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25.08.2009 · IWW-Abrufnummer 092767

Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 13.08.2008 – VII Verg 28/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


VII-Verg 28/08

Tenor:

Die (Anschluss-) Beschwerden der Verfahrensbeteiligten gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 10. April 2008 (VK 1- 33/08) werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller zu 50 % sowie die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner zu weiteren 50 %. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb Generalplanungsleistungen für die Generalsanierung der deutschen Botschaft in Washington/DC im Verhandlungsverfahren nach vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit aus.

In der Vergabebekanntmachung hieß es zu den Teilnahmebedingungen u.a.:

III.2.a) Persönliche Lage des Wirtschaftsteilnehmers sowie Auflagen hinsichtlich der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister:

Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen:

2. Eigenerklärung nach VOF § 11 (über das Nichtzutreffen möglicher Ausschlussgründe).

3. Unabhängigkeitserklärung nach VOF § 7 Abs. (2) (wirtschaftliche Zusammenarbeit/Unabhängigkeit)

III.2.2) Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit:

Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen: Die Leistungsfähigkeit ist mittels Bewerbungsbogen nachzuweisen. Folgende Auskünfte sind zu erteilen (siehe Bewerbungsbogen unter II):

Erklärung über den Gesamtumsatz sowie über den Umsatz für die wesentlichen ausgeschriebenen Leistungen für die letzten 3 Jahre. Die Angaben sind prüffähig zu belegen (z.B. Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers).

III.2.3) Technische Leistungsfähigkeit:

Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen: Nachweis über ein örtlich registriertes Partnerbüro in den USA, welches im Auftragsfall vertraglich eingebunden wird. Die Leistungsfähigkeit ist mittels Bewerbungsbogen nachzuweisen. Folgende Auskünfte sind zu erteilen:

1. Angaben zur personellen Ausstattung des Bewerbers (siehe Bewerbungsbogen unter III).

2. Liste von vergleichbaren Leistungen der letzten 3 Jahre (max. 240 Punkte)

3. Vorstellung von vergleichbaren Referenzprojekten (3 Stck., die mit o.g. Auftragsbeschreibung vergleichbar sind (max. 240 Punkte) (siehe Bewerbungsbogen unter IV und V).

In dem Bewerbungsbogen waren neben der Bürobezeichnung (I) dementsprechend Angaben (II) zum Gesamtumsatz und zum Umsatz im Bereich Generalplanung, (III) zur Bürogröße (insgesamt in den Bereichen Objektplanung, Tragwerksplanung, Technische Ausrüstung) für sich (-0) und für vorgesehene Nachunternehmer (-1) zu machen. Sodann hieß es:

Im Falle der Teilnahme an der 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens ist der Nachweis vorzulegen, daß dem Bewerber die erforderlichen Mittel der benannten Nachunternehmer zur Verfügung stehen, ...

Es folgten sodann bestimmte Mindestanforderungen in diesen Punkten, teilweise nur für Bewerber, teilweise für Bewerber einschließlich Nachunternehmern. Außerdem war die Angabe bestimmter Leistungen der 3 letzten Jahre nur des Bewerbers I-0 gefordert.

Der "Zuschlagskriterienbogen" enthielt die Angabe der Zuschlagskriterien mit Unterkriterien und maximalen Punktzahlen. Zum Zuschlagskriterium "Honorar" hieß es:

Zuschlagskriterium Bewertung Pkt. max.

Vollständigkeit, Wirtschaftlichkeit des Angebotes, 100

Höhe Gesamtsumme, einschl. lineare Abstufung

- Nebenkosten

- Stundensätze bei 1000 Std.

Wie sich im Vergabenachprüfungsverfahren herausstellte, legte die Antragsgegnerin bei ihrer Bewertung intern einen Sockelbetrag von 3 Mio. Euro fest, der einer Punktzahl von 100 entsprach. Bei der Überschreitung des Sockelbetrages von - ursprünglich jeweils 20.000 Euro, später - jeweils 30.000 Euro wurde 1 Punkt abgezogen.

