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07.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101475

Oberverwaltungsgericht Münster: Beschluss vom 31.03.2010 – 13 A 2837/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberverwaltungsgericht NRW

13 A 2837/09

Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 26. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 130.000,00 Euro festgesetzt.

G r ü n d e :
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben.
Bei dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, durch den die Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet wird, kommt es nicht darauf an, ob die angefochtene Entscheidung in allen Punkten der Begründung richtig ist, sondern nur darauf, ob ernstliche Zweifel im Hinblick auf das Ergebnis der Entscheidung bestehen. Ernstliche Zweifel sind dabei anzunehmen, wenn gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, d. h., wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung in der angefochtenen Gerichtsentscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 – 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838; OVG NRW, Beschlüsse vom 27. August 2009 - 13 A 1178/09 -, vom 29. Juni 2009 - 13 A 596/09 -, und vom 17. Februar 2009 - 13 A 2907/08 -; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Juli 2009, § 124 Rdn. 26 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124 Rdn. 6 ff.
Ernstliche Zweifel in diesem Sinne an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Klage der Kläger gegen den Widerruf ihrer Approbationen als Zahnarzt/Zahnärztin abzuweisen, bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht, auf dessen Urteil Bezug genommen wird, hat die Voraussetzungen der gesetzlichen Bestimmungen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Zahnheilkundegesetz - ZHG -) für den Widerruf der Approbation(en) zutreffend dargelegt und ist mit nicht zu beanstandenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Widerruf der Approbationen der Kläger durch die Bescheide der Beklagten vom 21. April 2008 rechtmäßig ist. Das Vorbringen der Kläger im Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht geeignet, die Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen. Mit dem Zulassungsantrag wird im Stil einer Berufungsschrift im Wesentlichen eine andere Sicht als die des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil und ein nach Ansicht der Kläger gebotenes anderes Entscheidungsergebnis geltend gemacht. Die von den Klägern nicht akzeptierte Wertung ihres Begehrens durch das Verwaltungsgericht rechtfertigt aber nicht schon als solche die Zulassung der Berufung.
Soweit die Kläger die Richtigkeit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass sie zur Ausübung des Zahnarztberufs unwürdig seien, in Frage stellen, bedingt dies keine Entscheidung zu ihren Gunsten.
Dies gilt zunächst für den Hinweis der Kläger auf die Entscheidung des Senats vom 15. Januar 2003 - 13 A 2774/01 -. In jener Entscheidung war die Annahme, der betreffende Kläger sei zur Ausübung des Zahnarztberufs unwürdig oder/und unzuverlässig, deshalb nicht gerechtfertigt, weil dessen Verfehlungen auf den Privatbereich begrenzt waren und sich keine Anhaltspunkte für Verfehlungen auch im beruflichen Bereich ergaben. Im Falle der Kläger ist von einer anderen Sachlage auszugehen. Ihre Verurteilung im Strafverfahren durch die Urteile des Amtsgerichts I. vom 17. Oktober 2007 - 63 Ls 300 Js 1308/04 - 1/06 - und des Landgerichts I. vom 21. Oktober 2008 - 73 Ns 300 Js 1308/04 (4/08) - wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung in 6 Fällen und, bezogen auf den Kläger, wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 48 Fällen weist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - eindeutig einen Bezug zur Berufsausübung auf und unterscheidet sich deshalb in einem wesentlichen Punkt von der Entscheidung des Senats im Verfahren 13 A 2774/01.
Das Verwaltungsgericht hat - entgegen der Ansicht der Kläger - bei der Einschätzung, die von ihnen begangenen Straftaten hätten noch nicht so lange zurückgelegen, dass allein wegen des Zeitablaufs wieder von einer Zuverlässigkeit und Würdigkeit zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs auszugehen sei, nicht auf einen falschen Zeitpunkt abgestellt. Die Angabe "17. Oktober 2007" im Urteil des Verwaltungsgerichts (S. 18 UA) bezeichnet ersichtlich das Urteilsdatum des Amtsgerichts I. , bezieht sich aber nicht, wie auch aus den folgenden Urteilserwägungen zu erkennen ist, auf die diesem Urteil zu Grunde liegenden Straftaten der Kläger.
