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27.05.2008 · IWW-Abrufnummer 081186

Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 28.11.2007 – 2 K 5507/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT BERLIN-BRANDENBURG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

2 K 5507/04 B

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 2002

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 2. Senat - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 28. November 2007 durch
XXX
für Recht erkannt:

Der Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 28.4.2004 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2004 wird dahingehend geändert, dass weitere 8.909,78 € dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG anerkannt werden. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt es nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin hatte im Streitjahr erhebliche Aufwendungen für Zahnersatz. Diese Aufwendungen waren der Klägerin durch den Ersatz verlorener Zähne durch Kronen auf implantierten künstlichen Zahnwurzeln, sog. Implantaten entstanden. In Höhe von 2.590,72 € übernahm die Krankenkasse der Klägerin die Kosten für diesen Zahnersatz, den verbleibenden Betrag trug die Klägerin selbst. Die Krankenkasse hatte die Klägerin mit Schreiben vom 21.3.2005, welches von der Klägerin während des Gerichtsverfahrens eingereicht und als Musterschreiben bezeichnet wurde, informiert, dass Implantate abgesehen von vorliegend nicht eingreifenden Ausnahmefällen nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Auf das Schreiben der X-Krankenkasse (Bl. 14 der Gerichtsakte) wird verwiesen.

Der Beklagte erkannte in seiner Einspruchsentscheidung den für die Zahnversorgung insgesamt angefallenen Betrag nicht in voller Höhe als außergewöhnliche Belastung an, weil insoweit die Aufwendungen nicht zwangsläufig gewesen seien. Die Krankenkasse habe nur 2.590,72 €, d.h. etwa 18 % der 14.091,22 € kostenden Zahnbehandlung übernommen. Dies sei ein Indiz für eine mangelnde Zwangsläufigkeit der darüber hinausgehenden Aufwendungen. Mit der Einspruchsentscheidung erkannte der Beklagte daher einen Betrag von 2.768 € als außergewöhnliche Belastung dem Grunde nach an. Dieser Betrag setzte sich aus 2.590,72 € für die hier streitige Zahnbehandlung sowie aus anderen Aufwendungen in Höhe von 177, 23 € zusammen. Der Betrag von 2.590, 72 € sei - so der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung - zwangsläufig angefallen, denn in dieser Höhe hätte auch die Krankenkasse die angefallenen Kosten in entsprechender Höhe ihrerseits übernommen. Nur in dieser Höhe seien der Klägerin nach Abzug des von der Krankenkasse übernommenen Anteils Kosten entstanden, die einkommensteuerrechtlich relevant seien.

Die Erstattungsrichtlinien der Krankenkassen müssten bei der Frage, ob Hilfsmittel als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, ergänzend berücksichtigt werden. Die Einspruchsentscheidung nimmt insoweit Bezug auf die Kommentierungen in Herrmann/Heuer/Raupach und Blümich. Das Finanzamt berief sich ferner auf § 30 So-zialgesetzbuch - SGB - V. Gemäß § 30 Abs. 2 SGB V habe der Versicherte grundsätz-lich einen Anspruch auf Ersatz von 50 % der angefallenen Kosten für Zahnersatz. Alle im vorliegenden Fall über den Betrag von 2.590, 72 € gehenden Aufwendungen stellten daher keine notwendige Versorgung dar. In Höhe von 50 % der grundsätzlich nach SGB V erstattungsfähigen Aufwendungen d.h. in Höhe von 2.590,72 € sei der Einspruch dementsprechend begründet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass es vorliegend nicht um eine Schönheitsoperation gegangen sei und beruft sich ferner auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - zur Ersatzpflicht privater Krankenkassen. Ferner beruft sie sich auf ähnlich gelagerte Rechtsprechung des OLG Köln und des LG Dresden. Ihre Implantate stellten keine Luxusversorgung dar. Für das Jahr 2001 habe der Beklagte ähnliche Aufwendungen schließlich auch zum Abzug zugelassen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 28.4.2004 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2004 dahingehend zu ändern, dass weitere 8.909,78 € dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er beruft sich darauf, dass die Klägerin nach dem Schreiben des behandelnden Zahnarztes vom 11.3.2005 aufgrund ihrer Arbeit darauf angewiesen gewesen sei, sowohl ästhetisch als auch phonetisch perfekt wieder hergestellt zu werden. Im Übrigen lege grundsätzlich der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen fest, was eine notwendige zahnärztliche Versorgung sei. Implantate gehörten nicht zu einer notwendigen Versorgung. Dieses Ergebnis werde auch durch die Ausführungen der Krankenkasse vom 21.3.2005 bestätigt, wonach für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung im Allgemeinen vertragliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Auch liege ein gesetzlicher Ausnahmefall nicht vor. Nach Aktenlage liege bisher weder ein Urteil eines Zivilgerichts vor, welches die volle Erstattungspflicht der Krankenkasse festgestellt habe, noch sei ein solches Verfahren anhängig. Ein Heil- und Kostenplan sowie ein hierzu ergangener Bescheid der Krankenkasse seien nicht eingereicht worden. Unerheblich sei aufgrund des Prinzips der Abschnittsbesteuerung auch, dass unzutreffend für das Jahr 2001 derartige Aufwendungen anerkannt worden seien. Im Übrigen verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Senat hat den Klageantrag der Klägerin dahingehend interpretiert, dass die Klägerin die angefallenen Kosten der Zahnimplantatbehandlung insoweit geltendmachen will, als diese nicht bereits mit der Einspruchsentscheidung anerkannt worden sind.

