Der Sachverständige hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 27.05.10 sehr eingehend beschrieben, in welchem Zustand er die Auspuffanlage vorgefunden hat. Er hat im Ergebnis festgestellt, dass Teile der Auspuffanlage mit Sicherheit, andere möglicherweise erneuert worden sind, dass es aber nach dem vorgefundenen Zustand – auch bei Berücksichtigung des inzwischen verflossenen Zeitraums – auszuschließen sei, dass bei der Erneuerung des Mittel- und Endschalldämpfers auch das vordere Abgasrohr (Hosenrohr) und der Katalysator erneuert worden sind. Nach diesen durch sachverständigen Augenschein gewonnenen Erkenntnissen ist es als erwiesen anzusehen, dass entgegen der im Kaufvertrag bestätigten Werbeaussage nicht die "komplette Auspuffanlage" erneuert worden ist.
3. Der Beklagte hat die von ihm verlangte Nacherfüllung verweigert, indem er auf die Mängelrügen lediglich ausweichend reagierte und im Prozess jeglichen Mangel bestritt. Damit hat er zu verstehen gegeben, dass er nicht gewillt war, Mängel zu beseitigen. Da er von Anfang an keine Bereitschaft gezeigt hat, das Fahrzeug in Augenschein zu nehmen und die Mangelursache zu erforschen, kann des Klägers vom 26.04.2007 (K 5) und das Nacherfüllungsverlangen vom 08.05.2007 (K 7a) lediger sich nicht darauf berufen, dass ihm dazu keine Gelegenheit gegeben worden sei.
Der Umstand, dass der Kläger den beanstandeten Leistungsabfall des Motors zunächst auf Mängel zurückgeführt hat, die der gerichtliche Sachverständige nicht feststellen konnte, ändert nichts daran, dass eine wirksames Nachbesserungsverlangen vorliegt. Denn beim Mängelbeseitigungsverlangen ist mit einer hinreichend genauen Bezeichnung der "Mangelerscheinungen" (der "Symptome" des Mangels) der Mangel selbst bezeichnet. Der Auftraggeber braucht die Ursachen der Symptome nicht zu bezeichnen. Es ist auch unschädlich, wenn er zusätzlich - möglicherweise andere als später tatsächlich festgestellte - Ursachen für die Entstehung der Mängel angibt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 405/97 m. w. N.)
4. Die Rücktrittserklärung des Klägers ist wirksam.
Es mag zutreffen, dass die Rücktrittserklärungen des Klägers vom 26.04.07 (K 5) und 21.05.07 verfrüht waren, da dem Beklagten bis dahin noch nicht ausreichend Gelegenheit zur Nacherfüllung eingeräumt worden war. Die Voraussetzungen für den Rücktritt lagen aber vor, nachdem der Beklagte durch sein Prozessverhalten zum Ausdruck gebracht hatte, dass er jegliche Gewährleistung ablehne. Spätestens nach Eingang der Klageerwiderung war der Kläger zum Rücktritt berechtigt. Die erforderliche Rücktrittserklärung ist anschließend konkludent dadurch abgegeben worden, dass der Kläger seinen den Rücktritt voraussetzenden Klageantrag zu 1) weiterverfolgt hat. Darüber hinaus ist der Rücktritt ausdrücklich nochmals mit Schriftsatz vom 17.03.2008 erklärt worden.
Auch die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung ist unbegründet.
Für die Frage, ob der Rücktritt des Käufers wegen eines Mangels der verkauften Sache nach
§ 218 I 1 BGB wirksam ist, ist entscheidend, ob der Rücktritt erklärt wird, bevor der - bestehende oder hypothetische - Nacherfüllungsanspruch verjährt ist (vgl. BGH, Urt. vom 15.11.2006 - VIII ZR 3/06). Die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 I Nr. 3 BGB lief am 17.10.2009 ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Gewährleistungsanspruch des Klägers bereits rechtshängig.
5. Die weiteren Voraussetzungen der zuerkannten Ansprüche hat das Landgericht rechtfehlerfrei bejaht. Insoweit werden auch keine Berufungsrügen erhoben.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 I, 708 Nr. 10, 713, 543 II ZPO.
Für eine Übertragung der Sache auf den Zivilsenat zum Zwecke der Zulassung der Revision bestand kein Anlass. Es liegt insbesondere keine Abweichung von dem vom Beklagten zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2004 - VIII ZR 329/03 vor. Der Sachmangel, der den Kläger zum Rücktritt berechtigt, besteht darin, dass das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit (neue Auspuffanlage und Querlenkerbuchsen) hatte. Dieser Mangel ist durch gerichtliches Sachverständigengutachten bewiesen.

RechtsgebieteKfz-Handel, Kaufvertrag, NacherfüllungVorschriften§§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440 BGB

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