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02.08.2010 · IWW-Abrufnummer 102214

Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 15.06.2010 – II-7 WF 63/10

Kostenbeschwerde nach Erledigung der Hauptsache.

Nach Erledigung der Hauptsache ist ein isolierter Kostenbeschluss als Endentscheidung im Sinne des § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG anzusehen und beschwerdefähig (§ 58 Abs. 1 FamFG).


Oberlandesgericht Düsseldorf

II-7 WF 63/10

Tenor:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Erkelenz vom 17. Februar 2010 wird kostenpflichtig verworfen.

Beschwerdewert: 283,74 €.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zugelassen.

I.
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute.
Mit Beschluss vom 20.0.2009 (Bl. 13 f. GA) hat das Amtsgericht gemäß §§ 200, 49 FamFG im Wege der Einstweiligen Anordnung der Antragstellerin die gemeinsame, näher bezeichnete Wohnung für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung zugewiesen, dem Antragsgegner das Verlassen dieser Wohnung aufgegeben sowie ihm untersagt, diese Wohnung ohne Zustimmung der Gegenseite zu betreten. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Betretungsverbot hat es dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld angedroht.
Mit Schriftsatz vom 17. November 2009 teilte die Antragstellerin dem Gericht die neue Anschrift des Antragsgegners, der sich zwischenzeitlich zur stationären Behandlung in die Rheinischen Landeskliniken begeben hatte, mit. Daraufhin hat das Amtsgericht nach entsprechender Ankündigung mit Beschluss vom 17.02.2010 entschieden, dass der Antragsgegner die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens zu tragen hat, da sich das Verfahren infolge des freiwilligen Verzichts des Antragsgegners auf die Ehewohnung erledigt habe. Somit sei der Ursprungsbeschluss aufzuheben gewesen und die Kosten dem Antragsgegner aufzuerlegen. Dieser Beschluss ist dem Antragsteller am 23.02.2010 zugestellt worden (Bl. 41 GA) und der sodann folgende Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.02.2010 drei Tage später (Bl. 48 GA), wie sich jeweils aus den entsprechenden Zustellungsurkunden ergibt.
Der Antragsgegner hat eine "Beschwerde gegen Beschluß/Rechtsmittel” eingelegt, welche am 08. März 2010 beim Amtsgericht eingegangen ist. Hierin wendet er sich gegen die Übernahme der Gerichtskosten, da er keine Veranlassung zur Einleitung eines Wohnungszuweisungsverfahrens gegeben habe.
Das Amtsgericht hat dem Senat die Akte zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.02.2010 vorgelegt (Bl. 49 R GA).
II.
Die grundsätzlich statthafte Beschwerde ist mangels Erreichens der Mindestbeschwer unzulässig; sie hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg.
Fraglich ist hier zunächst, gegen welchen Beschluss der Antragsgegner sich wendet: gegen die Kostengrundentscheidung oder den daraufhin etwas später ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss. Eine Auslegung entsprechend § 133 BGB, welcher auch bei Auslegung von Prozesserklärungen heran zu ziehen ist, ergibt, dass sich der Antragsgegner gegen die Auferlegung von Kosten dem Grunde nach wenden wollte und nicht nur gegen die Höhe oder einen Teil der in dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kosten. Diesen Parteiwillen hat auch das Amtsgericht zutreffend erkannt und dem Senat die Sache wegen einer Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.02.2010 vorgelegt; er ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner ausdrücklich vorträgt, keinerlei Veranlassung zur Einleitung des Verfahrens gegeben zu haben, wie er sodann noch weiter im Einzelnen aufführt. Solche Hinweise lassen mit der hinreichenden und notwendigen Deutlichkeit erkennen, dass er sich gegen die Kostenentscheidung dem Grunde nach der Amtsrichterin wendet. Deswegen schadet es auch nicht, dass er diesen Beschluss in seiner Beschwerdeschrift nicht genau bezeichnet hat.
Mit der Erwähnung des Datums des 22.02.2010 kann nämlich grundsätzlich sowohl der an diesem Tage zugestellte Beschluss der Amtsrichterin als auch der Kostenfestsetzungsbeschluss gemeint sein. Eine solche Bezeichnung steht aber der Auslegung aus den genannten Gründen nicht entgegen, weil sich dem gesamten Inhalt der Beschwerdeschrift der Wille des Beschwerdeführers eindeutig entnehmen lässt, wie bereits ausgeführt.
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.02.2010 ist nach neuem Recht gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, da im Gesetz, dem FamFG, nichts anderes bestimmt ist.
Im Abschnitt 7.Kosten fehlt eine diesbezügliche Vorschrift über die Anfechtung von Kostenentscheidungen.
