24.09.2010 · IWW-Abrufnummer 103065
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 19.01.2010 – 13 K 4281/07 F
1. Die Schenkung eines Einzelunternehmens an fremde Dritte stellt ungeachtet der Übernahme eines negativem Kapitalkontos keinen entgeltlichen Erwerb dar, aufgrund dessen ein Veräußerungsgewinn in Höhe des realisierten und bei dem Erwerber zu aktivierenden Geschäfts- oder Firmenwerts zu versteuern wäre.
2. Bei nicht mit einander verwandten Personen besteht keine widerlegliche Vermutung für ein entgeltliches Geschäft.
3. Für die Abgrenzung zwischen Veräußerung und Schenkung ist auf den erkennbaren Willen und die Vorstellungen der Parteien abzustellen.
4. Die unentgeltliche Übertragung eines Unternehmens mit negativem Kapitalkonto ist kein Gestaltungsmissbrauch.
Finanzgericht Düsseldorf
13 K 4281/07 F
Tatbestand
Der Kläger erwarb das Einrichtungshaus und führte es bis zum 31.12.1999 fort.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 12.11.1999 gründeten B und A, die mit Beschluss vom 30.9.2009 zu diesem Verfahren beigeladen wurde (im Folgenden: die Beigeladene), die A und B OHG (im Folgenden nur noch OHG), an der sie je zur Hälfte beteiligt waren. Jeder hatte eine Bareinlage in Höhe von 1.000 DM zu erbringen. Zweck der Gesellschaft war die Fortführung des Unternehmens des Klägers, bei dem B und die Beigeladene bis zum 31.12.1999 angestellt waren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen (Anlage H 2 zum Schreiben der Klägervertreter vom 20.6.2006 im Einspruchsvorgang). Die OHG wurde Anfang Dezember 1999 ins Handelsregister eingetragen.
Am 21.11.1999 schloss der Kläger mit B und der Beigeladenen eine als Schenkungsvertrag bezeichnete Vereinbarung ab, derzufolge B und die Beigeladene in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der OHG das Unternehmen des Klägers einschließlich der Verbindlichkeiten mit Wirkung zum 1.1.2000 zu gleichen Teilen übertragen bekamen. Eine Zahlung an den Kläger war hierfür nicht zu leisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen (Anlage H 1 zum Schreiben der Klägervertreter vom 20.6.2006 im Einspruchsvorgang im Einspruchsvorgang).
Das Kapitalkonto des Klägers in seinem Unternehmen hatte sich in den Jahren 1997 bis 1999 wie folgt entwickelt:
Ergebnis 1997 : ./. 5.368 DM Kapitalkonto 31.12.1997 ./. 103.118,03 DM
Ergebnis 1998 : + 23.467 DM Kapitalkonto 31.12.1998 ./.210.799,53 DM
Ergebnis 1999 : + 62.834 DM Kapitalkonto 31.12.1999 ./.275.031,58 DM.
B gab wegen dieses Vorganges nach entsprechender Aufforderung durch das Finanzamt eine Schenkungssteuererklärung ab. Eine Schenkungssteuer wurde nicht festgesetzt.
Zum 31.8.2004 schied die Beigeladene aus der OHG aus. B führte das Unternehmen als Einzelunternehmen weiter.
Mit Schreiben vom 2.9.2005, das am selben Tag beim Beklagten einging, wurde unter dem Betreff „A und B OHG” vom Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen Einspruch gegen den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der OHG für das Jahr 2004 vom 29.8.2005 eingelegt, den der Beklagte als von B als Gesamtrechtsnachfolger und ehemaligem Gesellschafter der OHG und der Beigeladenen als ehemaliger Gesellschafterin eingelegt ansah. Begründet wurde der Einspruch damit, es seien Abschreibungen auf einen entgeltlich erworbenen Firmenwert in Höhe von 6.249 Euro zu berücksichtigen. Die Übernahme des negativen Kapitalkontos, für das der Kläger keinen Ausgleich habe leisten müssen, sei als entgeltlicher Erwerb des Unternehmenswerts anzusehen. Die auf den 31.12.1999 in der Bilanz des Unternehmens des Klägers ausgewiesenen und zum 1.1.2000 auf ihn und die Beigeladene übertragenen Wirtschaftsgüter hätten keine stillen Reserven enthalten. Das Entgelt sei daher für die Anschaffung des in dem Unternehmen des Klägers ruhenden Unternehmenswertes erbracht worden. Der Firmenwert sei zum 1.1.2000 mit 275.031,57 DM bzw. 140.621 Euro zu aktivieren und linear über 15 Jahre abzuschreiben.