Dass bezüglich der Klägerin zum Zeitpunkt des Widerrufs der Approbation noch kein rechtskräftiges Strafurteil vorgelegen hat, ist nicht von entscheidender Relevanz. Das Verwaltungsgericht hat bei der Annahme der Unwürdigkeit der Klägerin zur Ausübung des Berufs als Zahnärztin zwar eine "nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe" erwähnt und insoweit auf das Urteil des Amtsgerichts I. abgestellt. Die Annahme der Unwürdigkeit beruht aber nicht entscheidend auf dem verhängten Strafmaß als solchem, sondern erfolgte, weil sich die Klägerin im erstinstanzlichen Strafverfahren nicht geständig oder kooperativ gezeigt hatte und wegen der in großem Stil über Jahre hinweg begangenen Steuerhinterziehung.
Da die Einschätzung eines Betroffenen als unwürdig zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs den Widerruf der entsprechenden Approbation rechtfertigt, kommt es an sich nicht mehr darauf an, ob die Wertung des Verwaltungsgerichts gerechtfertigt ist, die Kläger seien (auch) als unzuverlässig zur Ausübung des Berufs anzusehen. Das Vorbringen der Kläger im Zulassungsantrag bedingt aber auch insoweit keine Entscheidung zu ihren Gunsten. Das Verwaltungsgericht hat seine Einschätzung zur (Un-)Zuverlässigkeit der Kläger unter Würdigung deren Gesamtverhaltens, der Gesamtpersönlichkeit und ihrer derzeitigen Lebensumstände getroffen. Diese Einschätzung unterliegt keinen Bedenken. Eine strafrechtliche Verurteilung wegen in Zusammenhang mit der Berufsausübung stehender gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung in mehreren Fällen sowie weitere strafrechtliche Delikte, in Bezug auf den Kläger u. a. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, rechtfertigen die Annahme eines schwerwiegenden Fehlverhaltens bei der Einhaltung der beruflichen Verpflichtungen als Zahnarzt/Zahnärztin und, abgestellt auf den maßgebenden Zeitpunkt der Widerrufsverfügungen, die prognostische Einschätzung der Beklagten, dass bei den Klägern nicht die Gewähr für eine künftige ordnungsgemäße Ausübung des Zahnarztberufs bestehe. Mit den diesbezüglichen Wertungen und Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich das Vorbringen der Kläger im Zulassungsantrag nicht substantiiert auseinander; der vage Hinweis auf die aktuellen Lebensumstände und auf ihre Persönlichkeit ist insoweit nicht ausreichend. Dass das Verwaltungsgericht das Verhalten der Kläger als übersteigertes und schon als rücksichtslos zu bezeichnendes Gewinnstreben zu Lasten der Allgemeinheit und der Angestellten der Kläger gewertet und sich auf Grund dessen an einer positiven Prognose für die Kläger gehindert gesehen hat, ist zudem angesichts einer Steuerhinterziehung von mehr als 340.000 Euro in sechs Jahren und einer Vorenthaltung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung von weit über 20.000 Euro durchaus berechtigt.
Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
Die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels bezweckt die Kontrolle über die Einhaltung des Verfahrensrechts durch das Verwaltungsgericht. Ein im Sinne der Bestimmung relevanter Verfahrensmangel ist deshalb nur ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die den Verfahrensablauf regelt, d. h. ein Verfahrensverstoß, der den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses betrifft, nicht aber ein vermeintlicher Mangel der sachlichen Entscheidung. Nicht zum Verfahrensrecht in diesem Sinne gehören demnach die Regeln und Grundsätze, die nicht den äußeren Verfahrensablauf, sondern den inneren Vorgang der richterlichen Rechtsfindung bestimmen.
Vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 124 Rdnr. 184, 187.
Das Vorbringen der Kläger, es wären "weitere Aufklärungsmöglichkeiten hinsichtlich aktueller und für die Feststellung hinsichtlich ihrer Persönlichkeit relevanter Tatsachen in Betracht gekommen", etwa durch Heranziehung ihrer aktuellen Steuerunterlagen, begründet danach keinen Verfahrensmangel. Es verkennt schon im Ansatz, dass für die Beurteilung der Zuverlässigkeit zur Ausübung des Zahnarztberufs der Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung maßgebend ist und nicht der der gerichtlichen Entscheidung. Auf die Beiziehung von Unterlagen gerichtete Beweisanträge sind zudem im erstinstanzlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht gestellt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG, § 39 Abs. 1 GKG, § 5 ZPO und berücksichtigt die üblichen Wertfestsetzungen in vergleichbaren Verfahren sowie den Umstand, dass zwei Kläger vorhanden sind.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

RechtsgebietZHGVorschriften§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZHG § 4 Abs. 2 S. 1 ZHG

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