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22.06.2009 · IWW-Abrufnummer 092034

Oberlandesgericht Bamberg: Urteil vom 08.05.2009 – 6 U 38/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Bamberg

Az.: 6 U 38/08
12 O 171/07 LG Coburg

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Rückübertragung

erlässt das Oberlandesgericht Bamberg -6. Zivilsenat- durch den Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2009 folgendes

Urteil

I. Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 23.7.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Coburg geändert und in Ziffer 1 wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, darin einzuwilligen, dass das Grundbuch des Amtsgerichts Coburg für A., Band xx, Bl. 1xxx, dahin berichtigt wird, dass Eigentümer der dort vorgetragenen Grundstücke

a) der Gemarkung A. Fl.Nrn. 5xx, 5xx, 5xx, 6xx/3, 7xx, 7xx, 7xx, 8xx, 9xx, 8xx/4, 7xx/1, 7xx, 8xx,

b) der Gemarkung B., Fl.Nr. 9xx, 9xx/1, 9xx/1,

c) der Gemarkung C., Fl.Nr. 5xx,

mit Ausnahme der gemäß Vertrag des Notars G., vom 1.7.2003, UR-Nr. xxxx-G-2003, an die Bundesrepublik Deutschland überlassenen Straßenflächen der Grundstücke Fl.Nr. 8xx/4 (ca. 3679 qm) und Fl.-Nr. 8xx (ca. 3918 qm) der Gemarkung A. sowie der Fl.Nr. 5xx (ca. 1200 qm) der Gemarkung C.,

d) der Gemarkung A., Miteigentumsanteil zu 1/2 an dem Grundstück Fl.Nr. 8xx

die Klägerin ist, und zwar Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 185.000 EUR und Rückübereignung des Grundstücks FlNr. 4xx der Gemarkung D., vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Lichtenfels für D. Band xx, Bl. x7xx.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,-- € vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 394.000 EUR festgesetzt.

Gründe :

I.

Die Klägerin begehrt die Rückübertragung von an den Beklagten aufgelassenen Grundstücken.

Die am 1.6.2000 verstorbene Erblasserin H. setzte mit Testament vom 7.4.1997 die Geschwister I. und K. als Vorerben und die Klägerin als Nacherbin ein. Beide Vorerben sind mittlerweile verstorben. Zum Nachlass der Erblasserin gehörte ein umfangreicher Immobilienbesitz der Gemarkungen A., B. und C.. Die einzelnen Grundstücke sind in Ziffer 1 des Klageantrags (Bl. 2 d.A.) näher bezeichnet. Mit notariellem Vertrag vom 22.10.2003 tauschte der Vorerbe K. die im Klageantrag genannten Grundstücke gegen das Grundstück Fl.Nr. 401 der Gemarkung D., welches zu diesem Zeitpunkt dem Beklagten gehörte. Bei diesem Grundstückstauschvertrag bewerteten die Parteien den Grundbesitz der Erblasserin, der eine Gesamtfläche von 174.531 qm umfasste, mit 281.336,-- € und den Wert des Grundstücks des Beklagten mit einer Fläche von 2007 qm mit 96.336,-- €, weshalb der Beklagte 185.000,-- € zusätzlich in bar an den Vorerben K. zahlte.

Die Klägerin als Nacherbin der verstorbenen H. möchte im vorliegenden Rechtsstreit die Rückübertragung dieser Grundstücke erreichen und behauptet dazu, der Grundstückstauschvertrag sei gemäß § 2113 Abs. 2 S. 1 1.Alt. BGB mit Eintritt der Nacherbfolge unwirksam geworden, weil eine objektive Gleichwertigkeit der ausgetauschten Leistungen auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten geleisteten Zahlung nicht vorgelegen habe. Dieses Ungleichgewicht zwischen den ausgetauschten Leistungen sei für den Vorerben K. auch erkennbar gewesen. Zudem habe das Grundstück des Beklagten entgegen der Bewertung der Parteien des Grundstückstauschvertrages lediglich einen Wert von 40.500,-- €.

Der Beklagte beantragte erstinstanzlich, die Klage abzuweisen. Er meint, die geschuldete Leistungen des Tauschvertrags hätten im Gleichgewicht gestanden. Davon seien zumindest beide Parteien bei Abschluss des Vertrages ausgegangen. Ein unentgeltlicher Erwerb durch den Beklagten im Sinne des § 2113 Abs. 1 BGB habe daher nicht vorgelegen. Jedenfalls habe dem Vorerben K. die erforderliche Kenntnis von einer möglichen, teilweisen Unentgeltlichkeit der Verfügung gefehlt.

