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27.11.2007 · IWW-Abrufnummer 073619

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 18.10.2007 – V ZB 141/06

a) Eine ergebnislose Versteigerung wird von den Regeln über die Zuschlagsversagung nach § 85a ZVG nicht erfasst und führt deshalb auch nicht zu einem Wegfall der Wertgrenzen.



b) Eine ergebnislose Versteigerung in diesem Sinne ist auch dann gegeben, wenn der Gläubiger die Einstellung des Verfahrens bewilligt und die Entscheidung darüber nach § 33 ZVG durch Versagung des Zuschlags erfolgt.


BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

V ZB 141/06

vom
18. Oktober 2007

in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 10. August 2006 und der Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Schlüchtern vom 3. Juli 2006 aufgehoben.

Dem Beteiligten zu 11 wird der Zuschlag auf das in dem Versteigerungstermin des Amtsgerichts Schlüchtern vom 22. Juni 2006 abgegebene Gebot von 34.000 ¤ versagt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 34.000 ¤.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Wohnungseigentums der Beteiligten zu 2. Der Verkehrswert des Objekts wurde auf 113.000 ¤ festgesetzt.

In dem ersten Versteigerungstermin am 14. April 2005 gab einzig der Terminsvertreter der Beteiligten zu 1 im eigenen Namen ein Gebot von 20.000 ¤ ab. Das Amtsgericht versagte den Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG.

In dem von Amts wegen bestimmten zweiten Termin am 11. Oktober 2005 blieb W. J. M. mit einem Gebot von 40.000 ¤ Meistbietender. Diesem Gebot versagte das Amtsgericht mit Beschluss vom 15. November 2005 den Zuschlag nach § 33 ZVG, weil die Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 14. November 2005 die Einstellung des Verfahrens bewilligt hatte.

Auf Antrag der Beteiligten zu 1 bestimmte das Amtsgericht einen dritten Versteigerungstermin auf den 22. Juni 2006. In diesem Termin blieb der Beteiligte zu 11 mit einem Gebot von 34.000 ¤ Meistbietender und erhielt darauf den Zuschlag.

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 dagegen ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Ziel weiter, dass der Zuschlag auf das Gebot des Beteiligten zu 11 versagt wird.

II.

Das Beschwerdegericht meint, das Vollstreckungsgericht habe den Zuschlag zu Recht erteilt, obwohl das Gebot des Beteiligten zu 11 mit 34.000 ¤ die 5/10-Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG nicht erreicht habe. Nach Absatz 2 Satz 2 der Norm dürfe der Zuschlag nämlich nicht mehr versagt werden, wenn er bereits einmal aus den Gründen des Absatzes 1 versagt worden sei. Das sei hier der Fall.

Dabei könne dahin stehen, ob das in dem ersten Versteigerungstermin im eigenen Namen abgegebene Gebot des Terminsvertreters der Beteiligten zu 1 unwirksam gewesen sei. Jedenfalls sei im zweiten Termin ein unterhalb der Grenze des § 85a Abs. 1 ZVG liegendes Gebot abgegeben worden. Darauf wäre der Zuschlag zu versagen gewesen, hätte nicht zuvor die Beteiligte zu 1 die Einstellung des Verfahrens bewilligt, so dass dem nach § 33 ZVG habe Rechnung getragen werden müssen. Für die Anwendbarkeit von § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG sei nicht Voraussetzung, dass die Versagung förmlich hierauf gestützt werde. Entscheidend sei, dass die Versagungsgründe der Norm vorgelegen hätten, möge auch der Zuschlag aus einem anderen Grund, nämlich nach § 33 ZVG versagt worden sein.

Ohne Bedeutung sei, dass der (dritte) Termin, in dem der Zuschlag erteilt worden sei, entgegen §§ 85a Abs. 2 Satz 1, 74a Abs. 3 ZVG nicht innerhalb der vorgeschriebenen Sechsmonatsfrist stattgefunden habe; denn die Beteiligte zu 2 sei dadurch nicht in ihren Rechten verletzt.

