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07.07.2010 · IWW-Abrufnummer 102082

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 21.04.2010 – 7 K 228/08


NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT
URTEIL
vom 21.04.2010
Az.: 7 K 228/08
Tatbestand
Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt (FA) … verpflichtet ist, vom Kläger eingereichte Belege jederzeit auf Forderung des Klägers hin zurückzugeben bzw. zur Abholung bereit zu halten.
Der Kläger ist durch die Vermietung von Ferienwohnungen Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts. Dem vorliegenden Klageverfahren ging ein Klageverfahren des Klägers gegen die Finanzämter … und … vor dem Niedersächsischen Finanzgericht voraus (Aktenzeichen …), in dem die Beteiligten darum stritten, welches Finanzamt für die Umsatzbesteuerung des Klägers zuständig ist und um den Vorsteuerabzug. Das FA … hatte die vom Kläger in seiner Umsatzsteuervoranmeldung für das I. Quartal … geltend gemachten Vorsteuerbeträge nicht abgezogen und den Einspruch hiergegen zurückgewiesen, weil er trotz mehrfacher Aufforderungen die Originalbelege hierzu nicht eingereicht habe. In dem Protokoll über den Termin zur mündlichen Verhandlung im Verfahren zum Aktenzeichen … vom … heißt es u.a.: "Das Gericht wies darauf hin, dass es davon ausgeht, dass das FA … für die Festsetzung der Umsatzsteuervoranmeldung I. Quartal … zuständig sei. Zugleich wies das Gericht darauf hin, dass seitens des Klägers die von ihm geforderten Vorsteuern in Höhe von … € nicht nachgewiesen seien. Das Gericht schlug deshalb aufgrund der vorliegenden Unterlagen vor, dass Vorsteuern in Höhe von … € berücksichtigt werden. Der Kläger wurde ferner darauf hingewiesen, dass er Vorsteuern konkret in der Jahreserklärung nachweisen könne. Die Beteiligten erklärten sich hiermit einverstanden."
Mit Schreiben vom … Juli … reichte der Kläger dem beklagten FA … eine Umsatzsteuervoranmeldung für das II. Quartal … ein (erklärt: Umsatz € 5..,.., Umsatzsteuer € 1..,.., abziehbare Vorsteuerbeträge: € 6..,..). In seinem Schreiben an das FA vom … Juli …erklärte er u.a.: "Falls Sie von mir Belege fordern, fordere ich Sie ausdrücklich auf, mir das mitzuteilen." Mit Schreiben vom … Juli … forderte das FA den Kläger auf, die in seiner Umsatzsteuervoranmeldung für das II. Quartal … geltend gemachten Vorsteuerbeträge durch Vorlage der 10 betragsmäßig höchsten Originalbelege bis zum … August … nachzuweisen.
Noch vor Ablauf der gesetzten Frist erließ das FA … am … Juli … einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für das II. Vierteljahr … (angesetzt: Umsatz g€ 5..,--, Umsatzsteuer € 1..,.., abziehbare Vorsteuerbeträge € 0,00). Ferner setzte es mit Bescheid ebenfalls vom … August … die Umsatzsteuervorauszahlung für das I. Quartal … (angesetzte Besteuerungsgrundlagen: entsprechend dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom …) fest. Mit Schreiben vom … August … legte der Kläger Einspruch ein. Bezüglich der Umsatzsteuervorauszahlung für das II. Quartal … machte er geltend, die vom FA gesetzte Frist zur Einreichung der Belege sei noch nicht abgelaufen. Sodann heißt es: "Anstatt der von mir verlangten 10 höchsten Belege reiche ich nunmehr sämtliche Belege zu Ihrer gepfl. Kennnisnahme ein. … Die von mir geltend gemachte Vorsteuer ist in voller Höhe anzuerkennen und anzurechnen." Am Ende des Schreibens heißt es: "Ich fordere Sie auf, die Belege nicht zurückzuschicken. Ich fordere Sie auf, mir mitzuteilen, wann ich die Belege dort persönlich abholen kann. Bei Ihnen sind schon nachweislich div. Unterlagen verloren gegangen." Das FA vermerkte hierzu am … August … u.a.: "Die Belege liegen mittlerweile vor und befinden sich mit dem Einspruch in der Rb-Stelle. Sie erhalten in erheblichem Umfang zerknitterte Kassenbons von diversen Baumärkten und Lebensmitteleinkäufen, Benzinrechnungen, Rechnungen der Lebensgefährtin über die Anmietung von Räumlichkeiten."
