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25.03.2008 · IWW-Abrufnummer 080920

Landgericht Mönchengladbach: Urteil vom 15.01.2008 – 5 S 95/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Mönchengladbach

5 S 95/07
15.01.2008

Urteil

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. August 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Erkelenz unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 1.018,84 € sowie weitere 87,29 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 3. Mai 2006 zu zahlen.

Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Streitverkündung tragen der Kläger zu 46 % und die Beklagten zu 54 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

G r ü n d e:

Die Beklagten haften unstreitig zu 100 % für die Schäden aus einem Unfallereignis vom 3. November 2005 in Erkelenz, an dem der Kläger mit seinem Fahrzeug und der Beklagte zu 1. mit seinem Fahrzeug, das bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert ist, beteiligt waren. Gegenstand des Verfahrens sind ausschließlich die von dem Kläger geltend gemachten Mietwagenkosten für die Dauer von 18 Tagen gemäß der Rechnung der Streitverkündeten vom 28. November 2005 in Höhe von insgesamt 3.997,20 €. Auf die Mietwagenkosten hat die Beklagte zu 2. vorprozessual einen Teilbetrag von 1.516,00 € gezahlt. Die Erstattung der restlichen Mietwagenkosten unter Berücksichtigung eines Eigenanteils in Höhe von noch 1.881,62 € sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 123,48 € macht der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend.

Er ist der Ansicht, dass die Unfallersatztarife der Streitverkündeten gerechtfertigt seien und ihm ein günstigerer Tarif nicht zugänglich gewesen sei.

Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass abzüglich der geleisteten Zahlung Mietwagenkosten in Höhe von noch 2.142,04 € erstattungsfähig seien. Hierbei ist das Amtsgericht von einem erstattungsfähigen Tarif pro Tag von 201,78 € ausgegangen. Da der Kläger aus anwaltlicher Vorsorge nur 1.881,62 € eingeklagt habe, sei die Klage in vollem Umfang begründet. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie rügen, dass das Amtsgericht im Rahmen der Schätzung der Mietwagenkosten die Schwacke-Liste für das Jahr 2006 und nicht für das Jahr 2003 sowie den Tagespreis ohne Reduzierung nach Wochen, 3-Tagespreis und Tagespreise zugrunde gelegt habe.

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Der Kläger kann von den Beklagten restliche Mietwagenkosten nur in der zuerkannten Höhe von noch 1.018,84 € verlangen.

Nach der auch vom Amtsgericht zitierten herrschenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings auch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kfz zum Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifes mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. insbesondere BGHZ 160, 377). Anknüpfungspunkt für diese Prüfung kann nur ein Normaltarif sein, also regelmäßig ein Tarif, der für Selbstzahler Anwendung findet und daher unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO der Tatrichter für die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifes den Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreis-Spiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermitteln (vgl. insbesondere BGH in VersR 2007, 1144).

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat die Kammer in ihrer bisherigen Rechtsprechung die erforderlichen Mietwagenkosten nach § 249 BGB regelmäßig auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreis-Spiegels ermittelt. An dieser Rechtsprechung hält die Kammer nach erneuter Prüfung fest. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz rechtfertigt insoweit keine andere Betrachtung. Der Einwand der Beklagten, die Schwacke-Liste 2006 leide an methodischen Mängeln, weil es sich bei den dort genannten Normaltarifen nur um Angebotspreise handele und das Korrektiv der Nachfrage fehle, so dass bei der Schadensschätzung allenfalls die Liste für das Jahr 2003 zugrundegelegt werden könne, geht fehl. Nach den Erläuterungen in der Schwacke- Liste handelt es sich zwar bei der vorgenommenen Marktuntersuchung in der Tat nur um eine Überprüfung der Angebotspreise. Der sogenannte Modus oder das gewichtete Mittel ist danach der Wert, der bei den Angebotspreiserhebungen am häufigsten genannt wurde. Aber auch bei der Schwacke-Liste für das Jahr 2003 liegen nur Überprüfungen der Angebotspreise vor, so dass der Einwand, wegen methodischer Mängel der Schwacke-Liste 2006 sei allenfalls die Schwacke-Liste 2003 anwendbar, nicht durchgreift.

Auch die weiteren Einwände der Beklagten überzeugen nicht. Selbst wenn bei dem sogenannten gewichteten Mittel die am häufigsten genannten Preise ermittelt werden, ohne auch zu berücksichtigen, in welchem Umfang die verschiedenen Anbieter am Markt präsent sind, spricht dies nicht dagegen, die Schwacke-Liste 2006 als Schätzungsgrundlage heranzuziehen. Gleiches gilt für den Einwand, dass die Preisentwicklungen zwischen 2003 und 2006 nach den Erhebungen des Statischen Bundesamtes im Bereich Verkehr etwa 10 % betragen und diese Preisentwicklungen bei den Normaltarifen in der Schwacke-Liste 2006 keinen Niederschlag gefunden haben sollen.

