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23.02.2007 · IWW-Abrufnummer 070114

Finanzgericht München: Urteil vom 26.07.2006 – 4 K 4359/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 4 K 4359/03

Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache XXX

wegen Erbschaftsteuer
hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung XXX
ohne mündliche Verhandlung am 26. Juli 2006
für Recht erkannt:

1. Unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 18.1.2000 und der Einspruchsentscheidung vom 24.9.2003 wird die Erbschaftsteuer auf 2.790,11 ? (5.457 DM) herabgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 6/10 und der Beklagte zu 4/10.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Gründe

Streitig ist, ob der Erwerb eines widerruflichen Bezugsberechtigten aus einer Lebensversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) der Erbschaftsteuer unterliegt, wenn er die Versicherungsprämien dafür (teilweise) selbst gezahlt hat.

I.

Der am 1.10.1998 in München verstorbene Erblasser A B hatte im Vertrag mit der C Lebensversicherungs-AG geschlossenen Versicherungsvertrag Nr. XY vom 1.3.1994, dessen Versicherungsnehmer und auch versicherte Person er war, zugunsten seiner Lebensgefährtin, der Klägerin, eine widerrufliche Bezugsberechtigung auf den Todesfall eingeräumt. Der Auszahlungsbetrag betrug nach Mitteilung der C Versicherung 47.721,50 DM (Bl. 8 Finanzamts- Akte).

Ferner war der Erblasser Versicherungsnehmer der Versicherung Nr. XZ seit dem 1.6.1994 bei der C Lebensversicherungs-AG; versicherte Person war die Klägerin. Ab 4.12.1998 wurde die Klägerin auch Versicherungsnehmerin dieses Vertrages. Der Rückkaufswert einschließlich Gewinnbeteiligung betrug 14.673,10 DM, die eingezahlten Beträge 22.654,22 DM (Bl. 11 Finanzamts-Akte).

Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 18.1.2000 (Bl. 19 Finanzamts-Akte) setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer für den Erwerb der Klägerin wie folgt fest:

Erwerb 62.395 DM
./. Freibetrag, § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG 10.000 DM
steuerpflichtiger Erwerb - abgerundet 52.300 DM
Steuerklasse III, Steuersatz 17%
17% * 52.300 DM = 8.891 DM

Als Besteuerungsgrundlage wurden folgende Werte angesetzt:

C Lebensversicherung Nr. XY 47.722 DM (Bl. 8 Finanzamts-Akte )
C Lebensversicherung Nr. XZ
(Rückkaufswert) 14.673 DM (Bl. 11 Finanzamts-Akte)
62.395 DM

Im Einspruchsverfahren brachte die Klägerin vor, dass die monatlichen Versicherungsprämien in Höhe von 165,10 DM (Vertrag Nr. XY) für 24 Monate (insgesamt 3.962,40 DM) und die Prämien für die Vertrags Nr. XZ in Höhe von 422,90 DM seit Oktober 1996 25 Monate lang (insgesamt 10.572,50 DM) von ihr aus eigenem Vermögen bezahlt worden seien, so dass der ausbezahlte Versicherungsbetrag bzw. der Rückkaufswert nicht der Erbschaftsteuer unterliege (Bl. 24 Finanzamts-Akte).

Die Zahlungen wurden durch entsprechende Kontoauszüge der Klägerin nachgewiesen (Bl. 77 ff Finanzamts-Akte). An Prämien wurden für Versicherung Nr. XY insgesamt DM 9.245 und für den Versicherungsvertrag Nr. XZ DM 22.654 erbracht.

Der Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung vom 24.9.2003).

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass die Auszahlung der Lebensversicherungssumme das Ergebnis ihrer eigenen Prämienzahlungen ab 1996 gewesen sei (s. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.12.1993, 4 K 1130/93, EFG 1994, 665).

Da der Erblasser ab 1.1.1996 arbeitslos geworden sei, habe sie die Beträge als ihre Beiträge weiter bezahlt.

Obwohl sie nur widerruflich und für den Todesfall bezugsberechtigt gewesen sei, hätte der Erblasser nicht ohne ihre Einwilligung die Bezugsberechtigung ändern können. Dadurch, dass sie die Prämien bezahlt habe, zu deren Leistung der Erblasser aufgrund seiner Arbeitslosigkeit nicht in der Lage gewesen sei, habe er sie als Bezugsberechtigte im Vertrag belassen, andernfalls hätte sie ihre Zahlungen eingestellt. Wirtschaftlich betrachtet sei der Erblasser daher bei der Gestaltung des Versicherungsvertrages von ihrem Willen abhängig gewesen. Sie habe damit faktisch die Stellung des Versicherungsnehmers innegehabt.

