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06.08.2008 · IWW-Abrufnummer 082284

Landgericht Karlsruhe: Urteil vom 18.04.2008 – 3 O 335/07

§ 7 Abs. 5 StVO schützt regelmäßig nicht den Querverkehr. An die Annahme eines Vorfahrtsverzichts sind strenge Anforderungen zu stellen. Der bevorrechtigte Geradeausverkehr darf auf seinen Vorrang nicht vertrauen, wenn er rechtzeitig erkennen kann, dass der Wartepflichtige seiner Wartepflicht nicht genügt oder die Verkehrslage unklar ist. Reparatur- und Sachverständigenkosten sind vom sog. Quotenvorrecht vor dem Kaskoversicherer umfasst, während Nutzungsausfall und Unkostenpauschale außerhalb des Kaskobereichs liegen. Der Rabattverlust in der KFZ-Haftpflichtversicherung ist - anders als derjenige in der Vollkaskoversicherung - als allgemeiner Vermögensnachteil in der Form des Sachfolgeschadens regelmäßig nicht ersatzfähig.


LG Karlsruhe

Urteil vom 18.4.2008

3 O 335/07

Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.228,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.06.2007 sowie weitere 301,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins hieraus seit dem 04.08.2007 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Verlust im Schadensfreiheitsrabatt seiner KFZ-Kaskoversicherung aus dem Unfall vom 29.03.2007 zu 70 % zu ersetzen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Auf die Widerklage werden der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten Ziff. 2 1.932,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 09.06.2007 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 229,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 07.09.2007 zu bezahlen.
5. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
6. Von den Gerichtskosten tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte 20 % als Gesamtschuldner, der Kläger weitere 6 % allein, die Beklagten Ziff. 1 und 2 28 % als Gesamtschuldner und der Beklagte Ziff. 2 weitere 46 % allein.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten Ziff. 1 und 2 28 % als Gesamtschuldner, der Beklagte Ziff. 2 weitere 46 % allein.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 1 trägt der Kläger 19 %.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziff. 2 tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte 20 % als Gesamtschuldner, der Kläger weitere 6 % allein.
Von den außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten trägt der Beklagte Ziff. 2 70 %.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
7. Das Urteil ist für den Kläger und für den Beklagten Ziff. 2 jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % Prozent des jeweils für sie zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte Ziff. 2 darf die Vollstreckung seitens der Drittwiderbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % Prozent des aus dem Urteil hinsichtlich der Kosten für die Drittwiderbeklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Drittwiderbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten Ziff. 1 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % Prozent des aus dem Urteil hinsichtlich der Kosten für die Beklagte Ziff. 1 vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Ziff. 1 vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall am 29.03.2007 in P. geltend, der Beklagte Ziff. 2 begehrt widerklagend Schadensersatz vom Kläger und der Drittwiderbeklagten aus demselben Unfallereignis.

Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Halter, Eigentümer und Fahrer des PKW Opel Zafira, amtliches Kennzeichen …, der bei der Drittwiderbeklagten haftpflichtversichert war. Der Beklagte Ziff. 2 war zum Unfallzeitpunkt Halter, Fahrer und Eigentümer des PKW Hyundai, amtliches Kennzeichen …, der bei der Beklagten Ziff. 1 haftpflichtversichert war.

Der Kläger befuhr am 29.03.2007 gegen 07:40 Uhr mit seinem PKW Opel Zafira die L.straße in P. in östlicher Richtung. In seiner Fahrtrichtung hatte sich wegen Rotlicht der Lichtzeichenanlage, die sich auf der L.straße hinter der von rechts einmündenden G.straße befindet, ein Rückstau gebildet. Der Kläger hielt deshalb mit seinem PKW, ebenso wie K. zuvor auf dem linken Fahrstreifen ein anderes Fahrzeug, an, um anderen Fahrzeugführern ein Einbiegen in die G.straße zu ermöglichen.

Der Beklagte Ziff. 2 seinerseits hatte die L.straße in entgegengesetzter Fahrtrichtung befahren und beabsichtigte, links über die Gegenfahrbahn in die G.straße einzubiegen. Er hielt auf dem linken Fahrsteifen an der für Linksabbieger markierten Stelle an. Als er mit seinem Fahrzeug anfuhr, um in die G.straße abzubiegen, kam es zur Kollision mit dem anfahrenden PKW des Klägers, der versuchte, mit dem von ihm geführten Fahrzeug auf den aus seiner Fahrtrichtung gesehen linken Fahrstreifen der L.straße zu wechseln. Der Beklagte Ziff. 2 hatte vor Beginn des Abbiegevorgangs den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt.

Der Kläger holte vorgerichtlich bei der D. ein Schadensgutachten vom 01.04.2007 (AHK, 9-19) ein, wonach sich die Reparaturkosten auf netto 5.064,99 EUR beliefen, brutto 6.027,34 EUR, bei einer Reparaturdauer von sieben Arbeitstagen. Für die Gutachtenerstellung berechnete die D. dem Kläger gemäß Rechnung vom 02.04.2007 (AHK, 21) einen Betrag in Höhe von brutto 544,82 EUR.