Nach der bereits oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Rahmen der Überprüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifes eine Schätzung des Normaltarifs gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreis-Spiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ausdrücklich als zulässig erachtet worden.

In den Fällen, in denen eine Schadensschätzung zulässig ist, tritt an die Stelle des Vollbeweises der Schadenshöhe das Ermessen des Gerichts, wobei in Kauf genommen wird, dass die richterliche Schätzung unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (vgl. Zöller ZPO, 24. Aufl., § 287 Rdn. 1 m.w.N.). Daraus folgt, dass eine Schadensschätzung regelmäßig mit Unsicherheiten behaftet ist und deshalb keine absolute Genauigkeit erwartet werden kann. In Kenntnis dieser Umstände hat der Bundesgerichtshof noch zuletzt mehreren Entscheidungen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage ausdrücklich bestätigt, d.h. zu einem Zeitpunkt, als die Schwacke-Liste 2006 schon existierte. Bei dieser Sachlage sieht die Kammer keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen und die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste für das Jahr 2006 als geeignete Schätzungsgrundlage in Zweifel zu ziehen.

Bei der Abrechnung der Mietwagenkosten sind nach Auffassung der Kammer jedoch die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach dem Schwacke-Automietpreis-Spiegel nach Wochen, Dreitages- und Tagespauschalen anstelle der vom Amtsgericht vorgenommenen Multiplikation des Tagessatzes mit der Anzahl der Miettage zu berücksichtigen. Denn der Geschädigte ist aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, immer den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Insoweit folgt die Kammer der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln in seiner Entscheidung vom 2. März 2007 (in Schaden-Praxis 2007,215).

Der Geschädigte kann nicht mit dem Einwand gehört werden, er könne nicht vorhersehen, wie lange die Reparatur bzw. die Ersatzbeschaffung dauere. Aufgrund der Angaben der Werkstatt oder des Autohändlers über die Dauer der Reparatur oder der Ersatzbeschaffung dürfte die Mietdauer auch im Vorhinein in etwa feststehen oder leicht feststell bar sein. Bei mehrtätiger Vermietung sind die erstattungsfähigen Mietwagenkosten daher regelmäßig unter Berücksichtigung der angebotenen Vergünstigungen zu ermitteln.

Da die Beklagten mit der Berufung die Schätzungs- und Berechnungsmethoden des Amtsgerichts im Übrigen nicht angegriffen haben, ergibt sich nunmehr folgende Abrechnung:

Nach der Schwacke-Liste 2006 für das Postleitzahlengebiet 418 und der Gruppe 7 beträgt der Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels für 1 Woche 610,00 €, für 3 Tage 307,00 € und für 1 Tag 105,00 € (das Amtsgericht hatte irrtümlicherweise den Tagespreis des arithmetischen Mittels in Höhe von 144,00 € bei seiner Berechnung zugrundegelegt).

Auf 18 Tage entfallen danach 2 mal 610,00 €, 1 mal 307,00 €
und 1 mal 105,00 €, das sind insgesamt 1.632,00 €
zuzüglich 30 % für den unfallbedingten Mehraufwand 489,60 €
zuzüglich Vollkaskoversicherung 18 Tage mal 26,00 € 468,00 €
zuzüglich Zweitfahrer 18 Tage mal 11,00 € 198,00 €
Zwischensumme 2.787,60 €
abzüglich 10% ersparte Eigenaufwendungen - 278,76 €
zuzüglich Zustellkosten 26,00 €
Zwischensumme 2.534,84 €
abzüglich von der Beklagten zu 2. gezahlter 1.516,00 €
verbleibt der zuerkannte Betrag von 1.018.84 €

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Erforderlichkeit des den Normaltarif übersteigenden Unfallersatztarifes im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung zwar dann keiner Klärung bedarf, wenn der Geschädigte darlegt und beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt zumindest auf Nachfrage kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage im Verhandlungstermin vor der Berufungskammer haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Streitverkündeten jedoch klargestellt, dass sie ihren dahingehenden Vortrag nicht mehr aufrechterhalten und gegen die von der Kammer im Termin im Einzelnen dargestellte - insoweit nicht protokollierte - Berechnungsweise hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten keine Einwände mehr erheben wollen.

Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen anrechenbaren Rechtsanwaltsgebühren errechnet sich auf der Grundlage einer Geschäftsgebühr von 85,00 € (Geschäftswert bis 1.200,00 €) in Höhe von insgesamt 87,29 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1,97 Abs. 1 und 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

RechtsgebieteUnfallregulierung, MietwagenVorschriften§ 249 BGB

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