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01.08.2007 · IWW-Abrufnummer 072395

Landgericht Duisburg: Urteil vom 28.06.2007 – 12 S 159/06

Kündigt der gegnerische Haftpflichtversicherer dem Geschädigten nach einem Verkehrsunfall an, dass er ein höheres Restwertangebot vorlegen werde, ist der Geschädigte aufgrund seiner Schadensminderungsobliegenheit gehalten, von einer Verwertung zu dem vom Sachverständigen festgestellten Restwert zunächst Abstand zu nehmen.


Landgericht Duisburg
12. Zivilkammer

Urteil

12 S 159/06
Amtsgericht Duisburg-Hamborn, 7 C 117/06

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (BI. 31-33 d. A.).

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil beruht - jedenfalls im Ergebnis - weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass das Gutachten eines anerkannten Sachverständigen in aller Regel eine geeignete Grundlage für die Bemessung des Restwertes bildet. Nach Ansicht der Kammer gilt dies aber auch, wenn der Sachverständige keine konkreten Restwertangebote eingeholt hat, sondern den Restwert nur im Wege der Schätzung ermittelt hat. Insofern ist zu berücksichtigen, dass jede Wertermittlung letztlich auf einer Schätzung beruht, zu deren Objektivierung verschiedene Methoden zur Verfügung stehen. Neben einer Marktrecherche bietet sich eine rechnerische Wertermittlung auf der Grundlage von Listenpreisen und Reparaturkosten an. Auf der Sicht des Klägers bestand daher zunächst kein Anlass, der Restwertangabe des Sachverständigen zu misstrauen, zumal in dem Gutachten ausdrücklich erklärt ist, dass dieser Betrag zur Abrechnung auf Totalschadenbasis zugrunde gelegt werden könne. Auf diese Aussage, die durch die allgemeine Empfehlung, zur Vermeidung von Nachteilen vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs mit dem Versicherer Kontakt aufzunehmen, nicht in Frage gestellt wird, darf der Geschädigte grundsätzlich vertrauen.

2. Gleichwohl hat die Beklagte zu 2. ihrer Abrechnung im Ergebnis zu Recht einen Restwert von 2.200,00 ? zugrundegelegt. Die Differenz zu dem tatsächlich realisierten Veräußerungserlös von nur 1.200,00 ? hat der Kläger gemäß § 254 Abs. 2 BGB selbst zu tragen. Aufgrund seiner Schadensminderungsobliegenheit kann der Geschädigte unter besonderen Umständen gehalten sein, von einer zulässigen Verwertung Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Möglichkeiten der Verwertung zu ergreifen. Solche besonderen Umstände liegen vor, wenn der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer dem Geschädigten eine ohne weiteres zugängliche günstigere Verwertungsmöglichkeit nachweist, aufgrund derer dieser mühelos einen höheren Erlös zu erzielen vermag (vgl. BGH, NJW 2000,800; OLG Düsseldorf, VersR 1998, 518).

Ein diesen Anforderungen genügendes Restwertangebot hat die Beklagte zu 2. dem Kläger zwar erst am 10.02.2007, mithin zu einem Zeitpunkt übersandt, zu dem der Kläger es nicht mehr annehmen konnte, weil er das Fahrzeug bereits drei Tage vorher zu dem vom Sachverständigen ermittelten Wert verkauft hatte. Diese Veräußerung hätte der Kläger indessen nicht ohne Rücksprache mit der Beklagten zu 2. vornehmen dürfen, weil er aufgrund des Telefonats vom 31.01.2006 damit rechnen musste, dass diese ihm eine günstigere Verwertungsmöglichkeit nachweisen würde. Den von den Beklagten vorgetragenen Inhalt dieses Telefonats hat der Kläger nicht wirksam bestritten. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist insoweit nicht zulässig, da das Gespräch Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Klägers war (§ 138 Abs. 4 ZPO). Beruft eine Partei sich gleichwohl auf Unkenntnis, muss sie den Grund ihrer Unkenntnis substantiiert und glaubhaft darlegen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 138 Rn. 14). Die Erklärung des Klägers, er habe - nach einem Zeitraum von weniger als acht Monaten - keine konkrete Erinnerung mehr an das Gespräch, hält die Kammer nicht für glaubhaft. Nach allgemeiner Lebenserfahrung stellt ein Verkehrsunfall aus der individuellen Sicht der Unfallbeteiligten ein seltenes Ereignis dar, welches - einschließlich seiner Begleitumstände wie den nachfolgenden Regulierungsverhandlungen mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer - in der Regel längere Zeit in der Erinnerung verhaftet bleibt. Gründe, weshalb es sich bei ihm anders verhalten sollte, hat der Kläger nicht dargelegt.

Zwar war der Kläger nicht gehalten, mit der Veräußerung auf unbestimmte Zeit abzuwarten. Doch liegt der Zugang des Restwertangebots am 10.02.2006 innerhalb der Zeitspanne, in der er nach dem telefonischen Hinweis vom 31.01.2006 mit einem solchen Angebot rechnen musste. Da er diesen Hinweis ohne Einwände entgegengenommen hat, durfte die Beklagte zu 2. nach Treu und Glauben erwarten, dass der Kläger ihr die Absicht einer früheren Veräußerung anzeigen würde. Ob der Beklagten zu 2. im Zeitpunkt des Verkaufs durch den Kläger am 07.02.2006 bereits ein höheres Restwertangebot vorlag, kann dahinstehen, da der Kläger nicht dargelegt hat, dass ihm ein Zuwarten bis zum 10.02.2006 nicht zumutbar gewesen wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

IV.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 1.000,00 ? festgesetzt.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 254 Abs. 2 BGB

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