Darüber hinaus bezifferte der Kläger in der Klageschrift vom 30.07.2007, Seite 3 (AS 5) seinen unfallbedingten Schaden mit weiteren 430,00 EUR Nutzungsausfall für eine Reparaturzeit vom 11.04.-20.04.2007, mithin zehn Tage à 43,00 EUR sowie pauschale Auslagen in Höhe von 30,00 EUR.

Der Kläger forderte die Beklagte Ziff. 1 mit Anwaltsschreiben vom 05.04.2007 (AHK, 1) erfolglos zur Zahlung der gutachterlich ermittelten Reparaturkosten in Höhe von brutto 6.027,34 EUR sowie der Kosten des Sachverständigengutachtens in Höhe von 544,62 EUR auf. Auch auf eine erneute Zahlungsaufforderung gemäß Anwaltsschreiben vom 24.05.2007 (AHK, 3) leistete die Beklagte Ziff. 1 keine Zahlung. Vielmehr teilte sie dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 18.06.2007 (AHK, 5/7) mit, dass sie jegliche Ansprüche dem Grunde nach zurückweise.

Nachdem die Beklagte nicht zahlte, nahm der Kläger seine Kaskoversicherung in Anspruch. Diese leistete gemäß Abrechnungsschreiben vom 18.08.2007 (AHK, 23) an den Kläger unter Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung in Höhe von 300,00 EUR einen Entschädigungsbetrag in Höhe von 3.700,00 EUR.

Infolge der Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung wird der Kläger in dieser höhergestuft und erleidet in den nächsten Jahren einen finanziellen Verlust, vgl. Schreiben der A. Versicherung vom 06.07.2007 (AHK, 25). Die Inanspruchnahme seiner Kfz-Haftpflichtversicherung führt auch dort zu einer Höherstufung.

Dem Kläger sind vorgerichtlich nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von zumindest 301,96 EUR entstanden.

Der Kläger ließ sein Fahrzeug reparieren.

Hinsichtlich der Beschädigungen an dem Fahrzeug des Beklagten Ziff. 2 wurde ein Gutachten des KFZ-Sachverständigen M. vom 03.04.2007 (B 1, AHB 1-13) eingeholt, der Reparaturkosten in Höhe von brutto 4.812,93 EUR sowie eine merkantile Wertminderung in Höhe von 800,00 EUR in Ansatz brachte. Der Beklagte Ziff. 2 ließ sein Fahrzeug bei der Firma B. GmbH reparieren, die ihm gemäß Rechnung vom 16.04.2007 (B 2, AHB 15-21) hierfür einen Betrag in Höhe von brutto 5.146,34 EUR berechnete und eine gesamte Reparaturzeit in der Zeit vom 29.03.2007 bis zum 05.04.2007, mithin acht Kalendertage/sechs Arbeitstage bescheinigte.

Der Beklagte Ziff. 2 hat seinen unfallbedingten Schaden auf insgesamt 6.443,31 EUR beziffert, davon 5.146,31 EUR Reparaturkosten, Unkostenpauschale 25,00 EUR und Nutzungsausfall 472,00 EUR (acht Tage à 59,00 EUR) sowie eine merkantile Wertminderung in Höhe von 800,00 EUR.

Er hat die Drittwiderbeklagte mit Schreiben vom 31.05.2007 erfolglos zur Zahlung bis zum 08.06.2007 aufgefordert.

Mit der Widerklage begehrt er zugleich Ersatz seiner vorgerichtlich nicht anrechenbaren entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 603,93 EUR.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte behaupten,

als die vor dem Kläger auf der L.straße befindliche Lichtzeichenanlage auf Grünlicht umgeschaltet habe, seien die vor ihm befindlichen Fahrzeuge wieder angefahren. Die leicht hinter ihm versetzt auf dem linken Fahrstreifen mit ihrem PKW befindliche Zeugin H. sei noch stehengeblieben, so dass er auf die linke Fahrspur habe wechseln können. Er habe rechtzeitig den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt. Der Beklagte Ziff. 2 habe dennoch den Abbiegevorgang eingeleitet. Er - der Kläger habe zwar sofort gebremst, der Beklagte Ziff. 2 habe ihn jedoch angefahren, als er - der Kläger - erst mit dem linken Vorderrad gerade die unterbrochene weiße Mittellinie überfahren habe. Zur Kollision wäre es auch dann gekommen, wenn er nur geradeaus gefahren wäre. Die Reparatur seines PKW habe zehn Tage vom 11.04. bis zum 20.04.2007 gedauert.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 3.369,61 EUR sowie weitere 301,96 EUR jeweils mit Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2007 zu bezahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Verlust im Schadensfreiheitsrabatt seiner KFZ-Haftpflicht- und Kaskoversicherung aus dem Unfall vom 29.03.2007 zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte Ziff. 2 beantragt widerklagend,

den Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Beklagten Ziff. 2 6.443,31 EUR und 603,93 EUR außergerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.443,31 EUR seit dem 09.06.2007 und aus 603,93 EUR seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragen,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten,

der Beklagte Ziff. 2 sei, nachdem sowohl die Zeugin H. als auch der Kläger eine Lücke vor der Einmündung der G.straße gelassen hätten, äußerst vorsichtig angefahren und habe den Abbiegevorgang begonnen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die PKW der Zeugen H. und des Klägers noch stillgestanden. Der Beklagte Ziff. 2 habe sich noch im Anfahrvorgang befunden, als der Kläger ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers losgefahren sei und den von ihm geführten PKW nach links in die von der Zeugin H. gelassene Lücke gezogen habe. Der Beklagte Ziff. 2 habe seinen PKW sofort abgebremst. Dieser habe zum Zeitpunkt der Kollision bereits gestanden.

