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30.09.2010 · IWW-Abrufnummer 102797

Landgericht Karlsruhe: Urteil vom 26.01.2010 – 6 O 82/09

Den gewerblichen Verkäufer eines gebrauchten Pkw nicht die Verpflichtung trifft, die im Serviceheft angegebenen Inspektionsvorgaben zu aktualisieren oder dem Käufer ungefragt Änderungen der Servicebestimmungen des Herstellers mitzuteilen.


LG Karlsruhe
Urteil vom 26.1.2010
6 O 82/09
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht Ansprüche geltend, weil der im Autohaus der Beklagten erworbene Gebrauchtwagen einen Zahnriemenriss erlitt.
Der Kläger kaufte am 20.08.2007 von der Beklagten den gebrauchten Pkw, Marke: Alfa Romeo, Typ: 147 1.6.T.S, Fahrgestellnummer: ..., amtliches Kennzeichen: ... zum Preis von EUR 9.750,00. Das Fahrzeug wurde erstmals am 03.11.2003 zugelassen. Bei Übergabe des Fahrzeugs am 28.08.2007 wies dieses einen Kilometerstand von 53.000 km auf.
Weder der für die Beklagte tätige Autoverkäufer A. noch ein sonstiger Mitarbeiter der Beklagten teilten dem Kläger mit, dass der Zahnriemen dieses Fahrzeugs spätestens bei Erreichen des Kilometerstandes von 60.000 km ausgewechselt werden soll.
In der mit übergebenen Betriebsanleitung findet sich auf Seite 278 eine tabellarische Aufstellung, wonach eine „Sichtkontrolle auf Zustand des Zahnriemens der Motorsteuerung“ bei 60.000 km stattfinden solle und eine „Auswechslung des Zahnriemens der Motorsteuerung“ bei 120.000 km „oder alle 3 Jahre bei harten Einsatzbedingungen (kaltes Klima, Stadtverkehr mit langen Stopps im Leerlauf, staubige Gegenden) oder alle 5 Jahre, unabhängig von der Laufleistung“. In einer Servicemitteilung des Herstellers des Pkw, welche das Datum vom 31.03.2006 trägt, heißt es, dass die Kontrolle des Zustands des Antriebszahnriemens bei der Motorversion „Twin Spark“ mit dem Intervall: „Ersatz alle 60.000 km“ erfolgen müsse.
Auf diese Servicemitteilung wies die Beklagte den Kläger nicht hin. Am Tage vor der Übergabe des Fahrzeugs, also am 27.08.2007, führte die Beklagte noch diverse Wartungsarbeiten aus. Bei der zugehörigen Eintragung im Wartungsheft ist das Feld mit der Beschreibung „Zahnriemen (Motorsteuerung)“ weder bei „ja“ noch bei „nein“ angekreuzt (AH 35).
Am 04.04.2008 riss der Zahnriemen des Fahrzeugs bei einem Kilometerstand von 72.000 km. Der Motor des Fahrzeugs wurde dabei zerstört.
Am 22.04.2008 fand in den Räumlichkeiten der Beklagten eine Besprechung wegen des aufgetretenen Defekts auf. Die Beklagte zeigte sich dazu bereit, dass die von einer Alfa Romeo-Vertragswerkstatt durchzuführende Reparatur so gestaltet wird, dass die vorgesehene Vertragswerkstatt in X. die Rechnung an die Beklagte sendet; dies im Zusammenhang mit einem „weitergegebenen“ Händlerrabatt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Regelung im Sinne einer endgültigen Abgeltung zu verstehen ist. Die Rechnung der Vertragswerkstatt, die die Beklagte an den Kläger zur Bezahlung weiterleitete, lautete auf EUR 6.640,92.
