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22.02.2010 · IWW-Abrufnummer 100607

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 07.01.2010 – 2 Ss OWi 552/09


Tenor
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Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.
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Die Kosten der Rechtsbeschwerde und die dem Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe
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Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 34 km/h – begangen am 13. April 2008 mit einem PKW - zu einer Geldbuße von 75,-- €. Daneben verhängte das Amtsgericht gegen den Betroffenen ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er, wie sich aus seinem Vorbringen in der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt, auf den Rechtsfolgenausspruch – Verhängung eines Fahrverbots - beschränkt hat.
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Der Senat hat durch den Einzelrichter mit Beschluss vom 06. Januar 2010 gemäß § 80 a Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 OWiG die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragen, da es geboten ist, das amtsgerichtliche Urteil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen.
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Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden. Aufgrund der wirksamen Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch ist der Schuldspruch rechtskräftig. Wegen der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot wird der Rechtsfolgenausspruch von der Rechtsbeschwerde allerdings in vollem Umfang erfasst.
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Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
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Zwar ist die formelle Rüge unzulässig, da es an einer Begründung gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO fehlt. Auf die Sachrüge hin war indes der Rechtsfolgenausspruch wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern, weil das Urteil insoweit rechtlicher Überprüfung nicht standhält.
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Der Betroffene beanstandet zu Recht die Verhängung des Fahrverbots.
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Das Amtsgericht hat die Anordnung des Fahrverbots auf § 25 Abs. 1 S. 1 StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV gestützt. Hiernach kommt in der Regel ein Fahrverbot in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeuges wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht.
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Diese Voraussetzungen waren gegeben, da nach den Feststellungen des Amtsgerichts gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 28. März 2007, rechtskräftig seit 14. April 2007, wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 29 km/h eine Geldbuße von 60,-- € verhängt worden war.
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Das Amtsgericht ist vorliegend weiterhin – unter Beachtung der neueren Rechtsprechung des Senats – davon ausgegangen, dass es diese (alleinige) Voreintragung bei seiner Entscheidung verwerten durfte, da nach dem Grundsatzbeschluss des Senats vom 22. Januar 2009 – 2 Ss-OWi 352/08 – (NZV 2009, 350 ff) der Tatrichter nicht gehindert sein soll, Voreintragungen zu verwerten, wenn der neue Verstoß vor Ablauf der zweijährigen Tilgungsfrist der Voreintragungen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 StVG) begangen worden ist, die neue Verurteilung aber erst innerhalb der sich anschließenden einjährigen Überliegefrist (§ 29 Abs. 7 StVG) erfolgt. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben, da die vorliegende Tat vom 13. April 2008 vor Eintritt der Tilgungsreife im Hinblick auf die Voreintragung (14. April 2009) begangen wurde und das Amtgericht am 07. August 2009 und damit zwar nach Eintritt der Tilgungsreife, aber innerhalb der einjährigen Überliegefrist entschieden hat.
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An der vorgenannten Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Überprüfung indes nicht mehr fest. Er schließt sich nunmehr der hierzu ergangenen – soweit ersichtlich einhelligen - obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Karlsruhe ZfSch 2005, 411; OLG Hamm NZV 2006, 487 und NZV 2007, 156; Schleswigholsteinisches OLG ZfSch 2006, 348; Brandenburgisches OLG DAR 2008, 218) an, wonach der Zeitpunkt für die Beurteilung, ob hinsichtlich der Voreintragungen des Betroffenen im Verkehrszentralregister ein Verwertungsverbot wegen Tilgungsreife besteht, der Tag des letzten tatrichterlichen Urteils maßgeblich ist.
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Da vorliegend das Amtsgericht nach Ablauf des Eintritts der Tilgungsreife im Hinblick auf die Voreintragung entschieden hat, war diese nicht mehr verwertbar mit der Folge, dass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots nach § 25 Abs. 1 S. 1 StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV nicht (mehr) gegeben waren.
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Gegen die vom Amtsgericht verhängte Regelbuße in Höhe von 75.- € gibt es nichts zu erinnern.

RechtsgebietStVG; BKatVVorschriften§§ 25 Abs. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 6, 29 Abs. 7 StVG; § 4 BKatV

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