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18.02.2010 · IWW-Abrufnummer 100510

Finanzgericht Köln: Urteil vom 05.11.2009 – 6 K 3931/08


Finanzgericht Köln
Tenor:
Zwischenurteil:
Es wird festgestellt, dass die Klage zulässig ist.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung
vorbehalten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Nach einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung erließ der Beklagte für 2001 einen erstmaligen sowie für 2002 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Einkünfte des Klägers aus dessen freiberuflicher Tätigkeit als Steuerberater in M. Für 2001 stellte der Beklagte einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... DM fest und für 2002 erhöhte er den Gewinn um ... € bisher als Betriebsausgaben berücksichtigte Schuldzinsen. Ferner änderte er für die beiden Streitjahre die Einkommensteuerbescheide. Unter Hinweis auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wertete er die beiden Feststellungsbescheide aus und erfasste ferner für 2001 einen vom Finanzamt H festgestellten, aber bisher nicht angesetzten Veräußerungsgewinn in Höhe von ... DM. Alle Bescheide wurden dem Kläger bekannt geben, der Einspruch einlegte. Alle Einspruchsschreiben tragen den Briefkopf der Kanzlei des Klägers mit der beruflichen Telefon- und Telefaxnummer sowie der beruflichen E-Mail- und Internetadresse. In der Betreffzeile wird auf die private Anschrift des Klägers hingewiesen.
Der Beklagte erließ eine zusammengefasste Einspruchsentscheidung, mit welcher er die Einsprüche als unbegründet zurückwies. Dabei ordnete er am 17. September 2008 an, dass die Entscheidung dem Kläger unter diesem Datum per Telefax bekannt gegeben werden solle. Der Beklagte benutzte das Ferrari-Fax-Verfahren. Dabei schickt der Bearbeiter eine E-Mail mit einer angehängten Datei, die den Text des zu faxenden Schreibens enthält, über das Intranet der Finanzverwaltung an deren Rechenzentrum in E, welches die Textdatei in ein Fax umwandelt und dieses über das Telefonnetz mittels Tonsignalen an die angegebene Nummer sendet. Die E-Mail wird nicht mit einer elektronischen Signatur versehen. Liegt das Zeichnungsrecht beim Sachgebietsleiter, muss dieser den Steuerfall an seinem Computer freigeben, bevor die E-Mail verschickt werden kann. So wurde auch im Streitfall verfahren. Die Textdatei mit der Einspruchsentscheidung wurde zudem beim Beklagten ausgedruckt, vom Sachgebietsleiter bei der Freigabe paraphiert und zu den Steuerakten genommen.
Nach Angaben des Beklagten hat die Übermittlung des acht Seiten umfassenden Dokuments an den Kläger um 16:04:51 Uhr begonnen und 04:36 Minuten bis zur vollständigen Übertragung gedauert. Ein entsprechender Vermerk befindet sich auf jeder Seite der Aktenausfertigung. Außerdem hat der Beklagte einen Sendebericht vom 17. September 2008 vorgelegt, auf den Bezug genommen wird.
Der Kläger bestreitet, dass das Telefax mit der Einspruchsentscheidung in seinem Büro angekommen sei. Er besaß seinerzeit ein Gerät der Firma Xerox vom Typ Work Centre P128V UTIX, das als Zentraldrucker, Scanner, Kopierer sowie für Erhalt und Versand von Faxen benutzt wurde. Das Gerät druckte eingehende Faxe automatisch aus und zwar auf gelbem Papier, um sie von Kopien zu unterscheiden. Die eingehenden Faxe konnten gespeichert und weitergeleitet werden. Die Bedienungsanleitung befindet sich bei den Gerichtsakten. Der Kläger hat eine Kopie aus seinem Posteingangsbuch für den Zeitraum vom 29. August bis 20. September 2008 eingereicht, in dem die Einspruchsentscheidung nicht verzeichnet ist.
Am 17. November 2008 übergab der Beklagte dem Kläger, der wegen Steuerrückständen eine Mahnung erhalten und persönlich vorgesprochen hatte, auf dessen Bitte eine Kopie der Einspruchsentscheidung, in der die Rechtsmittelbelehrung gestrichen worden war.