Das FA teilte dem Kläger mit Schreiben vom … August … mit, die geltend gemachten Vorsteuern seien nicht vollständig abzugsfähig. Nach Überprüfung der vorgelegten Unterlagen sei es jedoch bereit, einen Betrag von € 1..,.. als Vorsteuerbeträge anzuerkennen. Dabei handele es sich um die Belege, die mit einer ordnungsgemäßen Anschrift versehen seien und aus denen der Verwendungszweck erkennbar sei. Es bitte um Mitteilung, ob der Kläger mit einer Erledigung des Einspruchs in der vorgeschlagenen Form einverstanden sei. Entsprechend setzte das FA mit Bescheid vom … August … die Vollziehung der Umsatzsteuer in Höhe von € … aus.
Mit Schreiben vom … und … August … machte der Kläger geltend, er habe sämtliche für den geltend gemachten Vorsteuerabzug erforderlichen Nachweise lückenlos eingereicht. Die von ihm geltend gemachte Vorsteuer sei ohne jeglichen Abzug anzuerkennen. Der verbleibende Überschuss von € … sei sofort auf sein Konto zu überweisen. Mit Schreiben vom … September … teilte er mit, die erklärten Umsätze seien um die Umsätze für Leistungen mit Frühstück zu vermindern, da das FA die entsprechenden Vorsteuern nicht anerkenne. Des Weiteren fordere er das FA auf, ihm das, was es als Kosten der Lebensführung behaupte, im Einzelnen mit Angabe der Artikelbezeichnungen und der Beträge zu benennen. Danach werde er zu prüfen haben, ob weitere Umsatzkürzungen von ihm vorzunehmen sein würden. Hierzu wies das FA mit Schreiben vom (zunächst) … September … (an die vom Kläger angegebene Anschrift in …) darauf hin, dass alle Leistungen der Umsatzsteuer unterlägen unabhängig davon, in welcher Höhe ggfs. die Vorsteuerbeträge anerkannt werden könnten. Wer Umsätze bewusst nicht anmelde oder verschweige, mache sich strafbar im Sinne der Steuergesetze. Da das Schreiben als unzustellbar mit dem Vermerk: "verzogen nach …" zurückgesandt wurde, sandte es das FA erneut am r… September … an die Anschrift des Klägers in …. Zur Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Vorsteuerbeträge nahm das FA mit weiterem Schreiben vom … September … Stellung.
Der Kläger erklärte mit Schreiben vom … September …, er habe dem FA nachweislich - ohne Anerkennung irgendeiner rechtlichen Verpflichtung - sämtliche Rechnungen lückenlos eingereicht. Bei ordnungsgemäßer Bearbeitung hätte er die Belege längst zurückerhalten müssen. Er fordere das FA nunmehr auf, die Belege auf keinen Fall an ihn zurückzuschicken, sondern an der Eingangspforte des FA spätestens ab dem … September … zur Abholung für ihn dort bereit zu halten. Das FA müsse ihm bis zu vorgenanntem Datum mitteilen, welcher Art konkret evtl. Bearbeitung an den Belegen durch das FA noch zu erfolgen habe und weshalb eine evtl. diesbezügliche Bearbeitung noch nicht habe erfolgen können. Sollte das FA spätestens zum … September … nicht so vorgegangen sein, werde er das Finanzgericht einschalten. Es gehe nicht an, dass das FA alle Belege von ihm erhalte, diese dann monatelang in irgendeiner Ecke, oder unter einem Stapel ohne Bearbeitung herumlägen. Die Bearbeitung habe das FA sofort nach Erhalt der Belege an allen Belegen komplett vorzunehmen und sie ihm danach unaufgefordert zurückzugeben. Falls das FA nicht in der Lage sei, die Belege alle zu bearbeiten, habe es ihm diese zumindest teilweise zurückgeben müssen und erst dann, wenn es sie zügig bearbeiten wolle, erneut von ihm anfordern müssen.
Die Bearbeiterin des FA teilte dem Kläger mit Schreiben vom … bzw. … September … (das an die vom Kläger angegebene Anschrift in … adressierte Schreiben vom … September … wurde als unzustellbar mit dem Vermerk: "verzogen nach …" zurückgesandt) mit, die von ihm eingereichten Belege für das II. Quartal … seien bisher nicht zurückgeschickt worden, weil er in seinem Schreiben vom … August … das FA ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die Belege nicht zurückgeschickt werden sollten und die Einspruchsbearbeitung noch nicht abgeschlossen sei. Da die Bearbeiterin außerdem noch eine Vielzahl anderer Steuerpflichtiger zu betreuen habe, werde sie sich zu gegebener Zeit wieder melden.
Mit Schreiben vom … September … an das Finanzgericht hat der Kläger Klage mit dem Klagegegenstand "Herausgabe von Belegen" erhoben und beantragt, "das Finanzamt … zu verurteilen, die von mir im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung 2. Quartal … beim Finanzamt … eingereichten Rechnungen, an der Pforte des Finanzamtes … zur Abholung für mich bereit zuhalten oder mir auf andere geeignete Art und Wiese wieder den Besitz an den Rechnungen zu verschaffen. Des Weiteren beantrage ich, dem Finanzamt … die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen."