§ 58 Abs. 1 FamFG eröffnet den Beschwerdeweg gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz. Wohnungszuweisungssachen sind in §§ 200 ff. FamFG geregelt, indes fehlt eine Bestimmung sowohl zur Kostenregelung als zu etwaigen Rechtsmitteln mit der Folge, dass die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung gelangen. Auch in dem Abschnitt 4. Einstweilige Anordnung findet sich keine gesonderte Regelung der Anfechtung einer Kostenentscheidung nach Erledigung, vielmehr wird nach § 51 Abs. 4 FamFG auf die allgemeinen Vorschriften verwiesen.
Bei der vom Amtsgericht getroffenen Entscheidung über die Erledigung und über die Kosten handelt es sich um eine sog. Endentscheidung im Sinne des § 58 Abs. 1 FamFG, wenngleich das Amtsgericht in der Sache selbst keine Entscheidung getroffen, sondern die diesem Beschluss voraus gehende einstweilige Regelung nach Erledigung gerade aufgehoben hat. Der dem entgegen stehenden Auffassung (vgl. Schael FÜR 2009, 195) kann nicht gefolgt werden.
Nach altem Recht war für den Anwendungsbereich des § 621 e ZPO (s. § 14 HausratsVO, der auf § 621 e ZPO verweist) streitig, ob isolierte Kostenentscheidungen in Antragsverfahren, die nach Rücknahme oder übereinstimmender Erledigungserklärung ergehen, als Endscheidungen anzusehen sind; der Bundesgerichtshof hat sich dagegen entschieden (BGH FamRZ 1990, 1102 m. w. N.). Indes war für den Anwendungsbereich des FGG nach § 20 a Abs. 2 FGG ausdrücklich eine von einer Mindestbeschwer abhängige Beschwerde über den Kostenpunkt vorgesehen, sofern eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergeht. Durch die mit dem FamFG einher gehende Vereinheitlichung und Zusammenfassung der früher in unterschiedlichen Gesetzen vorgesehenen Rechtsvorschriften kann allein anhand des Wortlauts nicht klar davon ausgegangen werden, ob damit auch eine Verkürzung des Rechtsweges im Vergleich zu den früheren Rechtsvorschriften gewollt war, zumal auch die ZPO in § 91 a ZPO abhängig von einer - geringen - Mindestbeschwer ausdrücklich die sofortige Beschwerde vorsieht und hiermit eben gerade die Vorschrift des § 20 a Abs. 2 FGG korrespondierte. Im Hinblick auf diese gesonderten Vorschriften über die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungenbestand nach altem Recht naturgemäß ein Bedürfnis für eine differenzierte Betrachtungsweise sowie enge Auslegung des Begriffs der Endentscheidung. Beide Gesichtspunkte sind indes auf das neue Recht jedenfalls soweit die ZPO nicht zur Anwendung gelangt (vgl. § 113 Abs.1 FamFG), nicht übertragbar.
Aus § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG ergibt sich nicht eindeutig, dass Kostenentscheidungen nicht als Endentscheidungen im Sinne des FamFG aufzufassen sind. Nach § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG entscheidet das Gericht durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Mit der vom Amtsgericht festgestellten Erledigung in der Hauptsache verblieb nur noch eine Kostenentscheidung. Dem § 83 FamFG lässt sich entnehmen, dass das Gericht eine einheitliche Entscheidung über den Verfahrensgegenstand und über die Kosten, über welche nach § 81 Abs. 1 S. 3 in Familiensachen stets zu entscheiden ist, zu treffen hat. Aber auch dieser Bestimmung lässt sich ein Ausschluss der Anfechtbarkeit einer isolierten Kostenentscheidung nicht entnehmen, zumal das Gesetz in § 83 Abs. 1 FamFG auch für den Fall der Erledigung eine Kostenregelung vorsieht, nämlich es ist die entsprechende Anwendbarkeit des § 81 FamFG vorgesehen. Hieraus lässt sich aber umgekehrt auch nicht schließen, dass eine isolierte Kostenentscheidung als Endentscheidung anzusehen und damit als anfechtbar ist.
Dem gesetzgeberischen Willen indes lässt sich eindeutig entnehmen, dass dieser davon ausgegangen ist, dass isolierte Kostenentscheidungen auch unter den Begriff der Endentscheidungen fallen. Es ist im Hinblick auf die allgemein geregelte Rechtsschutzmöglichkeit gerade darauf verzichtet worden, hierfür eine gesonderte Regelung zu treffen (vgl. BT-Dr. 16/6308 S. 204), zumal die Vereinheitlichung sowie Vereinfachung des Rechts eine der Maximen dieses Gesetzgebungsvorhabens war. Da sich auch wie dargestellt weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Systematik zwingend eine andere Rechtsfolge ergibt, ist der historischen Auslegung der Vorzug zu geben.
Indes ist die Beschwerde wegen des in § 61 Abs. 1 FamFG geregelten und hier deutlich unterschrittenen Beschwerdewertes nicht zulässig.
Die Regelung über den Beschwerdewert nach § 61 Abs. 1 FamFG mit der Grenze von 600 € ist auf die Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung anwendbar (vgl. Zöller-Feskorn ZPO 28. Auflage § 61 FamFG Rz 7).
anwendbar . Danach ist in vermögensrechtlichen Streitigkeiten die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt.
