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17.03.2010 · IWW-Abrufnummer 100871

Oberlandesgericht Celle: Beschluss vom 02.02.2010 – 3 W 109/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


3 W 109/09
5 O 414/09 Landgericht Stade
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
S… e. V., …,
Antragsteller und Beschwerdeführer,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
gegen
X-Bank, …,
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
Prozessbevollmächtigte:
…,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Stade vom 14. Dezember 2009 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 17. Dezember 2009 am 2. Februar 2010 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.000 €.
Gründe
I.
Der Antragsteller, ein Verbraucherschutzverband i. S. v. § 4 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG), der gemäß seiner Satzung die Interessen von Bankkunden wahrnimmt, nimmt die Antragsgegnerin, eine Bank, auf Unterlassung der Erhebung von Bearbeitungsentgelt in ihrem Allgemeinen Preis- und Leistungsverzeichnis (vgl. Anlage K 2. Bl. 14 GA) in Anspruch. Eine von dem Antragsteller geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Antragsgegnerin nicht abgegeben.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 14. Dezember 2009 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde, mit der er - wie schon mit der Antragschrift - darauf abhebt, bei der Bearbeitung eines Darlehensantrages werde vor allem die Bonität des Kreditnehmers und der Wert der von ihm angebotenen Sicherheiten geprüft. Dies stelle keine Dienstleistung für den Kunden dar, sondern erfolge im eigenen Vermögensinteresse der Bank.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 17. Dezember 2009 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Antragsgegnerin ist dem Beschwerdevorbringen entgegen getreten. Der Preisaushang werde seit vielen Jahren unbeanstandet verwendet. Die Antragsgegnerin werde bei der Kreditvergabe nicht in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung tätig, weshalb sie berechtigt sei, ein entsprechendes Entgelt zu verlangen.
II.
Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Notfrist eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem Antragsteller steht kein Anspruch auf Erlass der begehrten Regelungsverfügung (§§ 935, 940 ZPO) zu.
1. Dem gemäß 4 UKlaG aktivlegitimierten Antragsteller steht ein Verfügungsanspruch gemäß § 1 UKlaG, wonach der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den §§ 307 - 309 BGB unwirksam sind, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, nicht zu. Die gemäß Preisaushang der Antragsgegnerin verlangten Bearbeitungsentgelte für Privatkredite in Höhe von 2 % vom ursprünglichen Kreditvertrag verstoßen nicht gegen § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, sondern sind wirksam.
Dabei kann dahin stehen, ob es sich bei den in dem Preisaushang der Antragsgegnerin aufgeführten Bearbeitungsentgelten für Privatkredite (Bearbeitungsentgelt vom ursprünglichen Kreditbetrag und einmaliges Bearbeitungsentgelt) in Höhe von jeweils 2 % um eine mit Blick auf den Grundsatz der Privatautonomie der Inhaltskontrolle nicht unterliegende Vereinbarung über Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht oder um eine Preisnebenabrede handelt, die an den Vorschriften der §§ 307 ff. BGB zu messen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei formularmäßigen Entgeltklauseln zwischen Preishaupt- und Preisnebenabreden zu unterscheiden. Der Preis ist dabei die in Geld ausgedrückte Gegenleistung für eine vertragliche Leistung. Preisnebenabreden sind im Gegensatz dazu Entgeltregelungen für Leistungen, die der AGB-Verwender als Rechtsunterworfener zu erbringen hat, ohne dass dafür eine besondere Vergütung geschuldet wird. Entscheidendes Kriterium für eine Preisnebenabrede ist, dass an ihre Stelle bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung Rechtsvorschriften i. S. v. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB treten, sodass eine Inhaltskontrolle problemlos möglich ist. Zu den Preisnebenabreden gehören auch solche Klauseln, die das Entgelt für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung regeln, wenn dafür keine gesetzlichen Bestimmungen existieren (vgl. zu Vorstehendem Nobbe, in: WM 2008, 185, 186). Ob eine Klausel den Preis für eine vertraglich vereinbarte Leistung regelt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
Dafür, dass es sich bei dem Bearbeitungsentgelt, d.h. die vom Darlehensnehmer für die Bearbeitung des Kreditantrags geschuldete von der Laufzeit des gewährten Darlehens unabhängige einmalige Gebühr, um eine Hauptpreisabrede handelt, spricht, dass das im Anhang zur Preisangabenverordnung (PAngV) angegebene Berechnungsbeispiel (Anhang zu § 6 PAngV Nr. 6.2) vorschreibt, dass die Bear-
beitungsgebühr in die Berechnung des effektiven Jahreszinses miteinzubeziehen ist, sie hiernach mithin Teil der Gesamtkalkulation der Kreditkosten ist.
