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17.09.2010 · IWW-Abrufnummer 102413

Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 27.04.2010 – 15 U 185/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


15 U 185/09
8 O 508/07LG Aachen

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 27. April 2010

Verkündet am 27.04.2010

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln

auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2010

durch XXX

für R e c h t erkannt:

Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels wird das am 06.11.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 8 O 508/07 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird

1. die Beklagte verurteilt, an die H.-Leasing GmbH, gesetzlich vertreten durch ihre Geschäftsführer, die Herren K. L., Dr. S. I. und F. N. , T.-Platz Y., 00000 X., 43.550,65 € abzüglich 229,00 € je angefangene 1.000 km Laufleistung über 60.000 km hinausgehend zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2007 zu zahlen;

2. festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw O. C. P. X0X CDI mit dem amtlichen Kennzeichen XX – XX 0000, Fahrgestell-Nr. YYYYYYYYYYYYYYYYY, in Annahmeverzug befindet;

3. die Beklagte ferner verurteilt, den Kläger von der Forderung dessen Prozessbevollmächtigten wegen der vorgerichtlichen Tätigkeit für ihn in der vorliegenden Angelegenheit in Höhe von 1.641,96 € freizustellen.

Die in beiden Rechtszügen entstandenen Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 7 % und der Beklagten zu 93 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch die jeweilige Gegenpartei gegen Sicherheitsleistung in der Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e :

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines im Jahr 2005 geschlossenen Kaufvertrages wegen Mängeln des geleasten, im Tenor dieses Urteils näher bezeichneten Pkw aus abgetretenem Recht der Leasinggeberin, der Firma H.-Leasing GmbH, in Anspruch.

Die Parteien haben im Wesentlichen darüber gestritten, ob der Pkw im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 19.10.2007 trotz jeweils zumindest zwei Nachbesserungsversuchen der Beklagten folgende Mängel aufwies: Unbeabsichtigtes Öffnen des Schiebedachs, Ausschluss des kompletten Öffnens des Schiebedachs, Ruckeln des Getriebes des Fahrzeugs (wenn es in die Fahrstufe D heruntergebremst wurde), wiederholtes Ausfallen des Motors während der Fahrt, ferner darüber, ob die Vielzahl der von dem Kläger geltend gemachten Beanstandungen und die dadurch bedingten häufigen Werkstatttermine nicht ohnehin einen Rücktritt rechtfertigen, schließlich über die Höhe der in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer.

Mit Urteil vom 06.11.2009 hat das Landgericht die Klage nach Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung von zwei Zeugen im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Zwar habe der Sachverständige das selbstständige Öffnen des Schiebedachs im unmittelbaren Anschluss an einen Schließvorgang um einen geringfügigen Bereich von 10 bis 20 cm bestätigt; dieser Sachmangel sei indes nicht erheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, da ein Schließen des Schiebedachs durch nochmaliges Betätigen der Schließautomatik zu erreichen gewesen wäre, der Austausch des Antriebs des Schiebedachs mit Kosten von 639,04 € nicht groß sei und der Kläger diesen Mangel bei den Werkstattbesuchen bei der Beklagten nicht richtig beschrieben habe, weil er nicht auf das Auftreten dieser Fehlfunktion jeweils im unmittelbaren Anschluss an ein Schließen hingewiesen habe. Das Vorliegen weiterer Mängel zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung habe der Kläger nicht zu beweisen vermocht. Der Sachverständige habe nicht bestätigen können, dass sich das Schiebedach nur zu 3/4 öffnen lässt. Soweit der Sachverständige ein Ruckeln des Getriebes bei der Rückschaltung von der Stufe 2 nach Stufe 1 festgestellt habe, stelle dies keinen Mangel dar, weil diese Erscheinung dem Stand der Serie entspreche. Soweit der Kläger seine Rücktrittsberechtigung auch auf ein wiederholtes Ausfallen des Motors während der Fahrt gestützt habe, könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere den Bekundungen der Zeugin Q., nicht davon ausgegangen werden, dass solche Erscheinungen über den 18.05.2007 hinaus noch einmal aufgetreten wären. Schließlich könne trotz der Häufung von Werkstattbesuchen wegen angeblicher Mängel, deren Vorhandensein aber teilweise nicht bewiesen oder die zum Teil auch unerheblich seien, eine zum Rücktritt berechtigende Fehlergeneigtheit des Fahrzeugs nicht festgestellt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der im ersten Rechtszug verhandelten Anträge und der Begründung der Klageabweisung im Einzelnen wird auf das Urteil des Landgerichts vom 06.11.2009 (Bl. 194 ff. GA) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Rechtsschutzziel weiter verfolgt.

