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12.08.2008 · IWW-Abrufnummer 082520

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 03.06.2008 – VI ZB 55/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

VI ZB 55/07

vom
3. Juni 2008

in dem selbständigen Beweisverfahren

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juni 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 5. Oktober 2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 433,76 ¤

Gründe:

I.

Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin wegen eines von ihm behaupteten Behandlungsfehlers ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt. Mit Beschluss des Landgerichts vom 17. April 2007 sind ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt worden. Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 6. März 2007 hat die Antragsgegnerin auf der Grundlage des vom Landgericht auf 10.000 ¤ festgesetzten Gegenstandswerts unter anderem die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr beantragt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. Mai 2007 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die der Antragsgegnerin vom Antragsteller zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 775,64 ¤ nebst Zinsen festgesetzt. Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt und sich gegen den vollen Ansatz der Verfahrensgebühr gewandt. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt. Dieses hat die sofortige Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Verfahrensgebühr sei im Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe festzusetzen. Eine teilweise Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG komme im Kostenfestsetzungsverfahren nur dann in Betracht, wenn entsprechende Erstattungsansprüche entweder anderweitig tituliert oder unstreitig seien. Dies sei hier nicht der Fall.

2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG anteilig auf die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr anzurechnen (BGH, Urteile vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06 - VersR 2007, 1098 und vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06 - NJW 2007, 2050; BGH, Versäumnisurteil vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 310/06 - NJW 2007, 3500; ebenso VGH München, NJW 2006, 1990; OLG Hamburg, MDR 2007, 1224). An dieser Sichtweise, die in erster Linie auf den klaren Wortlaut der Anrechnungsbestimmung gestützt ist, hält der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs trotz der namentlich in der Instanzrechtsprechung (z.B. KG, AGS 2007, 439; OLG München, Rpfleger 2007, 686; OLG Karlsruhe, AGS 2007, 494; OLG Koblenz, AnwBl 2007, 873; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Oktober 2007, AGS 2008, 43) geäußerten Kritik fest (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - NJW 2008, 1323). Der VI. Zivilsenat schließt sich dieser Auffassung an.

b) Wie der VIII. Zivilsenat inzwischen - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat, ist es für die Anrechnung ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - aaO; vgl. auch Streppel, MDR 2008, 421). Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung ist nach dem Wortlaut der Anrechnungsbestimmung vielmehr entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden ist, der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hatte.

Diese Grundsätze gelten entsprechend für das selbständige Beweisverfahren, denn das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthält insoweit keine Sondervorschriften (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert//Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Anhang III, Rz. 6). Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG entstanden ist, wird diese Gebühr zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des selbständigen Beweisverfahrens angerechnet. Die Rechtsbeschwerde rügt hiernach zu Recht, dass das Beschwerdegericht offen gelassen hat, ob die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin in dieser Sache vorgerichtlich tätig geworden sind. Ist dies nämlich der Fall, muss die angemeldete 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG wegen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auf eine 0,65-Gebühr gekürzt werden. Die hierfür erforderlichen Feststellungen wird das Beschwerdegericht nach erfolgter Zurückverweisung nachzuholen haben.

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