Die Antragstellerin, deren Bewerbung ebenso wie die der Beigeladenen im ersten Stadium zugelassen wurde, gab ebenso wie die Beigeladene ein Angebot ab. Im Hinblick auf 6.13 des Vertrages ("Die allgemeinen Nebenkosten nach § 7 HOAI, wie z.B. ... sowie aller Übersetzungskosten sind pauschal mit ... % des Honorars abgegolten") sowie 6.8 ("Verzögert sich die Bauzeit durch Umstände, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, wesentlich, so ist für die Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung zu vereinbaren. Eine Überschreitung bis zu 20 v. H. der festgelegten Ausführungszeit, maximal jedoch 6 Monate, ist durch das Honorar abgegolten. ..") rechnete die Antragsgegnerin bei dem Angebot der Antragstellerin von letzterer genannte 300.000 Euro für Übersetzungskosten und 350.000 Euro bei einer Bauzeitverlängerung von 6 Monaten ein. Außerdem wurde der Antragstellerin hinsichtlich des von ihr für Freianlagen benannten Fachplaners O... kein Punkt zugebilligt.

Bei einer Gesamtwertung erreichte die Antragstellerin 285,64 Punkte, die Beigeladene 320,545 Punkte. Daraufhin informierte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07. Februar entsprechend § 13 VgV, es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, deren Angebot die höchste Punktzahl erreicht habe.

Rügen half die Antragsgegnerin nicht ab. Daraufhin leitete die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren ein. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beigeladene sei auszuschließen. Aus dem Bewerbungsbogen ergebe sich, dass der Bewerber selbst und nicht Nachunternehmer vergleichbare Leistungen und bestimmte Umsatzzahlen aufweisen müsse. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Bewertung des Honorars sei willkürlich, undurchsichtig und HOAI-widrig. Hinsichtlich des Punktes "Freianlagen" habe die Antragsgegnern statt Herrn O... den auch bei der Präsentation anwesenden Herrn P.... mit 10 Punkten bewerten müssen. Sie hat aus diesen Gründen die Zuschlagserteilung an sich, hilfsweise die Neubewertung der Angebote begehrt.

Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Nachprüfungsantrags begehrt. Die Honorarbewertung sei vergaberechtskonform erfolgt, das Wertungskriterium Honorar sei den Bietern bekannt gegeben worden, weitere Einzelheiten hätten ihnen nicht mitgeteilt werden müssen. Die HOAI gelte als Preisrecht für die Planungen hinsichtlich des im Ausland belegenen Gebäudes nicht. Sie habe zu Recht den benannten Herrn O... bei der Bewertung im Teil "Freianlagen" bewertet. Die Beigeladene sei - auch unter Heranziehung der übrigen konzernangehörigen benannten Nachunternehmer - geeignet.

Dem hat sich die Beigeladene angeschlossen.

Die Vergabekammer hat im Hinblick auf die fehlende Bekanntmachung der Matrix zur Punkteermittlung der Antragsgegnerin untersagt, ohne vorherige Mitteilung der Berechnungsmethode und Aufforderung der Bieter zur Einreichung eines neues Angebots einen Zuschlag zu erteilen. Im Übrigen hat sie Vergabefehler verneint. Die Beigeladene könne sich wegen verlangter Referenzobjekte auf diejenigen Dritter berufen. Soweit in den Verdingungsunterlagen Mindestumsatzzahlen verlangt würden, sei dies von der Vergabebekanntmachung nicht gedeckt.

Des Weiteren hat die Vergabekammer die Kosten (einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin) teilweise der Antragsgegnerin auferlegt und die Notwendigkeit der Heranziehung eines Verfahrensbevollmächtigten festgestellt.

Gegen diese Entscheidung wenden sich sämtliche Verfahrensbeteiligten.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Beigeladene habe ausgeschlossen werden müssen. Sie habe bestimmte Nachweise nicht fristgerecht erbracht. Zudem habe die Antragsgegnerin bei ihrer Bewertung berücksichtigen müssen, dass - wie bei der Präsentation klargestellt - der Mitarbeiter P.... und nicht der Mitarbeiter O... für die Freianlagen verantwortlich sein solle. Sie beantragt daher,

der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr den Auftrag zu erteilen,

hilfsweise,

der Antragsgegnerin aufzuerlegen, bei erneuter Bewertung nach Aufforderung zur Abgabe eines Honorarangebots und vorheriger Mitteilung der Berechnungsmethode für das Zuschlagskriterium "Honorar" ihr, der Antragstellerin hinsichtlich des Zuschlagskriteriums "Qualität und Erfahrung des Projektteams" oder "Präsentation im Verhandlungsverfahren" zusätzlich 10 Punkte für die Fachplanung Freianlagen für Herrn P.... zu erteilen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen,