Der Kläger trägt vor:
Der Beklagten habe die Nebenpflicht oblegen, den Kläger auf den erforderlichen Zahnriemenwechsel hinzuweisen. Die Beklagte habe auch zugesagt, anlässlich der Übergabe die 60.000er-Wartungsarbeiten durchzuführen. Die Beklagte hätte im Prinzip anbieten müssen, bereits bei der vorgezogenen Wartung den Zahnriemen zu wechseln. Der Kläger hätte diese Mehrkosten gerne übernommen.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 6.000,00 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 546,69, beides nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab 12.07.2008 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor:
Aus dem Wartungsnachweisheft habe der Kläger bereits entnehmen können, dass ein Zahnriemenwechsel nicht erfolgt sei. Anlass zur Durchführung der bei 60.000 km vorgesehenen Inspektion habe nicht bestanden, da bis zur Fälligkeit dieses Kundendienstes noch 7.000 km Laufleistung zu absolvieren gewesen seien, d. h. nahezu der halbe Kundendienstzyklus. Vereinbarungsgemäß habe lediglich eine standardmäßige Gebrauchtwagendurchsicht stattgefunden. Die Durchführung einer Sichtkontrolle bei 60.000 km hätte einen Schaden an dem Zahnriemen nicht zutage gebracht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat im Termin vom 16.12.2009 den Kläger persönlich angehört.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der gemäß § 273 ZPO geladenen Zeugen A. und T.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 16.12.2009 (AS. 87-99) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der eingeklagte Zahlungsanspruch besteht nicht. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht unter dem Aspekt der Verletzung einer Nebenpflicht aus § 280 Abs. 1 BGB. Auch ein sonstiger Leistungsstörungs- oder Gewährleistungsanspruch greift nicht zugunsten des Klägers ein.
1. Von einer diesbezüglichen Zusage der Beklagten konnte das Gericht nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht ausgehen.
Insbesondere konnte der persönlich angehörte Kläger selbst nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob der zuständige Autoverkäufer der Beklagten ihm im Rahmen der Verkaufsgespräche gesagt habe, dass die Inspektion für die 60.000 km-Grenze vorgezogen werde (AS. 85). Der Kläger verwies insoweit auf seine bei den Gesprächen angeblich stets anwesende Tochter T..
Diese berichtete allerdings im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung lediglich davon, dass ihrem Vater gesagt worden sei, dass noch vor der Übergabe eine „kleine Wartung“ durchgeführt werde. Die Zeugin T. gab an, dass sie selbst von der angeblichen Inspektions- oder Wartungszusage nur von ihrem Vater gehört habe.
Insofern lässt sich bereits feststellen, dass der Kläger und die von ihm benannte Zeugin hinsichtlich dieser Frage der Zusage einer vorgezogenen Inspektion jeweils auf den anderen verweisen. Der Nachweis einer Inspektionszusage kann so nicht geführt werden.
Der ebenfalls zu diesem Thema befragte Zeuge A., bei dem es sich um den zuständigen Autoverkäufer der Beklagten handelt, gab glaubhaft hat, dass dem Kunden hier lediglich eine „technische Durchsicht“ zugesagt worden sei. Ein größerer Service hätte ohnehin nur durch eine Vertragswerkstatt stattfinden können.
2. Für die Beklagte bestand auch aus sonstigem Rechtsgrund keine Verpflichtung zu einem besonderen Hinweis hinsichtlich der Frage des Zahnriemenwechsels.
Vom Käufer eines Gebrauchtwagens kann grundsätzlich erwartet werden, dass er sich selbst darum kümmert, dass die Wartungsintervalle eingehalten werden. Hier hat es der Kläger offensichtlich auch versäumt, die an für sich vorgesehene Sichtkontrolle bei 60.000 km durchführen zu lassen. Es hätte dem Kläger oblegen, sich mit der Bedienungsanleitung entsprechend auseinanderzusetzen.
Der besondere Umstand, dass hier das Ersatzintervall hinsichtlich des Zahnriemens nachträglich abgeändert wurde, war dem für die Beklagten handelnden Autoverkäufer nach seinen glaubhaften Angaben nicht bekannt.
