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23.07.2009 · IWW-Abrufnummer 092394

Landgericht Münster: Urteil vom 21.08.2008 – 15 O 111/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Münster

15 O 111/08

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d :

Die Kläger machen Ansprüche aus fehlerhafter Anwaltsberatung im Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit der Beklagten bzw. ihrer damaligen Sozia in einem Haftpflichtversicherungsrechtsstreit geltend.

Anlass für die anwaltliche Beauftragung der zwischenzeitlich verstorbenen früheren Sozia der Beklagten war folgender Sachverhalt:

Am 30.04.2001 ereignete sich ein Verkehrsunfall, in den der Pfarrer M und zwei Pferde der Frau O verwickelt waren. Herr M erlitt bei diesem Unfall ganz erhebliche und dauerhafte Verletzungen. Die beiden Pferde waren auf einem Pferdehof untergebracht gewesen, auf dem auch das Pony "D" der Klägerin zu 1) untergebracht war. Der Kläger zu 2), der der Vater der Klägerin zu 1) ist, war Versicherungsnehmer sowohl einer Tierhalterhaftpflichtversicherung für das Pony bei der W als auch einer Privathaftpflichtversicherung bei der P, in denen jeweils die Klägerin zu 1) mitversichert war. Hinsichtlich der diesen Verträgen zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen wird u.a. auf Blatt 173-182 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Kläger zu 2) begehrte in dem Verfahren ###### vor der erkennenden Kammer Deckungsschutz von beiden Versicherern, da die Klägerin zu 1) von den Unfallbeteiligten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wurde. In diesem Verfahren wurde er von der bereits oben erwähnten, zwischenzeitlich verstorbenen Sozia der Beklagten vertreten.

Den Schadensersatzbegehren gegen die Klägerin zu 1) lag der Vorwurf zugrunde, die in den Unfall verwickelten Pferde hätten nur deshalb vom Hof entweichen können, weil die Klägerin zu 1) die Außentür der Ponybox nicht ordnungsgemäß verriegelt habe.

U.a. klagte die Eigentümerin der in den Unfall verwickelten Pferde gegen die Klägerin zu 1) auf Schadensersatz (LG Münster ##### (Hamm #####)). In diesem Verfahren wurde nach Beweisaufnahme auch tatsächlich festgestellt, dass die Klägerin zu 1) das Tor fahrlässig unverschlossen zurückgelassen habe und insoweit eine Haftung der Klägerin zu 1) nach § 823 BGB bejaht.

Die P lehnte in dem Verfahren ###### eine Haftung unter Hinweis auf Ziff A. III 1 (RBE) ab, wonach die "Haftpflicht als Tierhalter oder Tierhüter" ausgeschlossen ist.

Die Kammer wies die Klage gegen die Tierhalterhaftpflichtversicherung (W) mit Urteil vom 01.04.2004 ab, weil als tierhalterhaftpflichtversichertes Risiko hier nur in Betracht gekommen sei, dass das Pony selbst die Tür aufgeschoben habe, was aber letztlich nicht habe bewiesen werden können. Daher sei ein Tierhalterhaftpflichtfall nicht feststellbar. Die Haftung der Privathaftpflicht bejahte die Kammer hingegen und verurteilte die P insoweit zur Gewährung von Deckungsschutz. Es stehe aus prozessualen Gründen fest, dass die Klägerin zu 1) das Tor nicht ordnungsgemäß verschlossen habe. Dafür müsse die Privathaftpflichtversicherung einstehen.

Gegen dieses Urteil legten sowohl die Privathaftpflichtversicherung P als auch der Kläger zu 2) Berufung ein. Zwischenzeitlich war die Klägerin zu 1) im Verfahren ###### zur Zahlung von 6.950 € an die Pferdebesitzerin verurteilt worden. Darüber hinaus hatten zwischenzeitlich sowohl der verletzte M als auch das B als dessen Arbeitgeber gegen die Klägerin zu 1) Klage auf Schadensersatz erhoben, in denen es um erhebliche Schadenssummen ging.

