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17.11.2008 · IWW-Abrufnummer 083561

Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 25.09.2008 – 5 U 552/08

1. Soll ein Architekt Konstruktionszeichnungen "8 Arbeitstage nach Erhalt der Unter-lagen" vorlegen, handelt es sich nicht um eine mittelbare kalendarische Bestimmung der Leistungszeit i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn nach dem Gesamtinhalt des Vertrages unklar ist, welche konkreten Unterlagen gemeint sind.



2. Wenn der Auftraggeber nicht aufzeigt, welcher Nachteil durch die konkrete Verzö-gerung entstanden ist (hier: Fristende an einem Freitag, vollständige Erfüllung am darauf folgenden Montag), kann der insoweit unzureichende Prozessvortrag nicht durch eine richterliche Schätzung nach § 287 ZPO ergänzt werden.



3. Die Pflicht des Architekten, sämtliche Kosten der sachgemäßen Beseitigung der Folgen seiner Fehlplanung zu tragen, ist nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bauherr sich mit einer kostengünstigeren Einfachlösung begnügen könnte.


In dem Rechtsstreit

...

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Menzel und Weller
auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2008

für R e c h t erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 1. April 2008 in Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels dahin geändert, dass der Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt wird, an die Klägerin 7.300 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit dem 25. September 2003 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

I. Die Klägerin war mit der Errichtung einer Lagerhalle aus Metallbauteilen beauftragt. Zur Fertigung der Konstruktionszeichnungen zog sie gemäß einem am 16. Oktober 2002 schriftlich bestätigten Vertrag den Beklagten gegen ein Entgelt von 3.100 € he-ran. Dieser sollte seine Leistung "8 Arbeitstage nach Erhalt der Unterlagen" durch die Klägerin vorlegen.

Am 18. Oktober 2002 gingen dem Beklagten die Werkpläne zu, die am 24. Oktober 2002 noch leichte Veränderungen erfuhren. Etwa eine weitere Woche später war er auch im Besitz der Schal- und Bewehrungspläne. Im Gegenzug stellte er der Kläge-rin seine Zeichnungen bis zum 2. Dezember 2002 zur Verfügung.

Diese Zeichnungen waren insofern fehlerhaft, als im Obergeschoss der Halle anzu-bringende Querriegel, die zwischen die Fenster eingepasst werden sollten, an der Nordseite der Fassade um 18 cm zu niedrig platziert waren. Ob es auch deshalb Mängel gab, weil Montagepläne nicht aufeinander abgestimmt waren, ist streitig.

Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin den Beklagten im hiesigen Rechtsstreit auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Dabei hat sie zum einen, weil der Beklagte mit der Erstellung der Zeichnungen in Verzug gewesen sei, einen Ausgleich in Höhe von 9.063 € geltend gemacht, der sich aus Aufwendungen von 1.500 € (= 30 Stun-den zu 50 €) und 1.540 € (= 20 Stunden zu 77 €) für ergänzende Kontrollen, von 1.900 € (= 5 Arbeitstage zu 380 €) für Abstimmungsmaßnahmen sowie von 2.898 € wegen Produktionserschwernissen und von 1.225 € (= 24,5 Stunden zu 50 €) für zu-sätzliche Transportleistungen errechne. Zum anderen hat sie aus der Fehlerhaftigkeit der Zeichnungen eine Forderung von 20.490,04 € hergeleitet. Dazu hat sie zunächst auf Kosten von 5.463 €, die aufgrund der notwendigen Neuerstellung der Querriegel entstanden seien, und Annexkosten der Fassadenänderung von 7.339,35 € abgeho-ben. Außerdem hätten die - von ihr behaupteten - Planunstimmigkeiten zu Mehrbe-lastungen von 1.815,81 € geführt. Schließlich seien, bedingt durch die Erschwernisse im Arbeitsablauf, Trocknungs- und Heizungsmaßnahmen erforderlich geworden, die 1.876,88 € gekostet hätten, und auf Seiten des Bauherrn Mietausfälle von 3.995 € aufgelaufen, die sie habe ersetzen müssen.

