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28.11.2008 · IWW-Abrufnummer 083643

Oberlandesgericht Thüringen: Urteil vom 17.09.2008 – 4 U 978/06

1. Der Versicherungsvertrag nach dem VVG (=Versicherungsvertragsgesetz) enthält einen grundlegenden Unterschied zu dem sonstigen Vertragstypus des Allgemeinen Schuldrechts des BGB. Aus dem Gesamtgefüge der §§ 61 ff VVG a.F. ergibt sich, dass vertragliche Obliegenheiten grundsätzlich nur den Versicherungsnehmer, nicht aber den Versicherer treffen.



2. Mit der in §§ 62, 63 VVG a.F. normierten Rettungsobliegenheit - diese gelten für den gesamten Bereich der Schadensversicherung - wird der Versicherungsnehmer angehalten, die Entwicklung des Schadens nicht sich selbst zu über-lassen, sondern um seine Abwendung und, wenn dies nicht (mehr) möglich ist, um seine Eindämmung bemüht zu sein.



3. Im Rahmen des § 62 VVG a.F. ist der Versicherer nicht verpflichtet, dem Versicherungsnehmer Weisungen zu erteilen, wie der Schaden abgewendet oder gemindert werden kann. Der Versicherer hat (nur) ein Weisungsrecht, aber keine Weisungspflicht. Erteilt er dem Versicherungsnehmer Weisungen, können (nur) schuldhaft fehlerhafte Weisungen einen Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers nach § 280 Abs. 1 BGB auslösen, wenn der - durch die fehlerhafte Weisung - entstandene Schaden die sonst geschuldete Versicherungsleistung übersteigt.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

4 U 978/06

Verkündet am:
17.09.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller,
Richterin am Oberlandesgericht Billig und
Richterin am Oberlandesgericht Friebertshäuser

aufgrund der im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO bis zum 03.09.2007 eingegangenen Schriftsätze

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 11.10.2008, Az.: 2 O 125/06, wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil - unter Aufrechterhaltung im Übrigen - insoweit abgeändert, als die Beklagte zur Zahlung verurteilt ist. In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 1/3 zu tragen, die restlichen 2/3 werden niedergeschlagen.

Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Landgericht vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 25.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien sind durch eine Gebäudeversicherung vertraglich verbunden und streiten über die Einstandspflicht der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag.

Der Kläger ist Eigentümer des Hauses H.straße Nr. 18 in G..

Am 13.02.2003 stellte er einen Wasserschaden fest. Aus der Deckenkonstruktion tropfte Wasser in das im Erdgeschoss gelegene Ladengeschäft der Ehefrau des Klägers. Ursache hierfür war eine Heizungsleckage im Obergeschoss.

Der Kläger hat im Frühjahr 2003 Maßnahmen zur Behebung des Wasserschadens getroffen (Austausch des defekten Pressringes an einem Heizungsrohr der Obergeschosswohnung, zehntägige maschinelle Fußbodentrocknung). Hierfür erhielt er von der Beklagten eine Versicherungsleistung in Höhe von 1.000,-- EUR.

Im Sommer 2004 stellte der Kläger fest, dass die Möbel in der im Obergeschoss gelegenen Küche in den Fußboden einsanken. Über die Ursache dieses Schadensbildes führten die Parteien unter dem Aktenzeichen 3 OH 1/05 ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Gera. Das Gutachten des Sachverständigen König stellt einen durch Feuchtigkeitseinwirkung hervorgerufenen intensiven Pilzbefall (Brauner Hausschwamm) der Holzdielen des Küchenfußbodens fest.

Der Kläger nimmt die Beklagte mit dem Behaupten der Ursächlichkeit der Heizungshavarie des Jahres 2003 für die schwammbedingte Zerstörung des (Obergeschoss-)Holzfußbodens und der (Erdgeschoss-)Holzbalkendecke im Wege der Leistungs- und Feststellungsklage auf Versicherungsleistung in Anspruch.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der in der ersten Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht Gera hat mit Urteil vom 11.10.2006 der Klage im Zahlungsantrag im Wesentlichen (in Höhe von 16.665,65 EUR) stattgegeben. Begründet hat es dies neben der auf dem Gutachten des Sachverständigen K. beruhenden Feststellung einer Schadensursächlichkeit der Heizungshavarie des Jahres 2003 mit der tragenden Erwägung, der Beklagten sei eine zur Schadensersatzhaftung nach § 280 Abs. 1 BGB führende Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht zur umfassenden Feststellung des Schadenshergangs und -umfangs vorzuwerfen.

Den Feststellungsantrag hat das Landgericht mit der Begründung des fehlenden Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen.

