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20.03.2007 · IWW-Abrufnummer 070948

Oberlandesgericht Naumburg: Beschluss vom 04.10.2006 – 10 Wx 4/06

Zu den Formerfordernissen eines nach den Vorschriften des ZGB errichteten Ehegattentestaments. Wegen des Fehlens einer § 2270 BGB entsprechenden Vorschrift ist für ein gemeinschaftliches Testament, für das das ZGB gilt, die Gültigkeit der Verfügungen der Ehegatten jeweils für sich betrachtet zu prüfen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
10 Wx 04/06 OLG Naumburg

In der Nachlasssache

betreffend den Nachlass des ...

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Oberlandesgericht Mertens und die Richterin am Oberlandesgericht Göbel

am 04. Oktober 2006

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 06. März 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Beteiligte zu tragen.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 67.050,00 Euro.

Gründe:

A.

Die Beteiligte ist die Tochter des am 23. Februar 2005 verstorbenen Erblassers K. M. aus dessen erster Ehe mit der am 26. Oktober 1984 vorverstorbenen Frau B. M. .

Mit seiner ersten Ehefrau B. M. hatte der Erblasser am 22. Oktober 1977 ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet, mit dem sich die Ehegatten wechselseitig zu Alleinerben des Erstversterbenden einsetzten.

In zweiter Ehe war der Erblasser mit der am 27. Februar 2005 nachverstorbenen Frau I. M. , geborene L. , verheiratet. Am 17. August 1986 errichtete der Erblasser mit seiner zweiten Ehefrau I. M. ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament mit folgendem Inhalt:

"Testament

Die Eheleute K. M. geboren am 21. Oktober 1929 in T. , und dessen Ehefrau I. M. geborene L. geboren am 7.9.1935 in B. , bestimmen für ihr gemeinsames Eigentum und Vermögen Folgendes:

Im Falle des Todes eines Ehepartners ist der zuletzt lebende Ehepartner alleiniger Erbe unseres gemeinsamen Eigentums und Vermögens.

Q. , den 17.8.1986 Unterzeichnet K. M. I. M. , geborene L. "

Unterhalb der Unterschriftenzeile der beiden Eheleute war der von dem Erblasser handschriftlich verfasste Nachsatz angefügt:

"Im Falle eines Todes beider Ehepartner ist meine Tochter J. K. geb. M. Erbin unseres Eigentums und Vermögens."

Der Nachsatz war von den verfügenden Eheleuten nicht unterzeichnet worden.

Wegen der Einzelheiten des gemeinschaftlichen Testamentes wird auf die Testamentsurkunde in der Nachlassakte 1 IV 94/05 - AG Quedlinburg - Blatt 6 - Bezug genommen.

Mit einer vor der Notarin R. E. zur Urkundenrollen-Nummer 72/2005 am 26. Januar 2005 beurkundeten Erklärung hat Frau I. M. der Beteiligten eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt und sie unter Ziffer 2) der Urkunde insbesondere auch zur Regelung ihrer Erbangelegenheiten und der Beantragung eines Erbscheins nach ihrem Ehegatten über den Tod hinaus bevollmächtigt.

Die Beteiligte hat aufgrund der testamentarischen Verfügung vom 17. August 1986 die Erbenstellung einer Schlusserbin in Anspruch genommen, nachdem die zweite Ehefrau des Erblassers Frau I. M. am 27. Februar 2005 nach verstorben war. Unter Berufung auf die behauptete Schlusserbenstellung hat sie am 22. März 2005 bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Quedlinburg beantragt, einen Erbschein zu erteilen, der Frau I. M. als Alleinerbin des Erblassers ausweist. Zugleich hat sie in der parallelen Nachlassangelegenheit der nachverstorbenen Frau I. M. (1 VI 105/05 AG Quedlinburg) für sich um die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin der verstorbenen Frau M. nachgesucht.

