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13.03.2007 · IWW-Abrufnummer 070862

Landgericht Düsseldorf: Beschluss vom 10.01.2007 – 19 T 361/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


LANDGERICHT DÜSSELDORF

BESCHLUSS

19 T 361/06
106 II 1090/06 AG Neuss

In der Rechtsanwaltsvergütungssache

des Rechtsanwaltes

- Antragsteller und Beschwerdeführer -

hat die 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
am 10.01.2007
durch den Richter am Landgericht Dr. Wermeckes als Einzelrichter

b e s c h l o s s e n:

Auf die Beschwerde des Antragstellers werden die Entscheidungen des Amtsgerichts Neuss vom 30.10.2006 und 21.11.2006 - 106 II 1090/06 - aufgehoben.

Dem Amtsgericht Neuss wird aufgegeben, den Antrag des Antragstellers vom 18.10.2006 (Bl. 1 ff. d. A.) unter Beachtung nachstehender Gründe erneut zu bescheiden.

Gründe

Die Beschwerde ist gemäß §§ 56, 33 RVG statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie ist insoweit erfolgreich, als die Sache nach Maßgabe nachstehender Gründe an das Amtsgericht zurückzugeben war.

Zu Unrecht hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers auf Festsetzung und Auszahlung der für die Beratungshilfesache ?Umgangsrecht? beantragten Gebühren und Auslagen mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich bei den Gegenständen ?Umgangsrecht? und ?Unterhalt? gebührenrechtlich um eine Angelegenheit, die auch nur einmal abgerechnet werden könne, was dann auch zum Az. 106 II 491/06 geschehen sei.

Im Einzelnen:

Das Amtsgericht hat am 15.05.2006 einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt für ?folgende Angelegenheit? erteilt: ?Umgangsrecht, Unterhalt pp?.

Für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe erhält der Rechtsanwalt gemäß § 44 RVG eine Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG i. V. mit VV Nr. 2500 - 2508. Gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

Maßgebend ist - da es um die Vergütung des Rechtsanwaltes geht - der gebührenrechtliche Begriff der Angelegenheit i. S. der §§ 15 ff. RVG und nicht ein etwaig davon abweichender Begriff der Angelegenheit i. S. des § 2 Abs. 2 BerHG. Unerheblich ist deshalb auch, dass lediglich ein Berechtigungsschein - nämlich für ?Umgangsrecht? und ?Unterhalt? - erteilt worden und dort der Begriff der Angelegenheit lediglich im Singular verwendet worden ist.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts handelt es sich bei den anwaltlichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Regelung des Umgangsrechts einerseits und der Unterhaltsverpflichtung andererseits nicht um eine - dieselbe - Angelegenheit; vielmehr sind es zwei Angelegenheiten, die gebührenrechtlich getrennt zu behandeln sind.

Auch bei der Beratungshilfe ist ebenso wie bei den Wahlanwaltsgebühren von einer Angelegenheit (nur dann) auszugehen, wenn ein einheitlicher Auftrag vorliegt, sich die Tätigkeit des Anwalts im gleichen Rahmen hält und ein innerer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Gegenständen der anwaltlichen Tätigkeit besteht (vgl. Madert, in: Gerold u. a., RVG, 17. Aufl. 2006, § 15 Rn. 6 ff., m. w. Nachw.).

Diese Voraussetzungen sind mit Blick auf die hier in Streit stehenden Gegenstände ?Umgangsrecht? und ?Unterhalt? nicht erfüllt. Wenn auch beide Gegenstände ihren gemeinsamen Grund in der Trennung der Eheleute haben, so stellt dies zwar die einheitliche Ursache für das anwaltliche Tätigwerden dar, aber eben nicht mehr (vgl. auch OLG Düsseldorf, MDR 1986, 157, 158). Bei der Regelung des Unterhalts handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt als bei der Regelung des Umgangs mit dem gemeinschaftlichen Kind; sie sind verschieden voneinander, werden in der Regel in eigenständigen unterschiedlichen Verfahren geltend gemacht und können sich völlig auseinander entwickeln (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O.; OLG Hamm, FamRZ 2005, 532).