Das Landgericht hat die - danach auf die Zahlung von 29.553,04 € nebst Zinsen ge-richtete - Klage im Anschluss an die Befragung eines Sachverständigen abgewiesen. Es ist zwar im Ansatz von einer Haftung des Beklagten ausgegangen, hat aber ge-meint, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, die behauptete Schädigung nachvoll-ziehbar darzulegen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie verfolgt ihr erstinstanzliches Verlangen mit der Einschränkung weiter, dass sie für die Neuerstellung der Querrie-gel nur noch einen Ausgleich von 3.170 € statt der ursprünglich geforderten 5.463 € beansprucht.

II. Die Berufung hat einen Teilerfolg. Überwiegend verbleibt es freilich bei der abwei-senden erstinstanzlichen Entscheidung.

Wie das Landgericht zutreffend gesehen hat, ist dem Beklagten ein nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB haftungsbegründender Pflichtverstoß unterlaufen, indem er der Klägerin Konstruktionszeichnungen übergab, auf denen die Querriegel, die nordseitig für das erste Obergeschoss der streitigen Halle vorgesehen waren, zu niedrig posi-tioniert wurden. Das hat der Sachverständige M. aufgezeigt. Soweit sich dieser Feh-ler ausgewirkt hat, zieht er eine Ersatzpflicht nach sich.

Eine darüber hinausreichende Schadensverantwortlichkeit des Beklagten lässt sich aber nicht ersehen. Das gilt zunächst im Hinblick auf den weiteren von der Klägerin behaupteten Planungsmangel, der darin liegen soll, dass die von der Beklagten ge-fertigten Zeichnungen nicht aufeinander abgestimmt gewesen seien. Die Klägerin hebt insoweit pauschal auf nicht zusammenpassende Verbindungsstücke und Boh-rungen sowie auf falsch angegebene Kopfbolzen ab, wodurch es zu Mehrkosten bei der Montage gekommen sei. Damit sind Unzulänglichkeiten in der Arbeit des Beklag-ten nicht nachvollziehbar dargetan. Das Vorbringen gewinnt nicht dadurch an Ge-wicht, dass für seine Richtigkeit Zeugenbeweis angeboten ist. Genauso wenig kön-nen die Lücken in der Darlegung über § 287 ZPO überbrückt werden, weil es nicht um Fragen der Schadenskausalität oder der Schadenshöhe, sondern um die Haftung des Beklagten dem Grunde nach geht (Greger in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 287 Rdnr. 3).

Eine Haftung dem Grunde nach steht allerdings insoweit im Raum, als die Klägerin dem Beklagten vorwirft, die Zeichnungen nicht fristgerecht geliefert zu haben. Das knüpft an einen Leistungsverzug an, der frühestens mit der Missachtung der von der Klägerin zum 29. November 2002 hin vorgenommenen Fristsetzung eingetreten sein kann (§ 286 Abs. 1 BGB). Ein früheres Datum kommt nicht in Betracht.

Ein unmittelbarer kalendarischer Leistungszeitpunkt (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) war dem Beklagten nicht vorgegeben. Darüber hinaus fehlt es aber auch an einer mittel-baren kalendarischen Bestimmung der Leistungszeit (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Für eine solche Bestimmung reichte die vertragliche Regelung, der Beklagte habe die Zeichnung "8 Arbeitstage nach Erhalt der Unterlagen" zu liefern, nicht hin, weil nicht klargestellt war, was man damit meinte. Das hat der Beklagte zu Recht eingewandt. Die Parteien sind uneins, ob bereits die Werkpläne der Klägerin genügten oder es darüber hinaus auch statischer Berechnungen sowie der Schal- und Bewehrungs-pläne bedurfte. Aus dem Wortlaut kann insoweit kein verlässlicher Aufschluss ge-wonnen werden. Auch aus der Natur der Sache lässt sich nichts Ergiebiges herleiten. Der Sachverständige M. hat erläutert, dass zwar einerseits bereits die Werkpläne aussagekräftig gewesen seien, dass aber andererseits erst die Schal- und Beweh-rungspläne gezeigt hätten, wie die Stahlstützen in dem Betonfundament zu befesti-gen seien. Gegen eine wirksame mittelbare kalendarische Bestimmung der Leis-tungszeit spricht überdies die dem Beklagten vorgegebene Frist von 8 Arbeitstagen. Sie ist zu kurz bemessen und damit unbeachtlich (Heinrichs in Palandt, BGB, 67. Aufl., § 286 Rdnr. 23); der Sachverständige M. hat bezogen auf die Person des Be-klagten einen adäquaten Leistungszeitraum von "zwei Arbeitswochen" genannt.