Das Amtsgericht - Nachlassgericht - Quedlinburg hat in der Nachlasssache nach Frau I. M. (1 VI 105/05) mit Beschluss vom 27. April 2005 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht im wesentlichen ausgeführt, dass das gemeinschaftliche Testament vom 17.08.1986 keine wirksame Einsetzung der Beteiligten als Schlusserbin der zuletzt verstorbenen Frau I. M. enthalte, da der Nachsatz über die Schlusserbeneinsetzung von den verfügenden Ehegatten nicht seinerseits eigenhändig unterzeichnet worden sei und daher die letztwillige Verfügung insoweit an einem Formmangel nach §§ 2247 Abs. 1, 2267 BGB leide. Ein Ausnahmefall von dem Unterschriftenerfordernis greife vorliegend nicht ein.

Die gegen diesen Beschluss von der Beteiligten unter dem Geschäftszeichen 3 T 879/05 erhobene Beschwerde hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg mit Beschluss vom 29. Dezember 2005 zurückgewiesen.

Den in der hier in Rede stehenden Nachlassangelegenheit des Erblassers K. F. M. beantragten Erbschein für Frau I. M. hat das Amtsgericht - Nachlassgericht - Quedlinburg mit Beschluss vom 27. April 2005 als unzulässig verworfen. Das Amtsgericht hat die Verwerfung des Erbscheinsantrages damit begründet, dass der Beteiligten eine Antragsberechtigung nach § 2353 BGB fehle, da sie selbst nicht Erbin der zweiten Ehefrau des Erblassers Frau I. M. geworden sei.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte mit der am 27. Oktober 2005 bei dem Amtsgericht Quedlinburg eingegangenen Eingabe ebenfalls Beschwerde eingelegt.

Sie ist der Meinung gewesen, dass ihr aufgrund ihrer Schlusserbenstellung ein Antragsrecht zustehe. Hierzu hat sie vorgetragen, dass der wirkliche Wille der Erblasser K. und I. M. - auch ungeachtet der fehlenden Unterschrift - in jedem Fall darauf gerichtet gewesen sei, sie als Schlusserbin des letztversterbenden Ehegatten einzusetzen. Ihren wahren Erblasserwillen hätten die Ehegatten wiederholt im Zusammenhang mit der Beurkundung der Vorsorgevollmacht am 26. Januar 2006 geäußert.

Das Amtsgericht hat am 23. November 2005 beschlossen, der Beschwerde der Beteiligten nicht abzuhelfen und das Rechtsmittel dem Landgericht Magdeburg zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.

Mit dem am 18. Februar 2006 bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Quedlinburg eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat die Beteiligte zudem die Anfechtung der letztwilligen Verfügung der Erblasser K. und I. M. vom 17. August 1986 wegen eines Motivirrtums erklären lassen. Sie meint, die Erblasser seien der Fehlvorstellung unterlegen gewesen, dass der Nachtrag mit der Schlusserbeneinsetzung trotz fehlender Unterschrift rechtsgültig sei. Bei Kenntnis der Rechtslage hätten die Erblasser den Nachsatz in jedem Fall nochmals gesondert unterzeichnet. Dieser Irrtum über die Formgültigkeit der Schlusserbenregelung sei ursächlich geworden für die Testamentserrichtung in der vorhandenen Form.

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg hat am 06. März 2006 beschlossen, die Beschwerde der Beteiligten zurückzuweisen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beteiligte die nachverstorbene Frau I. M. nicht beerbt habe. Dementsprechend sei sie auch nicht zur Beantragung eines Erbscheins zugunsten von Frau M. aus eigenem Recht nach § 2353 BGB berechtigt gewesen.

Gegen diesen Beschluss der Beschwerdekammer vom 06. März 2006 hat die Beteiligte mit dem am 25. April 2006 bei dem Landgericht Magdeburg eingegangenen Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt.