Der Beklagte Ziff. 2 behauptet darüber hinaus, an seinem PKW sei eine merkantile Wertminderung in Höhe von 800,00 EUR eingetreten, die Reparaturdauer habe sich auf acht Kalendertage belaufen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 05.03.2008 (AS 137-163) Bezug genommen.

Die Akten der Stadt P. - Az. … - lagen vor und waren zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme des Zeugen K. und der Zeugin H. sowie Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.03.2008 (AS 137-163) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
Zur Klage:

Der Kläger hat gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 9 Abs. 3 StVO, 1, 3 PflVG, 426, 249 BGB gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz von 70 % seines unfallbedingten Schadens.

1. Der Unfall ist allerdings für keine der Parteien durch höhere Gewalt - von außen wirkende betriebsfremde Ereignisse aufgrund elementarer Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen - verursacht oder auch bei Wahrung äußerst möglicher Sorgfalt nicht abzuwenden gewesen (unabwendbares Ereignis), so dass die Ersatzpflicht der einen oder anderen Seite nicht vorn vornherein gemäß §§ 7 Abs. 2, 17 Abs. 3 StVG, 1, 3 Nr. 1 PflVG ausgeschlossen ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (s. u.) hat der Beklagte Ziff. 2 den Unfall, was sich die Beklagte Ziff. 1 zurechnen lassen muss, vielmehr schuldhaft durch einen nicht ordnungsgemäßen Abbiegevorgang gemäß § 9 Abs. 3 StVO verursacht. Auch der Kläger erbringt jedoch nicht den Beweis, dass der Unfall durch höhere Gewalt verursacht oder für ihn unabwendbar war, insbesondere er bei gehöriger Aufmerksamkeit auf den vom Beklagten Ziff. 2 eingeleiteten Abbiegevorgang nicht hätte rechtzeitig reagieren und den Unfall vermeiden können.

2. Danach hängt gemäß §§ 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG, die Verpflichtung zum Schadensersatz, wie auch der Umfang der Ersatzpflicht von den Umständen, insbesondere davon ab, wie weit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Im Rahmen der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Halter und Fahrer der beteiligten Fahrzeuge und unter Berücksichtigung der von beiden Kraftfahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr nach §§ 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG, 254 BGB sind neben unstreitigen und zugestandenen Tatsachen nur bewiesene Umstände zu berücksichtigen, wobei auch die Regeln des Anscheinsbeweises Anwendung finden. Danach ist es vorliegend gerechtfertigt, dass der Kläger 70 % seines unfallbedingten Schadens ersetzt erhält.

a) Der Kläger hat durch sein Fahrverhalten den Unfall schuldhaft mit verursacht.

aa) Ein schuldhafter unfallursächlicher Verkehrsverstoß des Klägers gegen § 7 Abs. 5 StVO ist allerdings nicht zu seinen Lasten in die Abwägung mit einzustellen. § 7 Abs. 5 StVO bezieht sich ausschließlich auf den gleichgerichteten Verkehr. Die Regelung schützt mithin nicht den Querverkehr wie den Beklagten Ziff. 2. Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang mit den übrigen Absätzen der Vorschrift, die alle auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung abstellen. Die Vorschrift dient vielmehr dem Schutz der in gleicher Richtung fahrenden Verkehrsteilnehmer (OLG Düsseldorf, NZV 1989, 404 f. m. w. N.).

bb) Die Beklagten erbringen auch nicht den Beweis, dass der Kläger schuldhaft gegen § 11 Abs. 1 StVO in unfallursächlicher Weise verstoßen hat. Nach dieser Vorschrift darf, wenn der Verkehr stockt, trotz Vorfahrt oder grünem Lichtzeichen niemand in die Kreuzung oder Einmündung einfahren, wenn er auf ihr warten müsste. Der Kläger ist dieser Vorschrift gerade gerecht geworden, indem er in Höhe der Einmündung der G.straße eine Lücke gelassen hatte. Dass er auch noch zu dem Zeitpunkt, als er anfuhr, auf der Kreuzung hätte warten müssen, steht jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichtes fest. Der Kläger hat bei seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO vorgetragen, die weiter vorne auf der L.straße befindliche Lichtzeichenanlage sei auf Grün umgesprungen und er sei losgefahren. Ein anderes Fahrzeug, was sich zunächst neben ihm befunden habe, sei bereits zuvor weggefahren. Die Zeugin H. hat bestätigt, dass die Lichtzeichenanlage vorne wieder auf Grünlicht umschaltete. Die Angaben des Beklagten Ziff. 2 bei seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO sowie die Aussagen der vernommenen Zeugen bieten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im Kreuzungsbereich noch weiter hätte warten müssen.