Der Beklagte zog den Kläger zum Einspruchsverfahren hinzu. Der Kläger beantragte, den Einspruch zurückzuweisen und den angefochtenen Bescheid nicht entsprechend dem Einspruchsbegehren zu ändern. Dazu trug er durch seine für das Einspruchsverfahren bestellten Bevollmächtigten, die auch die Unternehmensübertragung steuerlich betreut hatten, vor: Er habe sich im Alter von fast 60 Jahren aus seinem Unternehmen zurückziehen und nur noch seiner Gutachtertätigkeit nachgehen wollen. Er habe keine eigenen Kinder gehabt und deswegen das Unternehmen an seine Angestellten, die er wie eigene Kinder angesehen habe, weitergeben wollen. Deswegen sei mit den Bevollmächtigten des Einspruchsverfahrens ein Konzept entworfen worden, wie er das Unternehmen seinen Angestellten schenken könnte. Entsprechend diesem Konzept sei verfahren worden. B und die Beigeladene seien mit allen Umständen vertraut gewesen und hätten in Kenntnis des Sachverhaltes mit ihm einen Schenkungsvertrag abgeschlossen. Die Übertragung des Unternehmens sei rein privater Natur erfolgt, es sei dem Kläger nicht darum gegangen, einen Veräußerungsgewinn zu erzielen. Da B und die Beigeladene tatsächlich auch keine Zahlungen an den Kläger geleistet hätten, sei von einer unentgeltlichen Übertragung auszugehen, denn weder die Übernahme betrieblicher Verbindlichkeiten (Hinweis auf BFH BStBl 1990 II S. 847,854; BStBl 1995 II S. 770; BFH/NV 1998, 836; BMF BStBl 1993 I S. 80 Tz.29) noch die Übernahme eines negativen Kapitalkontos (Hinweis auf BFH BStBl 1971 II S. 686; BStBl 1973 II S. 111; BStBl 1990 II S. 847, 854; BStBl 1999 II S. 269; BMF BStBl 1993 I S. 80, Tz.30) führten zu Anschaffungskosten, wenn ein Unternehmen insgesamt unentgeltlich übertragen werde. Im übrigen habe das Einzelunternehmen zum Übertragungsstichtag auf den 1.1.2000 einen positiven Unternehmenswert in Höhe von 224.840 Euro gehabt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Berechnung des Unternehmenswertes wird auf das Schreiben der GbR vom 20.6.2006 Bezug genommen (abgeheftet im Einspruchsvorgang).
Der Bevollmächtigte des Beigeladenen trug daraufhin vor: Das Verhältnis zwischen dem Kläger und B und der Beigeladenen sei gut gewesen, keinesfalls aber familiär. Es habe ein Gegensatz zwischen den Interessen des Klägers und denen des B und der Beigeladenen bestanden. Die Bevollmächtigten des Klägers hätten daher nicht gleichzeitig den Kläger und B und die Beigeladene beraten dürfen. B und der Beigeladenen seien die aus der Übernahme des negativen Kapitalkontos erwachsenden Konsequenzen nicht klar gewesen. Bei Unterzeichnung des Schenkungsvertrages sei die Bilanz für das Jahr 1999 noch nicht erstellt gewesen. B und die Beigeladene hätten daher zu diesem Zeitpunkt den Stand des Kapitalkontos nicht gekannt und seien nicht davon ausgegangen, dass es negativ sei. Die Übernahme eines negativen Kapitalkontos führe selbstverständlich zu Anschaffungskosten. Das Modell, das die Bevollmächtigten des Klägers entworfen hätten, sei standeswidrig, verstoße gegen § 42 Abgabenordnung – AO – und stelle eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung dar. Der Kläger habe das negative Kapitalkonto durch hohe Entnahmen herbeigeführt und auf diesem Weg den Unternehmenswert vereinnahmt, bevor er das Unternehmen „verschenkt” habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 31.8.2006 Bezug genommen (abgeheftet im Einspruchsvorgang).