Am 20. November 2008 hat der Kläger unter anderem wegen der Einkommensteuer für die Streitjahre Klage erhoben. Mit am 4. September 2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz der Klägervertreter haben diese mitgeteilt, dass sich die Klage auch gegen die Feststellung der Einkünfte für 2001 und 2002 richte.
Der Kläger macht geltend, die Einspruchsentscheidung sei am 17. September 2008 nicht wirksam bekannt gegeben und habe die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt. Der Beklagte müsse den Zugang nachweisen, was ihm aber nicht gelungen sei. Zudem liege in einer solchen Bekanntgabe ein Verstoß gegen das Steuergeheimnis. Er, der Kläger, habe zu keinem Zeitpunkt zugestimmt, sondern sich ausdrücklich dagegen verwahrt, dass ihm Schriftstücke über seine privaten Steuern vom Beklagten per Telefax übermittelt werden.
Der Kläger beantragt,
die Zulässigkeit der Klage festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass die Einkommensteuerbescheide wegen Versäumung der Klagefrist bestandskräftig geworden seien. Er hat im Schriftsatz vom 14. Oktober 2009 näher bezeichnete Beweisanträge gestellt und die unterlassene Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung gerügt. Er ist der Auffassung, dass bei dem Ferrari-Fax-Verfahren eine qualifizierte elektronische Signatur nicht erforderlich sei. Es handele sich nicht um einen elektronischen oder elektronisch übermittelten Verwaltungsakt.
Entscheidungsgründe
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, über die Zulässigkeit der Klage durch Zwischenurteil vorab zu entscheiden (§ 97 FGO), und stellt fest, dass die vorliegende Klage zulässig ist.
Die bei der Zulässigkeit allein streitige Klagefrist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO ist entgegen der Auffassung des Beklagten gewahrt.
Nach dieser Bestimmung beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage einen Monat. Diese beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Dabei muss die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung den dafür geltenden gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Eine nicht wirksam bekannt gegebene Einspruchsentscheidung setzt die Klagefrist nicht in Lauf. Der Senat folgt in dieser Frage der ständigen Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteile vom 14. November 1968 I R 9/68, BStBl II 1969, 151; vom 6. September 1990 IV R 7/90, BFH/NV 1991, 714 und vom 20. Dezember 2000 III R 17/97, BFH/NV 2001, 914).
I. Die am 17. September 2008 übermittelte Einspruchsentscheidung hat die Klagefrist deshalb nicht anlaufen lassen, weil die Bekanntgabe in der vom Beklagten durchgeführten Form gegen § 366 AO verstößt. Der Beklagte hat die Einspruchsentscheidung am 17. September 2008 nicht schriftlich erteilt.
1. Die gesetzliche Anordnung, die Einspruchsentscheidung in schriftlicher Form zu "erteilen", geht auf das dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 21. August 2002 (BGBl I S. 3322) zurück. Dieses ersetzt die bis dahin geltende Formulierung in § 366 Satz 1 AO, die Einspruchsentscheidung sei schriftlich "abzufassen". Damit sollte klargestellt werden, dass sich das Schriftformerfordernis bei Einspruchsentscheidungen nicht auf das bei der Finanzbehörde verbleibende "Aktenexemplar" bezieht (Bundestags-Drucksache 14/9000 S. 38). In schriftlicher Form zu "erteilen" verlangt vielmehr, dass die Einspruchsentscheidung dem Einspruchsführer in schriftlicher Form bekannt gegeben wird (BFH-Urteil vom 8. Juli 1998 I R 17/96, BStBl II 1999, 48; Hardtke in Kühn/von Wedelstädt, AO und FGO, 18. Auflage, § 366 Rn. 1, Pahlke in Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 366 Rn. 1). Die hier vom Beklagten am 17. September 2008 gewählte Art der Bekanntgabe lässt sich nicht als schriftliche Erteilung einer Einspruchsentscheidung im Sinne des § 366 AG einordnen.
