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28.11.2008 · IWW-Abrufnummer 083783

Landgericht Wuppertal: Urteil vom 16.09.2008 – 5 O 168/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Wuppertal

5 O 168/07
16.9.2008

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits sowie des selbständigen Beweisverfahrens 5 OH 11/06 Landgericht Wuppertal trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, falls nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie den Ersatz materieller Schäden wegen einer zahnärztlichen Behandlung, der sich die Klägerin in der Zeit von September 2005 bis Januar 2006 bei der Beklagten unterzog.

Ausweislich der vorgelegten Krankunterlagen suchte die Klägerin die Beklagte erstmals am 27.09.2005 auf. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin im Oberkiefer mit einer Totalprothese und im Unterkiefer mit einem Kombiersatz versorgt. Die Beklagte diagnostizierte ein Fibrom und überwies die Klägerin deshalb an den Kieferorthopäden Dr. I.

Da die alte Prothese der Klägerin insuffizient war, fertigte die Beklagte eine neue Versorgung an, die im Oktober 2005 eingegliedert wurde. Nachfolgend wurden u. a. neun sogenannte Remontagen der Prothese durchgeführt, da die Klägerin Beschwerden im Zusammenhang mit dem Biss äußerte.

Am 18.01.2006 suchte die Klägerin die Beklagte das letzte Mal auf.

Für ihre Bemühungen stellte die Beklagte der Klägerin 3.418,65 Euro in Rechnung, die von der Klägerin auch bezahlt wurden.

Da die Klägerin mit der Versorgung durch die Beklagte nicht zufrieden war, suchte sie nachfolgend den Zahnarzt Dr. T, wofür sie selber 316;27 Euro zahlen musste.

Dieser fertigte eine neue Prothese für die Klägerin an.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 12.06.2006 beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beim Landgericht Wuppertal (5 OH 11/06). Dort erstellte der Sachverständige Dr. G unter dem 03.12.2006 ein Gutachten. Bezüglich der Feststellungen des Sachverständigen wird auf das vorgenannte Gutachten des Sachverständigen Bezug genommen (BI. 56 ff. d. Beiakte 5 OH 11/06 Landgericht Wuppertal).

Die Klägerin behauptet, die prothetische Versorgung durch die Beklagte sei fehlerhaft. Wegen der Fehler habe sie unter "steigenden" Schmerzen, insbesondere beim Kauen, und bei längeren Sprechzeiten unter Schmerzen, die bis zum Nasenflügel ausstrahlten, gelitten. Sie habe die Beklagte mehrmals aufgesucht und um Abhilfe gebeten, die Beklagte habe jedoch notwendige Nacharbeiten verweigert. Die von der Beklagten erstellte Prothetik sei für die Klägerin völlig unbrauchbar gewesen, weshalb sie ihrer Meinung nach Rückzahlung des Honorars von 3.418,65 Euro gelten machen könne. Ferner sei es wegen der Fehler der Beklagten erforderlich geworden, den Nachbehandler Dr. T. aufzusuchen, weshalb seine Kosten in Höhe von 315,27 Euro ebenfalls als Schaden geltend gemacht werden könnten. Auch im übrigen seien Ihr Kosten durch Nachbehandlungen bei verschiedenen Zahnärzten und Schmerztherapien sowie Zuzahlungen zu Arzneimitteln entstanden, die insgesamt inklusive der Kosten des Nachbehandlers Dr. T, 72 Euro betragen würden.

Wegen ihrer Schmerzen und der hierdurch bedingten Unmöglichkeit am normalen Alltagsgeschehen teilzunehmen sei ein Schmerzensgeldbetrag von mindestens 5.000 Euro angemessen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 4344,37 € nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. an die Klägerin ein in das Ermessen des Gericht gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, welches mindestens 5000 € betragen sollte.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, dass es im Zusammenhang mit der zahnärztlichen Behandlung der Klägerin zu ärztlichen Versäumnissen gekommen sei. Bereits bei Behandlungsbeginn habe die Klägerin über Schmerzen geklagt. Die weiterhin aufgetretenen Beschwerden seien nicht auf Versäumnisse der Beklagten zurückzuführen. So sei die Klägerin auch nach Eingliederung des Zahnersatz im Oktober 2005 zunächst beschwerdefrei gewesen. Erst später hätten sich die von der Klägerin vorgetragenen Bewerden erneut eingestellt. Im Nachgang sei deshalb den Beschwerden durch die neun Remontagen nachgegangen worden. Insgesamt handele es ich aber um normale Probleme nach Eingliederung eines neuen Zahnersatzes. Soweit im selbständigen Beweisverfahren von dem Sachverständigen Dr. G Fehler festgestellt worden wären, seien diese nachbesserungsfähig. Sie habe sich auch nie geweigert Nacharbeiten vorzunehmen. Im übrigen habe der Gutachter Dr. G die Klägerin rund fünf Monate, nachdem bereits zuvor vom Nachbehandler Dr. T eine neue Prothese eingegliedert worden war, untersucht. Rückschlüsse auf einen fehlerhaften Sitz der Prothese könnten daher wegen des Zeitablaufes nicht mehr gezogen werden.