Sie nimmt auf ihre Anfechtungserklärung aus dem Schriftsatz vom 16. Februar 2006 Bezug und vertritt im übrigen die Ansicht, dass die formunwirksame Schlusserbeneinsetzung des angefochtenen gemeinschaftlichen Testamentes zur Nichtigkeit des Testamentes im Ganzen führe. Überdies begegne die formwirksame wechselseitige Erbeinsetzung durchgreifenden Bedenken.

B.

I.

Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde der Beteiligten ist nach § 27 Abs. 1 FGG statthaft und formgerecht eingelegt worden (§ 29 Abs. 1 S. 1 und S. 2 FGG).

Gegen die der Beteiligten ungünstige Entscheidung des Landgerichts steht ihr ein weiteres Beschwerderecht nach §§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG zu. Die Berechtigung zur Einlegung der weiteren Beschwerde ergibt sich dabei bereits aus der Zurückweisung der Erstbeschwerde. Denn allgemein anerkannt ist, dass dem Beschwerdeführer stets ein Beschwerderecht für die Einlegung einer weiteren Beschwerde gemäß §§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG zukommt, wenn seine Erstbeschwerde - aus welchen Gründen auch immer - ohne Erfolg geblieben ist. Für die Berechtigung zur weiteren Beschwerde genügt die in der Zurückweisung der Erstbeschwerde liegende formelle Beschwer (vgl. BayObLGZ 1983, 9, 11; BayObLG FamRZ 1986, 719, 720; BayObLGZ 99, 70, 72; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 27 FGG Rdn. 10; ders., a.a.O., § 20 FGG Rdn. 50).

II.

Die insoweit zulässige weitere Beschwerde bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, denn die angegriffene Entscheidung der Beschwerdekammer beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung (§ 27 Abs. 1 FGG in Verbindung mit §§ 546, 547, 559, 561 ZPO).

Der Beschluss des Beschwerdegerichts vermag einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand zu halten (§ 27 Abs. 1 FGG).

Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten im Ergebnis zu Recht als unbegründet zurückgewiesen.

1. Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht die eingelegte Beschwerde ohne nähere Begründung für zulässig erachtet und die Verwerfung des Erbscheinsantrages der Beteiligten einer eigenen Sachprüfung unterzogen hat, obwohl es gleichzeitig die Ansicht vertreten hat, dass der Beteiligten ein Antragsrecht aus § 2353 BGB nicht zustehe, deren Erbscheinsantrag mithin unzulässig sei. Wird der einleitende Verfahrensantrag ohne weitere Sachprüfung durch die erste Instanz als unzulässig verworfen und legt der Antragsteller in einem solchen Fall Beschwerde mit der Behauptung ein, über ein Antragsrecht zu verfügen, so ist seine Beschwerdebefugnis aus § 20 Abs. 1 FGG gegeben. Denn für die Rechtsmittellegitimation in Antragsachen genügt im allgemeinen die durch die Zurückweisung begründete formelle Beschwer. Dem Antragsteller kann nicht verwehrt werden, die Zurückweisung oder Verwerfung seines Verfahrensantrages durch das Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen. Ein zu diesem Zwecke eingelegtes Rechtsmittel kann dementsprechend nicht ohne Sachprüfung mit der Begründung als unzulässig verworfen werden, weil es an denselben Mangel leide, der auch den verfahrenseinleitenden Antrag an das erstinstanzliche Gericht anhafte. Das Rechtsmittel ist vielmehr gerade zum Zwecke der sachlichen Prüfung, ob der Mangel vorliege oder nicht, als zulässig zu behandeln. Die Beschwerde ist, wenn ihr tatsächlich kein Antragsrecht zustehen sollte, unbegründet (vgl. BayObLG FamRZ 1986; BayObLGZ 1999, 70, 72; OLG Frankfurt Rpfleger 1997, 160, 161; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit,16. Aufl., § 20 FGG Rdn. 50).

