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06.02.2008 · IWW-Abrufnummer 080347

Amtsgericht Lüdinghausen: Beschluss vom 12.11.2007 – 19 OWi-89 Js 1767/07-183/07

Für die Feststellung eines drohenden Arbeitsplatzverlustes eines Berufskraftfahrers infolge eines einmonatigen Fahrverbotes reicht ausnahmsweise dann allein die Verlesung einer sog. „Arbeitgeberbescheinigung“ aus, wenn der Arbeitgeber die Kündigung ohne Angabe von Gründen in der Probezeit jederzeit aussprechen kann. Hier bedarf es keiner Vernehmung des Arbeitgebers als Zeugen.


19 OWi-89 Js 1767/07-183/07

Amtsgericht Lüdinghausen

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Bußgeldverfahren

gegen

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der Richter für Bußgeldsachen
aufgrund der Hauptverhandlung vom 15.10.2007 und den
Fortsetzungsverhandlungen vom 22.10.2007am 12.11.2007,
an der teilgenommen haben:

XXX

für Recht erkannt:

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 300 EUR verurteilt.

Ihm wird gestattet, die Geldbuße in monatlichen Teilbeträgen von EUR 50 jeweils bis zum 5. eines Monats, beginnend mit der Rechtskraft des Urteils, zu zahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn ein Teilbetrag nicht rechtzeitig gezahlt wird.

Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene (§§ 41 II 49 StVO, 24 StVG).

G r ü n d e:

Der Betroffene ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Er ist von Beruf Kraftfahrer. Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat er erklärt, dass diese der Art seien, dass er bei der festgesetzten Geldbuße von mehr als 100 Euro eine Ratenzahlung hilfreich fände. Raten von 50 oder 100 Euro seien dabei ausreichend.

Straßenverkehrsrechtlich ist der Betroffene bislang nicht in Erscheinung getreten.

Am 15.05.2007 um 12.52 Uhr befuhr der Betroffene in Senden-Ottmarsbocholt die B 58 in Höhe der Kreuzung mit der K 2 in Fahrtrichtung Ascheberg als Führer des Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXX Er fuhr hier mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 83 km/h und überschritt so die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 33 km/h. Der Betroffene wurde mittels eines stationären Geschwindigkeitsmessgerätes des Typs Traffiphot-S gemessen, und zwar mit einer Geschwindigkeit von 86 km/h, von der 3 km/h Sicherheitsabschlag in Abzug zu bringen waren.

Der Betroffene hat den Vorfall eingeräumt. Die Richtigkeit der Messung wurde bestätigt durch den Zeugen P., der das fragliche Messgerät am Tattage eingerichtet hat. Die gefahrene Geschwindigkeit und die Tatzeit konnten anhand des Messfotos festgestellt werden, welches für 12.52 Uhr ein Foto des Fahrzeuges des Betroffenen mit dem Betroffenen als Fahrer zeigt, für das durch das Messgerät eine Geschwindigkeit von 86 km/h angezeigt wird. Dieses Foto wurde in Augenschein genommen.

Urkundsbeweislich verlesen wurden darüber hinaus das Messprotokoll, welches der Zeuge P. am Tattage gefertigt hat und auch ein Eichschein, auf dem sich eine ordnungsgemäße Eichung sowohl des Messgerätes selbst, als auch der dazu gehörigen und in die Fahrbahn verlegten Sensoren ergibt.

Dementsprechend war der Verstoß belegt und der Betroffene dementsprechend wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße zu verurteilen nach § 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG.

Der Bußgeldkatalog sieht hier eine Regelgeldbuße von 100 Euro für einen derartigen Verstoß vor. Mangels Voreintragungen oder anderer besonderer Umstände war von dieser Regelgeldbuße als für das Urteil maßgeblich auszugehen. Des weiteren sieht der Bußgeldkatalog ein Regelfahrverbot von einem Monat für einen derartigen Verstoß vor. Hier hat der Betroffene jedoch geltend gemacht und auch belegen können, dass ihm für den Fall der Verhängung eines Fahrverbotes der Verlust seines Arbeitsplatzes konkret droht. Er hat nämlich eine Arbeitgeberbescheinigung eines Arbeitgebers vorgelegt, in der es heißt:

„.........hiermit möchten wir Ihnen mitteilen, dass Sie im Falle der Anordnung eines Fahrverbotes mit einer Kündigung rechnen müssen. Wir können Sie nicht anderweitig in unserem Betrieb einsetzen und müssten Ihnen leider die Kündigung erteilen.“

Dieses Schreiben wurde mit Zustimmung des Betroffenen und seines Verteidigers zum Zwecke der Ersetzung einer Zeugenaussage urkundsbeweislich verlesen. Zwar reicht eine derartige Arbeitgeberbescheinigung nach ständiger Rechtsprechung des OLG Hamm (vgl. z.B. OLG Hamm Beschluss vom 23.10.2003 - 4 Ss OWi 626/03) nicht allein aus, um von einem Fahrverbot absehen zu können, doch war hier ausnahmsweise entgegen der Rechtsprechung des OLG Hamm die Vernehmung des Arbeitgebers nicht erforderlich. Der Betroffene hat nämlich seinen aktuellen Arbeitsvertrag vorlegen können, der ebenfalls urkundsbeweislich verlesen wurde. Es handelt sich hier um einen „befristeten Arbeitsvertrag für Fahrpersonal“. Hierin heißt es, dass der Betroffene ab dem 22.10.2007 bei einer Probezeit von sechs Wochen bis zum 21.04.2008 angestellt wird. Während der Probezeit ist ausweislich des Vertrages jederzeit eine Kündigung möglich.

Das Gericht glaubt insoweit, dass die Spedition, bei der der Betroffene angestellt ist, durchaus ohne weitere Abwägungen sofort eine Kündigung aussprechen würde, falls bekannt würde, dass beim hiesigen Gericht ein Fahrverbot festgesetzt wurde. Insoweit kommt es auch nicht auf etwaige Möglichkeiten zur Abfederung eines Fahrverbotes an – die fehlende Ausführlichkeit der Arbeitgeberbescheinigung ist somit angesichts der klaren arbeitsrechtlichen Rechtslage kein Hindernis, sie inhaltlich der Überzeugungsbildung des Gerichts zugrunde zu legen.

Angesichts dieser beruflichen Härten hat sich das Gericht veranlasst gesehen, von der Fahrverbotsanordnung abzusehen und die Geldbuße nach § 4 Abs. 4 BKatV angemessen zu erhöhen, auch um hierdurch einen entsprechenden erzieherischen Effekt zu erreichen. Das Gericht hat die Geldbuße so verdreifacht und auf 300 Euro festgesetzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 StPO, 46 Abs.1 OWiG.

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