Mithin konnte ein Verzug nicht vor dem 29. November 2002 entstehen. An diesem Tag (einem Freitag) war die Klägerin jedoch im Besitz wesentlicher Zeichnungen, und unstreitig übersandte der Beklagte dann am 2. Dezember 2002 (dem folgenden Montag) die restlichen Unterlagen. Von daher ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass sich der Verzug des Beklagten schadensursächlich ausgewirkt hat. So lassen sich insbesondere der von der Klägerin geltend gemachte erhebliche Aufwand für Prü-fungen und Koordination und die behaupteten weitreichenden Verzögerungen in der Produktion sowie im Transport von Bauteilen nicht nachvollziehbar damit in Verbin-dung bringen. Deshalb kommt auch hier trotz des möglicherweise im Ausgangspunkt vorhandenen Pflichtverstoßes des Beklagten die Anwendung von § 287 ZPO zu-gunsten der Klägerin nicht in Betracht, da eine Schadensschätzung mangels greifba-rer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (BGH NJW 1994, 663, 665; Foerste in Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 287 Rdnr. 8). Das wäre im Übrigen selbst dann der Fall, wenn man einen Leistungsverzug des Beklagten bereits vor dem 29. No-vember 2002 annähme.

Anders verhalten sich die Dinge freilich, soweit die Konstruktionszeichnungen des Beklagten die Lage der Querriegel im Obergeschoss der Halle falsch angegeben ha-ben. Diesbezüglich ist nicht nur - wenn auch lediglich hinsichtlich der Nordseite und nicht, wie die Klägerin daneben anfänglich behauptet hat, zusätzlich an der Westsei-te - ein Mangel in der Arbeit des Beklagten, sondern außerdem eine Schädigung der Klägerin hinreichend wahrscheinlich und nachvollziehbar geworden (vgl. BGH NJW-RR 1992, 792; Foerste, aaO, § 287 Rdnr. 7; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 287 Rdnr. 32). Entsprechend den Vorgaben des Beklagten wurden dort die ober- und unterhalb der Fensterreihe anzubringenden Querriegel zu niedrig gesetzt. In der Fol-ge gerieten die zur Verkleidung der Fassade bestimmten Paneele einerseits zu lang und andererseits zu kurz. Das machte umfangreiche Korrekturen erforderlich.

Welche Maßnahmen die Klägerin dazu traf, ist ersatzrechtlich nicht von entscheiden-der Bedeutung. Deshalb kann dahinstehen ob sie, wie sie selbst behauptet, aufwen-dig verfuhr, indem sie die obere Querriegelreihe verschob und im Brüstungsbereich eine zusätzliche Reihe einschweißte, oder, wie der Beklagte meint, lediglich die unte-ren Querriegel anhob und dann die Fensterhöhe erniedrigte. Denn für die Ersatz-pflicht des Beklagten kommt es nicht darauf an, was tatsächlich zur Schadensbehe-bung unternommen wurde, sondern darauf, was hierfür objektiv erforderlich war (§ 249 Abs. 1 BGB). Auf dieser Grundlage hat der Beklagte, nachdem er sich einem Schadensausgleich überhaupt verweigert hat, nunmehr Geldersatz zu leisten (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 67. Aufl., § 250 Rdnr. 2). Das bedeutet, dass er der Klä-gerin den Betrag zur Verfügung zu stellen hat, der notwendig war, um die die Fens-terreihe an der Nordseite einrahmenden Querriegel aus ihrer Verschraubung zu lö-sen und an höherer Stelle neu einzuschrauben und die betroffenen, nunmehr entwe-der zu langen oder zu kurzen Paneele zu ersetzen.