Die Kammer hat die Akte 5 OH 11/06, Landgericht Wuppertal, zu Beweiszwecken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Ferner hat die Kammer ergänzend Beweis erhoben nach Maßgabe der Beschlüsse vom 12.02.2008 (BI. 94 d. G.) sowie vom 26.08.2008 (BI. 138 d. G.) durch Anhörung des Sachverständigen Dr. G sowie Vernehmung der Zeugen Dr. I und Joachim L.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 26.08.2008 (BI. 138 ff. d. G.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen, zur Gerichtsakte gelangten Schriftsätze der Parteien sowie die beigezogenen Krankenunterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten aus keinem Rechtsgrund Ersatz ihrer materiellen Schäden oder die Zahlung eines Schmerzensgeldes verlangen. Denn der Klägerin ist nicht der Nachweis gelungen, dass es im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung durch die Beklagte in der Zeit von September 2005 bis zum Januar 2006 zu ärztlichen Fehlern der Beklagten gekommen ist.

Bei der Beurteilung des Behandlungsgeschehens und seiner Folgen folgt die Kammer den Ausführungen des Sachverständigen Dr. G, dessen Sachkunde der Kammer aus einer Mehrzahl von Verfahren bekannt ist und gegen den auch die Parteien keine Einwendungen erhoben haben. Der Sachverständige hat sich mit dem streitgegenständlichen Behandlungsfall unter Auswertung des wechselseitigen Vortags der Partein sowie der vorgelegten Krankenunterlagen eingehend auseinandergesetzt. Die Kammer hat die plausiblen Ausführungen des Gutachters nachvollzogen und sich zu eigen gemacht.

Hiernach kann nicht festgestellt werden, dass die im Oberkiefer der Klägerin eingegliederte Totalprothese fehlerhaft hergestellt worden wäre. Auch im Rahmen seiner mündlichen Anhörung erklärte der Sachverständige nochmal nachvollziehbar und überzeugend, dass die Prothese grundsätzlich ordentlich ausgeführt worden war. Schon im schriftlichen Gutachten hatte der Gutachter hierzu festgestellt, dass die Prothese vom Sitz, von der Passform und Ausdehnung perfekt war. Soweit der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten bemängelte, die Funktion der Prothese sei nicht in Ordnung, da sie links an den Zähnen 23 bis 25 Vorkontakte hatte, hat der Sachverständige dies bei seiner Anhörung dahingehend erläutert, dass es sich in soweit um eine Situation handeln würde, die nicht zwingend einen Rückschluss auf einen Fehler bei der Behandlung durch die Beklagte nach sich zieht. Wie der Gutachter nachvollziehbar ausführte, sind bei Eingliederung solcher prothetischen Versorgungen immer Remontagen erforderlich, um den Biss korrekt einzuschleifen. Solche Frühkontakte lassen sich daher nicht immer von Anfang an auch bei sorgfältigem und ordnungsgemäßem Vorgehen vermeiden.

Wie der Gutachter ergänzend ausführte, können solche Kontakte nachgebessert werden, indem nach Durchführung einer entsprechenden Untersuchung die Zähne vom Zahntechniker eingeschliffen werden. Ausdrücklich erklärte der Gutachter insoweit im Rahmen der Anhörung, dass dies ein üblicher Vorgang ist und nichts damit zu tun hat, ob dem Behandler ein fehlerhaftes Vorgehen anzulasten wäre.

Auch soweit vorliegend insgesamt neun Remontagen durchgeführt worden sind, deutet dies nicht zwingend auf einen Fehler im Rahmen der Behandlung hin. Zwar ist die Anzahl von neun Remonaten ungewöhnlich hoch, wie auch der Sachverständige Dr. G bestätigte. Vorliegend lässt sich dies jedoch dadurch erklären, dass die Klägerin die Prothese auch nachts getragen hat. Der Gutachter erläuterte hierzu, dass durch das nächtliche Tragen der Prothese Muskelverspannungen auftreten können, die wiederum Auswirkungen auf den Biss haben. Dies führt dann dazu, dass jedes Mal erneut eine Remontage zur Bissveränderung erforderlich wird. Weiter erklärte der Gutachter hierzu, dass die Klägerin im Rahmen seiner Untersuchung auf ausdrückliches Befragen seinerseits angegeben hatte, sie habe die Prothese nachts getragen. In einer solchen Situation ist aber auch die hohe Anzahl der Remontagen erklärbar und deutet nicht auf zahnärztliche Versäumnisse hin.

Sind bei alledem keine ärztlichen Fehler festzustellen, so ist die Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Kammer weist die Kläger noch ergänzend auf Folgendes hin:

Mit ihrer Klage hat sie außer den Nachbehandlungskosten des Dr. T noch eine Vielzahl von weiteren Kostenpositionen geltend gemacht und hierzu kopierte Unterlagen zur Gerichtsakte gereicht. Bei Durchsicht dieser Unterlagen ist festzustellen, dass hier augenscheinlich auch Kosten geltend gemacht werden sollen, bei denen keinerlei Zusammenhang mit der streitgegenständlichen zahnärztlichen Behandlung erkennbar ist. So wurden u. a. Kosten für hautstraffendes Olivenöl, MERIDOL Mundspüllösung, COREGA Comfort Haftstreifen, LYRICA Kapseln, grünen Hafertee, Salbeiblätter, DORITHRICIN Halstabletten, sowie Mitgliedsbeiträge für die Deutsche Schmerzliga e. V. und die Deutsche Zahnhilfe e. V. geltend gemacht. Dies dürfte grundsätzlich nicht statthaft sein, da auch nicht ansatzweise ersichtlich ist, weshalb diese Kosten durch die von der Klägerin behauptete Fehlbehandlung entstanden sein sollen; zumal hierzu auch schriftsätzlich nichts dargelegt worden war.

Die weitere prozessuale Nebenentscheidung folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 9.344,37 Euro

(Klageantrag zu 1.: 4.344,37 Euro Klageantrag zu 2.: 5.000,00 Euro)

RechtsgebietBGB

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