cc) Den Beklagten gelingt auch nicht der Nachweis, dass der Kläger in unfallursächlicher Weise schuldhaft gegen §§ 11 Abs. 3 StVO verstoßen hat. Nach dieser Vorschrift muss auch, wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert; auf einen Verzicht darf der Andere allerdings nur vertrauen, wenn er sich mit dem Verzichtenden verständigt hat. Hinreichende Anhaltspunkte für einen Verzicht des Klägers auf sein Vorfahrtsrecht lagen für den Beklagten Ziff. 2 nicht vor. Allein der Umstand, dass der Kläger eine Lücke vor der Einmündung der G.straße gelassen hatte, genügte hierfür nicht. Damit erfüllte er lediglich seine ihm gemäß § 11 Abs. 1 StVO obliegenden Verpflichtungen. Ein Verzicht auf die Vorfahrt kann vielmehr nur angenommen werden, wenn der Berechtigte den Verzichtswillen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat (vgl. auch OLG Koblenz, NJW 1991, 1721, KG Berlin, DAR 1981, 55 f.; DAR 1973, 154; OLG Saarbrücken, VerkMitt 1982, 4 f.; KG Berlin, NZV 2004, 576). Eine ausdrückliche Verständigung ist nicht erfolgt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere nach der jedenfalls insoweit glaubhaften Aussage der Zeugin H. und des Zeugen K., steht zur Überzeugung des Gerichtes lediglich fest, dass der Beklagte Ziff. 2 - auch für den Kläger sichtbar - unter Setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers als Entgegenkommer auf der L.straße in die G.straße einbiegen wollte. Der Kläger musste danach zwar damit rechnen, dass der Beklagte Ziff. 2 durch die von ihm und der Zeugin H. gelassene Lücke in die G.straße einbiegen würde. Die Beklagten erbringen jedoch nicht den Beweis, dass die Verkehrslage bei Anfahrt des Klägers einen Verzicht seinerseits auf den Vorrang erforderte bzw. das Zurückstehen vom Vorrecht auf Grund der Verkehrslage eindeutig geboten war (vergl. Jagow/Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl., StVO § 11 RN. 4). Vielmehr oblag es dem Beklagten Ziff. 2, sich entweder so vorsichtig unter Beachtung der Möglichkeit, dass die Lichtzeichenanlage in Fahrtrichtung des Klägers auf Grünlicht umspringen konnte und dieser berechtigterweise sein Vorrecht wahrnehmen würde in die Kreuzung hineintasten oder sich zuvor anderweitig mit ihm zu verständigen.

dd) Die Beklagten erbringen jedoch den Nachweis, dass der Kläger schuldhaft in unfallursächlicher Weise gegen § 1 Abs. 2 StVO, das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme im Straßenverkehr, verstoßen hat. Danach hat jeder Verkehrsteilnehmer zur Verhütung von Schäden durch Beachtung der gebotenen Vorsicht dazu beizutragen, dass bei gefährlichen Verkehrsvorgängen und auch Fehlern anderer ein drohender Unfall noch verhindert wird. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Fahrzeugführer von vornherein mit jedem denkbaren verkehrswidrigen Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer rechnen und seine Fahrweise darauf einstellen muss, insbesondere mit einem solchen, das außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt. Er muss vielmehr nach dem Vertrauensgrundsatz nur mit den Fehlern anderer rechnen, die nach den Umständen bei verständiger Würdigung als möglich zu erwarten sind. In Linksabbiegesituationen wie der vorliegenden hat deshalb der prinzipiell bevorrechtigte Geradeausverkehr, wenn er erkennen kann, dass sein Vorrecht missachtet wird oder aber wenn die Verkehrslage unklar ist, seine Fahrweise anzupassen, gegebenenfalls anzuhalten und den Verkehrsverstoß des Linksabbiegers sogar hinzunehmen. Jedenfalls darf er sein Vorrecht vor dem Linksabbieger nicht erzwingen (vgl. OLGR Saarbrücken 2007, 348 ff. m. w. N.). Der Beklagte Ziff. 2 durfte zwar mangels Verständigung und hinreichend vorsichtigem Hineintasten nicht darauf vertrauen, der Kläger werde ihm den Vorrang einräumen; andererseits konnte und musste der Kläger, nachdem er und die Zeugin H. eine Lücke für in die G.straße abbiegende Fahrzeuge gelassen hatten und der Beklagte Ziff. 2 auch für den Kläger sichtbar mit eingeschaltetem linken Fahrtrichtungsanzeiger im Gegenverkehr auf der L.straße stand, um in die G.straße abzubiegen, damit rechnen, dass dieser seine Absicht noch in die Tat umsetzt. Es bedurfte deshalb seitens des Klägers besonderer Aufmerksamkeit gegenüber dem Beklagten Ziff. 2. Nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Beklagte Ziff. 2 sein Fahrzeug zeitlich sogar etwas vor dem Anfahrvorgang des Klägers in Bewegung gesetzt hat. Der Kläger durfte deshalb nicht darauf vertrauen, dass ihm der Vorrang eingeräumt würde. Nach seinen eigenen Angaben nach seiner Anhörung war er insoweit nicht hinreichend aufmerksam. Auf die Frage, ob er sich noch einmal versichert habe, ob ein anderes Fahrzeug durch die gelassene Lücke habe einbiegen wollen, hat er vorgetragen, es sei dazu keine Zeit mehr gewesen. Danach ist er angefahren, ohne hinreichend auf den Beklagten Ziff. 2 zu achten (vergl. OLGR Saarbrücken 2007, 348 ff.; OLG Saarbrücken, VerkMitt 1982, 4 f.; KG Berlin, VerkMitt 1983, 40 (Ls)).