Zur Begründung führte der Kläger aus, das FA verweigere mit Schreiben vom … August … zu Unrecht die Herausgabe der Belege. Es hätte längst sich Kopien der Belege fertigen müssen. Der Verweis auf die Betreuung einer Vielzahl anderer Steuerpflichtiger zeige, dass die Belege im FA ohne jegliche Bearbeitung lagerten. Wenn das FA von ihm Belege erhalte, sei es verpflichtet, diese zu bearbeiten oder ihm mitzuteilen, dass es derzeit keine Bearbeitung vornehmen könne, ihm dabei die Belege zurückzuschicken und sie ggf. erneut anzufordern. Das FA sei nicht befugt, Belege gegen seinen Willen bei sich zu behalten. Es sei verpflichtet, eine Erstattung von Umsatzsteuer im Rahmen einer Umsatzsteuervoranmeldung zeitnah vorzunehmen. Mit Schreiben vom … September … habe ihm das FA auch keinen Termin benannt, an welchem es ihm wieder den Besitz an seinen Rechnungen einzuräumen gedenke.
Mit Schreiben vom … Dezember … teilte das FA mit, es habe dem Kläger auf Bitten des FA … die Unterlagen zugesandt, damit er seine Steuererklärung für das Kalenderjahr … fertig stellen könne. Das FA erklärte das Verfahren für erledigt. Hierzu teilte der Kläger mit Schreiben vom … Januar … sinngemäß mit, dass das Verfahren nicht in der Hauptsache erledigt sei. Es sei noch klarzustellen, dass das FA rechtswidrig gehandelt habe.
Mit Schreiben vom … Februar … erklärte der Kläger, das Verfahren sei als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterzuführen. Es sei richtig, dass er die Rechnungen inzwischen zurückerhalten habe, nur diesbezüglich könne seine Klage erledigt sein, da er ja die Unterlagen nicht 2-mal zurückbekommen könne. Das FA … habe jedoch nicht seinem Klageinhalt entsprochen. Es habe die Belege nicht aufgrund seiner Klage an ihn zurückgeschickt, sondern auf Bitten des FA …. Er müsse also davon ausgehen, dass das FA … an seiner rechtswidrigen Auffassung festhalte, seine Rückforderungen von Belegen usw. auch in Zukunft zu missachten. Das sei rechtswidrig. Er sei nachweislich Eigentümer der betreffenden Belege und habe daher nach dem BGB einen unabdingbaren jederzeitigen sofortigen Herausgabeanspruch seines Eigentums. Ob und inwieweit er dabei seine nach der Abgabenordnung (AO) bestehenden Mitwirkungspflichten verletzen sollte, sei dabei belanglos. Dies könne höchstens zu steuerlichen Nachteilen für ihn führen und zu sonst nichts anderem. Er könne seinen gesetzlichen Herausgabeanspruch jederzeit und gegenüber jedem geltend machen und dieser sei jeweils sofort zu erfüllen. Mit Schreiben vom … April … wies der Kläger darauf hin, dass das FA … auch die Belege für Umsatzsteuer III/… trotz seiner ausdrücklichen Weisung nicht an ihn herausgebe.
Nachdem das Gericht das Verfahren zur mündlichen Verhandlung terminiert hatte, hat der Kläger mit Schreiben vom … erklärt, dass er auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichte und beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben. Diesem Antrag hat das Gericht entsprochen und mitgeteilt, dass es ohne mündliche Verhandlung über die Sache entscheiden werde. Mit Schreiben vom … übersandte der Kläger ferner die Kopie eines Schreibens des Niedersächsischen Finanzgerichts in einem Klageverfahren der Frau … wegen Herausgabe von Originalbelegen zum Aktenzeichen 10 K … vom …. In dem Schreiben regte der zuständige Richter (nach Rückgabe der Originalbelege durch das FA) an, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären und führte aus, die Kosten des erledigten Rechtsstreits habe das FA zu tragen, da in der Tat Originalbelege auf Anforderung des Eigentümers herauszugeben seien und die Klage deshalb begründet gewesen sei. Der Kläger macht geltend, aus dem Schreiben gehe eindeutig hervor, dass ihm seine Belege jederzeit auf sein Verlangen hin zurückzugeben seien. Seine Fortsetzungsklage sei begründet, da das FA … seiner Rückgabeforderung rechtswidrig nicht nachgekommen sei und davon auszugehen sei, dass es dies in Zukunft tun werde. Die Akte 10 K … solle beigezogen werden.
