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18.04.2008 · IWW-Abrufnummer 081202

Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 30.05.2007 – 3 K 256/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT HAMBURG

3 K 256/06
30.05.2007

Urteil

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit strafbefreiender Erklärungen und die Höhe des geschuldeten Steuersatzes.

1.
Die Kläger sind Erben nach Frau A, verstorben am 16. Mai 2001.
Die Erblasserin hatte Mieteinnahmen aus Brasilien bezogen, die sie im Inland steuerlich nicht erklärt hatte. Zuständig für ihre Besteuerung war der Beklagte bzw. sein Rechtsvorgänger.
Mit Datum vom 15. Dezember 2004 gab die Klägerin zu 1) als Erklärende eine Formular-Erklärung nach dem Strafbefreiungsgesetz (StraBEG) ab (im Folgenden: strafbefreiende Erklärung) und zwar für die Erblasserin als Steuerschuldnerin.

In dieser Erklärung wurde die Summe der nicht besteuerten Einnahmen mit EUR 0 angegeben und die zu entrichtende Abgabe ebenfalls mit EUR 0. In der Anlage wurde in der Rubrik "Lebenssachverhalt" für die Zeit von 1995 bis Mai 2001 jeweils ein Betrag "Mieteinnahmen Brasilien" angegebenen mit dem Zusatz "Progressionsvorbehalt".

2.
Nachdem die Kläger im Zusammenhang mit strafbefreienden Erklärungen, die sie für ihre eigenen Steuerschulden abgegeben hatten, von der Finanzverwaltung darauf hingewiesen worden waren, dass diese Einnahmen nicht steuerfrei seien, gab die Klägerin zu 1) am 26. Januar 2005 erneut eine strafbefreiende Erklärung für die Steuerschuld der Erblasserin ab. In dieser gab sie die Summe der zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen mit EUR 171.549 an. Sie errechnete 25% dieses Betrages, also EUR 42.887, als zu entrichtende Abgabe und zahlte diesen Betrag an den Beklagten. Hintergrund war § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StraBEG, nach dem die Steuer 25% der erstmalig erklärten Einnahmen betrug, wenn Erklärungsabgabe und Zahlung bis zum 31. Dezember 2004 erfolgt waren.
Mit Abgabe der Erklärung vom 26. Januar 2005 beantragte die Klägerin zu 1) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil bei der Abgabe der Erklärung im Dezember 2004 rechtsirrtümlich von einer anderen Besteuerung ausgegangen worden sei.

3.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2005 lehnte der Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab.

4.
Die Klägerin zu 1) reichte sodann am 28. Februar 2005 eine weitere strafbefreiende Erklärung ein, in der sie die Abgabe mit 35% der Einnahme berechnete, wie es § 8 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1, 6 StraBEG für strafbefreiende Erklärungen vorsieht, die nach dem 31. Dezember 2004 und vor dem 1. April 2005 abgegeben werden. Der Differenzbetrag wurde vor dem 31. März 2005 an den Beklagten gezahlt.

5.
Die Klägerin zu 1) legte Einspruch gegen die letzte ihrer strafbefreienden Erklärungen vom Februar 2005 ein. Das Einspruchsschreiben trägt das Datum 23. März 2005 und ist beim Beklagten am 31. März 2005 eingegangen.
Auf entsprechenden Hinweis des Beklagten vom 15. April 2005 beantragte die Klägerin zu 1) mit Schreiben vom 12. Mai 2005 hinsichtlich des Einspruchs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

6.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 wies der Beklagte darauf hin, dass Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren sei, der Einspruch mithin unzulässig sei. Im Übrigen sei der Einspruch auch unbegründet, weil der Irrtum über die Steuerpflichtigkeit der Einnahmen in der strafbefreienden Erklärung vom 15. Dezember 2004 nicht mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 behoben werden könne.
Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 2006 als unzulässig zurück.