Selbst wenn man aber annehmen wollte, es handelte sich bei der Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts um eine Preisnebenabrede, hielte sie einer Inhaltskontrolle stand. Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Bearbeitungsgebühren ausdrücklich unbeanstandet geblieben, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 1. Juni 1989 - III ZR 219/89, WM 1989, 1011 ff., hier zitiert nach Juris Rn. 26 m. w. N. zu einer Bearbeitungsgebühr von 1 % der Kreditsumme).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen indes Regelungen, die kein Entgelt für den Kunden für auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistungen zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse auf den Kunden abwälzen, eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften i. S. v. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar (BGH, Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 55/08, hier zitiert nach Juris Rn. 16, und XI ZR 78/08 = BGHZ 180, 257 ff., hier zitiert nach Juris Rn. 16). Der Bundesgerichtshof hat in jüngerer Zeit eine Reihe von Klauseln deshalb für unwirksam erklärt, weil sie gegen den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts verstoßen haben, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch auf Ersatz der anfallenden Kosten besteht nur dann, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist. Ist dies nicht der Fall, können anfallende Kosten nicht auf Dritte abgewälzt werden, indem gesetzlich auferlegte Aufgaben in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu individuellen Dienstleistungen gegenüber dem Vertragspartner erklärt werden (BGHZ 141, 380 ff., zitiert nach Juris Rn. 19). Dementsprechend sind etwa Klauseln für die Bearbeitung und Überwachung von Pfändungsmaßnahmen gegen den Kunden (BGHZ, a. a. O., Rn. 20 ff.), eine entgeltliche Benachrichtigung des Kontoinhabers über die Nichteinlösung von Schecks und Lastschiften oder die Nichtausführungen von Überweisungen und Daueraufträgen wegen fehlender Deckung (BGHZ 146, 377 ff.) oder eine Entgeltregelung bei Übertragung von Wertpapieren in ein anderes Depot (BGH, Urteil vom 30. November 2004 – XI ZR 49/04, WM 2005, 274 ff.) für unzulässig erklärt worden.
Eine "sonderentgeltfähige" Haupt- oder Nebenleistung für den Kunden ist auch und bereits dann zu verneinen, wenn Gegenstand der Vergütungsregelung eine Tätigkeit ist, die nur im eigenen Interesse des Verwenders liegt (BGHZ 137, 43, 46; sowie Urteil vom 18. April 2002, a. a. O., Rn. 25). Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat daher unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sog. Schätz- und Besichtigungsgebühren für unzulässig gehalten, weil sie dazu dienten, die Kosten für ausschließlich im Interesse der Bank liegende Maßnahmen zur Wertermittlung eines der Besicherung des Kredits dienenden Grundstücks auf den Kunden abzuwälzen (Urteil vom 5. November 2009 - 6 U 17/09, hier zitiert nach Juris Rn. 30).
Die Erhebung des Bearbeitungsentgelts ist indes mit den den o.g. Entscheidungen zugrunde liegenden Entgeltregelungen nicht zu vergleichen. Auch wenn das Bearbeitungsentgelt, d.h. der für die Bearbeitung des Darlehensantrages veranschlagte Betrag, im Ergebnis vor allem der Prüfung der Bonität des Kreditnehmers und des Wertes der von ihm angebotenen Sicherheiten dient, erfolgt dies – entgegen der von Nobbe (in: WM 2008, 185, 193) vertretenen Auffassung – nicht allein im Vermögensinteresse der Bank, sondern stellt zugleich auch eine Dienstleistung für den Kunden dar. Dabei ist nicht zu verkennen, dass ein nur reflexartiger Nebeneffekt zugunsten des Darlehensnehmers, nämlich aufgrund der Prüfung das beantragte Darlehen zu erhalten, nicht ausreichen dürfte, um die Gebühr auch in seinem Interesse zu rechtfertigen (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O., Rn. 42). Über einen solchen bloßen Reflex hinausgehend, erfolgt die Prüfung des Darlehensantrags aber auch deswegen im Interesse des Kunden, weil anlässlich dieser Prüfung zugleich ermittelt wird, zu welchen Konditionen der Kredit an den Darlehensnehmer ausgereicht werden kann, ob insoweit ein hohes oder niedriges Risiko „einzupreisen“ ist, was insbesondere von der Beurteilung der laufenden Einkünfte des Kreditnehmers und dem Umstand, ob er einer geregelten Tätigkeit nachgeht, abhängt. Dabei ist von Bedeutung, ob seine Stellung als gesichert erscheint, er etwa als Beamter tätig ist, ein alteingesessenes Gewerbe oder Handwerk betreibt oder ein Freiberufler mit gutem Kundenstamm ist oder ob er erst seit kurzem mit einer neuen Geschäftsidee selbständig tätig ist, seine Anstellung befristet ist oder sich aus sonstigen Gründen als nicht dauerhaft erweist. Ferner kann bei der Prüfung die Einschätzung eines Geschäftskonzepts eine Rolle spielen oder die Frage, ob und über was für Vermögen der Darlehensnehmer verfügt, das ggf. – unabhängig von einer gesondert vorzunehmenden Bewertung (vgl.o.) - als Sicherheit zur Verfügung gestellt werden kann. Von all diesen Gesichtspunkten hängen nicht nur die Höhe des maximal auszureichenden Kredits, sondern auch seine Verzinsung und Laufzeit ab. Ohne eine solche individuelle, auf den einzelnen Kunden bezogene Bonitätsprüfung wäre es denkbar, dass eine Bank ihre Darlehen nur nach generalisierten Maßstäben unter Kalkulation eines durchschnittlichen Risikos vergeben würde, was zum Nachteil von Kunden mit guter Bonität ginge.
Hinzu kommt, dass - wollte man die Bearbeitungsklausel als Preisnebenabrede ansehen - der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 6 PAngV bzw. deren Anhang zum Ausdruck gebracht hat, dass eine gesonderte Vergütungsregelung für die Bearbeitung eines Darlehensantrags seine Billigung gefunden hat.
Ein Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierte Transparenzgebot kommt nicht in Betracht, weil auch nach dem hier maßgeblichen Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung nicht anzunehmen ist, dass das Bearbeitungsentgelt auch dann anfällt, wenn der Kreditvertrag nicht zustande kommt.
Ebenso wenig sind die Klauseln über die Bearbeitungsentgelte als überraschend im Sinne von § 305c BGB anzusehen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

RechtsgebietAllgemeine GeschäftsbedingungenVorschriften§ 307 BGB

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