2. Nach § 119 Abs. 2 Satz 1 AO kann ein Verwaltungsakt nicht nur schriftlich, sondern grundsätzlich auch elektronisch erlassen werden. Hier hat der Beklagte die Einspruchsentscheidung elektronisch übermittelt.
a) Die begriffliche Unterscheidung zwischen "elektronisch" und "schriftlich" in der AG ist - ebenso wie im VwVfG und im SGB X - durch das bereits erwähnte dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 21. August 2002 (BGBl I S. 3322) eingeführt worden. Das Gesetz soll rechtsverbindliche Grundlagen für die elektronische Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung schaffen und eine Modernisierung der Verwaltung zum eGovernment hin erreichen. Allerdings werden der Begriff des elektronisch erlassenen Verwaltungsaktes und seine Abgrenzung zum schriftlichen Verwaltungsakt im Gesetz selbst an keiner Stelle definiert. Die zutreffende Einordnung einer aus dem Computer erzeugten E-Mail mit nachfolgender Umwandlung in ein Fax wie im vorliegenden Sachverhalt ist strittig.
b) Zur aktuellen Gesetzeslage in der AO liegen bisher - soweit ersichtlich – noch keine Entscheidungen des BFH vor. Dessen Urteil vom 8. Juli 1998 (I R 17/96, BStBl II 1999, 48) beruht noch auf der früheren Fassung der AO und behandelt zudem nur die Übermittlung eines Telefax ohne vorherige E-Mail wie im Streitfall. Seinerzeit konnten schriftliche Verwaltungsakte nur schriftlich bekannt gegeben werden.
Zum jetzt geltenden Recht lässt sich der Meinungsstand wie folgt zusammenfassen. In der Rechtsprechung werden Telefaxe und Computerfaxe kontrovers als elektronische Dokumente (BGH-Beschluss vom 25. April 2006 IV ZB 20105, BGHZ 167, 214) bzw. als schriftliche Dokumente (BVerwG, Beschluss vom 30. März 20068 B 8/06, NJW 2006, 1989) behandelt (offen gelassen vom FG Düsseldorf in den Urteilen vom 24. April 2008 12 K 4730104 E, EFG 2008, 1088 und vom 26. März 2009 11 K 508/06 E, EFG 2009, 1078). Das FG Köln hat darauf abgestellt, ob das Empfangsgerät das eingehende Dokument elektronisch aufzeichnen und weiter bearbeiten kann oder ob es die Sendung lediglich auf Papier ausdrucken kann (Urteil vom 11. März 2009 5 K 1396/05, EFG 2009, 1079, zustimmend Rosenke, EFG 2009, 1080, Revision beim BFH anhängig unter Az. X R 22/09). Diese Differenzierung findet sich auch im Schrifttum (Pahlke in Pahlke/Koenig, § 122 Rn. 87 und Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 122 AO Rn. 327). Andere Stimmen in der Literatur machen die Abgrenzung davon abhängig, worauf der Entäußerungswille der Behörde gerichtet sei (Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1281 [1286]). Die Finanzverwaltung sieht Telefaxe grundsätzlich als elektronische Dokumente an (vgl. AO Anwendungserlass zu § 122 Nr. 1.8.2, BStBl I 2003, 17 und aktuell BStBl1 2008, 26; zustimmend Frotscher in Schwarz, § 122 AO Rn. 136a; siehe auch Finanzministerium NRW, Erlass vom 1. April 2004 S 0066 unter 2.1.1.).