Er vertritt die Auffassung, das unbeabsichtigte Öffnen des Schiebedachs stelle bei einem hochwertigen Fahrzeug wie dem von ihm geleasten entgegen der Auffassung des Landgerichts eine erhebliche Beeinträchtigung des Komforts dar und sei auch in Anbetracht der Ablenkung vom Verkehrsgeschehen sicherheitsrelevant; das Landgericht habe auch nicht von Mängelbeseitigungskosten in der Höhe von bloß 639,04 € ausgehen dürfen, weil der dieser Annahme zugrunde liegende Vortrag der Beklagten pauschal und nicht einlassungsfähig gewesen sei, nunmehr aber jedenfalls auch bestritten werde.

Das von dem Sachverständigen bestätigte Ruckeln des Getriebes stelle seiner Auffassung nach jedenfalls bei einem hochwertigen Fahrzeug wie dem hier geleasten einen nicht unerheblichen Mangel dar.

Jedenfalls aber habe das Landgericht den Sachverhalt nicht ausreichend gewürdigt, soweit er für die Zeit von November 2005 bis September 2007 insgesamt 22 Werkstatttermine dargetan habe, in denen Nachbesserungsarbeiten sowohl bei der Beklagten als auch bei einer anderen Vertragswerkstatt unternommen worden seien, und zwar auch wegen vielfältiger im Einzelnen genannter weiterer Mängel.

Die Beklagte, die auf Zurückweisung der Berufung anträgt, verteidigt das angefochtene Urteil als richtig. Sie behauptet, das Ruckeln des Getriebes beruhe auf Getriebeeinstellungen, die allen SUV-Bauarten herstellerübergreifend eigen seien, weil sol-che Fahrzeuge über eine erhöhte Geländegängigkeit und eine hohe Anhängerlast verfügten und nicht für den normalen Straßenverkehr gebaut seien. Im Übrigen wie-derholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen teilweise und tritt dem Berufungsvorbringen des Klägers entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Unterlagen und das Protokoll über die Berufungsverhandlung Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig.

Die Klage ist ebenfalls zulässig.

Das gilt insbesondere im Hinblick auf das für den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten mit der Rücknahme des geleasten Pkw gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse mit Blick auf die Wirkungen des Gläubigerverzugs gemäß § 300 BGB.

Die Berufung des Klägers ist auch zum deutlich überwiegenden Teil begründet; ohne Erfolg bleibt diese insoweit, als er für die Nutzung des Fahrzeugs von dem Kaufpreis einen zu geringen Betrag in Abzug gebracht hat und die Abnahme des Pkw verlangt.

(1) Dem Kläger steht aus unstreitig abgetretenem Recht der Leasinggeberin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung des um die gezogenen Nutzungsvorteile reduzierten Kaufpreises gemäß § 346 Abs. 1 i. V. m. §§ 433 Abs. 1 Satz 2, 437 Nr. 2, 323, 440 Abs. 1 BGB zu.

Über den von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. D. in dessen Gutachten vom 16.09.2008 (Bl. 92 ff. GA) festgestellten und von dem Landgericht einzig angenommenen Mangel des sich bei der Untersuchung wiederholenden selbsttätigen Öffnens des Schiebedachs um 10 bis 20 cm jeweils im unmittelbaren Anschluss an dessen Schließen hinaus können jedenfalls zwei weitere Mängel als zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 19.10.2007 als noch vorhanden festgestellt werden:

(1.1.1.) Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten den von dem Kläger weiter geltend gemachten Mangel des Ruckelns des Wagens insofern bestätigt, als dies für den Fall des automatischen Herunterschaltens von der zweiten zur ersten Schaltstufe zutreffe. Soweit sich das Landgericht den weiteren Ausführungen des Sachverständigen hierzu angeschlossen hat, das Ruckeln des Getriebes stelle ke-nen Mangel dar, weil es dem Stand der Serie entspreche, vermag sich der Senat dieser Rechtsauffassung nicht anzuschließen. Die auf den Beweisbeschluss vom 21.01.2008 (Bl. 52 f. GA) zurückgehende Fragestellung, ob die Erscheinung des Ru-ckelns des Getriebes bei Vergleichsfahrzeugen der gleichen Baureihe nicht auftrete, ist vom rechtlichen Ansatz her verfehlt. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass es für die Beurteilung eines Mangels im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB unerheblich ist, ob eine Fehlererscheinung bei allen Fahrzeugen desselben Typs auftritt. Vielmehr ist ein herstellerübergreifender Vergleich anzustellen, wobei entsprechend der gesetzlichen Regelung auf die berechtigten Erwartungen eines verständigen Käufers abzustellen ist. Maßstab ist das Niveau, das nach Typ, Alter und Laufleistung vergleichbarer Fahrzeuge anderer Hersteller erreicht wird und das der Markterwartung entspricht (so auch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.01.2008 – 17 U 2/07NJW-RR 2008, 1230 ff., 1230, m.w.N.). Der Käufer kann erwarten, dass zum allgemeinen Straßenverkehr zugelassene Fahrzeuge deutscher Hersteller im Bereich der Premium-Marken in dem Segment der gehobenen Mittelklasse keine Getriebe haben, die beim automatischen Herabschalten von der zweiten in die erste Stufe ruckeln. Soweit die Beklagte die Besonderheiten eines mit einem SUV-Getriebe ausgestatteten Pkw hervorhebt, vermag sich der Senat ihrer Bewertung nicht anzuschließen. Der hier geleaste Pkw mag zwar wie die mit einem SUV-Segment ausgestatteten Fahrzeuge anderer Hersteller als Geländewagen beworben werden (wie etwa im Bereich deutscher Autohersteller der R. U, B., G., W.). Das vermag indes nicht darüber hinwegzutäuschen, dass diese Wagen in der Regel gerade im normalen Straßenverkehr und nicht in der Land- und Forstwirtschaft oder in sonstigen gewerblichen Bereichen, in denen es auf eine erhöhte Last- und Zugfähig-keit ankommt, eingesetzt zu werden pflegen und der „Käufer“ dementsprechend von einem ruckelfreien Fahrverhalten ausgehen kann. Bezeichnenderweise bewirbt auch die Beklagte ihre mit 7-Gang-Automatikgetriebe ausgestattete X-Klasse mit der Erklärung „erhöht den Fahrkomfort durch besonders sanfte Gangartwechsel“ (vgl. den Internetauftritt von O.- C. Deutschland unter „Ausstattung & Zubehör“ – „Serien- & Sonderausstattung“).