7.
Die Kläger haben am 27. Dezember 2006 Klage erhoben.
In der Klagschrift haben sie begehrt, unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Zulässigkeit des Einspruchs vom 23. März 2005 gegen die strafbefreiende Erklärung vom 28. Februar 2005 festzustellen und die Erklärung vom 28. Februar 2005 aufzuheben.

Nachdem die Kläger zunächst meinten, aufgrund der Erklärung vom 15. Dezember 2004 sei eine bestandskräftige Steuerfestsetzung auf EUR 0 gegeben, haben sie im weiteren Verlauf des Verfahrens die Auffassung vertreten, für die strafbefreiende Erklärung vom 26. Januar 2005 sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf den 31. Dezember 2004 zu gewähren mit der Folge, dass nur 25% der erklärten Einnahmen als Steuer geschuldet gewesen seien.

Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung der in der strafbefreienden Erklärung vom 28. Februar 2005 liegenden Steuerfestsetzung sowie der Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 2006 festzustellen, dass die strafbefreiende Erklärung vom 15. Dezember 2004 in Verbindung mit der Erklärung vom 26. Januar 2005 einer Steuerfestsetzung in Höhe von EUR 42.887 gleichsteht.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat auf seine Einspruchsentscheidung und sein Schreiben vom 19. Oktober 2006 Bezug genommen. Der Rechtsirrtum des Steuerberaters der Kläger hinsichtlich der Steuerpflicht rechtfertige keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Dem Gericht lagen vor eine Akte des Beklagten zur Steuernummer ... betreffend A sowie die Akte des finanzgerichtlichen Verfahrens der Klägerin zu 1) gegen den Beklagten wegen ihrer persönlichen Einkommensteuer 2001, Geschäftszeichen 3 K 80/05.
Ergänzend wird Bezug genommen auf die bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins am 8. Mai 2007.
Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, dass das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung konnte gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die Klage ist hinsichtlich der Klägerin zu 1) ohne weiteres zulässig.
Hinsichtlich der übrigen Kläger, die in eigener Person keine strafbefreiende Erklärung für die Erblasserin als Steuerschuldnerin abgeben haben, kann die Zulässigkeit dahinstehen, weil die Klage sämtlicher Kläger jedenfalls unbegründet ist.
Erst aufgrund der strafbefreienden Erklärung vom 28. Februar 2005 und mit der Zahlung von 35% der erklärten Einnahmen ist der im Hinblick auf die brasilianischen Mieteinnahmen bestehende Steueranspruch abgegolten worden.

1.
Die Höhe der geschuldeten Steuer ergibt sich aus §§ 1, 8 Strafbefreiungsgesetz (StraBEG). Wer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch unter anderem Einkommensteuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat, wird nicht nach den §§ 370, 370 a AO bestraft, soweit er nach dem 31. Dezember 2003 und vor dem 1. Januar 2005 die auf Grund seiner unrichtigen, unvollständigen oder unterlassenen Angaben zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen gegenüber der Finanzbehörde erklärt (strafbefreiende Erklärung) und innerhalb von 10 Tagen nach Abgabe der Erklärung, spätestens aber bis zum 31. Dezember 2004 25 % der Summe der erklärten Beträge entrichtet wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG) oder aber die strafbefreiende Erklärung bis zum 31.März 2005 abgegeben und 35% der Summe der erklärten Beträge entrichtet wird (§ 1 Abs. 6 StraBEG). Die strafbefreiende Erklärung ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 StraBEG nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StraBEG erlöschen mit Entrichtung des nach § 1 StraBEG zu zahlenden Betrags die Steueransprüche für den entsprechenden Zeitraum.

2.
Die strafbefreiende Erklärung der Klägerin zu 1) vom 15. Dezember 2004 führte nicht zum Erlöschen der Steueransprüche, weil in ihr die Steuer auf einer unzutreffenden Berechnungsgrundlage von EUR 0 nicht zutreffend berechnet worden ist. Denn da die brasilianischen Mieteinnahmen der Erblasserin nach § 21 EStG im Inland steuerpflichtig waren und auch das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Brasilien - wie zwischen den Beteiligten nicht streitig - insoweit keine Steuerbefreiung gewährt (Art. 24 DBA Brasilien), betrugen die Einnahmen der Erblasserin insofern nicht EUR 0.