2. Da das Amtsgericht allein über den auf eine eigene Erbenstellung an dem Nachlass gestützten Erbscheinsantrag der Beteiligten entschieden hat, ist dem Landgericht infolge der Beschwerde dementsprechend auch nur der aus eigenem Recht hergeleitete Erbscheinsantrag der Beteiligten als Beschwerdegegenstand zur Entscheidung angefallen. Darüber, ob die Beteiligte aufgrund der ihr mit notarieller Urkunde vom 26. Januar 2005 über den Tod der nachverstorbenen Frau I. M. hinaus erteilten Vorsorgevollmacht einen Erbscheinsantrag als Vertreterin im Namen der verstorbenen Frau M. hätte anbringen können, musste die Beschwerdekammer danach letztlich nicht befinden. Das Landgericht hat allerdings in dem Hinweisschreiben der Berichterstatterin vom 24. Januar 2006 die Beteiligte zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass es ihr unbenommen bleibt, bei dem Nachlassgericht aufgrund der über den Tod der Frau I. M. hinausgehenden Vollmacht einen neuen Erbscheinsantrag für Frau M. zu stellen, wobei allerdings wegen des Versterbens der Erbin ein berechtigtes Interesse für die Antragstellung besonders dargelegt werden müsste.

3. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht zudem ausgeführt, dass die Beteiligte die Erteilung eines Erbscheins, die die nachverstorbene Frau I. M. als Alleinerbin ausweist, nicht aus eigenem Recht nach § 2353 BGB beantragen konnte.

a) Der Beteiligten hat eine Antragsberechtigung für die Erteilung eines Erbscheins an Frau I. M. nicht aufgrund der von ihr in Anspruch genommenen Schlusserbenstellung zugestanden.

aa) Gemäß §§ 2353, 2356 BGB wird ein Erbschein nur auf Antrag erteilt. Das Antragsrecht nach § 2353 BGB ist dabei an eine bestimmte Rechtstellung geknüpft, die der Antragsteller gemäß § 2356 BGB nachzuweisen hat. Mit dem Erbschein wollte der Gesetzgeber dem Erben einen Ausweis über sein Erbrecht an die Hand geben, der ihm Verfügungen über zur Erbschaft gehörende Gegenstände und Rechte erleichtert, da ihm besondere Beweiskraft und öffentlicher Glaube innewohnt (§§ 2365 bis 2367 BGB). Weil der Erbschein als ein allein dem Interesse des Erben dienender Ausweis gedacht ist, bestimmt § 2353 BGB, dass er dem "Erben" zu erteilen ist, und zwar nur auf dessen Antrag. Grundsätzlich soll also allein der Erbe, d. h. derjenige, der das beantragte Erbrecht für sich in Anspruch nimmt, über die Erteilung eines Erbscheins entscheiden können. Dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht es allerdings, dass daneben außerdem die Erbeserben und Erbteilserwerber, auf die die Berechtigung übergegangen ist, und ferner die Testamentsvollstrecker, Nachlass- und Nachlassinsolvenzverwalter, die den Erbschein zur Verwaltung des Nachlasses benötigen, da ihr Amt die Befugnis zur Verfügung über Nachlassgegenstände einschließt, den Erbschein auf den Namen des Erben beantragen können (vgl. BayObLGZ 1999, 70, 72, 73; BayObLG FamRZ 2000, 1231, 1232; BayObLGZ 1970, 105, 110; BayObLGZ 2001, 85 zitiert nach juris; Edenhofer in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 2353 BGB Rdn. 12). Dagegen wäre es mit dem Sinn und Zweck des § 2353 BGB nicht vereinbar, wenn allgemein jeder, der ein Interesse an der Beteiligung eines Erbscheins hat, berechtigt wäre, diesen zu beantragen (vgl. BayObLGZ 1999, 70, 72, 73; BayObLG FamRZ 2000, 1231, 1232; BayObLGZ 1970, 105, 110; BayObLGZ 2001, 85 zitiert nach juris; Edenhofer in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 2353 BGB Rdn. 12).

bb) Danach hätte die Beteiligte nur dann einen Frau M. als Alleinerbin ausweisenden Erbschein beantragen können, wenn auf sie selbst im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Schlusserbin der Frau M. deren Erbenstellung nach Herrn K. M. übergegangen wären. So liegen die Dinge hier jedoch nicht.