Zur Ergänzung des unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien sowie zum Wortlaut der in der ersten Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Endurteils des Landgerichts Coburg vom 23.7.2008 verwiesen.

Das Landgericht Coburg hat ein Sachverständigengutachten zur Bewertung der Grundstücke eingeholt und die beiden an der Gutachtenerstellung beteiligten Sachverständígen mündlich angehört. Danach hat es der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Zur Begründung führt das Landgericht aus, der Klägerin stünde ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zu, weil der notarielle Tauschvertrag vom 22.10.2003 gemäß § 2113 Abs. 2 S. 1 1.Alt. BGB mit dem Eintritt der Nacherbfolge unwirksam geworden sei. Es läge zumindest eine teilweise unentgeltliche Leistung des Vorerben vor. Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich ein Wert der Leistung des Vorerben in Höhe von 394.750,-- €. Dem stünde eine vom Beklagten erbrachte Gegenleistung gegenüber, die unter Berücksichtigung des geleisteten Barbetrags lediglich mit 224.000,-- € zu bewerten sei. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise habe der Vorerbe das Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung erkennen können. Der Beklagte sei daher verpflichtet, das Eigentum an den streitgegenständlichen Grundstücken an die Klägerin zu übertragen und die Grundstücke an die Klägerin herauszugeben Zug um Zug gegen Rückerstattung des von ihm entrichteten Barbetrages in Höhe von 185.000,-- h€ sowie Rückübereignung des von ihm hingegebenen Grundstücks.

Gegen dieses Urteil, das dem Beklagten am 25.7.2008 zugestellt wurde, legte dieser mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.8.2008, eingegangen beim Oberlandesgericht Bamberg am 12.8.2008, Berufung ein. Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.8.2008, eingegangen beim Oberlandesgericht Bamberg am 21.8.2008, begründete der Beklagte sein Rechtsmittel.

Der Beklagte verfolgt in der Berufung seinen Klageabweisungsantrag weiter und trägt hierzu vor, dass das Erstgericht zu Unrecht einen bereicherungsrechtlichen Anspruch bejaht habe. In Betracht käme allenfalls ein Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB. Allerdings sei der Grundstückstauschvertrag mit dem Eintritt des Nacherbfalles nicht nach § 2113 Abs. 2 S. 1 BGB unwirksam geworden, weil der Tauschvertrag gerade kein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufweise. Bei der gutachterlichen Bewertung der Grundstücke müsse eine Toleranz von 10 % berücksichtigt werden. Deshalb seien die vom Vorerben hingegebenen Grundstücke lediglich mit 355.275,-- € zu bewerten und das übertragene Grundstück des Beklagten mit 42.900,-- €, so dass unter Berücksichtigung der Barzahlung der Wert der Gegenleistung mit 227.900,-- € anzusetzen sei. Der Wert der Gegenleistung betrage daher 64 % des Wertes der Leistung und erreiche daher nicht die vom BGH aufgestellte Grenze von 33 %, ab der erst ein Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen werden könne. Jedenfalls habe der Vorerbe ein eventuelles Ungleichgewicht der ausgetauschten Leistungen nicht feststellen können.

Schließlich läge ein Verstoß gegen § 286 ZPO vor, weil sich das Gericht nicht ausreichend mit den Feststellungen der Sachverständigen auseinandergesetzt habe.

Der Beklagte beantragt daher,
das Urteil des Landgerichts Coburg vom 23.7.2008 - Az:. 12 O 171/07 - aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Landgericht Coburg zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen

sowie hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, darin einzuwilligen, das Grundbuch des Amtsgerichts Coburg hinsichtlich der im Tenor des angegriffenen Urteils genannten Grundstücke zu berichtigen.

