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29.07.2008 · IWW-Abrufnummer 082420

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 11.06.2008 – XII ZB 11/06

Eine durch außergerichtliche Verhandlungen entstandene Terminsgebühr kann im Kostenfestsetzungsverfahren in Ansatz gebracht werden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen sind (im Anschluss an BGH Beschlüsse vom 20. November 2006 II ZB 6/06 NJW-RR 2007, 286 und vom 14. Dezember 2006 V ZB 11/06 NJW-RR 2007, 787).


BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

XII ZB 11/06

vom
11. Juni 2008

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Klinkhammer

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Dezember 2005 aufgehoben.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Böblingen vom 11. November 2005 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die von der Beklagten aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 2005 an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 1.241,20 ¤ nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 24. Oktober 2005 festgesetzt.

Beschwerdewert: 522 ¤

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat der von dem Kläger erhobenen Unterhaltsabänderungsklage stattgegeben. Nach Rücknahme der gegen das Urteil eingelegten Berufung hat das Oberlandesgericht der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Der Kläger hat u.a. die Festsetzung einer 1,2-fachen Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) in Höhe von 450 ¤ zuzüglich Mehrwertsteuer beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beklagtenvertreterin habe seinen Rechtsanwalt vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung über das Rechtsmittel angerufen und einen Vorschlag zur vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits unterbreitet. Ein Vergleich sei gescheitert, was zur Rücknahme der Berufung geführt habe.

Das Amtsgericht hat die Festsetzung der Terminsgebühr mit der Begründung abgelehnt, dass ein gerichtlicher Termin nicht stattgefunden habe. Der dagegen gerichteten Erinnerung hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

II.

Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Zu Recht begehrt der Kläger nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 3202 VV (Nr. 3104 gilt nur im ersten Rechtszug) die Festsetzung einer 1,2-fachen Terminsgebühr in Höhe von 522 ¤ (450 ¤ + 16 % Mehrwertsteuer).

1. Das Oberlandesgericht hat zu seiner gegenteiligen Auffassung ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob überhaupt eine Terminsgebühr angefallen sei. Jedenfalls könne eine solche außergerichtlich entstandene Terminsgebühr nicht festgesetzt werden, weil sich die für ihre Entstehung maßgeblichen Tatsachen nicht, wie der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 26. September 2002 - III ZB 22/02 - FamRZ 2003, 88, 89 = NJW 2002, 3713) verlange, den Verfahrensakten entnehmen ließen. Müsse der Kostenbeamte im Streitfall Beweis über tatsächliche Vorgänge erheben, die sich außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ereignet hätten, werde die Kostenfestsetzung erschwert und verliere ihren Charakter als Mittel zum zügigen Ausgleich von Verfahrenskosten.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

2. Der Bundesgerichtshof hat nach Zulassung der Rechtsbeschwerde entschieden, dass eine durch außergerichtliche Verhandlungen entstandene Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren in Ansatz gebracht werden kann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes unstreitig sind (BGH Beschluss vom 20. November 2006 - II ZB 6/06 - FamRZ 2007, 464 f. = NJW-RR 2007, 286). Das gilt dann, wenn der Gegner sich selbst über solche Verhandlungen erklärt und damit die maßgeblichen Tatsachen im Wege eines Geständnisses (§ 288 ZPO) eingeräumt hat. Ebenso ist zu entscheiden, wenn der Gegner sich zu dem den Gebührentatbestand begründenden, ihm zur Stellungnahme überreichten Vortrag nicht erklärt und dieser daher gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen ist (BGH Beschluss vom 14. Dezember 2006 - V ZB 11/06 - NJW-RR 2007, 787).

3. Letzteres ist hier der Fall. Die Beklagte hat in Bezug auf die von dem Kläger begehrte Terminsgebühr lediglich geltend gemacht, eine solche sei im Berufungsverfahren nicht entstanden, weil das Rechtsmittel vor dem Verhandlungstermin zurückgenommen worden sei. Das behauptete Telefongespräch, bei dem ein Vergleich vorgeschlagen, aber nicht zustande gekommen sein soll, hat sie dagegen nicht in Abrede gestellt. Bei dieser Sachlage kann, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, die beantragte Terminsgebühr nicht wegen der Beweisbedürftigkeit ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen unberücksichtigt bleiben.

4. Da es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung nicht bedarf, kann der Senat in der Sache entscheiden und zugunsten des Klägers die geltend gemachte 1,2-fache Terminsgebühr in Höhe von 522 ¤ festsetzen.

Die Terminsgebühr entsteht gemäß § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 Nr. 3202 VV durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Eine solche Besprechung hat stattgefunden, weil die Parteivertreter anlässlich einer - für das Entstehen der Terminsgebühr ausreichenden - fernmündlichen Unterredung (BGH Beschluss vom 3. Juli 2006 - II ZB 31/05 - NJW-RR 2006, 1507) über den Abschluss eines Vergleichs verhandelt haben. Für den Anfall der Terminsgebühr ist es ohne Bedeutung, dass es tatsächlich nicht zu einer gütlichen Einigung gekommen ist (BGH Beschlüsse vom 20. November 2006 - II ZB 6/06 - FamRZ 2007, 464, 465 und vom 14. Dezember 2006 - V ZB 11/06 - NJW-RR 2007, 787, 788).

Anhaltspunkte dafür, dass die Besprechung mit dem Klägervertreter nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Ansprüche der Beklagten diente und die Gebühr deshalb nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu erstatten ist (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 14. Dezember 2006 - V ZB 11/06 - NJW-RR 2007, 787, 788), sind nicht ersichtlich.

RechtsgebietRVGVorschriftenRVG § 2 Abs. 2 Satz 1 Anl. 1 Nr. 3202

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