(1) Die Beteiligte ist nicht wirksam zur Schlusserbin der Frau M. berufen worden.

Insbesondere kann sie ihre Erbenstellung nach der verstorbenen Frau M. nicht auf das privatschriftliche gemeinschaftliche Testament vom 17. August 1986 stützen. Denn mit diesem gemeinschaftlichen Ehegattentestament ist sie nicht formwirksam zur Schlusserbin des zuletzt versterbenden Ehegatten nach §§ 388, 391 Abs. 2, 385 ZGB in Verbindung mit Art. 235 § 2 EGBGB eingesetzt worden.

Das Beschwerdegericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass die die Schlusserbeneinsetzung betreffende testamentarische Verfügung an einem Formmangel leidet und daher nichtig ist.

Allerdings beurteilt sich die Formwirksamkeit der letztwilligen Verfügung der Eheleute M. nicht nach §§ 2267, 2247 BGB, sondern nach den entsprechenden Vorschriften des ZGB. Der Erblasser ist zwar nach dem Wirksamwerden des Beitrittes verstorben. Im Hinblick auf die Errichtung und Aufhebung des gemeinschaftlichen Testamentes ist jedoch nicht auf das Erbstatut (Art. 235 § 1 EGBGB) abzustellen, sondern das Errichtungsstatut maßgebend (Art. 235 § 2 EGBGB). Gemäß Art. 235 § 2 EGBGB beurteilt sich die Rechtsgültigkeit einer vor dem Wirksamwerden des Beitrittes errichteten Verfügung von Todes wegen nach dem bisherigen Recht, auch wenn der Erblasser nach dem Wirksamwerden des Beitrittes stirbt. Dies gilt auch für die Bindung des Erblassers bei einem gemeinschaftlichen Testament, sofern das Testament - wie hier - vor dem Wirksamwerden des Beitrittes errichtet worden ist (Art. 235 § 2 S. 2 EGBGB).

Gemäß §§ 391 Abs. 2, 385 ZGB in Verbindung mit Art. 225 § 2 EGBGB haben die Erblasser das eigenhändig verfasste und geschriebene Testament mit vollem Namenszug eigenhändig zu unterschreiben. Zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testamentes nach § 388 ZGB genügte es zwar, dass nur einer der Ehegatten das Testament in der vorgeschriebenen Form errichtet, erforderlich war aber, dass der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung gleichfalls eigenhändig mit unterzeichnete (§ 391 Abs. 2 ZGB). Die Unterschrift der Erblasser muss dabei am Schluss des Textes stehen, um diesen auch räumlich abzudecken und die Authenzität der Erklärung zu wahren. Auch für die Formgültigkeit von Zusätzen und Nachträgen im Testament ist entscheidend, dass die Testamentsurkunde eine die gesamte Erklärung deckende Unterschrift aufweist. Auf demselben Blatt, also auf der formgültigen Testamentsurkunde, aufgebrachte Zusätze müssen grundsätzlich von dem Erblasser nochmals gesondert unterzeichnet werden(vgl. Edenhofer in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 2247 BGB Rdn. 18).