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2007 wies der Beklagte den Antrag des Klägers zurück und half dem Einspruchsbegehren ab. Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass ungeachtet der Bezeichnung als Schenkungsvertrag die Vereinbarung vom 21.12.1999 ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft sei. Die an dem Vertrag Beteiligten seien fremde Dritte gewesen, so dass eine Vermutung für eine entgeltliche Übertragung bestehe. Diese Vermutung habe der Kläger nicht widerlegt. Es sei davon auszugehen, dass B und die Beigeladene das negative Kapitalkonto nur übernommen hätten, weil das Unternehmen einen höheren Wert als die Summe der einzelnen bilanzierten Wirtschaftsgüter gehabt hätte. Die Einlassung des Klägers, es seien ausschließlich private Gründe für die Schenkung ursächlich gewesen, weil er B und die Beigeladene wie eigene Kinder angesehen habe, sei nicht glaubhaft. Vielmehr sei offenkundiges Motiv für die Gestaltung gewesen, dass der Kläger den betrieblichen Vorgang der Veräußerung seines Gewerbebetriebes in den nicht der Einkommensteuer unterliegenden privaten Bereich habe verlagern wollen. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung sei nicht einschlägig, denn sie beziehe sich auf das Institut der vorweggenommenen Erbfolge.
Die Einspruchsentscheidung wurde B, der Beigeladenen und dem Kläger bekannt gegeben.
B ist am 1.5.2009 verstorben. Mit Beschluss vom 21.10.2009 hat das Gericht den minderjährigen Sohn des B, S. B., der durch seine Mutter vertreten wird, zum Verfahren beigeladen.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor:
Die Voraussetzungen für die Anerkennung des entgeltlichen Erwerbs eines Firmenwertes seien nicht erfüllt. Werde ein Betrieb unentgeltlich übertragen, entstehe gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz – EStG – kein Veräußerungsgewinn und der Erwerber führe gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG die Buchwerte fort.
Es sei eine Schenkung des Klägers an B und die Beigeladene erfolgt. Da B und die Beigeladene keine Zahlungen an den Kläger geleistet hätten, sei von einer unentgeltlichen Übertragung auszugehen, denn weder die Übernahme betrieblicher Verbindlichkeiten (Hinweis auf BFH BStBl 1990 II S. 847,854; BStBl 1995 II S. 770; BFH/NV 1998, 836; BMF BStBl 1993 I S. 80 Tz.29) noch die Übernahme eines negativen Kapitalkontos (Hinweis auf BFH BStBl 1971 II S. 686; BStBl 1973 II S. 111; BStBl 1990 II S. 847, 854; BStBl 1999 II S. 269; BMF BStBl 1993 I S. 80, Tz.30) führten zu Anschaffungskosten, wenn ein Unternehmen insgesamt unentgeltlich übertragen werde. Es dürfe hinsichtlich der unentgeltlichen Übertragung eines Unternehmens nicht danach differenziert werden, ob eine Übertragung an Angehörige oder an Mitarbeiter erfolge; jedenfalls dann nicht, wenn keine eigenen Kinder vorhanden seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der OHG für das Jahr 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2007 dahingehend zu ändern, dass keine Abschreibungen für einen Geschäfts- oder Firmenwert berücksichtigt werden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen..
Zur Begründung verweist er auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung.
Das Gericht hat den Kläger, die Beigeladene und den Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen, der B auch im Einspruchsverfahren vertreten hat, eingehend zur Sache befragt. Wegen des Ergebnisses dieser Befragung wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19.10.2010 verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Die Klage ist zulässig.
Neben den weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen, die unzweifelhaft erfüllt sind, muss der Kläger auch klagebefugt i. S. v. § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – sein. Bei einer wie im Streitfall erhobenen Anfechtungsklage muss er geltend machen können, durch den angegriffenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese Voraussetzungen liegen vor.
1. Der Kläger ist zum Einspruchsverfahren der OHG gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO hinzugezogen worden. Der hinzugezogene Dritte erlangt im Einspruchsverfahren die Stellung eines Verfahrensbeteiligten (§§ 359 Nr. 2, 360 Abs. 1 und 4 AO). Weder die Hinzuziehung als solche noch die unterbliebene Hinzuziehung begründen für sich betrachtet die Klagebefugnis des Hinzugezogenen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 20. Juli 1988 I R 174/85, BFHE 154, 495, BStBl 1989 II S. 87; vom 28. Februar 1990 I R 156/86, BFHE 160, 123, BStBl 1990 II S. 696; vom 29. Mai 2001 VIII R 10/00, BFHE 195, 486, BStBl 2001 II S. 747; vom 5. Juli 2006 X B 114/05 BFH/NV 2006, 1869; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 360 AO Rz 9 und 11; von Wedel in Beermann/ Gosch, AO § 360 Rz 18; Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 360 Rz 19; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 360 AO Rz 62-64; Dumke in Schwarz, AO, § 360 Rz 27).