und - die Antragsgegnerin im Wege der Anschlussbeschwerde, die Beigeladene durch selbständige Beschwerde - den Beschluss der Vergabekammer insoweit aufzuheben, als der Antragsgegnerin untersagt worden ist, den Auftrag zu erteilen, ohne den Bewerbern vor erneuter Aufforderung zur Abgabe eines Honorarangebotes mitgeteilt zu haben, nach welcher Berechnungsmethode sie die für das Zuschlagskriterium "Honorar" erreichbaren Wertungspunkte ermittelt.

Sie meinen, die Berechnungsmethode habe entgegen der Auffassung der Vergabekammer den Bietern nicht bekannt gegeben werden müssen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die fehlende Bekanntgabe für den Inhalt des Angebots der Antragstellerin ursächlich geworden sei.

Die Beigeladene meint zudem, der Antragstellerin fehle es an der Antragsbefugnis, weil sie zwingend auszuschließen sei. Sie sei nämlich durch bestimmte Leistungen (Asbestschutzgutachten, Pilotuntersuchung, Energiestudie) vorbefasst gewesen. Dem sind die Antragsgegnerin und die Antragstellerin entgegen getreten.

Die Antragsgegnerin beantragt zudem

festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten nicht notwendig war.

Für die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten vor der Vergabekammer gebe es keine Gründe.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde der Beigeladenen sowie die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt insoweit die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen Bezug genommen.

II.

Sämtliche Rechtsmittel haben keinen Erfolg. Zu Recht hat die Vergabekammer der Antragsgegnerin die Zuschlagserteilung untersagt, solange sie nicht zuvor den Bietern die Berechnungsmethode hinsichtlich des Wertungskriteriums "Honorar" mitgeteilt und den Bietern eine Möglichkeit zur Einreichung neuer Angebote eingeräumt hat, und weitergehende Maßnahmen wie den von der Antragstellerin begehrten Ausschluss der Beigeladenen abgelehnt.

1.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig. Ob ihr Angebot wegen Vorbefasstheit auszuschließen ist, wie die Beigeladene meint, ist keine Frage der Antragsbefugnis, sondern der Begründetheit des Antrages ( BGH NZBau 2004, 457).

Der Nachprüfungsantrag ist auch nicht deswegen unbegründet, weil eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin durch die gerügten Vergabefehler bereits deswegen ausscheidet, da ihr Angebot wegen Vorbefasstheit von vornherein auszuschließen gewesen wäre und etwaige Fehler im weiteren Vergabeverfahren sie von vornherein nicht mehr betreffen könnten.

Die Antragstellerin ist nicht als Sachverständige im Sinne des § 6 VOF an dem Vergabeverfahren beteiligt.

Über den Ausschluss vorbefasster Unternehmen vom Wettbewerb fehlt in der VOF eine ausdrückliche Vorschrift. Ihr Ausschluss könnte daher nur auf § 4 Abs. 3 VOF gestützt werden. Aber auch diese Vorschrift greift nicht ein. Auch wenn § 4 Abs. 5 VgV (vgl. auch § 6 Abs. 3 VgV) nicht für nach der VOF zu vergebende Leistungen unmittelbar gilt, sind die darin enthaltenen Grundsätze dennoch anzuwenden (vgl. Senat, VergabeR 2006, 137). Diese Regelung ist nämlich als ein dem Wettbewerb geschuldetes allgemeines vergaberechtliches Prinzip zu verstehen, das auf die Rechtsprechung des EuGH (VergabeR 2005, 319) zurückgeht. Dieser hat nämlich ausgesprochen, dass vorbefasste Unternehmen nicht ohne Weiteres vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden können, sondern nur dann, wenn sich ihr Vorsprung nicht durch geeignete Maßnahmen zum Schutze der anderen Bieter (z.B. Informationserteilung) ausgleichen lässt.