Diese Mindestbeschwer ist unzweifelhaft nicht gegeben, da der Antragsgegner nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss 283,74 € an die Antragstellerin zu erstatten hat und weitere Kosten des Antragsgegners selbst bislang nicht bekannt sind, aber deutlich die Grenze nicht erreicht wird. Nun ist eine Entscheidung über die Kosten unzweifelhaft eine vermögensrechtliche Streitigkeit; dies liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung. Eine Wohnungszuweisung stellt allerdings keine vermögensrechtliche Streitigkeit dar, weil hier nicht der materielle Wert der Wohnung für die Zuweisung eine entscheidenden Rolle spielt, sondern sog. Affektionsinteressen der früheren Ehewohnung wie etwa das Kindeswohl, Konstanz des Wohnumfeldes sowie der damit verbundene Bindungen und Vermeidung von weiteren Streitigkeiten zwischen den getrennt lebenden Eheleuten. Da dieser Verfahrensgegenstand nach Erledigung weggefallen ist, ist für die Differenzierung zwischen vermögensrechtlicher und nichtvermögensrechtlicher Streitigkeit nicht (mehr) die Art der Hauptsache maßgeblich, sondern ausschließlich das reine Kosteninteresse.
Der Beschwerde wäre allerdings auch in der Sache der Erfolg versagt, worauf der Senat vorsorglich hinweist. Nach §§ 83 Abs. 2, 81 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Nach Abs. 2 soll das Gericht in bestimmten Fällen die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegen.
Diesem billigen Ermessen entspricht die amtsrichterliche Entscheidung in jeder Hinsicht, auch wenn offen bleiben kann, ob der Antragsgegner angesichts seiner Erkrankung durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat (§ 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Soweit er geltend macht, ein Anlass zur Einleitung des Wohnungszuweisungsverfahrens habe nicht vorgelegen. Denn entgegen seiner Ansicht hatte die Antragstellerin Anlass zur Antragserhebung; weil der Antragsgegner auf ihre außergerichtliches Schreiben mit zwei E-Mails vom 19.10.2009 seinerseits eine Nutzung der Wohnung geltend machte und für den Fall, dass ihm der Zutritt verweigert werde, Gewalt angedroht hat, indem er ankündigte, "notfalls die Haustüre selber aufbrechen” zu wollen. Weiter hatte er auch trotz der mit seiner Erkrankung verbundenem Klinikaufenthalt sehr wohl die Gelegenheit, sich gegen den Antrag im gerichtlichen Verfahren zu verteidigen und ggfs. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung anzutragen, da er sich bereits am 28.10.2009 ausweislich des Vermerks auf der entsprechenden Zustellungsurkunde nicht mehr in der Klinik befand (Bl. 30 GA); denn erst Monate später erging der angefochtene Beschluss, nachdem die Antragstellerin de neue Anschrift des Antragsgegners mitgeteilt hatte. Dieser hatte auch Kenntnis von dem anhängigen Verfahren, weil ihm u.a. der Ausgangsbeschluss bereits am 23.102.009 zugestellt worden war (Bl. 29 GA). Das nachträgliche Bestreiten der Angaben in der Antragsschrift, welches aber durch die elektronischen Nachrichten überwiegend bereits widerlegt ist, insbesondere die Eilbedürftigkeit und die Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung betreffend, kann daher keine Wirkung mehr entfalten.
Unter diesen Umständen besteht weder Anlass, ganz oder teilweise von der Auferlegung von Kosten abzusehen noch die Antragstellerin auch nur zum Teil mit den angefallenen Verfahrenskosten zu belasten.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf 84 FamFG.
Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 1, 2 Nr. 1 FamFG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu.
Eine dem § 522 Abs. 1 S 4 ZPO, der über § 117 Abs. 1 FamFG (nur) in Ehe- und Familiensachen anwendbar ist, entsprechende Vorschrift fehlt hier, so dass es der Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf.
Eine analoge Anwendung des § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO kommt in diesem Falle nicht in Betracht, weil es bereits an einer gesetzgeberischen Lücke fehlt (a. A. Zöller-Feskorn a.a.O. § 70 FamFG Rz 2); denn aus dem Regierungsentwurf (BTDrs. 16/6308 S. 209) ergibt sich vielmehr, dass die Intention des Gesetzgebers gerade auf die Beseitigung einer zulassungsfreien dritten Instanz gerichtet ist und die Rechtsbeschwerde ausschließlich der Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen soll.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde statthaft. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe einzulegen und muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beträgt ebenfalls
einen Monat und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. Die weiteren Einzelheiten zu den zwingenden Förmlichkeiten und Fristen von Rechtsbeschwerdeschrift und Begründung ergeben sich aus §§ 71 und 72 FamFG.

RechtsgebietFamFGVorschriften§§ 58 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 1 FamFG

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