Nach § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG - wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Aufwendungen erwachsen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof - BFH - davon aus, dass Krank-heitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dabei sind alle Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (vgl. BFH-Urteil vom 3. Dezember 1998 III R 5/98, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 187, 503, Bundesteuerblatt - BStBl - II 1999, 227). Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten hält die Rechtsprechung zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre für geboten (vgl. auch Heger in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 157; Kirchhof/Söhn, Kommentar zum EStG

§ 33 C 48; Nacke in Littmann/Bitz/Pust Kommentar zum EStG § 33 Rz. 3).

Berücksichtigungsfähig sind aber nur solche Kosten, die zum Zwecke der Heilung oder mit dem Ziel aufgewendet werden, die Krankheit erträglich zu machen. Nicht zu den Krankheitskosten gehören daher vorbeugende Aufwendungen, die der Gesundheit allge-mein dienen. Diese sind den gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung zuzurechnen. Hierunter fallen z.B. Aufwendungen für Erholungsreisen (Kuren). Zwar ist durch die Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass Ausgaben für Kurreisen dann als Krankheitskosten anzusehen sind, wenn die Reise zur Heilung oder Linderung nachweislich notwendig ist und eine andere Behandlung nicht oder kaum erfolgversprechend erscheint. Zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit ist es aber regelmäßig erforderlich, dass der Steuerpflichtige ein vor Beginn der Maßnahme ausgestelltes amtsärztliches Attest vorlegt, aus dem sich zweifelsfrei entnehmen lässt, dass er krank und die den Aufwendungen zugrunde liegende Art der Behandlung medizinisch indiziert ist (BFH-Urteil vom 30. Juni 1995 III R 52/93, BFHE 178, 81, BStBl II 1995, 614).

Ebenso hat der BFH bei Behandlungen mit Hilfe wissenschaftlich umstrittener Methoden, wie etwa Frischzellenbehandlungen, den Nachweis der medizinischen Indikation durch ein vor Beginn erstelltes amtsärztliches Attest für geboten erachtet (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 11. Januar 1991 III R 70/88, Entscheidungssammlung des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1991, 386). Während bei Behandlungen, die sich im Rahmen allgemein anerkannter medizinischer Methoden halten, häufig offenkundig ist, dass es sich um Heilbehandlungen handelt, ist bei Außenseitermethoden regelmäßig nicht erkennbar, ob lediglich eine vorbeugende, der Gesundheit allgemein dienende Maßnahme oder eine Heilbehandlung vorliegt.

Aufwendungen für alternative Behandlungsmethoden können zwar, wie Kuren, ebenfalls Krankheitskosten darstellen. Dies gilt aber nur dann, wenn sie nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt sind und vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805). Aufwendungen für Maßnahmen, denen es an der objektiven Eignung zur Heilung oder Linderung der Krankheit mangelt, sind nicht notwendig und damit auch nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG. Wendet sie der Steuerpflichtige dennoch auf, unterfallen sie als Teil der persönlichen Lebensgestaltung dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG. § 33 EStG grenzt nur solche außergewöhnlichen Aufwendungen, die den Bereich der Einkommensverwendung betreffen, aus dem Anwendungsbereich des § 12 EStG aus, die für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sind. Ob diese Voraussetzung zutrifft, ist anhand von objektiven Maßstäben und nicht nach der subjektiven Einschätzung des Steuerpflichtigen festzustellen, und zwar regelmäßig durch den Amtsarzt, wenn zweifelhaft ist, ob Krank-heitskosten vorliegen.