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die vorgetragenen Arbeiten bei der Antragstellerin einen derartigen Kenntnis- und Erfahrungsvorsprung bewirken, der nicht ausgeglichen werden könnte. Die erstellten Gutachten können, soweit nicht bereits geschehen, den anderen Bietern zur Verfügung gestellt werden. Nicht nur der Antragstellerin, sondern auch den übrigen Bietern kann eine Ortsbesichtigung gestattet werden. Ob die Probesanierung einen Erfahrungsvorsprung der Antragstellerin erbracht hat, der keinen Niederschlag in den Gutachten gefunden hat, vermag der Senat gegenwärtig nicht zu klären; gegebenenfalls sind deswegen weitere Informationen den anderen Bietern zugänglich zu machen.

Darauf hinzuweisen ist, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Kenntnis- und Erfahrungsvorsprung der Antragstellerin bereits im angegriffenen Vergabeverfahren hinreichend kompensiert worden ist oder nicht; da das Vergabeverfahren - bei Fortbestand einer Vergabeabsicht - aus anderen Gründen in weiten Teilen zu wiederholen ist (vgl. nachfolgend unter 2.), kann (und hat) dies auch in dem zu wiederholenden Verfahren geschehen.

2.

Zutreffend hat die Vergabekammer angenommen, dass die Auftragskriterien nicht entsprechend § 16 Abs. 2 VOF hinreichend bekannt gegeben worden sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 24.01.2008 - C-532/06) und des Senats (zuletzt Beschluss vom 21.05.2008, VII-Verg 19/08) müssen auch die Unterkriterien sowie die bei der Gewichtung verwendeten Maßstäbe den Bietern bekannt gegeben werden. Das ist jedoch nicht der Fall gewesen. So ist hinsichtlich des Honorars weder der Sockelbetrag noch die Bemessung der Punktzahlen für die Überschreitung des Sockelbetrages noch die (von der Antragsgegnerin im Verlaufe des Vergabeverfahrens sogar geänderte) Berechnungsweise als solche den Bietern bekannt gegeben worden. Ob es sich dabei um "Unterkriterien" handelt, ist unerheblich, das Gebot der Bekanntgabe gilt nämlich auch für die Maßstäbe zur Art und Weise der Berechnung.

Eine Bekanntgabe der Matrix erübrigte sich nicht deshalb, weil dies die Angebote der Bieter nicht hätte beeinflussen können. Dieser Ausnahmefall liegt schon deswegen nicht vor, weil die zwingenden Preisvorschriften der HOAI, wie die Vergabekammer zutreffend ausführt, für den im Ausland belegenen Umbau nicht gelten. Die HOAI findet nur auf Bauten im Inland, und zwar unabhängig vom Vertragsstatut (Art. 28 EGBGB), Anwendung (vgl. BGH NJW 2003, 3486); dass die Geltung deutschen Rechts vereinbart worden ist (Art. 28 Abs. 1 EGBGB), ändert an der Nichtgeltung der HOAI daher nichts. Auch die Erwähnung der HOAI im Text des vorgesehenen Vertrages führte nur zu einer subsidiären und ergänzenden Anwendung dieser Vorschriften als frei vereinbartes Vertragsrecht, nicht zur zwingenden Anwendung von HOAI-Vorschriften. Die Bieter konnten daher ihre Angebote vollkommen frei kalkulieren. Die Vorschrift des § 16 Abs. 3 S. 2 HOAI spielt keine Rolle.

Aus dem gleichen Grunde ist auch davon auszugehen, dass die Antragstellerin durch den Vergabeverstoß in ihren Rechten verletzt worden ist. Der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ist zwar zuzugeben, dass die Antragstellerin die Bewertungsmatrix als solche angreift. Sie geht dabei jedoch irrigerweise davon aus, das zwingende Preisrecht der HOAI sei einschlägig. Bei einer Wiederholung könnte die Antragstellerin jedoch ein vollkommen neu kalkuliertes Angebot einreichen; wie dieses aussehen könnte, braucht sie im Nachprüfungsverfahren noch nicht darzulegen. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin im Wiederholungsfalle nicht an die von ihr bisher tatsächlich verwendete Matrix gebunden ist. Infolge der notwendig werdenden Wiederholung einer Angebotseinreichung ist auch unerheblich, ob das jetzt vorliegende Angebot der Antragstellerin bei einer anderen Bewertung eine Zuschlagschance hätte oder nicht.

Die Vergabekammer hat bei seiner Anordnung auch nicht unter Überschreitung seiner Kompetenzen gehandelt. Nach § 114 Abs. 1 GWB ist sie bei ihrer Entscheidung an die Anträge nicht gebunden.