In der Berufungsbegründung machte der Kläger zu 2) geltend, auch die Tierhalterhaftpflicht hafte für das Verhalten des Ponys. Dies gelte auch für eine Haftung der Klägerin zu 1) aus § 823 BGB. Diese sei auch Halterin des Ponys gewesen. Dieser Vortrag wurde auch mit der Aufzählung von Einzelheiten über die tatsächlichen Verhältnisse konkretisiert.

Die P machte geltend, der Haftungsausschluss greife hier, da auch eine Haftung nach § 823 BGB von dem Ausschluss erfasst und insoweit nicht nur die "klassische" Tierhalterhaftung nach § 833 BGB gemeint sei.

Das OLG Hamm hat das Urteil der Kammer im Ergebnis bestätigt. In dem Verfahren gab es jedoch insofern eine neue und letztlich folgenschwere Entwicklung, als der Kläger zu 2) erstmals in der mündlichen Anhörung vor dem Senat am 26.01.2005 – unstreitig ohne vorherige Absprache mit seiner Bevollmächtigten – die Haltereigenschaft seiner Tochter in Abrede stellte und ausführlichen neuen Vortrag brachte (hinsichtlich des genauen Vortrages wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen auf Bl. 137 der Akte Bezug genommen, in denen der Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2005 zutreffend wiedergeben wird (Blatt 203, 203 R, 204 der Gerichtsakte ######, ###### LG Münster / OLG Hamm)).

In der ersten Instanz hatte der Kläger noch ausdrücklich und substantiiert behauptet, dass die Klägerin zu 1) Halterin sei. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf Bl. 152 der Akte ###### LG Münster Bezug genommen. Es lag somit nunmehr ein neuer Vortrag vor, den die W sich umgehend zu eigen machte und unstreitig stellte, die P hingegen zurückwies. Im Verhältnis zur W sah das OLG Hamm aufgrund des neuen – unstreitigen – Vortrages die Klägerin nicht mehr als Halterin an, während im Verhältnis zur P die Haltereigenschaft nach wie vor unterstellt werden müsse, da die P zulässigerweise den neuen Sachvortrag bestritten habe und dieser somit als in der Berufungsinstanz nach § 531 ZPO ausgeschlossen zu behandeln gewesen sei. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass die beiden Beklagten keine notwendigen Streitgenossen waren, so dass sie unabhängig voneinander Vortrag bestreiten oder unstreitig stellen konnten, was sich dann auch nur im jeweiligen Prozessverhältnis auswirke.

Trotz der im Verhältnis zur P zugrunde zu legenden Haltereigenschaft der Klägerin zu 1) bejahte der Senat letztlich die Haftung der P als Privathaftpflichtversicherer, da der Ausschluss der Ziffer III A 1 RBE im zu entscheidenden Fall nicht greife. Er sei nach verständiger Auslegung so zu verstehen, dass er nur die klassische Tierhalterhaftpflicht nach § 833 BGB erfasse. Soweit es um den Vorwurf gehe, die Klägerin zu 1) habe das Tor nicht ordnungsgemäß verschlossen, hafte diese hingegen nach § 823 BGB, für den der Ausschluss nicht gelte.

Gegen das Urteil des OLG Hamm vom 23.02.2005 legte (nur) die P Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH ein, die im Ergebnis Erfolg hatte und zu einer Abweisung der Klage auch gegen sie führte. Der BGH führte insoweit aus, es sei zutreffend, dass im Verhältnis zur P die Klägerin zu 1) als Halterin anzusehen sei. Es greife aber entgegen der Auffassung des OLG der Ausschluss der Ziffer III A 1 RBE, da dieser sich nicht nur auf § 833 BGB sondern auch auf die Haftung der Tierhalter wegen anderer Anspruchsgrundlagen beziehe. Entscheidend sei nach Auffassung des Senats letztlich, ob eine halterspezifische Pflichtverletzung vorliege, was hier in Gestalt des Offenlassens der Stalltür der Fall sei. Durch diese weitreichende Wirkung des Ausschlusses drohe auch keine Deckungslücke im Falle einer Haftung nach § 823 BGB, da sich der Versicherungsschutz einer Tierhalterhaftpflichtversicherung auch auf eine Haftung nach § 823 BGB erstrecke. Dass hier im konkreten Fall der Kläger zu 2) letztlich ohne Versicherungsschutz bleibe, sei auf die außergewöhnliche, durch den Kläger oder seine Anwältin herbeigeführte, prozessuale Konstellation zurückzuführen.

Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte hafte aus anwaltlicher Schlechtberatung, da sie bzw. ihre damals tätige Sozia es unterlassen habe, den Kläger zu 2) in dem damaligen Deckungsprozess über die Möglichkeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde in Bezug auf die Abweisung der Klage gegen die Tierhalterhaftpflichtversicherung aufzuklären und diese letztlich auch zu erheben. Aufgrund der beiden nun rechtskräftigen Klageabweisungen ist die Klägerin zu 1) ohne Haftpflichtversicherungsschutz, was nicht der Fall gewesen wäre, wenn das Rechtmittel eingelegt worden wäre. Die Kläger sind nämlich weiter der Auffassung, der BGH hätte der Klage gegen die Tierhalterhaftpflicht stattgegeben. Darauf, dass im Verhältnis zur Tierhalterhaftpflichtversicherung die Klägerin zu 1) nicht als Halter anzusehen gewesen sei – was im Übrigen auch nicht zutreffe, da sie tatsächlich doch die Halterin des Ponys gewesen sei – komme es nicht an. Die Mitversicherung der Klägerin zu 1) durch den Vertrag des Klägers zu 2) erstrecke sich nämlich auch auf ihre Haftung nach § 823 BGB, unabhängig davon, ob sie selbst Tierhalterin war oder nicht, da allein maßgeblich sei, ob eine tierhalterspezifische Pflichtverletzung vorliege, was der BGH hier bejaht habe und auch im Revisionsverfahren gegen die W bejaht hätte. Vor diesem Hintergrund stünden der Klägerin zu 1) Ansprüche gegen die Beklagte aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu.

Als Schaden könne sie nun die Beträge geltend machen, für die die Tierhalterhaftpflichtversicherung hätte einstehen müssen, was auch die entstandenen Prozesskosten umfasse.

Sie beantragen daher,

1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) einen Betrag i.H.v. 8.690,42 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.05.2007 zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) alle aus der fehlerhaften Prozessführung der Anwaltssozietät H bzw. H1 in dem Verfahren K gegen W AG (Az: BGH IV ZR 85/05 – OLG Hamm 20 U 109/04 – LG Münster ######) entstehenden Schaden zu ersetzen,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 95.005,91 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 7.321,92 € seit dem 14.06.2004, auf weitere 10.450,29 € seit dem 28.02.2005, auf weitere 23.761,55 € seit dem 30.05.2007, auf weitere 7.321,92 € seit dem 21.08.2008 sowie auf weitere 46.150,23 € seit Klageerhebung zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger weitere 4.890,66 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde sei nicht angezeigt gewesen, da der BGH diese hätte zurückweisen müssen. Die Klägerin zu 1) hätte nämlich nur dann Ansprüche gegen die Tierhalterhaftpflichtversicherung gehabt, wenn sie auch Halterin gewesen wäre. Das sei – jedenfalls aus prozessualen Gründen – nicht der Fall. Unabhängig davon behauptet sie aber auch, der Kläger zu 2) sei seinerzeit ordnungsgemäß über die Möglichkeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beraten worden und habe sich bewusst dagegen entschieden.

Die Zustellung der Klage ist am 07.04.2008 erfolgt. Ein Teil des Antrages zu 3) i.H.v. 46.150,23 € wurde erst mit Schriftsatz vom 23.07.2008 geltend gemacht. Dieser Schriftsatz ist den Beklagtenvertretern am 31.07.2008 zugestellt worden.

Die Akten BGH IV ZR 85/05 / OLG Hamm 20 U 109/04 / LG Münster ##### und OLG Hamm 27 U 123/02 / LG Münster ##### sind beigezogen worden.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB aus dem Gesichtspunkt fehlerhafter anwaltlicher Beratung.