b) Allerdings ist auch auf Seiten der Beklagten ein Verschulden des Beklagten Ziff. 2 am Zustandekommen des Unfalls, das sich die Beklagte Ziff. 1 zurechnen lassen muss, in die Abwägung einzustellen.

aa) Zwar steht ein Verstoß des Beklagten Ziff. 2 entgegen § 9 Abs. 1 Satz 1 StVO nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichtes fest. Vielmehr hat die Zeugin H. glaubhaft und nachvollziehbar bekundet, sie habe wahrgenommen, dass am Fahrzeug des Beklagten Ziff. 2 der Fahrtrichtungsanzeiger vor Beginn des Abbiegevorgangs in Betrieb war.

bb) Der Beklagte Ziff. 2 hat den Unfall jedoch schuldhaft durch einen Verstoß gegen § 9 Abs. 3 StVO mit verursacht. Es kann dahingestellt bleiben, ob gegen ihn als Linksabbieger bereits der Beweis des ersten Anscheins für ein unfallursächliches Verschulden spricht, weil er mit dem entgegenkommenden Fahrzeug des Klägers in dessen Fahrbahnrichtung zusammengestoßen ist (vgl. OLGR Saarbrücken 2007, 348 ff.; OLGR Saarbrücken 1999, 239 ff.; BGH, NZV 2005, 249 ff.). Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vielmehr davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass der Beklagte Ziff. 2 schuldhaft gegen § 9 Abs. 3 StVO verstoßen und dadurch den Unfall mit verursacht hat. Unstreitig ist es im Zuge des Abbiegevorgangs zu einer Kollision mit dem grundsätzlich gemäß § 9 Abs. 3 StVO bevorrechtigten Kläger gekommen. Die Beklagten erbringen nach dem oben Gesagten nicht den Beweis, dass dem Kläger im Hinblick auf § 11 StVO kein Vorfahrtsrecht zustand bzw. er auf andere Weise dem Beklagten Ziff. 2 gegenüber auf seine Bevorrechtigung verzichtet hatte.

c) In der Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile wiegt der Sorgfaltsverstoß des Kläger weitaus weniger als die Verkehrswidrigkeit des Beklagten Ziff. 2. Bei einer Kollision mit dem Geradeausfahrer haftet der Linksabbieger grundsätzlich allein (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 9 StVO, RN. 55 m. w. N.). Für die Schadensverteilung bei Zusammenstößen an Kreuzungen und Einmündungen kommt es jedoch regelmäßig - wie auch hier - auf die Umstände des Einzelfalles an. Da - wie hier - der Kläger - mit der nicht entfernt liegenden Möglichkeit einer Fehleinschätzung seines Vorfahrtrechts durch andere Verkehrsteilnehmer rechnen muss, kann er sich nicht auf einen sein Mitverschulden ausschließenden Vertrauensschutz berufen. Die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme gemäß § 1 Abs. 2 StVO gebietet dem tatsächlich Vorfahrtberechtigten insbesondere bei einer unklaren Vorfahrtlage, das Verhalten wartepflichtiger Verkehrsteilnehmer ausreichend zu beobachten und notfalls auf ein sogar sicher gegebenes Vorfahrtrecht zu verzichten. Die Kollision war für den Kläger als Vorfahrtberechtigten kein unabwendbares Ereignis, dem Beklagten Ziff. 2 als Wartepflichtigem fällt kein rücksichtsloses Verhalten zur Last und der Vertrauensgrundsatz findet zu Gunsten des Klägers keine Anwendung, denn er hätte rechtzeitig erkennen können, dass der Beklagte Ziff. 2 seiner Wartepflicht nicht genügen werde. Es hätte ihm nach dem oben Gesagten oblegen, das weitere Verhalten dieses Verkehrsteilnehmers besonders genau zu beobachten. Dabei hätte er nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen erkennen können und müssen, dass die Gefahr bestand, dass der Beklagte Ziff. 2 ihm die Vorfahrt nicht gewähren würde und in diesem Fall den Unfall vermeiden können. Eine zusätzliche Gefahr hatte der Kläger durch den von ihm gleichzeitig mit dem Anfahrvorgang eingeleiteten Fahrstreifenwechsel begründet. Nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. hätte sich der Unfall nicht ereignet, wenn der Kläger sich auf seiner Fahrspur normal eingeordnet und den Fahrsteifenwechsel nicht begonnen hätte. Unter Berücksichtigung aller Umstände hält das Gericht eine Haftungsverteilung von 30 % zu 70 % zu Lasten der Beklagten für angemessen (s.a. OLGR Saarbrücken, 2007, 348 ff.; OLG Saarbrücken, VerkMitt 1982, 4 f.; KG Berlin, VerkMitt 1983, 40 (Ls); vgl. auch KG Berlin, VersR 1977, 377, 378).