Der Kläger hat mit Schreiben vom … folgenden Antrag gestellt:
Ich beantrage, das Finanzgericht möge feststellen, dass mir jederzeit von mir bei dem Finanzamt … eingereichte Unterlagen sofort auf meine Forderung hin zurückzugeben sind. Des Weiteren beantrage ich, dem Finanzamt … die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Schreiben vom … machte er - unter Verzicht auf mündliche Verhandlung - geltend, die Bearbeitung des Einspruchs des Klägers vom … August … sei noch im August … aufgenommen worden (Hinweis auf die Stellungnahme des FA vom … August …). Eine vernünftige Antwort auf diese Stellungnahme sei bis heute (…) nicht beim FA eingegangen. Mit Schreiben vom … bzw. … September … habe es dem Kläger mitgeteilt, dass eine Rücksendung der Unterlagen erst nach Abschluss des Einspruchsverfahrens erfolgen könne. Es sei nicht verpflichtet, auf Kosten des Steuerzahlers Kopien von seinen sämtlichen Belegen anzufertigen.
Auf den Fortsetzungsfestellungsantrag macht das FA geltend, es seien dort noch die Einsprüche wegen Umsatzsteuer I. Quartal … und wegen Umsatzsteuer II. Quartal … und gegen den Umsatzsteuer-Jahresbescheid … anhängig. Die Einsprüche hätten bisher nicht erledigt werden können, weil der Kläger auf die Stellungnahmen und Erledigungsvorschläge des FA sich nicht sachlich geäußert habe. Im Rahmen der Rechtsbehelfsbearbeitung sei es erforderlich, die Unterlagen zu den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen, die im Übrigen überwiegend aus einer Vielzahl von aufgeklebten zerknüllten Kassenbons bestünden, so lange im FA zu behalten, bis die Einsprüche endgültig abgeschlossen werden könnten. Die eingereichten Unterlagen könnten deshalb nicht "jederzeit auf seine Forderung hin" an den Kläger zurückgegeben werden, weil sie ggfs. im weiteren Rechtsbehelfsverfahren noch benötigt würden. Im Übrigen habe das FA die Bearbeitung der Einsprüche nicht verzögert, sondern unverzüglich bereits am … August … aufgenommen. Die Rücksendung der Belege sei dann am … Dezember … mit dem Hinweis erfolgt, sie auf erneute Anforderung ggf. nochmals beim FA … einzureichen. Tue der Kläger dies nicht, verletze er seine nach der AO bestehenden Mitwirkungspflichten; dies könne ihm zum Nachteil ausgelegt werden. Sei das Rechtsbehelfsverfahren dann abgeschlossen, würden die Unterlagen selbstverständlich an den Kläger zurück gesandt.
Mit Schreiben vom … hat das FA weitere Unterlagen bezüglich anhängiger Rechtsbehelfsverfahren betreffend die Umsatzsteuer (u.a. betreffend die Umsatzsteuervorauszahlung für das III. Quartal …) übersandt. Mit Schreiben vom … hat der Kläger das FA aufgefordert, die von ihm bezüglich der Umsatzsteuervorauszahlung für das III. Quartal … eingereichten Rechnungen ab sofort an der Pforte zur Abholung für ihn bereit zu halten.
Wegen des weiteren Sachverhaltes und Vorbringens wird auf den Inhalt der Steuerakten und der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Finanzrechtsweg ist nach § 33 Finanzgerichtsordnung (FGO) gegeben. Nach § 33 Absatz (Abs.) 1 Nr. 1 FGO ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Abgabenangelegenheiten sind nach § 33 Abs. 2 FGO alle mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten. Die Frage, welcher Rechtsweg gegeben ist, ist aufgrund des Sachvortrags des Klägers nach der Rechtsnatur seines Klagebegehrens zu entscheiden. Der vom Kläger verfolgte Anspruch auf Herausgabe der für den geltend gemachten Vorsteuerabzug beim FA eingereichten Belege "auf Abruf" ist eine Abgabenangelegenheit, denn diese Belege können Grundlage der Besteuerung sein. Die Frage, ob das FA Unterlagen, deren Vorlage es nach den Vorschriften der AO verlangen und mit Zwangsmitteln durchsetzen kann, auf Aufforderung des Steuerpflichtigen aufgrund seines Eigentumsrechts an den Belegen jederzeit für ihn zur Abholung bereit halten muss bzw. ob der Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht verpflichtet ist, von ihm eingereichte Belege dem FA bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens zu belassen, ist eine abgabenrechtliche Frage (vergleiche -vgl.- Gräber/Koch, Kommentar zur FGO, 6. Auflage, Randziffer -Rdz.- 10 ff., Finanzgericht -FG- Bremen, Beschluss vom 6. Juli 1999, 298284K 2, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1999, Seite -S.- 1092).