Die Erwägung des Sachverständigen M., der Klägerin sei zumutbar, sich mit einer bescheideneren Sanierung zu begnügen, geht rechtlich fehl. Der Beklagte ist ver-pflichtet, sie so zu stellen, wie sie stünde, wenn er ordnungsgemäß gearbeitet hätte, um damit den Zustand herbeizuführen, der dann von vornherein erreicht worden wä-re und dessen Herstellung die Klägerin im Übrigen auch ihrem Auftraggeber schul-det. Eine Einschränkung der Ersatzpflicht des Beklagten ergibt sich genauso wenig daraus, dass die Klägerin den Zeichnungsfehler möglicherweise früher hätte erken-nen können und die Korrektur dann weniger kostenträchtig gewesen wäre. Fahrläs-sigkeiten auf ihrer Seite erschließen sich insoweit nicht; so übernahm auch der Fas-sadenbauer die Fehler des Beklagten in seine Pläne. Die Klägerin durfte sich ebenso wie dieser darauf verlassen, dass der Beklagte sorgfältig vorgegangen war. Sein Ar-beitsergebnis stand nicht unter einem Kontrollvorbehalt.

Die notwendigen Umbaukosten werden zum einen durch einen planerischen Zusatz-aufwand bestimmt, den der Sachverständige M. mit 6 Arbeitsstunden angegeben hat. Das entspricht 300 €. Zum anderen sind die Kosten für die Neuverschraubung der beiden Querriegelreihen an anderer Stelle zu berücksichtigen, für die 1.000 € angemessen erscheinen. Der von der Klägerin zuletzt genannte Betrag von 3.170 € ist deutlich übersetzt, weil er die Herstellung einer neuen Riegelreihe und Schweiß-arbeiten berücksichtigt. Wesentlicher Schadensposten ist der Austausch von Panee-len, für dessen Kosten die Rechnung Evers & Fritz GmbH vom 14. März 2003, die sich eben darüber verhält, Anhaltspunkte gibt. Allerdings beinhaltet diese Rechnung nach den Ausführungen des Sachverständigen M. teilweise auch sonstige Leistun-gen, so dass Abstriche gemacht werden müssen. Unter Berücksichtigung der vor-handenen bildlichen Darstellungen der Situation (Pläne, Foto) erscheint ein Repara-turaufwand von 5.000 € sachgerecht (§ 287 ZPO).

Daneben fallen Heiz- und Trocknungskosten ins Gewicht, weil die Fassade im Zuge des Umbaus geöffnet werden musste und so Luft und Feuchtigkeit in die Halle ein-dringen konnte. Zwar waren die Fenster nach den Erkenntnissen des Sachverständi-gen M. seinerzeit noch nicht eingesetzt worden. Aber man hatte die Öffnungen mit einer Folie verschlossen, so dass eine Abschirmung erreicht war. Von daher kann die zusätzliche Kostenbelastung der Klägerin mit 500 € veranschlagt werden. Damit ist einer Umbauzeit von einer Woche, wie sie der Sachverständige M. genannt hat, Rechnung getragen.

Ein gleich hoher Betrag kann für den von dem Beklagten zu verantwortenden Teil des Mietausfalls angesetzt werden, den der Bauherr der Klägerin gemäß seinem Schreiben vom 21. April 2003 in Rechnung stellte. Mit 500 € sind die Einbußen für eine Woche abgegolten.

Nach alledem errechnet sich eine Haftung des Beklagten von 7.300 € (= planerischer Zusatzaufwand 300 €, Umsetzung Querriegel 1.000 €, Erneuerung der Paneele 5.000 €, Heiz- und Trocknungskosten 500 €, Mietausfall 500 €). Die Ersatzforderung der Klägerin ist verzugsbedingt seit dem 25. September 2003 zu verzinsen. Grundla-ge dafür ist das Mahnschreiben vom 17. September 2003; eine frühere Inverzugset-zung ist nicht erkennbar. Der Zinssatz richtet sich nach § 288 Abs. 1 BGB. § 288 Ab-s. 2 BGB ist unanwendbar, weil es sich bei der Klageforderung um einen Ersatzan-spruch und nicht um eine Entgeltforderung handelt.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 711, 543 ZPO.

Rechtsmittelstreitwert: 27.260,04 €.

RechtsgebieteBGB, ZPOVorschriften§§ 133, 157, 249, 286, 631, 634 BGB § 287 ZPO

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