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28.10.2009 · IWW-Abrufnummer 092692

Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 20.01.2009 – 3 K 245/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


3 K 245/08

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für die laufenden Aufwendungen für einen Anschluss an eine Notrufzentrale die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen (§ 35 a Einkommensteuergesetz i.d.F. des Streitjahrs --EStG--).

I. Der Kläger ist Beamter im Ruhestand. Am 11. Juni 1990 schloss er vor dem Hintergrund von Einbrüchen in der Nachbarschaft einen Vertrag mit einer Sicherheitsfirma. Danach wurde eine Alarmanlage in seinem Haus angeschlossen an die im Hause eines Sicherheitsunternehmens befindliche Notrufzentrale. Zusätzlich wurde eine Überfalltaste mit digitalem Wählgerät installiert und ein nicht nur im Haus, sondern auch im Garten benutzbarer Handfunkempfänger geliefert (FG-A Bl. 19 f.). Aufgabe der Notrufzentrale ist es, die Polizei und weiter benannte Personen zu informieren (Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 19, 22).

Der Vertrag sieht vor, dass die Kosten im Einsatzfalle für die Alarmverfolgung pro Fahrzeug und Stunde (mit seinerzeit 60 DM) und für das Wachpersonal zur Objektbewachung pro Stunde (mit seinerzeit 60 DM) extra berechnet werden. Derartige Einsatzkosten sind im Klageverfahren nicht mehr streitig (vgl. Einkommensteuer-Akte --ESt-A-- Bl. 209).

Unabhängig von konkreten Alarmfällen hat der Kläger nach dem Vertrag eine monatliche pauschale Grundgebühr für den Anschluss an die Notrufzentrale zu entrichten. Hierfür zahlte er vertragsgemäß anstelle der in 1990 vereinbarten monatlich 60 DM bzw. jährlich 720 DM im Streitjahr insgesamt 412,73 Euro (FG-A Bl. 19, 22, ESt-A Bl. 209).

II. Mit Bescheid vom 14. November 2007 veranlagte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) den Kläger zur Einkommensteuer 2006, ohne die laufenden Aufwendungen für den Anschluss an die Notrufzentrale als haushaltsnahe Dienstleistung zu berücksichtigen (ESt-A Bl. 225).

Nach Einspruch vom 10. Dezember 2007 half das FA in hier nicht mehr interessierenden Streitpunkten durch Änderungsbescheide vom 20. Dezember 2007 und 23. Januar 2008 ab, die so Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurden (ESt-A Bl. 231, 235, 240; FG-A Bl. 3).

Mit Hinweisschreiben vom 22. September 2008 führte das FA aus, die Leistungen der Sicherheitsfirma seien nicht in einem inländischen Haushalt erbracht worden (FG-A Bl. 27, Rechtsbehelfsakte --Rb-A-- Bl. 16).

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. November 2008 tenorierte das FA (im Original fett hervorgehoben; FG-A Bl. 26; Rb-A Bl. 9):

"Die Einsprüche sind zulässig, aber nicht begründet."

Im Text der Einspruchsentscheidung auf dem Deckblatt nahm das FA eingangs auf sein Hinweisschreiben Bezug. Weiter heißt es im dritten und zugleich letzten Satz vor der Rechtsmittelbelehrung:

"... Vor diesem Hintergrund werden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen."

III. Der Kläger hat am 4. Dezember 2008 Klage erhoben und trägt zur Begründung vor (FG-A Bl. 1, 18):

In verfahrensrechtlicher Hinsicht leide die Einspruchsentscheidung unter schweren formellen Mängeln, da sie die erlassende Behörde nicht erkennen lasse und nicht die Unterschrift des Behördenleiters oder seines Beauftragten enthalte.

Weiterhin sei die Einspruchsentscheidung inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, da nicht erkennbar sei, ob die Behörde sachlich über den Einspruch entschieden habe.

Materiellrechtlich sei die steuergesetzliche Begünstigung haushaltsnaher Dienstleistungen teleologisch und im Einklang mit der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung auszulegen. Danach sei eine Dienstleistung "im" Haushalt in dessen Überwachung mit elektronischer Unterstützung zu sehen.

Der Kläger beantragt (FG-A Bl. 1, 31),

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 14. November 2007 in Gestalt der Änderungen vom 20. Dezember 2007 und vom 23. Januar 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 3. November 2008 dahin zu ändern, dass die laufenden Aufwendungen in Höhe von 412,73 EUR für den Anschluss an die Notrufzentrale als haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35 a Absatz 2 EStG in Höhe von 20% bzw. 82,55 EUR steuermindernd berücksichtigt werden.

Das Finanzamt beantragt (FG-A Bl. 25, 31),

die Klage abzuweisen.

Das FA bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung sowie das darin angeführte Hinweisschreiben vom 22. September 2008 und trägt ergänzend vor (FG-A Bl. 25):

Die Einspruchsentscheidung sei formell rechtmäßig ergangen; sie enthalte unzweifelhaft die Zurückweisung des Einspruchs.