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Hat sich ein mit der Klage angefochtener Verwaltungsakt vor der Entscheidung durch das Gericht durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die Regelung gilt für Anfechtungsklagen, setzt also einen mit der Klage angefochtenen Verwaltungsakt voraus. Ein solcher liegt im Streitfall nicht vor; das Schreiben des FA vom … August …, mit dem dieses erläutert, aus welchen Gründen es dem Kläger die Belege nicht zurückgesandt habe und darauf hinweist, dass die Einspruchsbearbeitung noch nicht abgeschlossen sei, hat bloßen Mitteilungscharakter und enthält dem entsprechend keine Rechtsbehelfsbelehrung. Entsprechend wandte sich der Kläger mit seinem ursprünglichen Klageantrag nicht gegen einen Bescheid des FA, sondern machte geltend, dieses müsse ihm den Besitz an seinen Rechnungen verschaffen. Bei anderer Auffassung wäre die Klage unzulässig, weil es an einem Vorverfahren (Einspruchsverfahren) fehlt (§ 44 FGO).
Der Antrag des Klägers, das FA zur Herausgabe von Unterlagen zu verpflichten bzw. - nachdem das FA im Verlaufe des Klageverfahrens die Belege zurückgesandt hat - festzustellen, dass das FA hierzu verpflichtet ist, ist auf ein sonstiges Tun des FA gerichtet und stellt damit eine sonstige (allgemeine) Leistungsklage (Verpflichtungsklage im weiteren Sinn) dar (vgl. Gräber/von Groll, am angegebenen Ort -a.a.O.-, Rdz. 28 zu § 40 FGO). Die Möglichkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage ist im Wege der Analogie auch für die Verpflichtungsklage eröffnet worden (vgl. Gräber/von Groll, Kommentar zur FGO a.a.O., Rdz. 55 zu § 100 FGO mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen). Im Streitfall hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der von ihm mit seinem Klageantrag begehrten Feststellung. Seine Argumentation hinsichtlich des von ihm geltend gemachten uneingeschränkten Rechts auf jederzeitige Herausgabe seiner Belege aufgrund seines Eigentumsrechts, sein Hinweis auf das von Frau … geführte Verfahren wegen Herausgabe von Originalbelegen und seine Aufforderung in seinem Schreiben an das FA vom …, die der des Streitfalls gleicht, zeigen, dass der Kläger auch in Zukunft nach Einreichung von Belegen noch vor Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens das FA auffordern wird, innerhalb kurzer Frist die Belege für ihn zur Abholung bereitzuhalten und das FA dieses mit Hinweis auf das nicht abgeschlossene Rechtsbehelfsverfahren ablehnen wird.
Das Gericht lässt dahingestellt, ob eine Klage auf Herausgabe von Belegen ohne Durchführung eines Vorverfahrens als allgemeine Leistungsklage zulässig ist - vgl. hierzu FG Bremen, a.a.O. - oder ob das FA einen Bescheid über die Ablehnung des Antrages auf sofortige Bereitstellung der Belege zur Abholung zu erlassen hat und zunächst vor Erhebung der Klage ein Vorverfahren durchzuführen ist mit der Folge, dass die Klage wegen mangelnden Vorverfahrens als unzulässig abzuweisen wäre. Eine erhobene allgemeine Leistungsklage ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gegenüber der Verpflichtungsklage (im engeren Sinn), die inhaltlich die Aufhebung eines ergangenen und den Erlass eines künftigen Verwaltungsakts begehrt, subsidiär. Sie ist deshalb unzulässig, wenn und soweit dem Kläger zur Erreichung seines Klageziels die Verpflichtungsklage (im engeren Sinn) zur Verfügung steht. Hätte das FA durch Verwaltungsakt, d.h. mit anfechtbarem Bescheid, die Herausgabe der Unterlagen abgelehnt, hätte der Kläger dagegen (erst) nach Durchführung des Vorverfahrens die Verpflichtungsklage erheben können (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 16. Dezember 1987, I R 66/84, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1988, S. 319, FG Bremen, a.a.O.).
Diese prozessualen Fragen können dahinstehen. Denn es ist nicht rechtswidrig, wenn das FA im Einspruchsverfahren eingereichte Belege behält und erst mit dem Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens dem Steuerpflichtigen zurückgibt. Dass der Kläger Eigentümer der Rechnungen im Sinne des BGB ist, wird auch vom FA nicht bezweifelt. Nach § 903 Satz 1 BGB kann der Eigentümer einer Sache, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Dem vom Kläger aus seinem Eigentumsrecht geltend gemachten Anspruch, das FA müsse ihm jederzeit von ihm bei dem FA eingereichte Unterlagen sofort auf seine Forderung hin zurückgeben, steht das Gesetz, nämlich die Vorschriften der AO, entgegen.