Es kann dahin stehen, ob die seinerzeit als Parteivertreterin des Klägers zu 2) tätige Kollegin der Beklagten es versäumt hat, den Kläger zu 2) über die Möglichkeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nach Erlass des Urteils des OLG Hamm vom 23.02.2005 zu belehren. Denn selbst wenn eine solche Pflicht bestanden hätte und die Belehrung tatsächlich unterblieben wäre, käme ein Schadensersatzanspruch aus Anwaltsverschulden nur dann in Betracht, wenn das Rechtsmittel, über dessen Einlegungsmöglichkeit zu belehren war – hier die Nichtzulassungsbeschwerde – letztlich auch zum Erfolg hätte führen können. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Selbst wenn der Kläger zu 2) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Nichtzulassungsbeschwerde erhoben hätte, wäre diese erfolglos geblieben und die Abweisung der Klage gegen die Tierhalterhaftpflichtversicherung wäre ebenfalls rechtskräftig geworden.

Entgegen der Auffassung der Kläger konnte auf Grund des Verlaufs des Prozesses ein erfolgreiches Urteil gegen die Tierhalterhaftpflichtversicherung des Klägers zu 2) nicht mehr erreicht werden. Das Oberlandesgericht Hamm hat zu Recht insoweit die Klage abgewiesen, da auf Grund der prozessualen Gegebenheiten die Klägerin zu 1) nicht als Halterin anzusehen war. Durch die Änderung des Sachvortrages in der persönlichen Anhörung des Klägers zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht vom 26.01.2005 und dem Umstand, dass die beklagte Tierhalterhaftpflichtversicherung sich diesen neuen Antrag umgehend zu Eigen gemacht hat, konnte die Klägerin zu 1) jedenfalls im Prozessrechtsverhältnis zwischen dem damaligen Kläger und der Tierhalterhaftpflichtversicherung nicht mehr als Tierhalterin angesehen werden.

Zutreffend hat das Oberlandesgericht Hamm den neuen Vortrag anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2005 rechtlich so gewertet, dass die Haltereigenschaft der Klägerin zu 2) verneint wurde. Halter ist nach gefestigter Rechtsprechung derjenige, dem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt (vgl. BGH VI ZR 188/87). Der neue Vortrag des Klägers zu 2), mit dem dieser signifikant von seinem bisherigen und erstinstanzlichen Vortrag abgewichen ist, lässt keine andere rechtliche Beurteilung zu. Danach hat der Kläger zu 2) das Pferd gekauft, seine Frau war als Eigentümerin eingetragen gewesen und er hat das Tier ohne Absprache mit der Klägerin zu 1) später veräußert. Die Klägerin zu 1) hat sich lediglich um das Tier gekümmert und bestimmt, auf welches Turnier sie geht und teilweise das Tier gefüttert. Nach diesem Vortrag kam somit der Kläger zu 2) für die Kosten des Tieres auf und trug auch allein das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes. Auch stand ihm vor dem Hintergrund der Möglichkeit, das Tier eigenmächtig zu verkaufen, die letztliche Bestimmungsmacht zu.

Da die beiden damaligen Beklagten keine notwendigen Streitgenossen waren, war es auch zutreffend, im Verhältnis zur Tierhalterhaftpflichtversicherung den neuen Vortrag als zugestanden zu berücksichtigen, während im Verhältnis zur Privathaftpflichtversicherung der Vortrag als in der Berufungsinstanz ausgeschlossen zurückgewiesen wurde. Insoweit wird auf die überzeugende Begründung in dem Urteil des Oberlandesgerichts vom 23.02.2005 Bezug genommen (vgl. darüber hinaus auch BGH NJW-RR 2003, 1344 sowie Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 61 Rdnr. 8).

Von der unterschiedlichen prozessualen Berücksichtigung des neuen Vortrages und somit der rechtlichen Einordnung des Klägers zu 2) als Halter des Tieres im Verhältnis zur Privathaftpflichtversicherung wäre der BGH auch nicht abgewichen, was dieser auch in seinem Urteil vom 25.04.2007 zum Ausdruck gebracht.