Der getroffenen Anordnung kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass bei einer Wiederholung ein Geheimwettbewerb nicht mehr vollumfänglich gewährleistet sei. Dies ist zwangsläufige Folge der aufgrund des Vergaberechtsfehlers notwendig werdenden Wiederholung. Die Bieter können im Übrigen inhaltlich vollständig abgeänderte Angebote einreichen. Ob dem dritten Bieter zur Herstellung der Chancengleichheit in diesem Vergabenachprüfungsverfahren zu Tage getretene Informationen zur Verfügung zu stellen sind, bedarf keiner Entscheidung.

Da infolge des Vergaberechtsfehlers sämtliche Angebote nicht wertungsfähig sind, kann ein Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin (so ihr Hauptantrag) nicht erfolgen. Dass die neu einzureichenden - und nicht die bisherigen - Angebote der Entscheidung der Antragsgegnerin über die Zuschlagserteilung zu Grunde zu legen und zu diesem Zwecke zu bewerten sind, versteht sich von selbst.

3.

Ob die Wertung der Antragsgegnerin mit 0 Punkten für "Fachplanung Freianlagen" - die auf der eigenen Angabe der Antragstellerin im Antrag beruht - zutrifft, kann offen bleiben. Ihr jetziges Angebot - wie auch das der übrigen Bieter - ist aus den unter 2. genannten Gründen nicht wertungsfähig. Sollte die Antragsgegnerin weiter an ihrem Vorhaben festhalten, kann ein Zuschlag nicht ohne die Aufforderung zur Abgabe neuer Angebote erfolgen. Dieses Angebot kann jeder der Bieter gegenüber dem früher eingereichten Angebot vollständig abändern. Der Bewertung dieser neuen Angebote, deren Inhalt nicht prognostiziert werden kann, kann nicht vorgegriffen werden. Aus diesem Grunde greift der Hilfsantrag nicht durch.

4.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Beigeladene nicht auszuschließen.

a) Die Rüge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe die Eignung der Beigeladenen bejaht, obwohl sie Verpflichtungserklärungen von Nachunternehmern, auf die sie sich nach § 12 Abs. 3, § 13 Abs. 3 VOF bezogen habe, teilweise nicht vorgelegt habe, greift nicht durch.

Der "Bewerbungsbogen" sah ausdrücklich vor, dass "der Nachweis, dass dem Bewerber die erforderlichen Mittel der benannten Nachunternehmer zur Verfügung stehen", nur "im Falle der Teilnahme an der 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens vorzulegen" waren. Im Rahmen des 1. Verfahrensstadiums zwecks Auswahl der auszuwählenden Bewerber, in dem die Antragsgegnerin die Eignung nach § 10 Abs. 1, §§ 12, 13 VOF überprüfte, brauchte die Beigeladene mithin Verfügbarkeitsnachweise noch nicht vorzulegen.

Auch soweit die Antragstellerin rügt, die Verfügbarkeitsnachweise seien teilweise auch im Rahmen des 2. Verfahrensstadiums nicht eingereicht worden, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Es kann offen bleiben, unter welchen Umständen Angebote trotz Fehlens einer § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a), Abs. 2 VOB/A, § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. e), Nr. 2 VOL/A entsprechenden Vorschrift in der VOF Angebote wegen fehlender Erklärungen/Nachweise ausgeschlossen werden können (vgl. Rude, VergabeR 2008, 183, 187; OLG Frankfurt, VergabeR 2006, 382). Aus den unter 2. genannten Gründen ist das 2. Verfahrensstadium aus anderen Gründen sowieso zu wiederholen. Aus diesem Grunde wäre ein etwaiger Mangel des Angebots der Beigeladenen als behebbar unerheblich.

b) Die Beigeladene ist auch nicht wegen unzureichender Referenzen auszuschließen.

Den Anforderungen der Vergabebekanntmachung (vgl. Art. 44 Abs. 2 UA 3 VKR, § 10 Abs. 3 VOF) hat die Beigeladene Genüge getan; sie hat entsprechend II.2.3) vergleichbare Leistungen der letzten 3 Jahre benannt. Nach Art. 48 Abs. 3 VKR, § 13 Abs. 2 lit. b), Abs. 3 VOF konnte die Beigeladene dabei auch auf Referenzen von Nachunternehmern zurückgreifen.