Das Urteil greifen beide Parteien mit der Berufung an.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung den in der ersten Instanz abgewiesenen Feststellungsantrag und den abgewiesenen Teil (4.500,-- EUR) des Zahlungsantrages weiter.

Er rügt die Abweisung des Feststellungsantrages als rechtsfehlerhaft. Eine zur umfassenden Bezifferung des Schadens erforderliche eingehende Untersuchung (Aufreißen des Fußbodens weiterer Räume) sei ihm wegen der bereits den Anspruchsgrund in Abrede stellenden hartnäckigen Regulierungsverweigerung der Beklagten nicht zuzumuten.

Die Teilabweisung des Zahlungsantrages wird mit der Begründung als rechtsfehlerhaft gerügt, dass weder aus dem Parteivorbringen, noch aus dem Sachverständigengutachten eine Relevanz des durch den Insektenbefall bedingten Vorschadens für den von dem Sachverständigen vorgeschlagenen Komplettaustausch der Deckenbalken folge.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Gera vom 11.10.2006, Aktenzeichen 2 O 125/06, die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 4.500,--EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2006 sowie eine Nebenforderung in Höhe von weiteren 60,33 EUR zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die im Rahmen des bestehenden Gebäudeversicherungsvertrages über das Gebäude Hauptstraße 18, 07580 Großenstein, entstandenen Schäden auszugleichen, soweit sich diese auf einen Wasserschaden aus der Leckage der Heizung ergeben, der im Jahr 2004 offenbar wurde,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt neben der Zurückweisung der Berufung des Klägers im Wege der selbständigen eigenen Berufung,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen sowie hilfsweise für den Fall einer unterbleibenden Sachentscheidung des Senats

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils vom 11.10.2006 den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Gera zurückzuverweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat.

Mit der eigenen Berufung greift sie die Teilstattgabe des Zahlungsbegehrens an. Der Haftungstatbestand des § 280 Abs. 1 BGB läge mangels Nebenpflichtverletzung nicht vor. Eine Obliegenheit der Versicherung, den Schaden in jedem Fall nach Grund und Höhe festzustellen, bestünde nicht. Vielmehr trage der die Schadensbeseitigung in Eigenregie vornehmende Versicherungsnehmer das hiermit einhergehende Risiko einer mangelhaften Schadensbeseitigung selbst.

Soweit die Parteien das Eingreifen der Ausschlussklausel des § 9 Nr. 4 lit. e VGB 88 in der Berufungsinstanz erstmals kontrovers diskutieren, vertritt die Beklagte die Auffassung, der Risikoausschluss sei wegen des eindeutigen Bedingungswortlautes entgegen dem Dafürhalten des Klägers nicht auf den echten Hausschwamm beschränkt.

II.

Beide Berufungen sind zulässig. Sie sind statthaft (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere sind sie fristgerecht erhoben und begründet worden (§§ 517, 520 Abs. 2 ZPO).

Einen - zunächst vorläufigen - Erfolg in der Sache hat nur die Berufung der Beklagten. Während die unbegründete Berufung des Klägers der Zurückweisung unterliegt, führt die Berufung der Beklagten dazu, dass das landgerichtliche Urteil betreffend die Zahlungsverurteilung aufgehoben und der Rechtsstreit insoweit an das Ausgangsgericht zurückverwiesen wird. Da nur die Berufung der Beklagten zur Teilabänderung und Zurückverweisung führt, bleibt die lediglich der unbegründeten Berufung des Klägers unterliegende Abweisung des Feststellungsantrages bestehen und aufrechterhalten. Das Landgericht wird - unter Berücksichtigung der nachfolgenden Vorgaben des Senats - lediglich darüber neu zu verhandeln und entscheiden haben, ob dem Kläger eine Versicherungsleistung für die Instandsetzung des zerstörten Fußbodens der im Obergeschoss gelegenen Küche überhaupt dem Grunde nach zusteht. Sollte das Landgericht diese Frage und damit den Anspruchsgrund bejahen, wird es zu beachten haben, dass nur die Berufung der Beklagten zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung geführt hat. Die allein mit der unbegründeten Berufung des Klägers angefochtene Teilabweisung des Zahlungsantrages in Höhe von 4.500,-- EUR hat für den Fall eines im Ergebnis der Neuverhandlung bejahten Anspruchsgrundes mit der Folge Bestand, dass maximal der Zuspruch einer Versicherungsleistung von 16.665,65 EUR in Betracht kommt.

Ohne Erfolg in der Sache bleibt die Berufung des Klägers.