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass nach den Feststellungen der Sachverständigen ein Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung eindeutig vorliege. Bei der vom Beklagten vorgenommenen Berechnung der Grundstückswerte unter Berücksichtigung einer Toleranz von 10 % handele es sich um eine trickreiche Argumentation. Die Berechnung könne genau so gut umgekehrt vorgenommen werden. Dann wäre das Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung noch größer. Im Übrigen hätte der Vorerbe bei einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erkennen können, dass zwischen den ausgetauschten Leistungen kein Gleichgewicht besteht. Der Vorerbe habe jedenfalls aufgrund der Erlöse, die er aus dem Grundstücksgeschäft mit der Bundesrepublik Deutschland erzielt habe, eine Grundlage für die Bewertung der von ihm hingegebenen Grundstücke gehabt. Eine erneute Sachverhaltsfeststellung sei nicht geboten, weil sich das Gericht mit den Feststellungen der Gutachter ausführlich und überzeugend auseinandergesetzt habe.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien vom 20. August 2008 (Bl. 175 ff. d.A.), vom 23.9.2008 (Bl. 230 f. d.A.), vom 18.11.2008 (Bl. 240 ff. d.A.), vom 2. Dezember 2008 (Bl. 254 ff. d.A.), vom 4.12.2008 (Bl. 258 f. d.A.), vom 9. Februar 2009 (Bl. 261 f. d.A.) sowie vom 16.3.2009 (Bl. 266 ff. d.A.) nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 27. Februar 2009 (Bl. 263 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Allerdings war aufgrund des von der Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.11.2008 gestellten Hilfsantrages das angegriffene Urteil wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern.

1. Die von der Klägerin erklärte Klageänderung war zulässig, obwohl von ihr keine Anschlussberufung gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg eingelegt worden war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bedarf es einer Anschlussberufung dann nicht, wenn der Berufungsbeklagte mit dem geänderten Klageantrag im Ergebnis nicht mehr als die Zurückweisung der Berufung erreichen will (vgl. BGH, Urteil vom 12.1.2006 - VII ZR 73/04 m.w.N.). Gleiches gilt, wenn in der Berufungsinstanz ohne Änderung des Klagegrunds statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand gefordert wird (§ 264 Nr. 3 ZPO) oder der Antrag unter Beibehaltung des Klagegrundes der rechtlichen Bewertung durch das Berufungsgericht angepasst wird. Denn dann geht das Begehren des in erster Instanz erfolgreichen Klägers über den Antrag, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, nicht hinaus (vgl. BGH, a.a.O.). Eine solche Änderung des Klagebegehrens hat nicht zum Ziel, eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zugunsten des Klägers herbeizuführen. Der Kläger erhält dadurch lediglich die Möglichkeit, den Klageantrag im Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes anzupassen. Die Berufung des Beklagten richtet sich in diesem Fall ohne weiteres gegen den angepassten Klageantrag (BGH, a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin durch die Stellung des Hilfsantrages ihr Klagebegehren an die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung angepasst, dass ein Verstoß gegen § 2113 Abs. 2 BGB zur Unwirksamkeit der Übereignung der streitgegenständlichen Grundstücke durch den Vorerben an den Beklagten führt. Die Klägerin verfolgt auch mit dem Hilfsantrag nur das Klageziel, gerichtlich entscheiden zu lassen, dass sie nach Eintritt des Nacherbfalles Eigentümerin der an den Beklagten übertragenen Grundstücke ist. Statt des erstinstanzlich geltend gemachten Herausgabeanspruchs nach § 985 BGB begehrt die Klägerin nunmehr von dem Beklagten die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung. Diese Antragsänderung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig und setzt das Vorliegen einer Anschlussberufung nicht voraus.

Dem steht auch nicht das vom Beklagten zitierte Urteil des BGH vom 7.12.2007 - V ZR 210/06 - entgegen. Denn dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem der Kläger den Kern des der Klage zugrunde liegenden Lebenssachverhalts ausgewechselt hat. Nur für diesen Fall hat es der Bundesgerichtshof für erforderlich gehalten, dass eine Anschlussberufung eingelegt wird (vgl. BGH, Urteil vom 7.12.2007 - V ZR 210/06, Rdz. 12, 13). Der entscheidende Gesichtspunkt dieser Rechtsauffassung ist darin zu sehen, dass der dortige Kläger einen Sachverhalt in das Verfahren einführen wollte, der in der ersten Instanz noch überhaupt nicht Verfahrensgegenstand war. Im hier zu entscheidenden Fall dagegen ändert die Klägerin ihren Antrag auf der Grundlage des bereits erstinstanzlich vorgetragenen Lebenssachverhaltes. Der Senat weicht daher von der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht ab.

2. Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 894 Abs. 1 BGB die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs für die im Tenor näher bezeichneten Grundstücke verlangen. Der Beklagte ist zu Unrecht als Eigentümer dieser Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Denn die Übereignung dieser Grundstücke auf den Beklagten durch den Vorerben ist gemäß § 2113 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB mit dem Eintritt der Nacherbfolge in bezug auf den Beklagten unwirksam geworden.

Nach dieser Vorschrift wird eine vom Vorerben vorgenommene Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die unentgeltlich erfolgte, im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Da eine derartige vom Vorerben vorgenommene Verfügung ex nunc mit absoluter Wirkung unwirksam wird, bedarf es eines schuldrechtlichen Übertragungsanspruches nicht (OLG Oldenburg, Urteil vom 29.5.2001 - 5 U 181/00 = NJW-RR 2002, 728). Der Nacherbe wird mit Eintritt des Nacherbfalles Eigentümer des unentgeltlich hingegebenen Erbschaftsgegenstandes. Handelt es sich dabei um ein Grundstück, wird der Nacherbe unmittelbar Eigentümer dieses Grundstücks. Ist der Verfügungsempfänger zu diesem Zeitpunkt bereits im Grundstück eingetragen, wird das Grundbuch im Zeitpunkt des Nacherbfalls unrichtig. Der Nacherbe ist daher berechtigt, im Wege der Grundbuchberichtigung nach § 894 Abs. 1 BGB die Unwirksamkeit einer Verfügung des Vorerben gemäß § 2113 Abs. 2 BGB geltend zu machen (OLG Oldenburg a.a.O.).

3. Die Voraussetzungen des § 2113 Abs. 2 BGB wurden vom Erstgericht zutreffend bejaht. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, liegt eine unentgeltliche Verfügung im Sinne von § 2113 Abs. 2 BGB vor, wenn der Vorerbe - objektiv - ohne gleichwertige Gegenleistung Opfer aus der Erbmasse bringt und - subjektiv - entweder weiß, dass dem Opfer keine gleichwertige Gegenleistung an die Erbmasse gegenüber steht oder doch bei ordnungsmäßiger Verwaltung der Masse unter Berücksichtigung seiner Pflicht, die Erbschaft an den Nacherben herauszugeben, das Fehlen oder die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen (BGH, Urteil vom 23.11.1983 - IV a ZR 147/81 = NJW 1984, 366 m.w.N.). Erfolgt die Verfügung des Vorerbens nur teilweise unentgeltlich, findet § 2113 Abs. 2 BGB ebenfalls Anwendung und führt zur Unwirksamkeit der gesamten Verfügung des Vorerben (Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl., § 2113 BGB, Nr. 13). Dabei ist die Frage, ob eine Verfügung unentgeltlich ist, vom Standpunkt des um eine ordnungsgemäße Verwaltung besorgten Vorerben zu entscheiden, der auf seine zukünftigen Herausgabepflichten Rücksicht nimmt. Der Verkehrswert einer Leistung ist hierfür zwar ein wesentliches Kriterium. Von Bedeutung ist aber auch, ob der Austausch zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts eine im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung noch vertretbare Gegenwertvereinbarung enthält (OLG Stuttgart, Urteil vom 2.4.1998 - 19 U 124/96).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Erstgericht zu Recht angenommen, dass die Übertragung der sich im Nachlass befindlichen Grundstücke an den Beklagten wegen eines Verstoßes gegen § 2113 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB unwirksam ist.

a) Eine jedenfalls teilweise unentgeltliche Verfügung des Vorerbens zugunsten des Beklagten ergibt sich in objektiver Hinsicht daraus, dass nach den Feststellungen des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens der Wert der vom Vorerben weggegebenen Grundstücke 394.750,-- € beträgt und die vom Beklagten hingegebene Gegenleistung unter Berücksichtigung der Zuzahlung von 185.000,-- € insgesamt nur 224.000,-- € beträgt, wobei der Wert des vom Beklagten hingegebenen Grundstückes von den Sachverständigen mit 39.000,-- € bewertet wurde. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die entsprechenden Feststellungen der Sachverständigen nicht zu beanstanden.