3. Der Kläger hat gemäß § 249 BGB unter Berücksichtigung seines Quotenvorrechts, gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG einen Anspruch auf Ersatz seines gemäß Klageantrag Ziff. 1 bezifferten unfallbedingten Schadens in Höhe restlicher 2.228,11 EUR.

a) Der Klageantrag Ziff. 1 ist unter Berücksichtigung der auf Seite 3 der Klageschrift vorgenommenen Berechnung dahingehend auszulegen, dass der Kläger nicht 3.369,61 EUR begehrt, sondern 2.369,61 EUR. Die von ihm vorgenommene Berechnung auf Seite 3 der Klageschrift (AS 5) enthält einen Rechenfehler. Die von ihm vorgenommene Addition ergibt zutreffend einen Betrag von 6.069,61 EUR. Unter Abzug des von ihm seitens der Kaskoversicherung genannten Betrags von 3.700,00 EUR ergibt sich jedoch ein Betrag in Höhe von 2.369,61 EUR, nicht 3.369,61 EUR. Bei derartigen Rechenfehlern, die bei der Darlegung des Rechenganges in der Klageschrift nachvollziehbar sind, kann der Klageantrag entsprechend ausgelegt werden.

b) Dem Kläger, der seinen Kaskoversicherer in Anspruch genommen hat, steht gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG an dem Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten das sog. Quotenvorrecht vor dem Kaskoversicherer zu. Demgemäß ist, getrennt nach Schadenspositionen innerhalb und außerhalb des Kaskobereichs abzurechnen (vgl. OLGR Saarbrücken 1999, 222 ff.; OLG Hamm, NZV 1993, 477, 478; OLGR Celle 2006, 705 ff.; BGH, NJW 1982, 829, 830; Kirchhoff, MDR 2004, 1397 ff.).

aa) Zu den Schäden im Kaskobereich gehören:

- vom Kläger netto in Ansatz gebrachte Reparaturkosten 5.064,95 EUR,
- Sachverständigenkosten 544,63 EUR,
- Gesamtkaskobereich 5.609,61 EUR.

Da der Kaskoversicherer hierauf nur 3.700,00 EUR bezahlt hat, besteht im Kaskobereich noch ein vom Kaskoversicherer nicht gedeckter Restschaden in Höhe von 1.909,61 EUR. In dieser Höhe steht der Anspruch auf Ersatz von 70 % des unfallbedingten Schadens gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG vorher dem Kläger zu. Er kann den noch offenen Restbetrag von 1.909,61 EUR in voller Höhe von den Beklagten erstattet verlangen.

bb) Außerhalb des Kaskobereichs sind folgende Schäden entstanden:

- Unkostenpauschale, § 287 ZPO, 25,00 EUR,
- Nutzungsausfall für zehn Tage à 43,00 EUR 430,00 EUR,

Soweit die Beklagten die Dauer der Reparatur bestreiten, geht eine überlange Reparaturdauer nicht mit dem Kläger heim, sondern zu Lasten der Beklagten als Schädiger. Hinreichende Anhaltspunkte, dass für den Kläger eine überlange Reparaturdauer erkennbar war, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Den damit außerhalb des Kaskobereichs entstandenen Gesamtschaden in Höhe von 455,00 EUR haben die Beklagten entsprechend ihrer siebzigprozentigen Haftungsquote in Höhe von 318,50 EUR zu ersetzen.

cc) Insgesamt schulden die Beklagten als Gesamtschuldner danach dem Kläger unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts einen restlichen Betrag in Höhe von 2.228,11 EUR.

4. Die Feststellungsanträge gemäß Klageantrag Ziff. 2 hinsichtlich des Rabattverlustes des Klägers in seiner KFZ-Haftpflicht- und Kaskoversicherung sind zulässig, jedoch lediglich hinsichtlich des Anspruchs bezüglich der Kaskoversicherung teilweise begründet.

a) Ein Rabattverlust durch Rückstufung der Fahrzeugvollkasko- und Haftpflichtversicherung kann für die Zukunft regelmäßig - wie auch hier - nicht mit der Leistungs-, sondern nur mit der Feststellungsklage geltend gemacht werden, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen des Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird (BGH, NJW 1992, 1035, 1036 zur Vollkaskoversicherung). Soweit der Antrag den Zeitraum eines Rabattverlustes bis zur letzten mündlichen Verhandlung betrifft, könnte der Kläger den Schadensfall beziffern, jedoch ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, weil sich der Schaden noch in Fortentwicklung befindet (BGH, NJW 2006, 2397).

b) Der Feststellungsantrag ist allerdings lediglich hinsichtlich der Vollkaskoversicherung zu einer Quote von 70 % begründet, hinsichtlich der Haftpflichtversicherung ist er unbegründet.