Eine Hinweispflicht bezüglich von Wartungsintervallen ist lediglich bei einem unmittelbar bevorstehenden Ablauf anzunehmen. So hat das Amtsgericht Brandenburg (Urteil vom 08.01.2007, Az. 31 C 59/06, NJW 2007, 3072-3075) eine solche Hinweispflicht allenfalls dann angenommen, wenn die empfohlene Frist voraussichtlich innerhalb der nächsten 3 Monate abläuft. Dies war im vorliegenden Fall für die Beklagte jedenfalls nicht erkennbar. Angesichts der noch fehlenden 7.000 km bis zum nächsten Wartungsintervall war für die Beklagte nicht vorhersehbar, dass eine entsprechende Kilometerlaufleistung in den nächsten 3 Monaten erreicht werde.
Nach dem Kenntnisstand ausweislich der seinerzeit vorliegenden Bedienungsanleitung wäre ohnehin nur eine Sichtkontrolle durchzuführen gewesen. Selbst wenn man die vom Amtsgericht Brandenburg in einem Reparaturfall entwickelte 3-Monats-Frist auf den hier vorliegenden Verkaufsfall übertragen wollte, wäre damit alleine noch nicht zu begründen, dass die Beklagte auf die Notwendigkeit des vorstehenden Ersatzes (nicht bloß der Kontrolle) des Zahnriemens hätte hinweisen müssen.
Vom Kläger ist nicht vorgetragen und auch nicht unter Beweis gestellt, dass bei Durchführung der Sichtkontrolle bei einem Kilometerstand von 60.000 km die Notwendigkeit des Ersatzes des Zahnriemens aufgefallen wäre. Im Gegenteil berichtete sogar die Zeugin T. davon, dass bei Besuchen in Vertragswerkstätten auch kein Hinweis auf die bevorstehende Inspektionspflicht erfolgte.
Mit dem Amtsgerichts Hoyerswerda (Urteil vom 27.04.2004, Az. 1 C 66/04, Juris) geht das Gericht im Übrigen davon aus, dass den gewerblichen Verkäufer eines gebrauchten Pkw nicht die Verpflichtung trifft, die im Serviceheft angegebenen Inspektionsvorgaben zu aktualisieren oder dem Käufer ungefragt Änderungen der Servicebestimmungen des Herstellers mitzuteilen. Zu Recht führt das Amtsgericht Hoyerswerda aus, dass solche Hinweise nicht verkehrsüblich sind und im Hinblick auf den zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag zu weit gingen. Denn zur erfolgreichen Übergabe und Übereignung des Pkws waren die geforderten Angaben nicht erforderlich. Entsprechende Informationen waren auch nicht für den laufenden Betrieb des Pkw notwendig. Es ist im Übrigen auch allgemein bekannt, dass Hersteller ihre Servicevorgaben aktualisieren bzw. auch ändern. Es muss auch berücksichtigt werden, dass der Beklagten gerade nicht die Durchführung der fälligen Inspektion übertragen worden war. Lediglich im Falle einer solchen Übertragung bzw. bei ausdrücklicher Nachfrage wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, die Klägerin über den neuesten Stand der Servicevorgaben des Herstellers zu informieren (Amtsgerichts Hoyerswerda, a.a.O., Juris-Tz. 17).
Soweit sich der Klägervertreter im vorliegenden Zusammenhang auf eine Entscheidung des BGH vom 23.07.2009 (VII ZR 164/08, NJW-RR 2009, 1151-1152) beruft, ist diese BGH-Entscheidung nach dem Dafürhalten des erkennenden Gerichts für die vorliegende Fallkonstellation nicht weiterführend. Anders als im dortigen Fall war die Beklagte nämlich keine mit der Grundüberholung einer technischen Anlage beauftragte Fachwerkstatt.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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