In dem Gutachten werden von den Sachverständigen ausführlich und nachvollziehbar die Wertermittlungsverfahren dargestellt, auf denen die Bewertungen der Grundstücke beruhen. Die betroffenen Grundstücke werden präzise beschrieben und deren Wert schlüssig anhand der dargestellten Bewertungsmethoden dargestellt. Da die Gutachter sich bei der Wertberechnung an den vom Gutachterausschuss des Landkreises festgelegten Bodenrichtwerten sowie an der Wertermittlungsverordnung orientierten, wird die Aussagekraft des Gutachtens auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Sachverständigen keine konkreten Vergleichsgrundstücke benannt haben. Das Gericht schließt sich daher hinsichtlich der Bewertung der Grundstücke nach eigener Überprüfung den Feststellungen der Sachverständigen, deren fachliche Kompetenz dem Senat bekannt ist, an.

b) Die subjektiven Voraussetzungen des § 2113 Abs. 2 BGB liegen ebenfalls vor. In subjektiver Hinsicht setzt die Vorschrift das Wissen des Vorerben voraus, dass seiner Leistung keine objektiv gleichwertige Gegenleistung entgegensteht oder dass der Vorerbe bei ordnungsgemäßer Verwaltung der Masse die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen.

Im vorliegenden Fall waren mehrere Anhaltspunkte vorhanden, aus denen der Vorerbe bei einer gewissenhaften Verwaltung des ihm zugefallenen Nachlasses das Ungleichgewicht zwischen den ausgetauschten Leistungen hätte erkennen können. Der Vorerbe gab mit dem Grundstückstauschvertrag den gesamten Grundbesitz aus dem Nachlass der Erblasserin weg. Es handelte sich dabei unter Berücksichtigung der an die Bundesrepublik Deutschland übertragenen Flächen um insgesamt 168.000 qm Landfläche von durchaus unterschiedlicher Qualität, wovon zumindest ein Teil Bau- bzw. Bauerwartungsland war. Der Vorerbe hatte durch die bereits erfolgte Übertragung von Grundstücksflächen an die Bundesrepublik Deutschland auch gewisse Anhaltspunkte, um den Wert der im Nachlass befindlichen Grundstücke einschätzen zu können. Immerhin erhielt er für die an die Bundesrepublik Deutschland verkauften Grundstücksteile einen Verkaufserlös von 3,45 € pro qm. Allein unter Zugrundelegung dieses Quadratmeterpreises hätten die verfahrensgegenständlichen Grundstücke einen Wert von 579.600,-- €. Dagegen steht die in dem Grundstückskaufvertrag vereinbarte Gegenleistung durch den Beklagten in Höhe von 224.000,-- €. Unabhängig von der Frage, ob der Vorerbe für die gesamte Grundstücksfläche einen Kaufpreis von 3,45 € pro Quadratmeter hätte erzielen können, hätte ihm bei dieser einfachen Rechnung die erhebliche Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung auffallen müssen. Bei einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses hätte der Vorerbe daher zumindest den Wert der Grundstücke genauer schätzen lassen müssen, bevor er den Grundstückstauschvertrag mit dem Beklagten abschloss. Dann hätte er die Unzulänglichkeit der Gegenleistung erkennen müssen.

c) Der Senat teilt daher die vom Erstgericht vertretene Rechtsauffassung, dass die Übertragung der Grundstücke auf den Beklagten durch den Vorerben wegen Verstoßes gegen § 2113 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB unwirksam ist und der Beklagte daher zu Unrecht als Eigentümer dieser Grundstücke im Grundbuch eingetragen ist. Die Klägerin als Nacherbin kann daher gemäß § 894 Abs. 1 BGB die Berichtigung des Grundbuchs verlangen.

4. Allerdings bleibt die Klägerin verpflichtet, an den Beklagten die von ihm erbrachte Gegenleistung herauszugeben. Da § 2113 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB lediglich zur Unwirksamkeit der Verfügung des Vorerben führt und die Wirksamkeit der Verfügung über die Gegenleistung unberührt lässt, kann die Klägerin vom Beklagten die Bewilligung der Grundbuchberichtigung nur Zug um Zug gegen Rückerstattung der Gegenleistung verlangen (Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl., § 2113 BGB, Rn. 13).

5. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Beklagte nicht Eigentümer der ihm vom Vorerben übertragenen Grundstücke geworden ist und die Klägerin von ihm die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gemäß § 894 Abs. 1 BGB verlangen kann. Die Berufung ist daher im Ergebnis ohne Erfolg.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Vorausetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen.

RechtsgebieteErbrecht, Rückübertragung Vorschriften§§894 Abs. 1, 2113 Abs. 2 BGB

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