Vor dem Hintergrund der nach alledem zu unterstellenden fehlenden Haltereigenschaft der Klägerin zu 1) bestand für sie jedoch im vorliegenden Fall kein Versicherungsschutz durch die Tierhalterhaftpflichtversicherung, so dass aus diesem Grund die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Abweisung der Klage erfolglos geblieben wäre.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Haltereigenschaft nämlich entscheidend für einen Anspruch auf Versicherungsschutz aus der Tierhalterhaftpflichtversicherung. Ihrer Auffassung, dass sich die in den Versicherungsbedingungen geregelte Mitversicherung der Klägerin zu 1) als minderjährige Tochter des Klägers zu 2) auch auf eine unabhängig von der Tierhaltereigenschaft begangene Schädigungshandlung beziehen kann, ist nicht zuzustimmen. Richtig ist, dass der BGH in seinem Urteil vom 25.04.2007 eine Verlagerung der Einstandspflicht von der Privathaftpflichtversicherung auf die Tierhalterhaftpflichtversicherung auch in Fällen der Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB angenommen hat, wenn die dieser Haftung zugrunde liegende Schädigungshandlung tierhalterspezifisch ist. In dem Fall könne der Haftungsausschluss in den Versicherungsbedingungen der Privathaftpflichtversicherung für die Fälle der Haftung als Tierhalter von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur so verstanden werden, dass auch die Fälle einer verschuldensabhängigen Haftung nach § 823 Abs. 1 und nicht nur die Fälle der Gefährdungshaftung nach § 833 BGB in den Bereich der vom Ausschuss erfassten Tierhalterhaftung fallen. Vor diesem Hintergrund hatte der BGH in seinem Urteil in Bezug auf die Privathaftpflichtversicherung – in dem die Haltereigenschaft der Klägerin zu 1) als unstreitig zugrunde zu legen war – die für den Fall maßgebliche Frage darin gesehen, ob die Schädigungshandlung der Klägerin zu 1) in Gestalt des Nichtverschließens der Tür als tierhalterspezifisch anzusehen war und dies letztlich bejaht. Gleichzeitig hat er klargestellt, dass solche Haftungsfälle nach § 823 Abs. 1 BGB dann aber auch in den Versicherungsschutz der Tierhalterhaftpflichtversicherung fallen, so dass durch diese ein ausreichender Schutz des Versicherungsnehmers gewährleistet sei.

Aus dieser Entscheidung kann jedoch entgegen der Auffassung der Kläger nicht der Schluss gezogen werden, dass im vorliegenden Fall eine Haftung der Tierhalterhaftpflicht für die Schädigungshandlung der Klägerin zu 1) zu bejahen gewesen wäre. Denn hier ist die in diesem Fall außergewöhnliche prozessuale Besonderheit entscheidend, dass im Verhältnis zur Privathaftpflichtversicherung die Klägerin zu 1) als Tierhalterin galt, während im Verhältnis zur Tierhalterhaftpflichtversicherung ein Sachvortrag als unstreitig zugrunde gelegt werden musste, der eine rechtliche Einordnung der Klägerin zu 1) als Tierhalterin ausschloss.

Zutreffend ist, dass davon auszugehen ist, dass der BGH dann, wenn auch im Verhältnis zur Tierhalterhaftpflichtversicherung die Klägerin zu 1) als Tierhalterin anzusehen gewesen wäre, im Falle der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde die Eintrittspflicht der Tierhalterhaftpflichtversicherung bejaht hätte. Insoweit hat er nämlich klargestellt, dass das Nichtverschließen der Tür als tierhalterspezifische Handlung zu verstehen sei, was nach seiner in dem Urteil zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung als Fall der Tierhalterhaftpflicht und somit als vom Versicherungsschutz gedeckt anzusehen gewesen wäre.

Dadurch, dass die Klägerin zu 1) jedoch gerade nicht als Tierhalterin angesehen werden konnte, kann nach Auffassung der Kammer ein Versicherungsfall im Sinne der Tierhalterhaftpflichtversicherungsbedingungen indes nicht angenommen werden. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung steht nach dem klaren Wortlaut der Versicherungsbedingungen nur für die Fälle ein, in denen der in Anspruch genommene Tierhalter oder Tierhüter gewesen ist. Das war hier in der Person der Klägerin zu 1) jedoch nicht der Fall.