Eine Rechtsverletzung des Hinzugezogenen i.S. des § 40 Abs. 2 FGO ist aber nach allgemeiner Ansicht zu bejahen, wenn eine materiell-rechtliche Beschwer aufgrund der Bindungswirkung der Entscheidung der Finanzbehörde zu seinen Lasten und seine formelle Beschwer (wegen zurückgewiesener eigener Anträge im Einspruchsverfahren) vorliegen (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juli 1980 VIII R 114/78, BFHE 131, BStBl 1981 II S. 101; vom 3. August 1988 I R 115/84, BFH/NV 1989, 482; vom 26. Juli 1995 X R 45/92, BFH/NV 1996, 195).
Wird in einem Verfahren, an dem der Hinzugezogene beteiligt ist, der gegenüber dem Steuerpflichtigen ergangene Steuerbescheid geändert, dann hat dies grundsätzlich zur Folge, dass damit in verbindlicher Weise auch gegenüber dem Hinzugezogenen entschieden ist, welche die diesem gegenüber zu ziehenden „richtigen steuerlichen Folgen” gemäß § 174 Abs. 4 und 5 AO sind (vgl. BFH- Urteil vom 26. Juli 1995 X R 45/92 BFH/NV 1996, 195). Korrekturbescheide müssen dem Hinzugezogenen deshalb bekanntgegeben werden, damit ihm die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs hiergegen bleibt, um den Eintritt der Bindungswirkung als Folge der Bestandskraft zu verhindern (vgl. BFH- Urteile vom 11. April 1991 V R 40/86, BFHE 164, 176, BStBl 1991 II S. 605 und vom 26. Juli 1995 X R 45/92, BFH/NV 1996, 195).
Eine Ausnahme von der Bindungswirkung für den Hinzugezogenen gilt nur dann, wenn er am Ausgangsverfahren nicht hinreichend beteiligt worden ist. Der Hinzugezogene muss im Einspruchsverfahren in der Lage gewesen sein, sich rechtliches Gehör zu verschaffen und auf dieses einzuwirken; anderenfalls ist der Eintritt der materiellen Bindungswirkung zu seinen Lasten nicht gerechtfertigt (BFH-Urteile vom 26. Juli 1995 X R 45/92, BFH/NV 1996, 195 und vom 29. April 2009 X R 16/06 BFHE 225, 4, BStBl 2009 II S. 732 ).
Erfolgt die Korrektur in Gestalt einer Einspruchsentscheidung, kann der Hinzugezogene deren Bestandskraft und die damit einhergehende Bindungswirkung nach allgemeiner Ansicht mit der Anfechtungsklage verhindern (vgl. z.B. BFH- Beschluss vom 7. Februar 2007 IV B 210/04, BFH/NV 2007, 869; aus dem Schrifttum Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 360 AO Rz 9; Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 360 Rz 19; Dumke in Schwarz, a.a.O., § 360 Rz 27; von Wedel in Beermann/Gosch, a.a.O., § 360 Rz 18, 21; a.A. Fichtelmann, Finanz-Rundschau 1971, 260; Beck, Steuer und Wirtschaft 1977, 47).
Im Streitfall ist der Kläger nach den vorgenannten Grundsätzen klagebefugt. Der Beklagte hat durch Einspruchsentscheidung entschieden. Der Kläger ist durch diese Entscheidung materiell und formell beschwert.
Eine formelle Beschwer liegt vor, weil der Beklagte dem Antrag des Klägers, den Einspruch als unbegründet zurückzuweisen, nicht entsprochen, sondern in der Einspruchsentscheidung den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der OHG geändert hat.
Eine materielle Beschwer liegt vor, weil der Beklagte den Kläger im Einspruchsverfahren i.S. des § 174 Abs. 5 AO „beteiligt” und damit die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass die Feststellungen des Einspruchsverfahrens für das Folgeänderungsverfahren gegenüber dem Kläger mit Bestandskraft bindend werden können. Dem Kläger wurde im Einspruchsverfahren rechtliches Gehör gewährt, seine Einwände wurden in der Einspruchsentscheidung gewürdigt und der Sachverhalt vom Beklagten festgestellt. Die Einspruchsentscheidung enthält materiell belastende Feststellungen für den Kläger. Bei Bestandskraft der Einspruchsentscheidung stünde ihm gegenüber nämlich bindend fest, dass er den Betrieb nicht verschenkt, sondern gegen Übernahme des negativen Kapitalkontos veräußert hätte.