An der gebotenen gesonderten Unterzeichnung der in einem Nachsatz eingefügten Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten fehlt es hier indessen. Das Nachlassgericht hat in seiner Entscheidung vom 27. April 2005 (1 VI 105/05) mit zutreffender Begründung auch das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes von dem Unterschriftenerfordernis verneint. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Nachlassgerichts kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

Danach aber vermag die im Nachsatz enthaltene Schlusserbeneinsetzung nicht dem Formzwang der §§ 391 Abs. 2, 385 ZGB in Verbindung mit Art. 235 § 2 EGBGB zu genügen und ist folglich nach § 373 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit Art. 235 § 2 EGBGB nichtig, und zwar auch ungeachtet des Umstandes, dass Urheberschaft der Erblasser und Ernstlichkeit der Erklärung hier nicht in Frage stehen (vgl. Edenhofer in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 2247 BGB Rdn. 3). Auch der favor testamenti (§ 2084 BGB) hilft nicht über das fehlende Schriftformerfordernis hinweg; fehlende gesetzliche Formerfordernisse, wie hier etwa die fehlende eigenhändige Unterschrift, können nicht über eine am Erblasserwille ausgerichtete Auslegung nach § 2084 BGB ersetzt werden (vgl. Edenhofer in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 2084 BGB Rdn. 15; ders., a.a.O, § 2247 BGB Rdn. 3). Dabei ist zu beachten, dass sich Inhalt. Auslegung und materiell-rechtliche Wirkungen des vor dem 03. Oktober 1990 errichteten Testamentes nach dem beim Erbfall geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch richten (vgl. Edenhofer in Palandt, BGB, 61. Aufl., Art. 235 § 2 EGBGB Rdn. 1; Rauscher in Staudinger, BGB, Bearbeitung 2003, Art. 235 § 2 EGBGB Rdn. 14; Leipold in Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., Art. 235 § 2 EGBGB Rdn. 14).

(2) Eine andere, durch das Landgericht nicht entschiedene Frage ist allerdings, ob die Formnichtigkeit der Schlusserbeneinsetzung sich auch auf die Wirksamkeit der wechselseitigen Erbeinsetzung der Ehegatten in dem gemeinschaftlichen Testament auswirken könnte.

(a) Die Formnichtigkeit der Verfügung über die Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten hätte die Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testamentes nur dann zur Folge haben können, wenn das ZGB eine Wechselbezüglichkeit der Verfügungen im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB kennen würde. Gemäß § 2270 Abs. 1 BGB hat die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen nämlich dann zur Folge, wenn die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament Verfügungen getroffen haben, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde. Wechselbezüglich sind in einem gemeinsamen Testament getroffene letztwillige Verfügungen, wenn die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre, § 2270 BGB. Dies bedeutet, dass jeder Ehegatte seine Verfügung gerade deshalb getroffen hat, weil auch der andere Ehegatte in bestimmter Weise verfügt hat und jede Verfügung nach dem Willen der gemeinsam Testierenden mit der anderen stehen oder fallen soll (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 1999, 1541, 1542; OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1572, 1573; KG OLGZ 1993, 398, 400; BayObLG FamRZ 1984, 1154, 1155; BayObLG FamRZ 1986, 392, 393).

Eine § 2270 BGB entsprechende Vorschrift enthält das ZGB allerdings nicht. Haben Eheleute ein gemeinschaftliches Testament errichtet, für das das ZGB gilt, dann ist grundsätzlich die Gültigkeit jeder von ihnen getroffenen Verfügungen für sich zu beurteilen (vgl. Musialek in Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 2270 BGB Rdn. 19).

(b) Die Unwirksamkeit der Schlusserbeneinsetzung zieht hier schließlich auch nicht nach Maßgabe des § 2085 BGB die Gesamtnichtigkeit des Testamentes nach sich, selbst wenn man zugunsten der Beteiligten annehmen wollte, dass die Erblasser die wechselseitige Erbeinsetzung ohne die unwirksame Verfügung nicht getroffen haben würden, etwa weil der vorverstorbene Erblasser K. M. seine überlebende Ehegattin in dem gemeinschaftlichen Testament nicht als Alleinerbin eingesetzt hätte, wenn diese nicht zugleich ihrerseits die Beteiligte zu ihrer Erbin berufen hätte. Der Heranziehung der Auslegungsregelung des § 2085 BGB steht zwar nicht schon das Errichtungsstatut des Art. 235 § 2 EGBGB entgegen. Denn Inhalt und Auslegung der testamentarischen Verfügungen werden von Art. 235 § 2 EGBGB nicht erfasst und beurteilen sich dementsprechend nach dem am 03. Oktober 1990 geltende Erbrecht des BGB (vgl. Edenhofer in Palandt, BGB, 61. Aufl., Art. 235 § 2 EGBGB Rdn. 1; Rauscher in Staudinger, BGB, Bearbeitung 2003, Art. 235 § 2 EGBGB Rdn. 14; Leipold in Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., Art. 235 § 2 EGBGB Rdn. 14).

