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01.03.2010 · IWW-Abrufnummer 100731

Landgericht Bonn: Beschluss vom 26.05.2009 – 30 T 426/09

1. Eine GmbH ist ohne Geschäftsführer nicht in der Lage, wirksam sofortige Beschwerde gegen eine Ordnungsgeldentscheidung nach § 335 HGB einzulegen.


2. Die Gesellschafter der GmbH können für diese nicht selbst sofortige Beschwerde nach § 335 HGB einlegen; sie können zwar selbst den oder die Geschäftsführer bestellen, haben aber nicht dessen Vertretungsbefugnis nach § 35 GmbHG; dies ergibt sich auch aus einem Umkehrschluss von § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG in der seit 01.11.2008 geltenden Fassung des Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMig) vom 23. Oktober (BGBl. l S. 2026).


Landgericht Bonn

30 T 426/09

Tenor:

Die sofortige Beschwerde vom 20.11.2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EURO wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 07.04.2008 angedroht. Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 15.10.2008 das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt. Gegen die ihr ausweislich der Zustellungsurkunde am 06.11.2008 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 20.11.2008 sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie an, sie habe die Jahresabschlussunterlagen 2006 nicht einreichen können, weil sie keinen Geschäftsführer mehr habe, ihre frühere Mitgesellschafterin und Geschäftsführerin "Aktienanteile" zurückbehalten habe und das Finanzamt für Steuerstrafsachen Eingriff in den Betrieb und die Buchhaltungsunterlagen genommen habe. Die Beschwerdeführerin hat ausweislich des Handelsregisters seit 10.11.2006 keinen Geschäftsführer mehr. Nachdem das Gericht dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin aufgegeben hat, die von ihm zuvor anwaltlich versicherte Bevollmächtigung durch Vorlage einer wirksamen schriftlichen Verfahrensvollmacht zu belegen, legte dieser eine Urkunde vor, nach der die Gesellschafter der Beschwerdeführerin am 19.11.2008 eine außerordentliche Gesellschafterversammlung abgehalten haben, in der sie einstimmig beschlossen, gegen die vorgenannte Ordnungsgeldentscheidung Rechtsmittel einzulegen und damit ihren jetzigen Verfahrensbevollmächtigten zu beauftragen.
II.
Die gemäß § 335 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 und 2 HGB statthafte sofortige Beschwerde ist mangels Verfahrensfähigkeit der Beschwerdeführerin unzulässig.
Eine GmbH ist ohne Geschäftsführer nicht in der Lage, wirksam sofortige Beschwerde gegen eine Ordnungsgeldentscheidung nach § 335 HGB einzulegen. Die Verfahrensfähigkeit im Beschwerdeverfahren nach § 335 Abs. 4 HGB bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln der Geschäftsfähigkeit des bürgerlichen Rechts (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., Vor § 13, Rn. 14), hier betreffend die beschwerdeführerende GmbH nach § 35 GmbHG. Der Wegfall aller Geschäftsführer nach Entstehen der GmbH berührt zwar nicht deren Bestand (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl., § 6, Rn. 6), jedoch ist die GmbH ohne Geschäftsführer nicht geschäftsfähig.
Auch können die Gesellschafter der GmbH nicht selbst für diese sofortige Beschwerde nach § 335 Abs. 4 HGB einlegen, auch nicht aufgrund eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses, durch den ein Rechtsanwalt mit der Beschwerdeeinlegung im Namen der GmbH beauftragt wird. Die Gesellschafter einer GmbH sind nicht selbst aktiv vertretungsberechtigt. Sie können zwar selbst den oder die Geschäftsführer bestellen, haben aber nicht dessen Vertretungsbefugnis nach § 35 GmbHG. Dies ergibt sich auch aus einem Umkehrschluss von § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG in der seit 01.11.2008 geltenden Fassung des Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026). Danach sind die Gesellschafter im Falle der Führungslosigkeit der GmbH ausdrücklich zur Passivvertretung berufen. Eine entsprechende Befugnis zur Aktivvertretung der Gesellschafter an der Stelle eines fehlenden Geschäftsführers ist nicht vorgesehen. Der Schutzzweck der gesetzlich angeordneten Passivvertretung ist auch nicht auf die Aktivvertretung durch die Gesellschafter übertragbar. Diese haben es aufgrund ihrer Kenntnisse der Verhältnisse der GmbH in der Hand, selbst einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und dadurch die aktive Geschäfts- und Verfahrensfähgkeit der GmbH herzustellen.
Im Übrigen muss die Verfahrensfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht deshalb zu ihren Gunsten angenommen werden, weil die angefochtene Ordnungsgeldentscheidung gegen sie ergangen ist, ohne dass sie durch einen Geschäftsführer gesetzlich vertreten war. Denn insoweit sieht § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG eine Erleichterung des Rechtsverkehrs nur zu Gunsten außen stehender Dritter einschließlich des Bundesamtes für Justiz vor, nicht aber zu Gunsten der GmbH und ihrer Gesellschafter.
Schließlich muss die Entscheidung über die sofortige Beschwerde nicht ausgesetzt werden, bis die GmbH wieder gesetzlich durch einen Geschäftsführer vertreten wird. Denn die Gesellschafter hatten es seit der Beendigung der letzten Geschäftsführung am 10.11.2006 in der Hand, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 5 HGB).
Eine weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zulässig (§ 335 Abs. 5 S. 4 HGB).
Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 Euro.

RechtsgebietForderungseinzugVorschriften§ 335 HGB

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