aa) Der Verlust des Klägers in seiner KFZ-Haftpflichtversicherung ist vorliegend nicht als Sachfolgeschaden zu ersetzen. Nimmt der Halter eines in einen Unfall verwickelten Kraftfahrzeuges seine Haftpflichtversicherung in Anspruch und verliert er dadurch einen Schadensfreiheitsrabatt, so ist dieser Vermögensnachteil nicht als Sachfolgeschaden zu ersetzen. Der Rabattverlust in der Kaskoversicherung beruht darauf, dass der Kläger wegen des Schadens an seinem eigenen PKW seinen Fahrzeugversicherer in Anspruch genommen hat. Es handelt sich lediglich um einen allgemeinen Vermögensnachteil in der Form des Sachfolgeschadens, der nach den hier maßgeblichen Haftungsnormen, insbesondere § 823 Abs. 1 BGB, aber auch § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. den oben genannten Vorschriften der StVO keinen Schadensersatzanspruch zu begründen vermag (vgl. BGH, NJW 2006, 2397; NJW 1976, 1846, 1847; OLG Karlsruhe, NJOZ 2004, 4069, 4070; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1990, 929).

bb) Der Feststellungsantrag hinsichtlich des Rückstufungsschadens in der Vollkaskoversicherung ist dagegen entsprechend der Haftungsquote der Beklagten zu 70 % begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die begehrte Feststellung dahingehend, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Verlust im Schadensfreiheitsrabatt seiner Kaskoversicherung aus dem Unfall vom 29.03.2007 zu 70 % zu ersetzen.

Der aus der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung folgende Rabattverlust des Geschädigten beruht auf dem Unfallereignis und ist deshalb als adäquate Folge der Beschädigung des Fahrzeugs vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu ersetzen (BGH, NJW 2006, 2397; NJW 2007, 66). Dies gilt auch im Falle anteiliger Mithaftung des Geschädigten. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob ein Ereignis die „ausschließliche“ oder „alleinige“ Ursache des Schadens ist. Auch eine Mitursächlichkeit, sei sie auch nur „Auslöser“ neben erheblichen anderen Umständen, steht hinsichtlich der Kausalität einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleich. Dass den Kläger eine dreißigprozentige Mithaftung trifft, ändert daran nichts. Der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung trat, unabhängig von der Schuldfrage, allein dadurch ein, dass überhaupt Versicherungsleistungen in Anspruch genommen wurden (BGH, NJW 2006, 2397).

Die Fragen, ob und inwieweit die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung zum Ausgleich des Schadens erforderlich ist, wenn der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer die Regulierung ihres Schadensanteils sofort angeboten haben, oder ob der Geschädigte bei geringer Fremdbeteiligung gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, stellen sich nicht, weil die Beklagten die Haftung dem Grunde nach bestritten haben. Jedenfalls unter diesen Umständen war der Kläger berechtigt, seine Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH, a. a. O.).

5. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB. Verzug trat gemäß dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24.05.2007 erst ab dem 02.06.2007 ein.

6. Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von unstreitig nicht anrechenbaren 301,96 EUR. Die Beklagten befanden sich, der Beklagte Ziff. 2 muss sich einen Verzug der Beklagten Ziff. 1 zurechnen lassen, aufgrund des anwaltlichen Schreibens des Klägers vom 24.05.2007 zumindest seit dem 02.06.2007 mit den dort aufgeführten Positionen, mithin dem vom Kläger zugrundegelegten Streitwert von 6.069,61 EUR, in Verzug. Der Zinsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers folgt aus §§ 291, 288 BGB. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten vor Eintritt der Rechtshängigkeit mit der Bezahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Verzug geraten sind, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und ergeben sich insbesondere nicht aus dem vorgerichtlichen Anwaltsschreiben des Klägers vom 24.05.2007

II.

Zur Widerklage:

Der Beklagte Ziff. 2 hat gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 9 Abs. 3 StVO, 1, 3 PflVG, 426, 249 BGB gegen den Kläger sowie die Drittwiderbeklagte einen Anspruch auf Ersatz seines unfallbedingten Schadens in Höhe von 1.932,99 EUR.

1. Der Beklagte Ziff. 2 kann nach dem oben Gesagten vom Kläger und der Drittwiderbeklagten Ersatz seines unfallbedingten Schadens zu 30 % verlangen.

2. Der unfallbedingte Schaden des Beklagten Ziff. 2 beläuft sich auf 6.443,31 EUR, von denen er 30 %, mithin 1.932,99 EUR ersetzt verlangen kann.

a) Ersatzfähig gemäß § 249 BGB sind die Reparaturkosten in Höhe von 5.146,31 EUR. Der Kläger hat die vom Beklagten Ziff. 2 geltend gemachten Reparaturkosten auch nach Hinweis des Gerichtes gemäß Verfügung vom 25.09.2007 (AS 61) nicht substantiiert bestritten. Angesichts des von dem Beklagten Ziff. 2 vorgelegten Privatgutachtens hätte es hier näherer Darlegung bedurft, welche Positionen nicht bzw. nicht unfallbedingt bzw. überhöht entstanden bzw. abgerechnet worden sein sollen.

b) Die Unkostenpauschale beläuft sich auf 25,00 EUR, § 287 ZPO.