III.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Das Beschwerdegericht ist - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 2 als Schuldnerin beschwerdeberechtigt ist, obwohl im Laufe des Versteigerungsverfahrens über ihr Vermögen ein vereinfachtes Insolvenzverfahren nach §§ 311 ff. InsO eröffnet und ein Treuhänder bestellt worden ist. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Allerdings hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich die Folge, dass das Verwaltungs- und Verfügungsrecht gem. § 80 Abs. 1 InsO auf den Treuhänder übergeht und dass der Schuldner die ihm zustehenden Rechtsbehelfe selbst nicht mehr einlegen kann (vgl. BVerfGE 51, 405, 407 f.; LG Lübeck Rpfleger 2004, 235, 236). Anders ist es jedoch, wenn der Treuhänder den Vollstreckungsgegenstand freigibt. Davon ist hier auszugehen. Er hat nämlich in dem Parallelverfahren, in dem es um einen anderen Miteigentumsanteil derselben Liegenschaft geht und in dem er ebenfalls Treuhänder des Schuldners ist, gegenüber dem Beschwerdegericht zum Ausdruck gebracht, dass er wegen des ihm nach § 313 Abs. 3 Satz 1 InsO nicht zustehenden Verwertungsrechts keine Rechte in dem Verfahren für sich in Anspruch nehme. Daraus ist auf eine Freigabe zu schließen (vgl. näher Senat, Beschl. v. 18. Oktober 2007, V ZB 140/06). Dasselbe gilt im vorliegenden, rechtlich gleichgelagerten Fall, obwohl eine ausdrückliche Stellungnahme des Treuhänders fehlt. Die auch hier vorliegenden Voraussetzungen des § 313 Abs. 3 Satz 1 InsO lassen keinen anderen Schluss zu.

2. Das in dem ersten Versteigerungstermin am 14. April 2005 im eigenen Namen abgegebene Gebot des Gläubigervertreters ist nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 10. Mai 2007, V ZB 83/06, WM 2007, 1522, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Beschl. v. 5. Juli 2007, V ZB 118/06, WM 2007, 1747; Beschl. v. 19. Juli 2007, V ZB 15/07) unwirksam und daher nicht geeignet, die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen. Das Gebot hätte nach § 71 ZVG zurückgewiesen werden müssen.

3. Wegen dieses unwirksamen Gebots im ersten Termin galt die dem Schutz des Schuldners dienende Wertgrenze des § 85a Abs. 1 ZVG im zweiten Termin fort (Senat, Beschl. v. 5. Juli 2007, V ZB 118/06, WM 2007, 1747, 1748). Daher hätte - insoweit ist dem Beschwerdegericht zu folgen - dem Gebot des Meistbietenden, das diese Grenze nicht erreichte, der Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG versagt werden müssen mit der Folge, dass in einem weiteren, von Amts wegen zu bestimmenden Termin diese Grenze nach § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG nicht mehr gegolten hätte.

4. Rechtsfehlerhaft ist indes die Annahme des Beschwerdegerichts, dass diese Rechtsfolge auch dann eintrete, wenn es - wie hier - zu einer Zuschlagsversagung nach § 85a Abs. 1 ZVG nur deshalb nicht komme, weil zuvor die Einstellung des Verfahrens bewilligt worden und der Zuschlag daher nach § 33 ZVG zu versagen gewesen sei. Eine solche Versagung führt nämlich zu einer ergebnislosen Versteigerung, die die Rechtswirkungen des § 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG nicht auszulösen vermag. Das ergibt sich aus Folgendem:

Bewilligt der Gläubiger die Einstellung, ist das Verfahren einstweilen einzustellen, § 30 Abs. 1 Satz 1 ZVG. Das hat nach § 72 Abs. 3 ZVG zur Folge, dass ein Gebot erlischt. Zwar macht § 33 ZVG hiervon eine Ausnahme, wenn nach dem Schluss der Versteigerung ein Grund zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens besteht. Die Entscheidung kann dann nur durch Versagung des Zuschlags erfolgen. Das hindert indes nur vorübergehend das Erlöschen des Gebots, nämlich bis zur - hier gegebenen - Rechtskraft des Versagungsbeschlusses, § 86 ZVG. Spätestens dann erweist sich auch in diesem Fall die Versteigerung als ergebnislos. Eine ergebnislose Versteigerung wird aber von den Regeln über die Zuschlagsversagung nach § 85a ZVG nicht erfasst und führt deshalb auch nicht zu einem Wegfall der Wertgrenzen (Senat, Beschl. v. 19. Juli 2007, V ZB 15/07, Umdruck S. 6, veröffentlicht bei juris).

Im dritten Termin galten diese daher fort, so dass dem darunter liegenden Gebot des Beteiligten zu 11 nach § 85a Abs. 1 ZVG der Zuschlag zu versagen ist.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten fallen weder für die sofortige Beschwerde noch für die Rechtsbeschwerde an (vgl. Nr. 2240 bis 2243 KV-GKG). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt nicht in Betracht, da sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen (Senat, Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, WM 2007, 82, 86). Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist nach dem Wert des Zuschlagsbeschlusses zu bestimmen, dessen Aufhebung die Schuldnerin mit der Rechtsbeschwerde erreichen will (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Er entspricht damit dem Meistgebot des Beteiligten zu 11 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG).

RechtsgebietZVGVorschriftenZVG § 33, ZVG § 85a

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