Die Einspruchsentscheidung sei auch materiellrechtlich rechtmäßig; die Leistung der Sicherheitsfirma werde ausweislich des geschlossenen Vertrages am Ort des Sicherheitsunternehmens erbracht und nicht im Haushalt des Klägers.

IV. Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 5. Dezember 2008 auf den Einzelrichter übertragen (FG-A Bl. 12).

Ergänzend nimmt das Gericht Bezug auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2009 (FG-A Bl. 30) und auf die oben angeführten Unterlagen sowie die damit zusammenhängenden Vorgänge aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A) und den folgenden Steuerakten:

Rechtsbehelfs-Akte (Rb-A),

Einkommensteuerakte (ESt-A).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet; der Kläger ist nicht in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung --FGO--).

I. Die Einspruchsentscheidung ist formell rechtmäßig gemäß § 366 Abgabenordnung (AO). Sie erging unter dem Briefbogenkopf des erlassenden FA, wurde schriftlich verfasst, begründet und dem Kläger mit Unterschrift des Sachgebietsleiters bekannt gegeben, die auch auf der von ihm eingereichten Kopie ersichtlich ist. Aus dem Tenor und dem weiteren übersichtlichen Text geht eindeutig hervor, dass das FA den Einspruch gegen den angefochtenen Bescheid in Gestalt der Änderungsbescheide als unbegründet zurückweist. Damit ist die Einspruchsentscheidung auch inhaltlich hinreichend bestimmt i.S.v. § 119 Abs. 1 AO. Anstelle einer weiteren Begründung durfte das FA in der Einspruchsentscheidung auf die vorherigen Rechtsausführungen Bezug nehmen (vgl. insoweit Finanzgericht --FG-- München vom 6. März 1985 I 2/82 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1985, 351; Bundesfinanzhof --BFH-- vom 17. Dezember 1981 V R 38/79, [...], nachgehend Bundesverfassungsgericht --BVerfG-- vom 14. Mai 1982 2 BvR 395/82, [...]).

II. Zu Recht hat das Finanzamt die monatlichen pauschalen Grundgebühren für den Anschluss an die außerhalb des eigenen Grundstücks im Hause der Sicherheitsfirma untergebrachte Notrufzentrale nicht als "haushaltsnahe Dienstleistungen" gemäß § 35 a EStG berücksichtigt. Es handelt sich nicht um "in einem inländischen Haushalt" entstandene "Arbeitskosten" im Sinne von Abs. Satz 1 und Abs. 2 Satz 3 EStG.

1. "Im Haushalt" erbrachte Dienstleistungen sind nur solche im räumlichen Bereich des Grundstücks des Steuerpflichtigen, das heißt in den Räumlichkeiten der privaten Wohnung oder des privaten Hauses nebst Zubehörräumen und Garten, nicht jedoch die außerhalb dieses Bereichs erbrachten Leistungen (vgl. Nieder sächsisches FG vom 25. Februar 2009 4 K 12315/06, [...]; Hessisches FG Hessen vom 1. November 2007 4 K 1048/07, [...]; FG Nürnberg vom 22. September 2005 IV 33/2005, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 2006, 599; Drenseck in Schmidt EStG, 27. A., § 35 a Rd. 15).

2. Dass eine Tätigkeit außerhalb mittels Leitungen zum Grundstück und dortiger technischer Einrichtungen an beiden Orten Wirkungen erzeugt und der Erfolg dem Haushalt zugute kommt, genügt nicht, weil die "Arbeitskosten" im Haushalt angefallen sein müssen. Mit dem Erfordernis der Arbeitskosten setzt die Steuerbegünstigung Arbeitslohn für eine Dienstleistung im Haushalt voraus (vgl. Frotscher, EStG, § 35 a, Rd. 21e; entgegen Drenseck in Schmidt, EStG, 27. A, § 35 a Rd. 18 betr. Abwassergebühren).

3. Durch den fehlenden Arbeitslohn unterscheiden sich die hier geltend gemachten pauschalen Grundgebühren für einen Anschluss an die außerhalb befindliche Notrufzentrale von den durch das Finanzamt bereits berücksichtigten Aufwendungen für einen Wachpersonaleinsatz auf dem Grundstück. Die pauschalen Aufwendungen für den Anschluss an eine Notrufbereitschaft wären nur dann begünstigt, wenn die Notrufbereitschaft im räumlichen Bereich des Grundstücks untergebracht wäre und dort ihre Tätigkeit ausüben würde (vgl. BFH vom 29. Januar 2009 VI R 28/08, BFHE vorgesehen, BFH/NV 2009, 823; vorgehend FG Hamburg vom 5. Mai 2008 6 K 175/05, EFG 2008, 1888).

III. Die Kostenlast des unterliegenden Klägers folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Revisions-Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.

Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter nach § 6 FGO (oben A IV).

RechtsgebieteAO, EStGVorschriftenAO § 119 Abs. 1 EStG § 35a

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