§ 90 AO regelt die Mitwirkungspflichten der Beteiligten. Nach dessen Abs. 1 sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Finanzbehörde bedient sich nach § 92 AO der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere nach § 92 Satz 2 Nr. 3 AO Urkunden und Akten beiziehen. Die sich daraus ergebenden Verpflichtungen der Beteiligten und anderer Personen sind in den nachfolgenden §§ 93 ff. der AO konkretisiert (vgl. Tipke/Kruse, Loseblattkommentar zur AO, Textziffer -Tz.- 3 zu § 90 AO, Tz. 1 zu § 93 AO, Pahlke/König/Wünsch, Kommentar zur AO, 2. Aufl. 2009, Rdz. 1,3 zu § 90 AO). Für den Streitfall ist maßgeblich die Regelung in § 97 AO zur Vorlage von Urkunden. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde von den Beteiligten und anderen Personen die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren und anderen Urkunden zur Einsicht und Prüfung verlangen.
Die Rechnungen, aufgrund derer der Kläger den Vorsteuerabzug geltend macht, sind Urkunden im Sinne dieser Vorschrift. Sie sind für die Festsetzung der Umsatzsteuer erheblich. Eine "ordnungsgemäße Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis gehört nach ständiger Rechtsprechung des … BFH zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug" (vgl. BFH, Urteil vom 8. Juli 2009, XI R 51/07, BFH/NV 2010, 256, mit weiteren Nachweisen - m.w.N.-). Nach § 88 AO haben die Finanzbehörden die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden. Der Erfüllung dieser Verpflichtung der Finanzbehörde zur zutreffenden Steuerfestsetzung und -erhebung dient ihr in § 97 Abs. 1 Satz 1 AO geregeltes Recht, von den Beteiligten und anderen Personen die Vorlage von u.a. Geschäftspapieren und Urkunden zur Einsicht und Prüfung zu verlangen. Aus der Regelung, dass die Urkunden nicht nur zur Einsicht, sondern auch "zur Prüfung" vorzulegen sind, folgt, dass sie der Finanzbehörde nicht nur an Amtsstelle zur Einsichtnahme vorzulegen, sondern zu deren ausschließlichem Gewahrsein zu überlassen sind. Das Gericht folgt der Auffassung des FG Hamburg, dass "die Bestimmung des § 97 AO … keine Prüfung der vorzulegenden Urkunden in Gegenwart des Vorlagepflichtigen voraus(-setzt). Die Finanzverwaltung muß einen Urkundenbeweis vielmehr ungestört erheben können. Dieses erfordert, daß die Belege und Unterlagen dem ausschließlichen Gewahrsam der Finanzverwaltung vorübergehend auch überlassen werden … (so auch Söhn in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung, 10. Aufl, Band II, § 97 Anm 53; Tipke-Kruse, Abgabenordnung, 10. Aufl, § 97 Anm 4). Die Prüfung vorzulegender Urkunden im Beisein des Vorlagepflichtigen ist lediglich zur Aufklärung von Zweifeln sinnvoll; sonst würde die Vorlage ihren Zweck nicht erfüllen." (FG Hamburg, Urteil vom 12. Februar 1981, II 134/80, EFG 1981, S. 542, vgl. auch Tipke/Kruse, a.a.O., Tz. 7 zu § 97 AO).
Die Entscheidung darüber, wie lange die Finanzbehörde eingereichte Unterlagen zur Prüfung behält, liegt in ihrem Ermessen. Die Bestimmung, wann und wie die Finanzbehörde die eingereichten Unterlagen prüft, gehört zur inneren Organisation der Finanzbehörde und steht nicht dem Steuerpflichtigen zu. Sie ist lediglich begrenzt durch die Verpflichtung der Finanzbehörde, nicht untätig zu sein. Im Regelfall wird es sachgerecht sein, wenn die Finanzbehörde die Unterlagen bis zum Abschluss eines anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens behält, sofern nicht bereits vorher eine (bindende) Verständigung über die streitigen Punkte, die die Unterlagen betreffen, erzielt worden ist.