Zu Recht hat das Landgericht den Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen. Eine - zumindest überschlägige - Bezifferung des Gesamtsanierungsaufwandes ist dem Kläger nicht nur möglich, sondern entgegen seinem Dafürhalten auch zumutbar. Die Klärung des Umfanges des nunmehr mehr als 3 1/2 Jahre bekannten Hausschwammbefalles liegt im ureigenen Klägerinteresse und ist nach der plausiblen Einschätzung des Sachverständigen K. (S. 10 des im Verfahren 3 OH 1/05 eingeholten Gutachtens v. 26.01.2005) auch ohne das von dem Kläger befürchtete "Aufreißen" sämtlicher Fußböden, nämlich mittels endoskopischer Untersuchung der Holzböden möglich. Bei dieser Sachlage ist der Kläger von seiner prozessualen Pflicht, den Umfang des ihm entstandenen Schadens zu ermitteln und diesen zu beziffern, nicht entbunden.

Auch die landgerichtliche Teilabweisung des Zahlungsantrages lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Klägers erkennen.

Nach der unangegriffen gebliebenen Tatsachenfeststellung des Landgerichts war ein Teil der Holzbalken durch Insektenbefall erheblich vorgeschädigt. Entgegen dem Berufungsvorbringen des Klägers hat das Landgericht die Relevanz dieses - schwammunabhängigen - Vorschadens für den von dem Sachverständigen K. zur Schadensbeseitigung als erforderlich erachteten Komplettaustausch der Fußboden-/Deckenbalken aus den plausiblen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen entnommen. Dass erst die Kombination aus Schwamm- und Insektenbefall zu einer Zerstörung der Holzbalken im Querschnitt von 23 x 16 cm geführt und wegen dieser starken Beschädigung der Balkenköpfe nur ein Auswechseln der Deckenbalken in Betracht kommt, hat der Sachverständige auf S. 9 seines Gutachtens vom 26.01.2005 ausgeführt.

Gibt es daher gegen den Ansatz des Landgerichts nichts zu erinnern, den Kläger an den Schadensbeseitigungskosten insoweit selbst zu beteiligen, als es an einem in das versicherte Risiko fallenden Schadensbild fehlt, begegnet auch die nach § 287 Abs. 1 ZPO erfolgte - mit der Berufung ohnehin nicht angegriffene - Bemessung des Eigenanteils des Klägers mit 4.500,-- EUR keinen Bedenken.

Soweit das Landgericht die Beklagte zur Zahlung verurteilt hat, leidet das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem wesentlichen Mangel, auf dem das Urteil beruht (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Es fehlt an einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage. Zur Behebung dieses Mangels ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich.

Der Rechtsstreit war tatsächlich noch nicht entscheidungsreif, als das Landgericht dem Zahlungsantrag (teilweise) entsprochen hat.

Mit Erfolg rügt die Beklagte die tragende Erwägung der von ihr angefochtenen Teilklagestattgabe als rechtsfehlerhaft. Die Beklagte haftet nicht aus § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz.

Der Versicherungsvertrag nach dem VVG enthält einen grundlegenden Unterschied zu dem sonstigen Vertragstypus des Allgemeinen Schuldrechts des BGB. Aus dem Gesamtgefüge der §§ 61 ff. VVG ergibt sich, dass vertragliche Obliegenheiten grundsätzlich nur den Versicherungsnehmer, nicht aber den Versicherer treffen. Mit der in den §§ 62, 63 VVG a.F. normierten (sog.) Rettungsobliegenheit - diese gelten für den gesamten Bereich der Schadensversicherung (Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 62 Rz. 1) - wird der Versicherungsnehmer angehalten, die Entwicklung des Schadens nicht mit Blick auf die bestehende Deckung sich selbst zu überlassen, sondern in jedem Fall um seine Abwendung, und wenn dies nicht mehr möglich ist, um seine Eindämmung bemüht zu sein (BGH VersR 1972, 1039). Bei Eintritt des Versicherungsfalles verlangt § 62 VVG, dass der Versicherungsnehmer den Schaden abwendet oder mindert, also Rettungsmaßnahmen ergreift, wenn er den Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht verlieren will.

Dieser gesetzlichen Wertung von der Rettungsobliegenheit des Versicherungsnehmers läuft der Lösungsansatz des Landgerichts zuwider, die Beklagte habe ihre "versicherungsvertragliche Nebenpflicht" verletzt, nach der Heizungsleckage im Jahr 2003 eine Feuchtigkeitsmessung des Fußbodens durchzuführen. Vielmehr wird die von dem Landgericht festgestellte und den Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindende Feststellung einer "dem Kläger in Eigenregie überlassenen Schadensbeseitigung" dem gesetzlichen Leitbild der (allein) den Versicherungsnehmer treffenden Rettungsobliegenheit gerecht. Ein zur Schadensersatzhaftung nach § 280 Abs. 1 BGB führender Tatbestand lässt sich daraus, dass die Beklagte keine eigenen Maßnahmen zur Schadensbeseitigung getroffen bzw. die Schadensbeseitigungsmaßnahmen des Klägers nicht auf ihre Geeignetheit überprüft hat, nicht herleiten.