Diese genießt nur als Tierhalterin Versicherungsschutz. Sie macht Versicherungsschutz als Mitversicherte der zwischen dem Kläger zu 2) und den beiden Haftpflichtversicherern geschlossenen Versicherungsverträgen geltend.

Nach den Versicherungsbedingungen ist insoweit mitversichert eine "gleichartige gesetzliche Haftpflicht" des Mitversicherten. Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die allgemeinen Bedingungen verstehen muss (vgl. BGH, VersR 1992, 349; BGHZ 123, 83). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann diese Klausel nur dahingehend verstehen, dass die Mitversicherung sich auch nur auf die Fälle erstreckt, in denen der Mitversicherte selbst Tierhalter ist. Denn das ist das Wesen der Tierhalterhaftpflichtversicherung, die denjenigen schützen soll, der ein Tier hält. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung hat nur dann einzutreten, wenn der Versicherungsnehmer Tierhalter oder wenigstens Tierhüter ist. Insoweit sind die Versicherungsbedingungen klar und eindeutig. Wenn in den Versicherungsbedingungen hinsichtlich der Mitversicherung sodann von der "gleichartigen gesetzlichen Haftpflicht" die Rede ist, kann der Versicherungsnehmer das nur dahingehend verstehen, dass dies auch nur dann gilt, wenn die grundsätzliche Voraussetzung der Eintrittspflicht, nämlich die Tierhaltereigenschaft des Versicherten, auch in der Person des Mitversicherten vorliegt. Das war hier nicht der Fall.

Mitversichert nach den Versicherungsbedingungen sind die minderjährigen Kinder nach alledem nur dann, wenn sie selbst Tierhalter eines Tieres sind und in dieser Eigenschaft in Anspruch genommen werden. Eine andere Auslegung würde auch zu einer nicht verständlichen Verwischung der Grenzen zwischen allgemeinen Nichtschädigungspflichten und tierhalterspezifischen Pflichten führen. Es wäre kaum verständlich, dass beispielsweise dann, wenn ein nicht mitversicherter Bekannter eines Tierhalters eine Handlung vornimmt, die auch der Tierhalter hätte vornehmen können, eine Haftpflicht der Tierhalterversicherung ausschiede, diese hingegen dann eintreten müsse, wenn die Handlung durch ein minderjähriges Kind des Tierhalters erfolgt.

Die weite Haftungserstreckung, die der BGH in seinem Urteil begründet hat, bezieht sich auf den Tierhalter, soweit dieser aus Gefährdungshaftung oder auf Grund der Begehung einer tierhalterspezifischen Handlung in Anspruch genommen wird. Zu begründen ist dies damit, dass alle Gefahren, die durch die Haltung des Tieres entstehen und insoweit spezifisch sind, abgedeckt sein sollen. Eine Erweiterung auf Fälle, in denen ein anderer handelt, der selbst nicht Tierhalter ist, ist nicht angezeigt und vor dem Hintergrund der Möglichkeit, derartige Risiken durch die Privathaftpflichtversicherung abzudecken, auch nicht erforderlich. Allein der Umstand, dass die Handlung theoretisch auch vom Tierhalter begangen worden sein könnte, rechtfertigt nicht die Einordnung der Handlung als generell tierhalterspezifisch. Maßgebliche Grundvoraussetzung für die Eintrittspflicht der Tierhalterhaftpflichtversicherung ist in jedem Fall die Tierhaltereigenschaft und diese ist auch maßgebliche Grundvoraussetzung für den Fall der Mitversicherung (so jedenfalls im Ergebnis auch Felsch, VersR 2008, 270, der ebenfalls in der Besprechung der BGH-Entscheidung, an der er selbst mitgewirkt hat, nicht davon ausgeht, dass die Tierhalterhaftpflicht für die Klägerin zu 1. hätte einstehen müssen).