Das Gericht folgt der Auffassung des BFH (Beschluss vom 6. Oktober 2005, V B 140/05, BFH/NV 2006, 473), dass im Regelfall ein Untätigwerden erst nach Ablauf von sechs Monaten zu prüfen ist; je nach den Umständen des Einzelfalls kann auch eine längere Zeit für die Prüfung des Steuerfalls angemessen sein. Gemäß § 168 Satz 1 AO steht eine Steueranmeldung - wie die Umsatzsteuervoranmeldung - einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung - wie im Streitfall - , so gilt dies gemäß § 168 Satz 2 AO erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. § 168 Satz 2 AO "sieht aber keine Frist für die Zustimmung vor. Der Gesetzgeber hat bewusst auf eine derartige Frist verzichtet, weil sich der Bereich der Steuervergütungen als besonders betrugsanfällig erwiesen hat (BTDrucks VI 1982, 149 ff.). Welche Frist für die Entscheidung über eine Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO 1977 angemessen ist, ist damit in Anlehnung an die allgemeinen Regelungen, die das Abgaben- und Verfahrensrecht für den Fall der Untätigkeit von Finanzbehörden vorsieht, zu beurteilen. Nach § 46 Abs. 1 FGO ist die Klage auch ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden ist. Die Klage kann dabei nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Eine vergleichbare Regelung sieht § 347 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 für das Verwaltungsverfahren vor. Danach ist der Einspruch statthaft, wenn geltend gemacht wird, dass ein vom Einspruchsführer gestellter Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes binnen angemessener Frist sachlich nicht entschieden ist. Zur Beurteilung der Angemessenheit wird auf die Sechsmonatsfrist des § 46 Abs. 1 FGO als Regelfrist (Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, Kommentar, 8. Aufl., § 347 Rz. 13; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 347 AO 1977 Rz. 13) oder als grober Anhaltspunkt (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 347 AO 1977 Rz. 27) zurückgegriffen. Die Sechsmonatsfrist des § 46 Abs. 1 FGO ist die einzige im Gesetz genannte Frist, die im Zusammenhang mit Untätigkeit von Finanzbehörden angeführt ist. Sie kann als Anhaltspunkt auch für die Beurteilung der Frist zur Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO 1977 herangezogen werden. Auch die in § 46 FGO genannte Sechsmonatsfrist erlaubt nur die Anrufung des Gerichts zur Prüfung, ob ein zureichender Grund für die Untätigkeit vorliegt; abhängig von den konkreten Umständen des Falles kann u.U. auch eine längere Untätigkeit gerechtfertigt sein (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Oktober 2002 VI B 58/02, BFH/NV 2003, 79; Tipke/Kruse, a.a.O., § 46 Rz. 17, m.w.N. [jetzt: Tz. 7]). Dabei sind mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen, wie Umfang und Schwierigkeit des Einzelfalles, besondere Betroffenheit des Steuerpflichtigen von einer Verzögerung, Verdacht auf ein rechtswidriges Verhalten des Steuerpflichtigen. Vergleichbares gilt für die Zustimmung nach § 168 AO 1977 bzw. die Verpflichtung des FA, ggf. von der Umsatzsteuer-Voranmeldung abweichende Umsatzsteuerbescheide zu erlassen." (BFH, Beschluss vom 6. Oktober 2005, V B 140/05 a.a.O.).
Im Streitfall war das FA nicht untätig. Es hat zutreffend dargelegt, dass es die vom Kläger im Einspruchsverfahren eingereichten Unterlagen zügig - nämlich innerhalb eines Monats nach Eingang - bearbeitet hat. Die Prüfung dieser Unterlagen im Einspruchsverfahren war noch nicht abgeschlossen, weil das FA mitgeteilt hatte, die vom Kläger geltend gemachten Vorsteuern seien nicht vollständig abzugsfähig und der Kläger sich mit dem vom FA vorgeschlagenen Abzug von Vorsteuern nicht einverstanden erklärt hatte.
Zwar hat das FA zu Unrecht noch vor Ablauf der relativ kurz gesetzten Frist den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für das II. Quartal … erlassen. Es hätte abwarten müssen, ob der Kläger die angeforderten Unterlagen einreicht. Dieser Umstand führt aber weder dazu, dass das FA die vom Kläger eingereichten Unterlagen nicht mehr in dem von ihm für erforderlich gehaltenen Umfang zu überprüfen hatte, noch dazu, dass es verpflichtet war, diese dem Kläger auf dessen Aufforderung hin jederzeit herauszugeben.
Die Vorstellung des Klägers, das FA müsse so arbeiten, wie er es will, ist unzutreffend. Der Kläger kann dem FA nicht vorschreiben, wie es zu arbeiten hat. Er hat keinen Anspruch darauf, dass sein Steuerfall vorrangig und sofort bearbeitet wird. Das FA hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass es nicht verpflichtet ist, eingereichte Unterlagen bis zur abschließenden Prüfung dem Kläger zurück zu geben oder Kopien zu fertigen, denn die AO sieht dieses nicht vor. Die Umstände der Prüfung der vom Kläger eingereichten Unterlagen richten sich nach dem - bis auf den Fall der Untätigkeit - ausschließlich dem FA vorbehaltenen Recht, seinen inneren Arbeitsablauf selbst zu gestalten.