Im Rahmen des § 62 VVG ist der Versicherer nicht verpflichtet, dem Versicherungsnehmer Weisungen darüber zu erteilen, wie der Schaden abgewandt oder gemindert werden kann. Der Versicherer hat nur ein Weisungsrecht, aber keine Weisungspflicht. Erteilt er dem Versicherungsnehmer Weisungen, können (nur) schuldhaft fehlerhafte Weisungen einen Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers aus § 280 Abs. 1 BGB auslösen, wenn der dadurch entstandene Schaden die sonst geschuldete Versicherungsleistung übersteigt (BGH VersR 1984, 1161; Römer/Langheid aaO, § 62, Rz. 10). Einen solche schadenskausale schuldhaft fehlerhafte Weisung der Beklagten hat das Landgericht aber nicht festgestellt. Eine solche hat selbst der Kläger erstinstanzlich nicht vorgetragen. Dementsprechend hat das Landgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mit Bindungswirkung für den Senat nur eine dem Kläger in Eigenregie aus dem Versicherungsvertrag folgende Rettungsobliegenheit auf Schadensbeseitigung festgestellt.

Scheidet damit wegen Fehlens einer relevanten Nebenpflichtverletzung der Beklagten eine Schadensersatzhaftung nach § 280 Abs. 1 BGB aus, hat das Landgericht die vorgreifliche Frage einer Leistungsverpflichtung der Beklagten aus der Sachschadensversicherung zu Unrecht offengelassen. Wegen des hierin liegenden erheblichen Mangels in der Tatsachenfeststellung ist der Rechtsstreit auf die Berufung der Beklagten antragsgemäß nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

Zwar hat das Landgerichts mit der Bindungswirkung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO festgestellt, dass der Schwammbefall des Holzfußbodens bzw. der Holzdecke auf die Heizungshavarie des Jahres 2003 zurückzuführen ist. Offen ist indes, ob für den in dem Schwammbefall liegenden Schaden der Risikoausschluss des § 9 Nr. 4 lit. e VGB 88 eingreift und es daher an einem versicherten Leitungswasserschaden fehlt.

Im Entscheidungsfall hat der Leitungswasserschaden zum Wachstum des Braunen Kellerschwamms geführt. Feststellungen zu dessen spezifischer Zerstörungswirkung, insbesondere Feststellungen dazu, ob sich die Zerstörungswirkung von der des echten Hausschwammes gravierend unterscheidet, sind bislang nicht getroffen worden. Nur auf der Grundlage solcher fundierter Feststellungen kann jedoch die Rechtsfrage beantwortet werden, ob der seinem Wortlaut nach unbeschränkte Risikoausschluss des § 9 Abs. 4 lit. e VGB 88 im Sinne der von dem Kläger zitierten - teleologisch einschränkenden - Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz (RuS 2007, 326) gegebenenfalls dann zu Gunsten des Versicherers eingreift, wenn der Leitungswasserschaden zum Wachstum des "besonders zerstörerischen echten Hausschwamms" geführt hat.

Im Ergebnis fehlt es also an einer tragfähigen Entscheidungsgrundlage für den Zahlungsantrag. Ob ein allein in Betracht kommender originärer Vertragsanspruch des Klägers auf Entschädigung aus der Wohngebäudeversicherung gegeben oder aber wegen der Schwammklausel des § 9 Abs. 4 lit. e VGB 88 ausgeschlossen ist, ist im Wege einer umfangreichen und aufwändigen Beweisaufnahme (Sachverständigenbeweis) zur Wirkungsweise der verschiedenen Schwammarten festzustellen.

Eine Zurückverweisung an das Landgericht ist hier sachdienlich, weil wegen der - im Tatsächlichen - ungeklärt gebliebenen Frage, ob der Kläger eine originäre Versicherungsleistung beanspruchen kann, nicht ersichtlich ist, dass das Interesse der Parteien an einer schnelleren Erledigung gegenüber dem Verlust der Tatsacheninstanz überwiegt.

III.

Die - die Berufung der Beklagten betreffende - Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten für das Berufungsverfahren beruht auf § 21 GKG. Im Übrigen folgt die Entscheidung über die Berufungskosten aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die weitergehende Kostenentscheidung war wegen der Zurückverweisung dem Landgericht vorzubehalten.

Die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Für eine Revisionszulassung besteht unabhängig davon, dass keine Partei einen entsprechenden Antrag gestellt hat, keine Veranlassung. Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Berufungsstreitwerts folgt aus §§ 3 ZPO, 47 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG.

RechtsgebietVVGVorschriftenVVG § 62 VVG § 63 a.F.

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