Eine andere Sichtweise hätte im Übrigen auch möglicherweise weitreichende Folgen für den flächendeckenden Versicherungsschutz. Wollte man den Versicherungsschutz der Tierhalterhaftpflicht nämlich auch auf solche Fälle, in denen der Handelnde selbst nicht Tierhalter ist, ausdehnen, müsste unter Umständen auch der Haftungsausschluss der Privathaftpflichtversicherung für den Fall der Haftung als Tierhalter ausgedehnt werden. Denn der BGH hat insoweit ausgeführt, dass Sinn und Zweck der Ausschlussklausel die Abgrenzung des mit dem Halten von Tieren erhöhten Haftungsrisikos von dem einer Privatperson aus "den Gefahren des täglichen Lebens" ist (vgl. BGH, IV ZR 85/05). Es geht letztlich um die Abgrenzung zwischen Eintrittspflicht der Privathaftpflicht- zur Tierhalterhaftpflichtversicherung. Das einzige taugliche Kriterium für diese Abgrenzung kann aber allein die Tierhaltereigenschaft sein, denn nur so kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer diese Abgrenzung verstehen.

Es kann nicht darauf ankommen, ob eine (allgemeine) Handlung (wie das Verschließen einer Stalltür) theoretisch auch von einem Tierhalter begangen worden sein könnte. Andernfalls könnte ein unbeteiligter Dritter, der eine derartige Handlung vornimmt, von der Privathaftpflichtversicherung auf den Haftungsausschluss verwiesen werden, nur weil die Handlung theoretisch auch durch einen Tierhalter hätte begangen werden können und deshalb als "tierhalterspezifisch" angesehen werden könnte. Der unbeteiligte Dritte hat üblicherweise keine Tierhalterhaftpflicht und stünde schutzlos da.

Folglich ist in diesem Fall das allgemeine Haftungsrisiko (und somit die Privathaftpflicht) betroffen. Das kann dann aber nicht nur deshalb anders zu beurteilen sein, weil der Handelnde (zufällig) jemand ist, der – wie hier – Mitversicherter einer Tierhalterhaftpflicht ist. Denn das ist ein Gesichtspunkt, der für niemanden erkennbar und in die Entscheidung der Beteiligten gestellt ist.

Für die Abgrenzung zwischen dem Haftungsrisiko des Tierhalters und dem allgemeinen Haftungsrisikos kann nach alledem allein das objektive Kriterium der Haltereigenschaft dienen.

Die Kammer verkennt nicht, dass im vorliegenden Fall die Klägerin zu 1) bedauerlicherweise haftpflichtversicherungsschutzlos ist, obwohl ihr Vater, der Kläger zu 2), durch den Abschluss sowohl einer Privat- als auch Tierhalterhaftpflichtversicherung im Grunde für einen umfassenden und auch grundsätzlich ausreichenden Versicherungsschutz gesorgt hatte. Die Versicherungsschutzlosigkeit ist hier jedoch nicht auf eine grundsätzlich bestehende Versicherungslücke, sondern ausschließlich auf den unglücklichen Umstand zurückzuführen, dass der Kläger zu 2) anlässlich der mündlichen Anhörung vor dem Oberlandesgericht den Prozessvortrag aus der ersten Instanz ohne Rücksprache mit seiner Rechtsanwältin aufgegeben und umgekehrt hat. Ohne dieses Verhalten wäre die Klägerin zu 1) im Verhältnis zu beiden Versicherungen übereinstimmend entweder als Tierhalterin oder eben nicht als Tierhalterin anzusehen gewesen, was zur Eintrittspflicht der einen oder anderen Versicherung geführt hätte. Allein dadurch, dass nunmehr unerwartet in beiden Prozessrechtsverhältnissen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde gelegt werden mussten, ist es überhaupt zu der Deckungsschutzlücke gekommen. Die Ursache ist jedoch nicht auf das Verhalten der damaligen Parteivertreterin zurückzuführen gewesen, da diese auf die Ausführungen des Klägers zu 2) im mündlichen Termin vor dem Oberlandesgericht keinen Einfluss gehabt hat. Auch stand es ihr aus rechtlichen Gründen nicht zu, davon wieder abweichenden Vortrag zu bringen. Sie konnte die unglückliche und letztlich zur Schutzlosigkeit der Klägerin zu 1) führende prozessuale Besonderheit – die der BGH in seinem Urteil auch ausdrücklich als hier entscheidend gekennzeichnet hat – nicht mehr verhindern.