(1.1.2) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann auch festgestellt werden, dass sich das Schiebedach des geleasten Pkw entsprechend der Behauptung des Klägers jedenfalls oft nur zu 3/4 öffnen ließ. Richtig ist zwar, dass der Sachverständige entsprechende Feststellungen nicht zu treffen vermochte. Indes ist weiter zu würdigen, dass der Sachverständige auch ausgeführt hat, dass sich dieser Zustand durchaus eingestellt haben könnte, und zwar dann, wenn die Batterie abgeklemmt war, weil dann die Zuordnung der Position des Schiebedachs nicht mehr gegeben sei, so dass eine solche Anpassung nach einem Abklemmen der Batterie gegebenenfalls im Rahmen von Nachbesserungsarbeiten hätte erfolgen müssen. Ungeachtet dessen, dass das eingeholte Gutachten der Richtigkeit der Behauptung des Klägers deswegen nicht entgegensteht, ist auf Grund des unstreitigen, jedenfalls als unstreitig zu behandelnden Vorbringens des Klägers von dem Vorhandensein dieses Mangels zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auszugehen. Auf das Vorbringen des Klägers in der Klageschrift, bei den Werkstattbesuchen vom 13.01., 15.05.2006 sei auch das zu geringe Öffnen des Schiebedachs gerügt worden (Bl. 4 f. GA), hat sich die Beklagte in der Klageerwiderung einer Stellungnahme enthalten. Soweit der Kläger diese Rüge für den 26.06.2006 wiederholt hat, hat sich die Beklagte in der Klageerwiderung ebenfalls nicht veranlasst gesehen, hierzu Stellung zu nehmen, son-dern sich insoweit auf den pauschalen Satz beschränkt, die Beanstandungen vom 26.06., 30.05. und 22.05.2006 seien nicht nachvollziehbar (Bl. 32 GA). Erst auf eine von dem Kläger vorgetragene entsprechende Rüge in einem weiteren Werkstatttermin vom 22.02.2007 hat die Beklagte in der Klageerwiderung vorgetragen, die beanstandete Öffnung des Schiebedachs sei Serie (Bl. 48 GA). Mit diesem Vorbringen hat die Beklagte das Öffnen des Schiebedachs zu bloß 3/4 gegenteilig ausdrücklich be-stätigt. Nicht anders zu bewerten ist das Vorbringen der Beklagten (Bl. 77 GA) auf die Vorlage einer CD-ROM durch den Kläger mit Schriftsatz vom 05.03.2008 (Bl. 68 GA), die CD-ROM zeige, dass das Schiebedach beim Schließen hake, und er habe ständig bemängelt, das Schiebedach öffne nicht weit genug. Dies sei aber falsch, ein Haken des Schiebedachs trete beispielsweise immer dann auf, wenn die Batterie abgeklemmt wird und bedingt durch eine daraus folgende Unterspannung die sogenannte Normierung verloren sei. Es handele sich dabei um eine Einstellungssache mit einer Arbeitszeit von 3 Sekunden. Die Beklagte hat nie, auch nicht im Anschluss an das Gutachten, behauptet, die Nachstellarbeiten seien von ihr jeweils im Anschluss an die diversen Werkstatttermine vorgenommen worden. Im Lichte dieses Vorbringens erscheint der pauschale Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 22.04.2008, das Schiebedach des klägerischen Fahrzeugs sei in Ordnung (Bl. 81 GA), unerheblich. Auf dieser Grundlage steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es jedenfalls im Anschluss an die verschiedenen Werkstatttermine zu der von dem Kläger behaupteten Erscheinung kam, dass sich das Schiebedach nur zu etwa 3/4 öffnen ließ, der Kläger dies gegenüber der Beklagten auch oftmals rügte und diese sich damals nicht in der Lage sah, die Ursache für diese Erscheinung zu finden und die von dem Sachverständigen für geboten erachteten Nachstellarbeiten vorzunehmen. Auf dieser Grundlage ist der Schluss gerechtfertigt, dass diese Erscheinung entsprechend dem Inhalt des Fristsetzungsschreibens vom 28.08.2007 und dem des Kündigungsschreibens vom 19.10.2007 auch noch zum Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts am 19.10.2007 vorlag.

(1.2) Dass der Kläger die jedenfalls feststehenden drei Mängel jeweils mindestens zweimal rügte und deswegen mindestens zweimal die Werkstatt der Beklagten auf-suchte, steht ungeachtet der vorstehenden Ausführungen auf Grund der Feststellungen in dem Tatbestand des angefochtenen Urteils (Seite 3 der Urteilsausfertigung) gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fest. Soweit die Beklagte in der Berufungserwiderung bezogen auf den Mangel des selbstständigen Öffnens des Schiebedachs die Auffassung vertritt, es fehle an einer hinreichend spezifizierten Nachbesserungsaufforderung des Klägers, weil er den Mangel nicht hinreichend beschrieben, nämlich nicht erwähnt habe, dass diese Erscheinung nur unmittelbar nach einem Schließvorgang aufgetreten sei, und das Landgericht ihr insoweit gefolgt ist, werden die an den durchschnittlichen mündigen Auto-„Käufer“ zu stellenden Anforderungen nach Auffassung des Senats überspannt. Es reicht, wenn der Käufer die beanstandete Erscheinung schildert. Die Ursachen und sonstigen Zusammenhänge muss er nicht kennen, gegebenenfalls ergründen und zusätzlich melden, während diese sich der Beklagten in ihrer Fach- und Vertragswerkstatt bei der Überprüfung ohne weiteres erschließen konnten und mussten.

(1.3) Der Rücktritt ist nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beurteilung der Frage, ob die Schlechtleistung eines Schuldners unerheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, erfordert eine Abwägung der Interessen des Gläubigers an einer Rückabwicklung des Vertrages und der Interessen des Schuldners am Bestand des Vertrages unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Da es für die Beurteilung der Erheblichkeit zumindest auch auf die objektive Störung dieser Pflicht ankommt, das heißt auf das Ausmaß der Mangelhaftigkeit, ist bei der Abwägung insbesondere zu berücksichtigen, ob und gegebenenfalls mit welchem Kostenaufwand sich der Mangel beseitigen lässt (vgl. nur: OLG Köln, NJW 2007, 1694 ff., 1696; OLG Düsseldorf, ZGS 2007, 157 ff., 159 f.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 1060 ff., 1061; OLG Bamberg, DAR 2006, 456 ff., 458; OLG Nürnberg, NJW 2005, 2019 ff., 2020 f.; Staudinger-Otto, BGB, 13. Aufl., § 323 C 30). Unter Berück-sichtigung eines Mängelbeseitigungsaufwandes von brutto ca. 640,00 €, der sich auf lediglich gut 1 % des Bruttokaufpreises beläuft, lässt sich ein Erreichen der Erheblichkeitsschwelle unter weiterer Berücksichtigung der leichten Behebbarkeit des Mangels schwerlich vertreten. Unter diesem Aspekt ist auch der Mangel des sich oft nicht vollständig öffnenden Schiebedaches für sich genommen als unerheblich zu bewerten.