Im Fall des Eintritts der Bestandskraft der Einspruchsentscheidung drohte dem Kläger daher, dass er sich die dort getroffenen Feststellungen entgegenhalten lassen muss und das für ihn zuständige FA ihm gegenüber im Folgeänderungsverfahren nach § 174 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 AO einen Gewinn aus der Veräußerung des Einzelunternehmens ansetzt.
II. Die zulässige Klage ist begründet, denn der angefochtene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der OHG ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Zu Unrecht hat der Beklagte bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns der OHG Abschreibungen auf einen Firmenwert als Betriebsausgabe berücksichtigt.
1. Der Firmenwert gehört einkommensteuerrechtlich zu den immateriellen Wirtschaftsgütern (Weber – Grellet in Schmidt EStG 28. Auflage 2009 § 5 Rz. 222 mit weiteren Nachweisen). Ein selbst geschaffener Firmenwert kann wegen § 5 Abs. 2 EStG nicht aktiviert werden, weil ein Posten nur für entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens angesetzt werden darf. Die zur Schaffung des Firmenwerts getätigten Aufwendungen mindern deshalb unmittelbar den betrieblichen Gewinn.
2. Wird ein Unternehmen unentgeltlich übertragen, so sind gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 i.V. m. Satz 1 EStG in der im Jahr 2000 gültigen Fassung bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben; der Rechtsnachfolger (Beschenkte) ist an diese Werte gebunden. Wegen dieser Buchwertverknüpfung gilt auch für den Rechtsnachfolger das Aktivierungsverbot in § 5 Abs. 2 EStG für den vom bisherigen Betriebsinhaber selbst geschaffenen Firmenwert. Mangels aktivierungsfähiger Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten kann der Rechtsnachfolger keine Abschreibung gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG auf den Firmenwert vornehmen.
3. Abschreibungen auf den vom Kläger selbst geschaffenen Firmenwert können im Rahmen der Gewinnermittlung der OHG nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger der Beigeladenen und B sein Unternehmen geschenkt hat im Sinne von § 516 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Die Vertragsparteien haben eine als Schenkungsvertrag bezeichnete Vereinbarung unterzeichnet. Der Kläger wollte sein Unternehmen der Beigeladenen und B unentgeltlich zuwenden, weil er keine eigenen Kinder hatte und er seine Angestellten aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit wie Familienangehörige angesehen hat. Diese Motive für eine Schenkung sind von der Beigeladenen bestätigt worden, die ausgeführt hat, der Kläger habe sich auch um die Alterssicherung seiner Angestellten gekümmert und ihres Wissens nach sogar gute Verkaufsangebote unter Hinweis darauf ausgeschlagen, dass er sein Unternehmen unentgeltlich auf seine Mitarbeiter übertragen werde.
Alle Parteien des Übertragungsvertrages sind davon ausgegangen, dass die Beschenkten durch den Erwerb des Unternehmens bereichert sein würden, weil das Unternehmen fortgeführt werden konnte und erhebliche Gewinnchancen repräsentierte. Der Kläger ist von einem deutlich über dem negativen Kapitalkonto liegenden Firmenwert ausgegangen. Die Beigeladene hat sich nach eigenem Bekunden trotz Kenntnis der Verbindlichkeiten wegen der guten Ertragskraft des Unternehmens beschenkt gefühlt. B konnte sich zu dem Sachverhalt nicht mehr äußern. Es ist aber davon auszugehen, dass auch er sich beschenkt fühlte, denn er ist – wie die Beigeladene auch – von vornherein in das Konzept zur Unternehmensnachfolge eingebunden gewesen, hat einen als Schenkung bezeichneten Vertrag unterzeichnet und die steuerlichen Konsequenzen aus diesem Vertrag gegen sich gelten lassen, bis es im Laufe des Jahres 2004 zu dem Zerwürfnis mit der Beigeladenen und dem Kläger kam. Dem Einwand des B, er habe den genauen Umfang des negativen Kapitalkontos des Klägers zum 31.12.1999 bei Abschluss des Schenkungsvertrages nicht einschätzen können, kommt keine Bedeutung zu, denn spätestens seit der Eröffnungsbilanz der OHG war ihm die Höhe des negativen Kapitalkontos bekannt. Dies hat ihn nicht davon abgehalten hat, auch weiterhin – bis zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der OHG für das Jahr 2004 – von einer Schenkung auszugehen, was nicht anders zu erklären ist, als dass er sich trotz des negativen Kapitalkontos beschenkt gefühlt haben muss.
4. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Annahme einer Schenkung nicht entgegen, dass es sich bei den Vertragsparteien nicht um Angehörige gehandelt hat. Nach der Rechtsprechung des BFH (BFH- Urteile vom 23. April 1971 IV 201/65, BFHE 102, 488, BStBl 1971 II S. 686 und vom 24. August 1972 VIII R 36/66, BStBl 1973 II S. 111; BFH- Beschluss vom 5. Juli 1990 GrS 4 – 6/89, BStBl 1990 II S. 847 und BFH- Urteil vom 10. März 1998 VIII R 76/96, BStBl 1999 II S. 269) führt die Übernahme eines negativen Kapitalkontos bei der Übertragung eines Unternehmens zwischen Familienangehörigen im Regelfall nicht zu Anschaffungskosten, weil insoweit die widerlegliche Vermutung für ein unentgeltliches Geschäft besteht. Daraus kann aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Übernahme eines negativen Kapitalkontos bei einer Unternehmensübertragung zwischen nicht mit einander verwandten Personen stets zu Anschaffungskosten führte. § 6 Abs. 3 EStG in der in den Jahren 1999 und 2000 gültigen Fassung beschränkt die unentgeltliche Unternehmensübertragung auf keinen bestimmten Personenkreis. Soweit die oben zitierte Rechtsprechung bestimmte Privilegierungen auf Familienangehörige beschränkt, betrifft dies nur die Frage der Abzugsfähigkeit von aus dem übertragenen Vermögen erbrachten Versorgungsleistungen, die genannten Entscheidungen befassen sich hingegen nicht mit der Frage, ob eine unentgeltliche Übertragung auch zwischen Dritten denkbar ist.
Es ist daher für jeden Einzelfall im Wege der Auslegung anhand des erkennbaren Willens und den Vorstellungen der Parteien zu ermitteln, ob die Übernahme eines negativen Kapitalkontos anlässlich einer „unentgeltlichen” Unternehmensübertragung eine Veräußerung oder eine Schenkung darstellt.
3. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen liegen die Voraussetzungen von § 42 AO in der in den Jahren 1999 und 2000 gültigen Fassung nicht vor.
Zwar führt die Schenkung dazu, dass der Kläger sein Unternehmen übertragen konnte, ohne die Überentnahmen, die zu dem negativen Kapitalkonto geführt haben, entweder versteuern oder zurückzahlen zu müssen. § 52 Abs. 33 Satz 3 EStG bestimmt aber nur für Kommanditisten, dass ein negatives Kapitalkonto, welches sie anlässlich ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft nicht ausgleichen müssen, zu einem Veräußerungsgewinn führt. Aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung für Einzelunternehmer ist zu schließen, dass eine Versteuerung des negativen Kapitalkontos für diese Personengruppe nach dem Gesetz nicht zwingend vorgesehen ist. Die unentgeltliche Übertragung eines Unternehmens mit negativem Kapitalkonto ist daher nicht missbräuchlich, sondern eine von mehreren legalen Gestaltungen, auch wenn sie zu einer geringeren Steuerbelastung des Übertragenden als im Falle einer Veräußerung führt.
4. Dass die unzutreffende gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der OHG für das Jahr 2004 den Kläger in seinen Rechten verletzt, obwohl er an der OHG nicht beteiligt ist, ergibt sich aus den Ausführungen unter I.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO; die Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht auf § 139 Abs. 4 FGO.
6. Die Revision wird gem. § 115 FGO Abs. 2 Nr. 1 zugelassen, weil eine höchstrichterliche Entscheidung dazu bisher nicht ergangen ist, ob im Falle der Übertragung eines Einzelunternehmens mit einem negativen Kapitalkonto von einer entgeltlichen Übertragung auszugehen ist, weil die Übertragung nicht zwischen Angehörigen erfolgt ist, obwohl alle an der Übertragung Beteiligten von einer Schenkung ausgegangen sind.