Dass laut "Bewerbungsbogen" unter V. nur Referenzen des Bieters selbst anzugeben waren, ändert daran nichts. Die Anforderungen waren nach Art. 44 Abs. 2 UA 3 VKR, § 10 Abs. 3 VOF in der Vergabebekanntmachung selbst zu benennen, später konnte die Vergabestelle diese Anforderungen nur konkretisieren (oder abschwächen). Dass nur noch Referenzen des Bieters selbst maßgeblich sein sollten, stellt eine derartige Konkretisierung nicht dar; der Hinweis in den Verdingungsunterlagen auf den Bewerbungsbogen macht diese nicht zum Bestandteil der Vergabebekanntmachung selbst (vgl. Beschluss des Senats vom 12.03.2008 - VII-Verg 56/07). Abgesehen davon konnte nach den zitierten Vorschriften der Rückgriff auf Nachunternehmer überhaupt nicht ausgeschlossen werden (vgl. EuGH VergabeR 2004, 465).

c) Die Erklärungen der Beigeladenen waren auch nicht hinsichtlich ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit unzulänglich.

Nach III.2.2) hatten die Bewerber eine Erklärung über den Gesamtumsatz sowie über den Umsatz für die wesentlichen ausgeschriebenen Leistungen für die letzten drei Jahre einzureichen, wobei die "Angaben ... prüffähig zu belegen (z.B. Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers)" waren.

Nach dem "Bewerbungsbogen" mussten Gesamtumsatz und Umsatz im Bereich Generalplanung des Bewerbers (ausschließlich Nachunternehmer) bestimmte Werte erreichen. Ob die Beigeladene die Mindestwerte erreichte, kann offen bleiben. Bereits der Ausschluss einer Zurechnung der entsprechenden Daten der Nachunternehmer dürfte Art. 47 Abs. 3 VKR, § 12 Abs. 1 lit. c) i.V.m. § 12 Abs. 3 VOF entgegen stehen. Zudem hätten Mindestumsätze als Mindestanforderung bereits in der Vergabebekanntmachung benannt werden müssen, dies konnte - auch bei einem Verweis in der Vergabebekanntmachung auf die Bewerbungsunterlagen - nicht in den Bewerbungsunterlagen nachgeholt werden.

Soweit die Vergabebekanntmachung neben den Angaben auch prüffähige Belege verlangte, ist die Antragsgegnerin in den Bewerbungsunterlagen darauf nicht mehr zurückgekommen. Sie hat lediglich das Ausfüllen der entsprechenden Spalten durch den Bewerber verlangt. Diese Abschwächung der Anforderungen ist wirksam (vgl. Beschluss des Senats vom 12.12.2007 - VII-Verg 34/07).

5.

Auf das Problem der Verwendung von Eignungskriterien als Zuschlagskriterien sei hingewiesen (vgl. Beschluss des Senats vom 21.05.2008 - VII-Verg 19/08).

6.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1 ZPO analog. Dabei ist zu berücksichtigen, dass weder die Antragstellerin noch die Antragsgegnerin und die Beigeladene mit ihren Anträgen, die - ausdrücklich oder praktisch - auf eine Zuschlagserteilung an die Antragstellerin bzw. die Beigeladene gerichtet waren, erfolgreich gewesen sind.

Soweit die Antragsgegnerin die Entscheidung der Vergabekammer über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten angreift, hat dies keinen Erfolg. Die Vergabekammer hat die Voraussetzungen des § 128 Abs. 4 S. 3 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG nicht verkannt. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war bereits wegen der komplexen Fragen unter 2. und 3. notwendig.

Der Beschwerdewert beträgt gemäß § 50 Abs. 2 GWB 285.000 Euro.

RechtsgebieteVOF, VOB/A, VOL/AVorschriftenVOF § 7 Abs. 2 VOF § 10 Abs. 1 VOF § 10 Abs. 3 VOF § 11 VOF § 12 VOF § 12 Abs. 1 lit. c VOF § 12 Abs. 3 VOF § 13 VOF § 13 Abs. 2 lit. b VOF § 13 Abs. 3 VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a VOB/A § 25 Abs. 2 VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. e VOL/A § 25 Nr. 2

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