(1.3.1) Etwas anderes gilt jedoch für das „ruckelnde“ Automatikgetriebe. Der Fall ist vergleichbar dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu Grunde liegenden (a. a. O., NJW-RR 2008, 1230 ff.), wonach die Unerheblichkeit einer Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB in der Regel zu verneinen ist, wenn es bei einem mit einem automatischen Getriebe ausgestatteten Neuwagen der gehobenen Mittelklasse im Fall der plötzlichen Beschleunigung bei einer Geschwindigkeit von ca. 40 bis 50 km/h zu einer Verzögerung der Zurückschaltung, einem spürbaren Schaltstoß und einer Unterbrechung im Kraftfluss von bis zu einer Sekunde kommt.

Auch wenn der hier zu beurteilende Fall nicht zu ebenso starken Einschränkungen des Führens eines solchen Pkw führt, kann nicht übersehen werden, dass sich die Erscheinung des Ruckelns letztlich bei jeder Fahrt und oft vielfach einstellen wird, nämlich dann immer, wenn es die Straßenverhältnisse und der Ver-kehrsfluss erfordern, dass die Fahrtgeschwindigkeit weitgehend zurückgeführt wer-den muss, etwa im Bereich von Kreuzungen, Einmündungen, Ampeln, beim Stop- und Go-Verkehr usw.. Insoweit kann nicht von einem behebbaren Mangel verbunden mit verhältnismäßig geringen Kosten unter relativ geringem Zeitaufwand ausgegangen werden, da die gesamte Serie dieses Fahrzeugtyps der Marke O.-C. P. auf der Grundlage der vom Sachverständigen bestätigten Darstellung der Beklagten entsprechende Erscheinungen aufweist.

(1.3.2) Letztlich kann dahinstehen, ob der Mangel des ruckelnden Automatikgetriebes allein schon als nicht unerheblich angesehen werden kann. Maßgeblich für die Beurteilung der Unerheblichkeit im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, ob sich alle drei Mängel in ihrer Gesamtheit als unerheblich darstellen. Diese Frage ist jedenfalls zu verneinen. Abzustellen ist auf die berechtigten Erwartungen des Käufers ei-nes Neuwagens, der auf Grund des Anspruchs der Marke auf dem Markt und der hochwertigen Baureihe von besonderer Qualität, technischer Zuverlässigkeit, Reife und überdurchschnittlichem Komfort ausgehen darf. Die berechtigten Erwartungen einer verständigen „Käufers“ an ein solches Auto werden bei einem immer wieder ruckelnden Fahrzeug jedenfalls in Verbindung mit den Schiebedachproblemen empfindlich enttäuscht. Es kommt hinzu, wenn auch nicht entscheidend, dass bei der Abwägung auch subjektive Momente auf Seiten des Verkäufers Berücksichtigung finden dürfen (vgl.: BGH, Urteil vom 24.03.2006 – V ZR 173/05NJW 2006, 1960 ff.; Palandt-Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 323 Rn. 32). Insoweit ist weiter zu berücksichtigen, dass sich der Kläger wegen vielfältiger, wenn auch weitestgehend geringerer Beanstandungen, veranlasst sehen musste, Vertragswerkstätten immer wieder aufzusuchen, insbesondere vielfach wegen der gerügten Schiebedachmängel, ohne dass die Beklagte bzw. die weiter in Anspruch genommene Vertragswerkstatt insoweit trotz vielfacher Gelegenheiten jedenfalls bis zur Erklärung des Rücktritts eine Handhabe für die Mängelbeseitigung nicht sahen.