Der BGH hätte daher vor diesem Hintergrund auch im Falle der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde der Klage gegen die Tierhalterhaftpflichtversicherung nicht stattgegeben und auch nicht stattgeben können. Es fehlte die Haltereigenschaft als Grundvoraussetzung für die Eintrittspflicht der Tierhalterhaftpflichtversicherung in der Person der Klägerin zu 1). Aus diesem Grund scheidet ein Schadensersatzanspruch auf Grund der behaupteten Pflichtverletzung aus.

Soweit die Kläger der Beklagten vorwerfen, sie hätte es unterlassen, nach Durchführung der mündlichen Anhörung weiteren neuen Vortrag zu erbringen, kann darin ebenfalls kein anwaltliches Fehlverhalten gesehen werden. Durch die eindeutigen und unmissverständlichen Ausführungen des Klägers hätte eine andere Sachverhaltsbeurteilung nicht mehr herbeigeführt werden können. Insbesondere wäre die Vorlage des Abstammungsnachweises nicht zielführend gewesen, da die Eintragungen im Abstammungsnachweis für die Frage der Haltereigenschaft hier nicht entscheidend war. Eine andere rechtliche Beurteilung wäre hier nicht geboten gewesen. Daher kommt es nicht mehr darauf an, ob tatsächlich – wie von den Klägern behauptet – der Beklagten bzw. ihrer Sozia die Informationen zur Verfügung gestanden haben und diese es unterlassen hat, die Informationen vorzutragen.

Auch die Tatsache, dass die damals tätige Sozia der Beklagten zur gleichzeitigen Erhebung der Klage gegen die Tierhalter- und Privathaftpflichtversicherung geraten hat, ist nicht als Anwaltsfehler zu werten. Ein Rechtsanwalt muss seine Entscheidung auf den Sachverhalt stützen, der ihm zur Verfügung gestellt wird. Er ist nicht gehalten, in Betracht zu ziehen, dass seine Partei plötzlich und ohne Rücksprache ihren Vortrag abändert und etwas Anderes als zuvor erklärt. Vielmehr darf der Rechtsanwalt davon ausgehen, dass sich der Sachvortrag im Laufe des Prozesses nicht verändern wird. Sonst dürfte eine gewissenhafter Anwalt nie zur Erhebung einer Klage raten, da durch eine Änderung des Vortrages der Rechtsstreit stets verloren gehen könnte.

Wenn der Vortrag unverändert geblieben wäre, hätte die gemeinsame Klageerhebung gegen beide Versicherer auch nicht zu einem rechtlichen Nachteil führen können. Wie bereits oben und darüber hinaus auch vom BGH in seinem Urteil dargelegt, hätte eine der beiden Versicherungen einstehen müssen und die jetzt eingetretene Situation, dass gegen beide Versicherer rechtskräftig die Klage abgewiesen wird, wäre nicht denkbar gewesen. Vor diesem Hintergrund war es nicht zu beanstanden, etwa zur Beschleunigung und auch zur Vermeidung etwaiger Verjährungsprobleme, beide Versicherer gleichzeitig zu verklagen.

Rechtliche Nachteile hätten durch das gemeinsame Verklagen ausschließlich in Gestalt von höheren Prozesskosten entstehen können. Als insoweit kausal verursachter Schaden wäre daher allenfalls der Mehraufwand für die beide Beklagten betreffende Prozessführung denkbar. Vom Schutzzweck der Norm nicht erfasst wären hingegen die hier in erster Linie geltend gemachten Schäden durch den fehlenden Versicherungsschutz. Aber auch insoweit kommt eine Haftung nicht in Betracht, da nicht dargelegt ist, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung über das erhöhte Kostenrisiko nicht erfolgt ist.

Andere anwaltliche Verfehlungen im Zusammenhang mit der Beratung in diesem Verfahren sind nicht erkennbar, so dass ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kommt.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Die wechselseitig beantragten Schriftsatznachlässe waren deshalb nicht zu bewilligen, da in den jeweiligen Schriftsätzen, hinsichtlich derer der Schriftsatznachlass beantragt wurde, kein neuer für diese Entscheidung relevanter Sachvortrag enthalten war, zu dem eine Stellungnahme nicht bereits hätte abgegeben werden können.

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