Das Gericht folgt auch insoweit der Auffassung des FG Hamburg, dass es "dahingestellt bleiben (kann), ob … der Sachbearbeiter des Beklagten … die streitigen Unterlagen bereits geprüft (hat) … oder ob … diese Urkunden von ihm noch gar nicht geprüft worden … (sind). Entscheidend ist, daß die Kläger dem Beklagten in diesem Zusammenhang zu Unrecht das ungestörte Überprüfen der Belege und Unterlagen verwehren. Folgt man nämlich der Behauptung der Kläger, die angeforderten Urkunden seien bereits vom Sachbearbeiter des Beklagten überprüft worden, so muß es erst recht dem Beklagten gestattet sein, etwaige hierbei aufgetretene Zweifel durch ein intensives und ungestörtes nochmaliges Überprüfen der Urkunden zu beseitigen. Hierzu sind aber die Belege und Unterlagen dem ausschließlichen Gewahrsam des Beklagten zu überlassen. Auf die Anzahl der vorzulegenden Urkunden kann es hierbei nicht ankommen."
Der Hinweis des Klägers, es sei belanglos, ob er durch die ihm jederzeit zustehende Geltendmachung der sofortigen Herausgabe von Belegen seine Mitwirkungspflicht verletze, geht fehl. Die Finanzbehörde kann das Verlangen zur Vorlage von Unterlagen zur Einsicht und Prüfung nach § 328 AO mit Zwangsmitteln (Zwangsgeld, Ersatzvornahme, unmittelbarer Zwang) durchsetzen. Kommt ein Steuerpflichtiger dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nach, steht es in ihrem Ermessen, ob sie das Verlangen mit Zwangsmitteln durchsetzen will oder die Besteuerungsgrundlagen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann, nach § 162 AO schätzt. Die Durchsetzung des Verlangens - bezogen auf den Streitfall: zur Vorlage der Rechnungen zur Einsicht und Prüfung - darf die Finanzbehörde auch noch nach einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen mit Zwangsmitteln durchsetzen, um die zutreffende Besteuerung zu erreichen (vgl. Tipke/Kruse a.a.O., Tz. 44 zu § 328 AO). Kann die Finanzbehörde die Vorlage von Unterlagen mit Zwangsmitteln durchsetzen und beinhaltet die Vorlage zur Prüfung die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, sie dem ausschließlichen Gewahrsam der Finanzbehörde zu überlassen, darf die Finanzbehörde auch die ihr eingereichten Unterlagen trotz der vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Herausgabe bis zur abschließenden Prüfung behalten, sofern der Steuerpflichtige nicht gewichtige Gründe darlegt und belegt, aufgrund derer er die Unterlagen benötigt. Diese Gründe ergaben sich im Streitfall erst aufgrund der (dem beklagten FA nicht vom Kläger, sondern vom FA … mitgeteilten) Umstand, dass der Kläger die Unterlagen für die Erstellung seiner bei dem FA … einzureichenden Steuererklärung benötigte. Es steht nicht im Belieben des Steuerpflichtigen, sondern im Ermessen des FA, ob und welche Unterlagen der Steuerpflichtige dem FA einzureichen und dort in dem nach Auffassung des FA für deren Prüfung erforderlichen Umfang zu belassen hat und ob im Fall der Verletzung dieser Verpflichtung das FA die Besteuerungsgrundlagen schätzt oder seinen Anspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1 AO - ggf. auch nach vorangegangener Schätzung - nach § 328 AO mit Zwangsmitteln durchsetzt.
Mit der Forderung, das FA müsse ihm jederzeit die Belege zurückgeben und dem Hinweis, es könne schätzen, wenn er seiner Mitwirkungspflicht nicht genüge, setzt sich der Kläger zudem in Widerspruch zu seiner zugleich gegenüber dem FA geltend gemachten Forderung, es müsse die von ihm geltend gemachte Umsatzsteuer (Vorsteuerüberhang) sofort erstatten und ihm im Einzelnen mit Angabe der Artikelbezeichnungen und Beträge benennen, was es als nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung behaupte, denn für die hierfür erforderliche Prüfung benötigt das FA die Belege.
Die Akte des vor dem 10. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts Klageverfahrens ist nicht beizuziehen. Es ist weder ersichtlich noch dargelegt, dass sich daraus für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche Umstände ergeben können. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Sachverhalt des Streitfalls mit dem des Verfahrens vor dem 10. Senat vergleichbar ist, denn der für den Streitfall zuständige 7. Senat ist an eine ggf. andere Auffassung eines für den vorliegenden Streitfall nicht zuständigen Richters nicht gebunden (Artikel 97 Abs. 1 Grundgesetz).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

RechtsgebietAbgabenordnung Vorschriften§§ 90, 92, 93 u. 168 AO

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