Nicht das Finanzamt oder das Finanzgericht, sondern nur der rechtzeitig eingeschaltete Amtsarzt oder etwa der medizinische Dienst einer gesetzlichen Krankenversicherung besitzen zugleich die Sachkunde und die notwendige Neutralität, um die medizinische Indikation von nicht nur für Kranke nützlichen Maßnahmen ohne die für den behandelnden Arzt bestehende Gefahr einer Störung des Vertrauensverhältnisses zu seinem Patienten objektiv beurteilen zu können (BFH-Urteil vom 14. August 1997 III R 67/96, BFHE 183, 561, BStBl II 1997, 732). Den Nachweis in dieser qualifizierten Weise zu führen ist unverzichtbar, um die Inanspruchnahme ungerechtfertigter Steuervorteile zu verhindern, mit der im besonderen Maße bei Aufwendungen zu rechnen ist, die ihrer Art nach nicht eindeutig und unmittelbar der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen, sondern teilweise auch deshalb getätigt werden, um Krankheiten vorzubeugen (BFH-Urteil vom 7. Juni 2000 III R 54/98 BFH/NV 2001, 238).

Bei der Anschaffung von Hilfsmitteln, die, wie Brillen, Hörapparate und Rollstühle, nach der Lebenserfahrung ausschließlich von Kranken angeschafft werden und bei denen häufig eine Anpassung an die individuellen Gebrechen des Steuerpflichtigen erforderlich ist (medizinische Hilfsmittel im engeren Sinn), kann nach der Rechtsprechung des BFH ebenfalls typisierend davon ausgegangen werden, dass ihr Kauf medizinisch indiziert ist und deshalb auf eine Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde nach mit Hilfe der vorgenannten Aufklärungsmittel verzichtet werden (Urteil des BFH vom 9. August 1991 III R 54/90, BFHE 165, 272, BStBl. II 1991, 920; aber auch Urteil des BFH 14. Oktober 1997 III R 27/97 BFH/NV 1998 S. 571).

Das Gericht schließt sich den dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen an. Bei den streitigen Aufwendungen für die Zahnimplantate handelt es sich nicht um vorbeugend angefallene Aufwendungen oder um Aufwendungen im Zusammenhang mit sogenannten alternativen oder Außenseitermethoden im Sinne von wissenschaftlich umstrittenen Methoden. Die Einordnung der Aufwendungen als Kosten für Hilfsmittel im engeren Sinne steht für den Senat außer Frage.

Die von der Klägerin gewählte Methode der Versorgung bei einem Verlust von Zähnen ist neben der Möglichkeit einer herausnehmbaren Prothese gerichtsbekannt heute gängiger Standard und wird entsprechend auch in der Gebührenordnung der Zahnärzte behandelt. Sie stellt keine Außenseitermethode dar. Die Aufwendungen der Klägerin waren auch zwangsläufig i.S. des § 33 EStG.

Die Klägerin muss sich auch nicht auf die preiswertere Möglichkeit einer Versorgung mit herausnehmbarem Zahnersatz verweisen lassen.

Die Beschränkung des Katalogs der erstattungsfähigen Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung auf herausnehmbare Prothesen beziehungsweise bei fest implantiertem Zahnersatz auf einen kleinen Anteil ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich. Denn die Regelungen für die gesetzliche Krankenversicherung können nach Auffassung des erkennenden Senats nicht ergänzend für die einkommenssteuerliche Beurteilung herangezogen werden. Zum einen betreffen diese Regelungen nur den gesetzlich krankenversicherten Teil der Steuerpflichtigen. Zum anderen wurden diese Regelungen letztlich unter dem Aspekt der Begrenzung der Aufwendungen der Krankenkassen und der Begrenzung der Beitragssätze zur Krankenversicherung getroffen. Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Sozialversicherung stellt ein hohes Gemeinschaftsgut dar, das als Auswahlkriterium für die Begrenzung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung durchaus herangezogen werden kann. Wenn so aber letztlich aus finanziellen Gründen auf die Aufnahme bestimmter Behandlungsmethoden in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen verzichtet wird, bedeutet dies nicht, dass die entsprechend nicht erstattungsfähigen Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach somit nicht zwangsläufig im Sinne des EStG wären. Auch in der Kommentarliteratur wird die Auffassung geteilt, dass die Beihilfevorschriften beziehungsweise die Erstattungsrichtlinien der Krankenkassen wegen deren andersartiger Zweckrichtung nicht für die Interpretation der Tatbestandsmerkmale des § 33 EStG herangezogen werden sollten (vgl. Arndt in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum EStG, § 33 Rn. C 44). Dem Senat ist darüber hinaus bekannt, dass einzelne private Krankenkassen derartige Aufwendungen durchaus ersetzen. Die Notwendigkeit einer bestimmten Behandlung beziehungsweise des Einsatzes einer bestimmten Prothetik kann aber bei einem Privatversicherten, der in der Regel über die höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügen wird, nicht anders beurteilt werden als bei einem gesetzlich Krankenversicherten.