3.
a) Die strafbefreiende Erklärung der Klägerin zu 1) vom 26. Januar 2005 führte nicht zum Erlöschen der Steueransprüche, weil in ihr zwar eine zutreffende Berechnungsgrundlage erklärt wurde, auf dieser Grundlage aber die Steuer nicht mit 35%, sondern nur mit 25% berechnet und gezahlt wurde. Zu diesem Prozentsatz konnte die Steuer nach StraBEG jedoch nur bei Anmeldung und Zahlung bis zum 31. Dezember 2004 mit Befreiungswirkung berechnet und gezahlt werden.
b) Der Klägerin zu 1) war insoweit auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 StraBEG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Das Verschulden des Vertreters steht dabei dem Verschulden des Vertretenen gleich, § 110 Abs. 1 Satz 2 AO. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen und die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen; innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen, § 110 Abs. 2 AO.
Irrtümer über das materielle Recht begründen dagegen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 19. Dezember 2006 VI R 59/02, BFH/NV 2007, 866 m.w.N.). Wiedereinsetzung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich etwa die höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer Verfahrensfrage nach Ablauf der einzuhaltenden Frist geändert hat (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1996 IV R 44/95, BStBl. II 1996, 319). Gleiches gilt, wenn die Rechtslage in hohem Maße unsicher ist und die einzuhaltende Frist versäumt wurde, weil rechtlich vertretbare Überlegungen zu der Fristversäumung geführt haben und trotz der Unsicherheit Zweifel über die bestehende Frist bzw. die Möglichkeiten der Fristwahrung auch durch zumutbare Ausschöpfung bestehender Informationsmöglichkeiten nicht ausgeräumt werden konnten (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1996 VIII B 56/95, BFH/NV 1997, 457; BFH-Urteil vom 27. August 1998, III R 47/95, BStBl. II 1999, 65; BFH-Urteil vom 14. September 1999 III R 78/97, BStBl. II 2000, 37).
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Die Kläger tragen vor, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten hätten sie über die Steuerpflichtigkeit der ausländischen Einkünfte der Erblasserin geirrt.

Eine Änderung der Rechtslage bzw. der Rechtsprechung scheidet hier ohne weiteres als Wiedereinsetzungsgrund aus. Es ist aber auch weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass die Rechtslage in hohem Maße unsicher gewesen ist. Für den Fall, dass eine Unsicherheit bestanden hätte, ist auch weder vorgetragen noch erkennbar, warum es unzumutbar gewesen sein soll, die Zweifel rechtzeitig vor Ablauf der Frist zum 31. Dezember 2004 auszuräumen.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch nicht hinreichend dargetan und nicht glaubhaft gemacht worden ist, dass tatsächlich ein Rechtsirrtum ursächlich dafür gewesen ist, dass die Bemessungsgrundlage nicht vor dem 31. Dezember 2004 zutreffend berechnet worden ist.

4.
Die strafbefreiende Erklärung vom 28. Februar 2005 ist wirksam. Eine Rechtswidrigkeit der mit ihr bewirkten Steuerfestsetzung ist nicht erkennbar; insbesondere stehen der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit nicht die zuvor abgegebenen strafbefreienden Erklärungen entgegen, denn diese Erklärungen sind unwirksam (s.o.).
Auf die Frage, ob der Einspruch gegen die Steuerfestsetzung durch strafbefreiende Erklärung vom 28. Februar 2005 rechtzeitig erhoben worden bzw. ob insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, kommt es demnach nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

Gründe für die Zulassung der Revision, § 115 Abs. 2 FGO, liegen nicht vor.

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