Allgemein anerkannt ist jedoch, dass die Auslegungsregel des § 2085 BGB auf formungültige Nachträge und Zusätze keine Anwendung findet. § 2085 BGB kann nicht herangezogen werden, wenn einem formgerecht errichteten Testament ein dieses abänderndes formungültiger Nachtrag oder Zusatz hinzugefügt wird, hier gilt vielmehr das ursprüngliche Testament vielmehr seinem vollem Umfang nach fort (vgl. Leipold in Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 2085 BGB Rdn. 7; Johannsen in RGRK-BGB, 12. Aufl., § 2085 BGB Rdn. 4; Edenhofer in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 2085 BGB Rdn. 3). Im übrigen kann auch durch § 2085 BGB nicht der Ersatz der unwirksamen durch die mutmaßlich gewollte Verfügung erreicht werden (vgl. Edenhofer in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 2085 BGB Rdn. 1).

dd) Soweit die Beteiligte mit Anwaltsschriftsatz vom 16. Februar 2006 die Anfechtung des gemeinschaftlichen Testamentes nach § 2078 BGB erklärt hat, fehlen hierzu Feststellungen des Landgerichts als Tatsacheninstanz. Das Landgericht hat sich mit der Testamentsanfechtung in dem angefochtenen Beschluss nicht befasst.

(1) Der Senat kann jedoch gleichwohl von einer Zurückverweisung an die Vorinstanz absehen und in der Sache selbst entscheiden, denn die Vorentscheidung des Landgerichts erweist sich aus anderen Gründen als richtig (vgl. BayObLGZ 1970, 105, 108; BayObLG FamRZ 1991, 1353 zitiert nach juris; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 16. Aufl., § 27 FGG Rdn. 59).

Die Voraussetzungen für eine eigene Sachentscheidung des Senates liegen hier vor, denn die zur Entscheidung erforderlichen Tatsachen stehen fest. Der Senat kann insofern aufgrund des Vorbringens der Beteiligten eine selbständige, von der bisherigen abweichende, Tatsachenwürdigung vornehmen. Diese führt hier im Ergebnis zu einer Bestätigung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts.

(2) Der Senat kann dabei für seine Entscheidung dahin gestellt sein lassen, ob die Testamentsanfechtung der Beteiligten nach §§ 2078, 2080, 2081, 2082 BGB durchzugreifen vermag. Denn in diesem Fall könnte die Beteiligte den von ihr beantragten Erbschein für Frau I. M. als Alleinerbin ihres Ehegatten jedenfalls nicht auf die testamentarische Verfügung der Ehegatten vom 23. August 1986 stützen.

Ob ein Anfechtungsgrund nach § 2078 BGB vorgelegen hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn der Senat von der Wirksamkeit der Testamentsanfechtung ausgehen wollte, würde dies - entgegen der Ansicht der Beteiligten - nicht etwa eine Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten herbeiführen: Rechtsfolge einer wirksamen Testamentsanfechtung gegen die beiderseitige Erbeinsetzung der Ehegatten wäre die Nichtigkeit des gemeinschaftlichen Testamentes nach § 142 Abs. 1 BGB, die wechselseitige Erbeinsetzung der verstorbenen Ehegatten wäre mithin ungültig und das gemeinschaftliche Testament könnte insgesamt keine Rechtswirkungen entfalten, was aber - bei Fehlen einer wirksamen testamentarischen Verfügung - letztlich die gesetzliche Erbfolge nach §§ 1924 Abs. 1, 1931 Abs. 1, Abs. 3, 1371 BGB auslösen würde. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten trägt der gesetzlichen Erbfolge nach dem Erblasser K. M. gemäß §§ 1922 Abs. 1, 1924 Abs. 1, 1931, 1371 BGB indessen nicht Rechnung.