Ein ausdrücklicher Hinweis beziehungsweise eine Verweisung auf die Regelungen des SGB V ist in den einkommensteuerrechtlichen Regelungen auch nicht enthalten.
Grundsätzlich steht es dem Steuerpflichtigen frei, für die Linderung seiner krankheitsbedingten Leiden beziehungsweise den Ersatz verlorener Körperteile die Qualität der Ersatzversorgung frei zu wählen. Eine Überprüfung der Kosten im Hinblick auf ihre Notwendigkeit der Höhe nach wird nach der bereits dargestellten Rechtsprechung und der wohl überwiegenden Literaturauffassung grundsätzlich gerade nicht vorgenommen.

Soweit der Beklagte aus der Kommentierung in Blümich eine andere Meinung folgert, schließt sich der Senat dieser Auffassung nicht an. Die Entscheidung über die Höhe, den Umfang und die Zweckmäßigkeit einer Krankenbehandlung gehört anerkanntermaßen zu den höchstpersönlichen Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen, sodass bei der Prüfung der Notwendigkeit und der Angemessenheit kein allzu strenger Maßstab anzulegen ist (allgemeine Meinung vgl. auch BFH Urteil vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BStBl II 1981, 711).

Aber auch bei einer in Teilen der Literatur geforderten Prüfung der Angemessenheit und Notwendigkeit der erfolgten Aufwendungen (vgl. z.B. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 94 zu den Aufwendungen für Brillen und Zahnersatz) wäre die Klage begründet. Denn der Einsatz von fest sitzendem Zahnersatz stellt eine funktionell andere und höherwertigere Form von Zahnersatz als die der gewöhnlichen herausnehmbaren Prothese dar. Die Festigkeit der Kronen, die mit Zahnimplantaten erreichbar ist, ist mit der Verwendung einer herausnehmbaren Teil- oder Vollprothese offenkundig nicht zu erreichen. Dies kann der erkennende Senat, dem eine promovierte Zahnärztin angehört, aufgrund eigener Sachkunde beurteilen. Es handelt sich daher nicht um eine lediglich kosmetisch höherwertige Versorgung (vgl. insoweit Offerhaus Betriebsberater-BB-1981,1694, 1695). Gerade ein absolut fest sitzender Zahnersatz verbessert die Kaufähigkeit und ist damit einer lediglich herausnehmbaren Prothese deutlich überlegen. Zudem wird durch die Implantation der künstlichen Zahnwurzeln und die Kaubelastung des Kiefers die ansonsten eintretende Atrophie des Kieferknochens jedenfalls im Bereich der neu eingebrachten Zahnwurzeln verhindert. Selbst vom Beklagten wird ausdrücklich nicht in Abrede gestellt, dass die von der Klägerin gewählte Versorgung zudem zu einer Wiederherstellung gerade auch der Artikulationsfähigkeit der Klägerin im phonetischen Bereich führt. Sogar der Beklagte geht somit nicht von einer überwiegend ästhetisch motivierten Entscheidung der Klägerin aus. Er stellt damit die Eignung der gewählten Behandlung zur Heilung und Linderung des eingetrete-nen Zahnverlustes nicht in Abrede.

Die Übertragung der Berechnung der Steuer auf den Beklagten und der Berechnung der zumutbaren Belastung im Sinne des § 33 EStG beruht auf § 100 Abs. 2 S. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - .

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Da zu der Frage der Anerkennung von Zahnimplantaten noch keine höchstrichterliche Rechtssprechung vorliegt, ist die Revision nach § 115 Abs. 3 Nr. 2 FGO zugelassen worden.

Rechtsmittelbelehrung XXX

RechtsgebietEStGVorschriften§ 33 EStG

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