c) Der erkennende Senat stützt sich bei seiner Einordnung der Einspruchsentscheidung als elektronisches Dokument auf folgende Überlegungen. Im Gesetzgebungsverfahren ist zwar in erster Linie hervorgehoben worden, dass eine verstärkte Nutzung der E-Mail erreicht werden solle (Bundestags-Drucksache 14/9000 S. 2, 27, 29, 30, 31, 40, 43). Gleichwohl wurde das Telefax in der Gesetzesbegründung ausdrücklich als elektronisch übermitteltes Dokument eingestuft (Bundestags-Drucksache 14/9000 S. 32). Da um die Zulässigkeit einer Klageerhebung durch Computerfax jahrelang vor Gericht gestritten wurde (GmS OGB, Beschluss vom 5. April 2000 GmS OGB 1/98, NJW 2340; BVerfG, Beschluss der dritten Kammer des ersten Senats vom 4. Juli 2002 2 BvR 2168/00, NJW 2002,3534), liegt es nahe anzunehmen, dass mit dem dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften alle einschlägigen Fragen - und damit auch die Behandlung von Telefaxen - geregelt werden sollten (Roßnagel NJW 2003,469 [470]). Bei den modernen Telefaxgeräten besteht typischerweise die von § 87a Abs. 1 Satz 2 AO vorausgesetzte Möglichkeit, das eingegangene Dokument in einer für den Empfänger bearbeitbaren Weise aufzuzeichnen. Das Gerät des Klägers verfügte ebenfalls über diese Funktion. Für einen elektronischen Verwaltungsakt spricht zudem, dass die abschließende Entscheidung des Sachgebietsleiters allein in der Freigabe einer am Bildschirm sichtbaren Datei besteht. Der Sachgebietsleiter ist gleichsam unmittelbar in die elektronische Übermittlung eingebunden. Der Paraphierung der ausgedruckten Einspruchsentscheidung ist demgegenüber keine besondere rechtliche Bedeutung beizumessen.
3. Ist die durch Gesetz für Verwaltungsakte angeordnete Schriftform von der Finanzbehörde nicht gewahrt worden, kann sie nach § 87a Abs. 4 Satz 1 AO durch die elektronische Form ersetzt werden, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
a) Diese Vorschrift gilt für Einspruchsentscheidungen schon deshalb, weil diese nach § 366 AO "schriftlich" zu erteilen sind. Die Anordnung der Schriftform bedeutet, dass der Inhalt des Verwaltungsakts in einem Schriftstück dokumentiert werden muss, welches die erlassende Behörde erkennen lässt und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthält (§ 119 Abs. 3 AO). Angesichts dieser klaren gesetzlichen Regelung kann sich der Senat nicht der Ansicht der Finanzverwaltung anschließen, durch Telefax bekannt gegebene Verwaltungsakte seien zwar elektronische Verwaltungsakte im Sinne des § 122 Abs. 2a AO, auf sie sei aber § 87a AO nicht anwendbar (vgl. AO-Anwendungserlass zu § 122 Nr. 1.8.2. BStBl I 2003. 17 und aktuell BStBl I 2008. 26: zustimmend Frotscher in Schwarz. § 122 AO Rn. 136a). Überzeugen kann ferner nicht die Auffassung von Thürmer (in Hübschmannl Heppl Spitaler, AO und FGO, Loseblattausgabe, § 87a Rn. 114), dass eine qualifizierte Signatur unterbleiben könne. wenn einer Erklärung im Papierformat ausnahmsweise auch ohne eigenhändige Unterschrift des Ausstellers im Rechtsverkehr Bedeutung beigemessen würde. wie das nach §§ 366. 119 Abs. 3 Satz 2 AO bei der Einspruchsentscheidung der Fall ist. für welche die Namenswiedergabe ausreicht (wie hier Schmieszek in Beermannl Gosch, AO und FGO, Loseblattausgabe, § 87a Rn. 99.1). Nach der Auffassung von Thürmer verbliebe für § 87a Abs. 4 Satz 1 AO praktisch kein Anwendungsbereich mehr. Die Notwendigkeit einer elektronischen Signatur besteht dagegen auch bei einer elektronischen Einspruchsentscheidung; sie soll nämlich deren Authentizität und Integrität gewährleisten.
b) Für Verwaltungsakte ist die elektronische Form im Sinne des § 87a Abs. 4 Satz 1 AO nur ausgeschlossen, soweit es um Pfändungsverfügungen (§ 309 Abs. 1 Satz 2 AO) und Arrestanordnungen (§ 324 Abs. 2 Satz 3 AO) geht. Bei Einspruchsentscheidungen besteht ein entsprechender Ausschluss nicht.