Im Falle gesetzlicher Erbfolge wäre die Ehegattin I. M. gemäß § 1931 Abs. 1, Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 1371 BGB zu einem Erbteil von 1/2 und die Beteiligte als Abkömmling des Erblassers und damit Erbin der ersten Ordnung gemäß § 1924 BGB daneben ebenfalls zu 1/2 zu gesetzlichen Erben des vorverstorbenen Erblassers K. M. berufen. Bei gesetzlicher Erbfolge wäre die Beteiligte zwar aufgrund ihrer Rechtstellung als Miterbin nach dem Erblasser K. M. grundsätzlich nach § 2353 BGB berechtigt, einen Erbschein zu beantragen. Der vorliegende Erbscheinsantrag für Frau I. M. als Alleinerbin ihres vorverstorbenen Ehegatten entspricht der gesetzliche Erbfolge allerdings nicht.

b) Der Senat wäre aber auch gehindert, das Nachlassgericht zur Erteilung eines der gesetzlichen Erbfolge entsprechenden Erbscheins anzuweisen.

Gemäß §§ 2353, 2356 BGB wird der Erbschein nur auf Antrag erteilt. Das Nachlassgericht kann dabei nur entweder dem Antrag, so wie er gestellt ist, statt geben oder ihn insgesamt abweisen, ist aber nicht berechtigt, einen Erbschein mit einem anderen als dem beantragten Inhalt zu erteilen. Es ist mithin an den stets notwendigen Antrag, der sich auf einen bestimmten Inhalt richten und das beanspruchte Erbrecht genau bezeichnen muss, gebunden und darf daher keinen andern als den beantragten Erbschein erteilen (vgl. BayObLGZ 1970, 105, 110; BayObLG FamRZ 2000, 1231, 1232; Edenhofer in Palandt, BGB, 65. Aufl. § 2353 BGB Rdn. 21). Es kann folglich auch nicht zur Erteilung eines solchen Erbscheins angewiesen werden (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 1231, 1232). Da die Beteiligte einen der gesetzlichen Erbfolge entsprechenden Erbschein nicht beantragt hat, muss eine entsprechende Anordnung unterbleiben.

Ein solcher Erbscheinsantrag könnte jedoch - vorbehaltlich der Wirksamkeit der Testamentsanfechtung - jederzeit bei dem hierfür zuständigen Nachlassgericht (§§ 2353 BGB, 73 Abs. 1 FGG) gestellt werden. In dem Verfahren der weiteren Beschwerde kann er schon deshalb nicht nachgeholt werden, weil er bereits nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war (vgl. ebenso BayObLG FamRZ 2000, 1231, 1232).

III.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Gerichtskosten auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Da in dem Rechtsbeschwerdeverfahren außer der Antragstellerin weitere Verfahrensbeteiligte nicht zu verzeichnen sind, ist eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG nicht veranlasst.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Geschäftswertes der Rechtsbeschwerde folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30, 31 Abs. 1, 107 Abs. 2 KostO. Der Beschwerdewert bemisst sich demzufolge nach dem von der Beteiligten angegebenen Wert des nach Abzuges der Nachlassverbindlichkeiten verbleibenden Nachlasses für den Zeitpunkt des Erbfalls. Der Senat hat sich dabei an der Wertfestsetzung in dem Beschluss des Landgerichts orientiert, den die Beteiligte auch nicht angegriffen hat.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 2270

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