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29.07.2009 · IWW-Abrufnummer 090867

Amtsgericht Northeim: Urteil vom 12.02.2009 – 3 C 820/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Northeim

Geschäfts-Nr.: 3 C 820/08 (IV)
Verkündet am: 12.02.2009

Im Namen des Volkes

Urteil'

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Northeim auf die mündliche Verhandlung vom 05.02.2009 durch XXX für Recht erkannt:

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die vorläufige Vollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.) Streitwert: 950,00 Euro.

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der in Insolvenz geratenen Firma XXX. Als Partei kraft Amtes verfolgt er Forderungsinteressen der Verfahrensschuldnerin weiter. Im vorliegenden Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte interessierte sich bei der Verfahrensschuldnerin für den Ankauf eines Ford Fiesta. Sie unterschrieb dort am 31.05.2007 eine "verbindliche Bestellung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs". Hierin wird der Verkauf eines gebrauchten Ford Fiesta zum Preis von 9.500,00 Euro bei Barzahlung vereinbart. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es:

„An diese verbindliche Bestellung ist der Besteller 10 Tage ... gebunden. Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung innerhalb dieser Frist schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausgeführt ist."

Nachdem die Beklagte die Bestellung unterschrieben hatte, recherchierte sie im Internet und stellte dabei fest, dass der von ihr soeben erworbene Wagen von der Verkäuferin im Internet 210,00 Euro günstiger angeboten wurde als der mit ihr vereinbarte Kaufpreis war.

Der Vater der Beklagten, der sich um die Erledigung dieser Vertragsangelegenheit kümmerte, setzte sich daraufhin am Montag, den 04.06.2008 mit der Verkäuferin in Verbindung. Er schlug vor, dass der Kaufpreis angesichts des Angebots im Internet um 210,00 Euro reduziert werde. Dies lehnte der zuständige Mitarbeiter der Verkäuferin ab.

Daraufhin erklärte der Vater der Beklagten in deren Vollmacht den Rücktritt vom Vertrag mündlich und mit Schreiben vom selben Tage schriftlich.

Ebenfalls am 04.06.2007 erfolgte die schriftliche Bestätigung der Bestellung der Beklagten durch die Verkäuferin.

Mit der vorliegenden Klage wird Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt, und zwar in Höhe von 10 % des Kaufpreises entsprechend den Allgemeinen Vertragsbedingungen der Verkäuferin als pauschalierter Schadensersatz.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte sei mit der Unterzeichnung der verbindlichen Bestellung am 31.05.2007 ausweislich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen 10 Tage lang an ihr Angebot gebunden gewesen. Ein Rücktrittsrecht habe ihr nicht zugestanden. Der Kaufvertrag sei deshalb wirksam mit der schriftlichen Bestätigung der Verkäuferin vom 04.06.2007 zustande gekommen. Da die Beklagte durch den erklärten Rücktritt zum Ausdruck gebracht habe, dass sie den Kaufvertrag nicht mehr erfüllen wolle, sei die Verkäuferin ausweislich ihren Vertragsbedingungen nunmehr berechtigt, 10 % Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend zu machen.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 950,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Landgerichts Bremen, wonach eine 10-tägige Angebotsfrist in Gebrauchtwagen-Bestellformularen unwirksam ist und sie deshalb vom Vertrag .habe zurücktreten dürfen. Die Annahmeerklärung der Verkäuferin sei außerdem erst abgesandt und zugestellt worden, nachdem der Rücktritt vom Kaufvertrag durch die Beklagte bereits erklärt gewesen sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet., Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag in Verbindung mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zu.

Ein wirksamer Kaufvertrag ist nämlich zwischen den Parteien nicht geschlossen worden.
Das Gericht schließt sich der Rechtsauffassung des Landgerichts Bremen (Urteil vom 09.09.2003, NJW 2004, S. 1050) an. Der vom Landgericht Bremen entschiedene Fall ist mit dem vorliegenden in jeder Hinsicht vergleichbar.

Auch das Amtsgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Annahmefrist von 10 Tagen in dem Bestellformular der Verkäuferin wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB unwirksam ist.

Danach ist eine Bestimmung mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sich der Verwender unangemessen lange Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorbehält. Die Frage, ob eine vorbehaltene Frist unangemessen lang ist, ist unter einer wertenden Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien festzustellen, wobei die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Ist die Annahmefrist wesentlich länger als die in § 147 Abs. 2 BGB umschriebene, übersteigt sie also den Zeitraum erheblich, der für die Übermittlung der Erklärung notwendig ist und eine angemessene Bearbeitungs- und Überlegungsfrist einschließt, so ist diese Fristbestimmung nur dann wirksam, wenn der Verwender ein schutzwürdiges Interesse hat, dass hinter dem Interesse des Kunden, am baldigen Wegfall der Bindung zurückstehen muss (Landgericht Bremen, NJW 2004, S. 1050; BGH, NJW 2001, S. 303; Renking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl. Rd-Nr. 1078).

Im vorliegenden Fall ist die Beklagte an ihre Bestellung einseitig für 10 Tage gebunden, während die Verkäuferin innerhalb dieser Frist nach Belieben verfahren kann. Das Gericht vermag - ebenso wie das Landgericht Bremen in dem von diesem entschiedenen Fall kein schutzwürdiges Interesse der Verkäuferin an einer solchen einseitigen 10-tägigen Bindungsfrist festzustellen. Das Fahrzeug war vorrätig, so dass nicht zu klären war, ob die Verkäuferin ein entsprechendes Fahrzeug fristgerecht beschaffen kann. Es war Barzahlung vereinbart, so dass. nicht etwa erst geprüft werden musste, ob eine Finanzierung durch eine Bank zustande kommt. Es war auch keine Inzahlungnahme vereinbart, die etwa erst eine technische Überprüfung des in Zahlung zu nehmenden Fahrzeugs erforderlich gemacht hätte. Mit anderen Worten ist kein Grund ersichtlich, der die Verkäuferin daran gehindert hätte; unmittelbar bei Entgegennahme der verbindlichen Bestellung diese anzunehmen und zu bestätigen. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene 10-Tages-Frist stellt sich unter diesen Umständen als unangemessene Benachteiligung dar und ist deshalb gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam.

Damit gilt im vorliegenden Fall die gesetzliche Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB.

Rechtlich gesehen handelt es sich bei der Unterzeichnung der "verbindlichen Bestellung" durch die Beklagte um die Abgabe eines Angebots zum Abschluss eines Kaufvertrages. Dieser Antrag erlischt gemäß § 146 BGB, wenn er nicht rechtzeitig gemäß § 147 BGB angenommen wird. Nach §. 147 Abs. 2 BGB kann ein Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Das ist im vorliegenden Fall aufgrund der oben beschriebenen Umstände unmittelbar nach Unterschrift der "verbindlichen Bestellung" der Fall gewesen, spätestens am darauffolgenden Tag. Die Verkäuferin hatte keinen Anlass, weiter zu zögern, da sie nichts weiter bearbeiten oder überlegen musste. Damit war der Antrag der Beklagten jedenfalls bei Zugang des Bestätigungsschreibens der Verkäuferin vom 04.06.2007 gemäß § 146 BGB erloschen.

Das Bestätigungsschreiben vom 04.06.2007 gilt damit gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag, der jedoch durch die Beklagte nie angenommen wurde.

Damit ist es unter den Parteien zu keinem wirksamen Vertragsschluss gekommen, so dass dem Kläger auch kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung durch die Beklagte zusteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den § 708 Nr.11, 711 ZPO.

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