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11.05.2007 · IWW-Abrufnummer 071643

Landgericht Aachen: Beschluss vom 07.03.2007 – 66 Qs 9/07

Der Haftzuschlag nach Vorbem. 4 Abs. 4 Vv RVg entsteht auch dann, wenn sich der Mandant im offenen Vollzug befindet.


66 Qs 9/07

LANDGERICHT AACHEN BESCHLUSS

In der Strafsache

gegen pp.
zur Zeit in JVA Bielefeld-Senne

Die Beschwerde des Vertreters der Landeskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 21.02.2007 - 47 Ds 107 Js 485/05 - 410/05 - wird als unbegründet verworfen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 28.11.2006 hat der Pflichtverteidiger u.a. eine Terminsgebühr nach Vergütungsverzeichnis Nr. 4127 RVG in Höhe von 263,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer geltend gemacht. Festgesetzt wurde insoweit lediglich eine Terminsgebühr nach Vergütungsverzeichnis Nr. 4126 RVG in Höhe von 216,00 EUR mit der Begründung, dass der Angeklagte sich im offenen Vollzug befunden habe und daher ein Mehraufwand, der die Gewährung des Zuschlags nach Nr. 4127 begründe, nicht ersichtlich sei. Hiergegen hat der Pflichtverteidiger Erinnerung eingelegt. Mit Beschluss vom 21.02.2007 hat die Abteilungsrichterin der Erinnerung, der Rechtspfleger nicht abgeholfen hatte, stattgegeben und ausgesprochen, dass dem Pflichtverteidiger auch der abgesetzte Differenzbetrag von 47,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer zu erstatten sei; die Beschwerde wurde gemäß § 33 Absatz 3 RVG zugelassen.

Gegen den - dem Vertreter der Landeskasse am 01.03.2007 zugegangenen - Beschluss vom 21.02.2007 richtet sich dessen Beschwerde vom 02.03.2007.

Die infolge der ausdrücklichen Zulassung trotz Nichterreichens des Beschwerdewertes von 200,00 EUR zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Beschluss hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die erhöhte Terminsgebühr des Pflichtverteidigers nach Nr. 4127 RVG als erstattungsfähig angesehen.

In Absatz 4 der Vorbemerkung zum Vergütungsverzeichnis RVG Teil 4 Strafsachen ist folgendes bestimmt: ?Befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, entsteht die Gebühr mit Zuschlag." Diese Regelung beruht zwar auf der Überlegung, dass die Verteidigung eines nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten in der Regel Erschwernisse mit sich bringt, die eine - im Vergleich zu der Verteidigung eines auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten - erhöhte Vergütung rechtfertigen. Ob und in welchem Umfang der Umstand, dass der Beschuldigte sich nicht auf freiem Fuß befindet, tatsächlich zu Erschwernissen der anwaltlichen Tätigkeit führt, ist aber nach dem Wortlaut der Vorbemerkung, die allein darauf abstellt, ob sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet, grundsätzlich unerheblich. Die abweichende Ansicht des Amtsgerichts Osnabrück im Beschluss vom 08.03.2006 (211 Ds 130 Js 8048/05 - 184/05) ist mit dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Dies bedeutet, dass bei einem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten auch dann, wenn er sich im offenen Vollzug befindet, die ?Gebühr mit Zuschlag" entsteht, dem Pflichtverteidiger also die erhöhte Festgebühr zusteht und dem Wahlverteidiger der nach oben erweiterte Gebührenrahmen zur Verfügung steht. Ob und inwieweit der Wahlverteidiger allerdings diesen erweiterten Gebührenrahmen ausschöpfen darf, wird neben den anderen Kriterien des § 14 RVG auch davon abhängen, ob und in welchem Umfang seine Tätigkeit tatsächlich dadurch erschwert ist, dass der Mandant sich nicht auf freiem Fuß befindet. Wenn dieser sich im offenen Vollzug befindet und infolgedessen keine oder im Vergleich zum geschlossenen Vollzug nur geringe Erschwernisse für die anwaltliche Tätigkeit eintreten, wird sich dies (innerhalb des erweiterten Gebührenrahmens) gebührenmindernd auswirken müssen. Beim Pflichtverteidiger ist jedoch für solche Überlegungen kein Raum, da der Pflichtverteidiger nach dem Gesetz Festgebühren erhält, deren Höhe - abgesehen von der bei Terminsgebühren in gewissem Umgang zu berücksichtigenden Terminsdauer (z. B. Nr. 4110 und 4111 RVG) - von dem tatsächlichen Umfang und den konkreten Schwierigkeiten der anwaltlichen Tätigkeit oder anderen für die Bemessung von Wahlverteidigergebühren maßgeblichen Umständen unabhängig ist.

Gemäß § 56 Absatz 2 Satz 2 RVG ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

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