Der abweichenden Auffassung, die in der hier zu entscheidenden Konstellation oder vergleichbaren Konstellationen nicht mehrere, sondern eine gebührenrechtliche Angelegenheit annimmt (vgl. die Nachweise bei Madert, a. a. O., VV 2500 - 2800 Rn. 26 m. Fn. 51, und bei AG Brandenburg, Beschluss vom 24.11.2005, Az. 51 II 1060/05, zitiert nach Juris), folgt die Kammer - Einzelrichter - nicht, - zumal auch das Bundesverfassungsgericht - noch zur BRAGO - in einem Nichtannahmebeschluss vom 31.10.2001 (Az. 1 BvR 1720/01, zitiert nach Juris) ausgeführt hat, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht viel dafür spricht, die Beratung über den Unterhalt des Kindes und das Umgangs-recht des Vaters nicht als dieselbe Angelegenheit gemäß § 13 Abs. 2 S. 1 BRAGO anzusehen, um den Rechtsanwalt, der in der Beratungshilfe ohnehin zu niedrigen Gebühren tätig wird, nicht unnötig zu belasten.

Die Regelung in § 16 Nr. 4 RVG rechtfertigt keine abweichende Entscheidung, - im Gegenteil unterstreicht sie die hier vertretene Auffassung.

Nach § 16 Nr. 4 RVG sind eine Scheidungssache und die Folgesachen dieselbe Angelegenheit. Zwar handelt es sich bei den beiden in Streit stehenden Gegenständen ?Umgangsrecht? und ?Unterhalt? um solche, die unter den Begriff der Folgesachen i. S. des § 621 Abs. 1 Nr. 2 und 4 ZPO fallen. Allein die Existenz der Regelung, wonach beim Scheidungsverbund das Gesamtverfahren kostenrechtlich als Einheit zu behandeln ist, zeigt jedoch, dass der Sache nach alle Verfahren selbständig sind und eine Vereinheitlichungsnorm - nämlich § 16 Nr. 4 RVG bzw. vormals § 7 Abs. 3 BRAGO - notwendig war (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O.).

Zwar findet § 16 Nr. 4 RVG - wie oben dargestellt - im Grundsatz auch bei der gebührenrechtlichen Behandlung der Beratungshilfe Anwendung. Allerdings gilt die Regelung für eine ?Scheidungssache und die Folgesachen (§ 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, § 623 Abs. 1 bis 3, 5 der Zivilprozessordnung)?. Unter diese Begriffe kann jedoch der hier relevante Zeitraum der Trennung vor der Ehescheidung, auf den sich die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe erstreckt hat, nicht fallen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.10.2006, Az. 8 W 360/06, zitiert nach Juris). Die Trennungszeit - und nur auf diese bezog sich die Beratungshilfe, deren Vergütung hier geltend gemacht wird - wird nicht von der Scheidungssache umfasst und ihre Regelung gehört nicht zu den Folgesachen, in denen eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist. Aus dem Wort "Folgesachen" und aus der Formulierung in § 623 Abs. 1 ZPO ?soweit eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist?, ergibt sich, dass damit nur Scheidungsfolgen gemeint sind, für die auch das Verbundverfahren vorgesehen ist. Damit zieht das Gesetz eine zeitliche Grenze: Regelungen für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung können nicht mit dem Scheidungsausspruch verbunden werden.

Für die Festsetzung der Beratungshilfevergütung bleibt festzuhalten, dass es sich bei den Tätigkeiten hinsichtlich des Gegenstandes ?Umgangsrecht? und hinsichtlich des Gegenstandes ?Unterhalt? um gebührenrechtlich mehrere Angelegenheiten handelt.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

RechtsgebietRVGVorschriften§ 15 RVG

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