(1.4) Von dem gemäß § 346 Abs. 1 BGB zurückzuzahlenden Kaufpreis von 57.290,65 € sind die durch Nutzung des Kaufgegenstandes durch den Kläger gezogenen Vorteile abzusetzen, die der Senat gemäß § 287 ZPO auf 13.740,00 € schätzt. Der Kläger muss sich je angefangene 1.000 km 0,4 % des Bruttokaufpreises als Nut-zungsvorteil anrechnen lassen. Wie in dem vom Oberlandesgericht Karlsruhe ent-schiedenen Fall (Urteil vom 07.03.2003 – 14 U 154/01NJW 2003, 1950 ff.), dem eine Beurteilung der Gesamtlaufleistung eines Neuwagens der Marke B. Typ Z. Quattro X. TDi 2,5 L Tiptronic Automatik zum Preis von gut 40.000,00 € zu Grunde lag, erscheint auch bei dem hier zu beurteilenden Fahrzeug die Annahme einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km gerechtfertigt. Die Nutzungsentschädigung kann daher mit 229,00 € je angefangene 1.000 km Laufleistung, konkret unter Zugrundelegung der von dem Kläger in der Berufungsverhandlung vom 02.03.2010 angegebenen bisherigen Fahrleistung des Pkw von 59.123 Km mit 60 x 229,00 € berechnet werden.

(1.5) Der Zinsfolgenausspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem schriftlichen Rückzahlungsverlangen des Klägers vom 19.10. unter Fristsetzung auf den 25.10.2007.

(1.6) Der Ausspruch hatte unbedingt zu erfolgen, nachdem der Kläger sein Zahlungsbegehren nicht unter die Zug-um-Zug-Beschränkung der Rückgabe des Pkw gestellt hat und sich die Beklagte auf die prozessual als Einrede zu behandelnde Verpflichtung des Klägers zur Rückgabe und Rückübereignung des Pkw gemäß §§ 346 Abs. 1, 348 BGB nicht berufen hat.

(2) Auch der Feststellungsantrag ist begründet. Die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Pkw gemäß §§ 293, 295 BGB in Annahmeverzug, nachdem der Kläger sie mit anwaltlichem Schreiben vom 19.10.2007 vergeblich zur Rücknahme aufgefordert hatte.

(3) Der Anspruch des Klägers auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1, 325 in Verbindung mit § 249 Satz 1 BGB. Die Auslieferung eines mängelbehafteten und zum Rücktritt berechtigenden Pkw stellt sich als Pflichtverletzung dar, ohne die es der Einschaltung eines Rechtsanwalts durch den Kläger mit Kosten in Höhe deren Rechnung (Bl. 22 GA) nicht bedurft hätte. Auch der Höhe nach ist die Abrechnung der Geschäftsgebühr nicht zu beanstanden, insbesondere in Anbetracht der Berechnung auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von mehr als 45.000,00 €, obwohl der Klageantrag zu 1. bezogen auf den Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nur in geringerer Höhe begründet ist, weil maßgebend auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts abzustellen ist und zum damaligen Zeitpunkt die von dem Kläger durch Nutzung des Fahrzeugs gezogenen Vorteile nicht zu einer Herabsenkung des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs auf unter 45.000,00 € geführt hatten.

(4) Unbegründet ist der Antrag des Klägers auf Verurteilung der Beklagten zur Abnahme des Pkw. Ein dahingehender Anspruch wird zwar anerkannt, wenn der „Käu-fer“ ein schutzwürdiges Interesse an der Rücknahme darzulegen vermag (Palandt-Grüneberg, a. a. O., § 346 Rn.

5). An entsprechenden Darlegungen fehlt es indes. Der Kläger hat den vom Rücktritt betroffenen Wagen jedenfalls bis zur Berufungsverhandlung weiter benutzt hat, nämlich seit der Besichtigung durch den Sachverständigen D. am 05.06.2008 bis zur Berufungsverhandlung über eine Strecke von ca. 10.000 km, was eher gegen das Entstehen von erheblichen Nachteilen für den Kläger bis zur Rückabwicklung des Kaufvertrages spricht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 bzw. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 543 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs; vielmehr beruht die Entscheidung auf den Umständen des Einzelfalles, ohne dass Auswirkungen für vergleichbare Rechtsstreitig-keiten zu erwarten sind.

Der Gegenstandswert der Berufung des Klägers wird unter Außerachtlassung von Nebenforderungen auf 47.520,01 € (46.250,01 € + 2 x 500,00 €) festgesetzt.

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