Bezüglich des Versicherungsvertrages Nr. XZ sei ihre Position im Innenverhältnis noch stärker gewesen als bei dem anderen Versicherungsvertrag, weil sie auch versicherte Person gewesen sei. Insoweit handele es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinne von § 74 WG, bei der die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zuständen, § 75 Abs. 1 WG.
Wenn sie selbst die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend machen könne, sei ihre Stellung im Innenverhältnis der eines Versicherungsnehmers gleichzustellen. Außerdem seien die Ansprüche aus dieser Versicherung vom Erblasser zur Sicherung eines von ihr bei der Münchner Bank aufgenommenen Darlehens an diese abgetreten worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 18.1.2000 und der Einspruchsentscheidung vom 24.9.2003 die Erbschaftsteuer auf 0 ? herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

Erbschaftsteuer nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG wird bei Bezug einer Versicherungssumme ausgelöst, wenn die Einräumung des Bezugsrechts im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und dem Dritten (sogenannte Valutaverhältnis) objektiv und subjektiv unentgeltlich war.

1. Soweit die Prämien für den Vertrag Nr. XY von der Klägerin als Bezugsberechtigte und somit als künftige Empfängerin der Versicherungssumme selbst gezahlt wurden und diese Prämien das Entgelt für die Leistung der Versicherungsgesellschaft darstellen, fehlt es an der Entreicherung des Versicherungsnehmers (Erblasser) bzw. an einer Bereicherung der Klägerin durch ihn. Dass der Erblasser als Versicherungsnehmer trotz der Prämienzahlung durch die zum Bezug berechtigte Klägerin im Deckungsverhältnis des Vertrags zugunsten Dritter der Vertragspartner (= Versprechensempfänger) des Versicherers (= Versprechender) bleibt, rechtfertigt nach Auffassung des Senats keine andere Beurteilung (s. auch Gebel, ZEV 2005, S. 236, 239; Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 3 Tz. 293; s. auch Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.12.1993 , Aktenzeichen 4 K 1130/93, EFG 94, S. 605).

Dass der Klägerin das Bezugsrecht entsprechend § 166 WG nur widerruflich eingeräumt war, ändert daran nach Auffassung des Senats im Gegensatz zur Auffassung der Finanzverwaltung in R10 Abs. 2, S. 4 ErbStR 2003 sowie dem Urteil des Niedersächsischem Finanzgerichts vom 16.11.2005, Aktenzeichen 3 K 47/04, EFG 2006, S. 910, nichts.

Denn unabhängig davon, ob jemand widerruflich oder unwiderruflich als Bezugsberechtigter benannt ist, entsteht der Anspruch auf die Versicherungssumme erst mit Eintritt des Versicherungsfalles (s. Fuhrmann, ErbStB 2005, 355, 356). Außerdem kann der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung im Versicherungsfall in beiden Fällen gemäß § 333 Bürgerliches Gesetzbuch noch zurückweisen.

2. Soweit der Rückkaufswert der auf die Klägerin übergegangenen Versicherung Nr. YZ auf Eigenleistung der Klägerin beruht, fehlt es gleichfalls an einer Entreicherung des Erblassers bzw. des Versicherungsnehmers.

3. Entsprechend dem Verhältnis der Verkehrswerte der jeweiligen Leistungsanteile ist der Erwerb der Versicherungssumme bzw. des Rückkaufswertes in einen steuerbaren Teil und einen nicht steuerbaren Teil, der durch Eigenleistung erworben ist, aufzuteilen.

Bei der Versicherungssumme wurden für die Versicherungs-Nr. XY insgesamt 9.245 DM, davon 3.962,40 DM von der Klägerin einbezahlt, somit sind 42,86 % der Versicherungssumme steuerfrei, so dass 57,14 % von 47.722 DM steuerpflichtig sind, also 27.270 DM.

Beim Rückkaufswert wurden für die Versicherungs-Nr. XZ insgesamt 22.654 DM, davon 10.572,50 DM durch die Klägerin einbezahlt, somit sind 46,67 % steuerfrei, so dass 33,33 % von 14.673 DM steuerpflichtig sind, also 4.890 DM.

Dies ergibt zusammen einen steuerpflichtigen Erwerb von 32.160 DM.

Abzüglich des Freibetrages von 10.000 DM ergibt dies einen steuerpflichtigen Erwerb (abgerundet) von 32.100 DM. Bei einem Steuersatz von 17 % in Steuerklasse III ergibt dies eine Steuer von 5.457 DM (= 2.790,11 ?).

4. Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Altern., FGO zuzulassen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

RechtsgebieteBGB, ErbStG, ErbStR, VVGVorschriften§ 333 BGB, § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, R 10 Abs. 2 S. 4 ErbStR, § 166 VVG

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