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10.12.2007 · IWW-Abrufnummer 073682

Hessisches Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 15.01.2007 – 13 Ta 550/06


Beschluss


In dem Beschwerdeverfahren

XXX
Beschwerdeführer

Gegen

XXX
Beklagter

Weiterer Beteiligter: Bezirksrevisor beim Hess. Landesarbeitsgericht, Adickesallee 36, 60322 Frankfurt am Main

hat die Kammer 13 des Hessischen Landesarbeitsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht XXX als Vorsitzenden

am 15. Januar 2007 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 26. September 2006 - 4 Ca 224/06 - abgeändert:

Die dem Klägervertreter aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 87.- € festgesetzt.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.
Am 24. Mai 2006 erhob der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, beim Arbeitsgericht Klage auf Herausgabe seiner Lohnsteuerkarte 2006. Zugleich beantragte er Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten.lm Gütetermin vom 13. Juni 2006 erschien für den Kläger dessen Prozessbevollmächtigter, für den Beklagten niemand. Der Klägervertreter erklärte im Termin, "dass der Kläger und der Beklagte sich hinsichtlich der Lohnsteuerkarte zwischenzeitlich geeinigt hätten“. Im Hinblick darauf nahm der Klägervertreter sodann im Termin die Klage zurück. Noch am 13. Juni 2006 bewilligte das Arbeitsgericht den Kläger rückwirkend ab 24. Mai 2006 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten.

Dieser beantragte am 27. Juni. 2006 Kostenfestsetzung gegenüber der Staatskasse wie folgt:

Gegenstandswert:€ 300.00

1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG € 32,50
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 W RVG € 30,00
Auslagepauschale Nr. 7002 W RVG € 12,50
Zwischensumme € 75,00
16 % MwSt. €12,00
Gesamtbetrag € 87,00

Am 25. Juli 2006 erließ der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle einen Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem er die dem Klägervertreter aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 45,24 € festsetzte. Die Verminderung gegenüber dem Antrag ergab sich aus der Herausrechnung der Terminsgebühr nebst Mehrwertsteuer. Im Termin vom 13. Juni 2006 hätte, so der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, keine Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden noch seien Anträge gestellt worden. Der hiergegen vom Klägervertreter eingelegten Erinnerung vom 18. September 2006 half weder der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle noch das Arbeitsgericht ab. Letzteres durch Beschluss vom 26. September 2006 (Blatt B 16 der Akten), mit dem es die Beschwerde ausdrücklich zuließ.

Nach Zustellung dieses Beschlusses am 6. Oktober 2006 hat der Klägervertreter hiergegen am 19. Oktober 2006 Beschwerde eingelegt mit der Ansicht, durch sein Auftreten im Termin vom 13. Juni 2006 habe er die Terminsgebühr in begehrter Höhe verdient. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

Die Beschwerde des Klägervertreters ist gemäß den §§ 56, 33 Abs. 3 bis 8 RVG statthaft und nach form- und fristgerechter Einlegung auch zulässig, nach dem das Arbeitsgericht die Beschwerde ausdrücklich gemäß § 33 Absatz 3 Satz 2 RVG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 RVG). .

Die Beschwerde ist begründet.

Der Klägervertreter kann die Erstattung von insgesamt 87 € aus der Staatskasse verlangen. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht der Erinnerung des Klägervertreters nicht abgeholfen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle durfte die Erstattungsforderung des Klägervertreters nicht auf 45,24 € reduzieren.

Der Klägervertreter hat entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts durch sein Auftreten im Termin vom 13. Juni' 2006 die begehrte Terminsgebühr verdient. Gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 3 W RVG "entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlung-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder...".


Es genügt also, dass der Rechtsanwalt im ,Termin vertretungsbereit anwesend ist. Die nach der außer Kraft getretenen BRAGO vorgenommenen Differenzierungen zwischen streitiger und nichtstreitige Verhandlung beziehungsweise der Verhandlung zur Sache oder zur Prozessleitung entfallen jetzt - bis auf den Sonderfall der Nr. 3105 W RVG - völlig. Es kommt nicht mehr darauf an, ob in dem Termin Anträge gestellt wurden oder eine Erörterung stattfand (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl. 2004 Vorbem. 3 VV RVG, Rdz. 31 ;Hartmann, Kostengesetze, 26. Auf/. 2006, Nr. 3104 W RVG, Rdz 4). Dies bestätigt ein Blick in die Motive (BT-Drucksache 15/1971 S. 209 Abs. 3):

" Die in Abs. 3 der Vorbemerkung bestimmte Terminsgebühr soll sowohl die bisherige Verhandlung- (§ 31 Abs. 1 Nummer 2 BRAGO) als auch die Erörterungsgebü1r (§ 31 Abs. 1 Nummer 4 BRAGO) ersetzen. Dabei soll es künftig nicht mehr darauf ankommen, ob in dem Termin Anträge gestellt werden oder die Sache erörtert wird. Vielmehr soll es für das Entstehen der Gebühr genügen, dass der Rechtsanwalt einen Termin wahrnimmt. Die Terminsgebühr soll gegenüber der früheren Verhandlung- oder Erörterungsgebühr auch in ihrem Anwendungsbereich erweitert werden und grundsätzlich eine Gebühr mit einem Gebührensatz von 1,2 sein. Die Unterschiede zwischen einer streitigen oder nichtstreitigen Verhandlung, ein- oder zweiseitiger Erörterung sowie zwischen Verhandlungen zur Sache oder zur Prozess- oder Sachleitung sollen weitestgehend entfallen. Dies führt zu einer erheblichen Vereinfachung, beseitigt viele Streitfragen und entlastet die Justiz."

Ein Wegfall der Terminsgebühr kommt damit jetzt nur in Betracht, wo der im Termin anwesende Rechtsanwalt erkennbar nicht verhandlungsbereit oder verhandlungswillig ist, etwa bei ausdrücklicher Erklärung, nicht verhandeln zu wollen oder bei entsprechenden eindeutigen Anzeichen, wie etwa Schlafen, Stören, offensichtliche Beschäftigung mit etwas anderem nicht nur von kurzer Dauer usw.

Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der Klägervertreter hat im Termin vom 13. Juli 2006 weder geschlafen noch randaliert. Er hat vielmehr das Gericht über die außergerichtliche Streitbeilegung durch die Parteien selbst informiert und die Klage,dann zurückgenommen. Damit ist die Terminsgebühr verdient.

Auch der Höhe nach hat der Klägervertreter die Gebühr zutreffend aus dem richtigen Gegenstandswert ermittelt (Nr. 3104 VV RVG). Der Ausnahmefall der Nr. 3105, VV RVG - nur Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung - liegt nicht vor.

Mit dem höheren Gebührenanspruch und dem sich entsprechend erhöhenden Mehrwertsteuerbetrag ergibt sich insgesamt die erstattungsfähige Forderung von 87.- €.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG.

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