c) Der Beklagte Ziff. 2 hat ferner gemäß § 249 BGB Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für acht Tage in Höhe von 59,00 EUR/Tag, mithin insgesamt 472,00 EUR. Das Gericht ist unter Berücksichtigung der von ihm vorgelegten Reparaturbescheinigung davon überzeugt, dass sich das Fahrzeug für die dort angegebenen acht Tage zur Reparatur befand. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass insoweit auch nicht unfallbedingte Werkleistungen erbracht wurden, haben der Kläger und die Drittwiderbeklagte nach dem oben Gesagten nicht vorgetragen. Zwar hat der Sachverständige Dipl.-Ing. R. ausgeführt, dass bei einer äußerst optimalen Ausnutzung bzw. unproblematischen Reparaturdurchführung und sofortiger Ersatzteillieferung eine reine Arbeitszeit von ca. vier evtl. fünf Arbeitstagen anzusetzen wäre. Unter Berücksichtigung dessen, dass der Sachverständige dabei jedoch von einer optimalen Abstimmung und optimaler Ausnutzung ausgeht und bei der angegebenen Gesamtreparaturzeit vom 29.03.2007 bis 05.04.2007 ein Wochenende dazwischen liegt, hält das Gericht eine Reparaturzeit von acht Kalendertagen für angemessen, § 287 ZPO. Auch insoweit gilt im Übrigen, dass eine längere Reparaturzeit grundsätzlich - wie auch hier - mit dem Schädiger, hier also dem Kläger und der Drittwiderbeklagten - heimgeht solange keine hinreichenden Anhaltspunkte für den Geschädigten für eine nicht gerechtfertigte Verzögerung vorliegen. Anhaltspunkte dafür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

d) Ersatzfähig ist ferner eine merkantile Wertminderung an dem PKW des Beklagten Ziff. 2 in Höhe von 800,00 EUR. Den vom Beklagten Ziff. 2 in dieser Höhe in Ansatz gebrachten merkantilen Minderwert kann nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. aus technischer Sicht gefolgt werden.

e) Danach ergibt sich ein unfallbedingter Schaden des Beklagten Ziff. 2 in Höhe von 6.443,31 EUR, von dem er 30 %, mithin 1.932,99 EUR ersetzt verlangen kann.

3. Der Beklagte Ziff. 2 hat unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von nicht anrechenbaren 229,00 EUR.

a) Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich - wie auch hier - der Gegenstandswert zugrundezulegen ist, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, WuM 2008, 97, 98). Ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 1.932,99 EUR beläuft sich die Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14, Nr. 2300 VV RVG auf 173,00 EUR. Hinzu kommt die Unkostenpauschale in Höhe von 20,00 EUR sowie 19 % Mehrwertsteuer in Höhe von 36,00 EUR, so dass sich ein Betrag in Höhe von 229,00 EUR ergibt.

b) Zutreffend legt der Beklagte Ziff. 2 seiner Berechnung zugrunde, dass die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG angeordnete Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens zu einer Reduzierung der letztgenannten Gebühr führt, so dass sich nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr, sondern die Verfahrensgebühr im Umfang der Anrechnung reduziert. Diese Anrechnung ist erst im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu berücksichtigen (BGH, NJW 2007, 3500, 3501 m. w. N.).

4. Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB, hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt er aus §§ 291, 288 BGB.
III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war die unterschiedliche Beteiligung der Parteien am Rechtsstreit zu berücksichtigen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss vom 18.04.2008

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

- hinsichtlich der Gerichtsgebühren sowie der Gebühren derProzessbevollmächtigten des Klägers und des Beklagten Ziff. 2 gemäß §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 10.057,85 EUR
- hinsichtlich der Gebühren der Prozessbevollmächtigten der Drittwiderklage auf 6.443,31 EUR
- hinsichtlich der Gebühren der Prozessbevollmächtigten des Beklagten Ziff. 1 auf 3.614,54 EUR

Gründe

Der Streitwert für den Klageantrag Ziff. 1 wurde auf 2.614,54 EUR festgesetzt. Zu den 2.369,61 EUR hinzuzuzählen war der Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 244,93 EUR. Es war zu berücksichtigen, dass in dieser Höhe die vorgerichtlichen Anwaltskosten als Hauptforderung geltend gemacht wurden, da sie aus dem vorgerichtlichen Streitwert in Höhe von 6.069,61 EUR berechnet wurden (BGH, NJW 2008, 999 f.).

Für den Klageantrag Ziff. 2 ging das Gericht entsprechend der Angabe des Klägers von 1.000,00 EUR aus, wobei es auf die unterschiedlichen Versicherungszweige jeweils einen Betrag in Höhe von 500,00 EUR zugrundelegte. Der Streitwert der Widerklage belief sich auf 6.443,31 EUR.

Bei der Streitwertfestsetzung war ferner die unterschiedliche Beteiligung der Parteien am Rechtsstreit zu berücksichtigen.

RechtsgebieteUnfallregulierung, HaftungVorschriften§§ 7, 17, 18 Abs. 1 u. 3 StVG §§ 249, 426, 823 BGB § 9 Abs. 3 StVO §§ 1, 3 PflVG

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