c) Die elektronische Form ersetzt eine gesetzliche Schriftform für Verwaltungsakte nur dann, wenn das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz (§ 2 Nr. 3 SigG) versehen ist (§ 87a Abs. 4 Satz 2 AO) und das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lässt (§ 119 Abs. 3 Satz 3 AO i.v.m. § 7 SigG). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Der Beklagte hat die E-Mail an das Rechenzentrum der Finanzverwaltung nicht mit einer elektronischen Signatur versehen.
d) § 87a Abs. 6 Satz 1 AO ist nicht einschlägig. Nach dieser Norm kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Fälle der Absätze 3 und 4 neben der qualifizierten elektronischen Signatur bis zum 31. Dezember 2011 auch ein anderes sicheres Verfahren zulassen, das die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellt. Die auf dieser Grundlage erlassene Steuerdaten-Übermittlungsverordnung vom 28. Januar 2003 (BGBl I S. 138) enthält nur Ausnahmen für Fälle nach § 87a Abs. 3 AO, also für der Schriftform unterliegende Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen der Steuerpflichtigen an die Finanzbehörde. Für die hier interessierenden formbedürftigen Verwaltungsakte der Finanzbehörde hat das Bundesfinanzministerium von der Möglichkeit des § 87a Abs. 6 Satz 1 AO keinen Gebrauch gemacht.
e) Der Verstoß gegen das gesetzliche Formerfordernis ist ein besonders schwerwiegender Fehler im Sinne von § 125 Abs. 1 AO und führt ebenso wie im Zivilrecht bei Rechtsgeschäften (§ 125 Satz 1 BGB) - zur Nichtigkeit des betreffenden Verwaltungsakts (BGH-Urteil vom 7. Mai 1991 IX ZR 30/90, NJW 1991, 2147 zu § 324 Abs. 2 AO, BFH-Urteil vom 5. Mai 1999 II R 44/96, BFH/NV 2000, 8 zu § 157 Abs. 1 Satz 1 AO). Dieselbe Rechtsfolge tritt ein, wenn wie im Streitfall bei gesetzlich vorgeschriebener Schriftform ein Verwaltungsakt in elektronischer Form ohne qualifizierte elektronische Signatur übermittelt wird (Pahlke in Pahlke/Koenig, § 119 Rn. 27; Frotscher in Schwarz, Kommentar zur AO, Loseblattausgabe, § 119 Rn. 15; Wagner in Kühn/von Wedelstädt, § 87a Rn. 12).
Die Nichtigkeit nach § 125 Abs. 1 AO schließt die Möglichkeit einer Heilung gemäß § 126 AO oder die Anwendung von § 127 AO aus. Auf die tatsächliche Frage, ob das Telefax des Beklagten vom Gerät des Klägers aufgezeichnet worden ist oder nicht (§ 122 Abs. 2a AO), kommt es für den Streitfall nicht an.
II. Durch die dem Kläger am 17. November 2008 übergebene Einspruchsentscheidung hat die Klagefrist nicht anlaufen können, weil der Beklagte darin zuvor die Rechtsmittelbelehrung gestrichen hat. Nach § 55 Abs. 1 FGO beginnt die Frist für einen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte darüber ordnungsgemäß belehrt worden ist. Unterbleibt die Belehrung, ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe im Sinne
des § 54 Abs. 1 FGO zulässig.
Diese am 17. November 2008 anlaufende Jahresfrist hat der Kläger gewahrt. Er hat am 20. November 2008 Klage wegen der Einkommensteuer für die noch strittigen Streitjahre erhoben und mit dem 4. September 2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz mitgeteilt, dass sich die Klage auch gegen die Feststellung der Einkünfte für 2001 und 2002 richte.
Eine Kostenentscheidung unterbleibt, weil noch nicht feststeht, wer im Rechtsstreit endgültig unterliegen wird.
Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da Rechtsprechung des BFH zur Frage der Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten bisher nicht vorliegt, zu diesem Thema bereits das Verfahren X R 22/09 anhängig ist und die Problematik angesichts der großen Verbreitung des Ferrari-Fax-Verfahrens von erheblicher praktischer Bedeutung ist.

RechtsgebietFGOVorschriften§ 47 Abs. 1 S. 1 FGO

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