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08.01.2007 · IWW-Abrufnummer 070053

Landgericht Braunschweig: Beschluss vom 19.08.2005 – 8 S 385/05 [039]

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Straßenverkehr
Nutzungsausfall
Ersatz für Nutzungsausfall trotz Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs erst nach mehreren Monaten

BGB § 249

Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung ist nicht schon deshalb wegen Fehlens des erforderlichen Nutzungswillens zu verneinen, weil der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug erst mehrere Monate nach dem Unfallereignis anschafft.

Aus den Gründen:

1. Hinsichtlich der Kostenpauschale vertritt die Kammer unter Berufung auf das Urteil des LG Braunschweig vom 26.7.2001 (NJW-RR 2001, 1682) die Auffassung, dass grundsätzlich eine Auslagenpauschale in Höhe von 25 Euro angemessen ist.

2. Soweit es im Übrigen ausschließlich um die Frage geht, ob der Kl. und Berufungsbekl. Nutzungsausfallentschädigung auch dann geltend machen kann, wenn er ein Ersatzfahrzeug erst ca. fünf Monate nach dem Unfallereignis angeschafft hat, ist die Kammer der Auffassung, dass auch bei einer derartigen Sachlage ein Nutzungswille des Kl. und damit ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung vorliegt.

Grundsätzlich kann ein Unfallgeschädigter Nutzungsausfallentschädigung dann verlangen, wenn er Nutzungswillen und Nutzungsmöglichkeit hat. Vorliegend steht lediglich die Frage des Nutzungswillens im Streit. Dabei werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten, inwieweit von einem Nutzungswillen erst bei verspäteter Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs ausgegangen werden kann. Das OLG Köln (VersR 2004, 1332 = MDR 2004, 1114) geht davon aus, dass ein Nutzungswille dann nicht mehr vorliegt, wenn ein Geschädigter mehrere Monate zuwartet, bis er sein Fahrzeug reparieren lässt oder sich ein Ersatzfahrzeug beschafft, der fehlende Nutzungswille soll dann vermutet werden und ist vom Geschädigten zu entkräften. Dieser Auffassung folgen das LG Braunschweig in seiner Entscheidung vom 9.3.2000 (SP 2000, 238) und das LG Leipzig in seiner Entscheidung vom 25.1.2002 (SP 2002, 244) allerdings nur insoweit, als ein Ersatzfahrzeug überhaupt nicht angeschafft wird. Im vorliegenden Fall ist jedoch ein Ersatzfahrzeug durch den Geschädigten beschafft worden. Dies erfolgte zwar erst fünf Monate nach dem Unfall, es liegt jedoch eine Ersatzfahrzeugbeschaffung vor.

Die Gegenauffassung ist der Ansicht, dass ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung auch dann besteht, wenn der Verletzte sich kein neues Fahrzeug anschafft und das beschädigte Fahrzeug nicht repariert hat. Für dieses Verhalten könne es nämlich unterschiedliche Gründe geben, allein die Tatsache, dass kein neues Fahrzeug angeschafft wurde, spreche jedoch nicht gegen einen Nutzungswillen (so OLG Düsseldorf NZV 2003, 379 [380]; LG Oldenburg vom 8.4.1999 4 S 1130/98 juris; KG VersR 2004, 1620 = NZV 2004, 470 {471]; vom 27.9.2004 12 U 270/02 juris). Der letztgenannten Auffassung schließt sich die Kammer an. Die Nutzungsausfallentschädigung soll die Vermögenseinbuße ausgleichen, die dem Verletzten durch den unfallbedingten Verzicht auf die Verfügbarkeit über sein Unfallfahrzeug entstanden ist. Ein solcher unfallbedingter Verzicht liegt auch dann vor, wenn kein Ersatzfahrzeug angeschafft und keine Reparatur durchgeführt wurde. Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben, dies spricht jedoch nicht gegen eine generelle Nutzungsmöglichkeit und einen Nutzungswillen des Verletzten. Die Tatsache, dass der Kl. zum Zeitpunkt des Unfalls über ein Fahrzeug verfügte, beweist bereits, dass er einen grundsätzlichen Nutzungswillen hatte. Allein die Tatsache, dass ein Ersatzfahrzeug nicht zeitnah angeschafft wurde, beseitigt nicht den Nutzungswillen. Hierzu müsste die Bekl. Weiteres vortragen und gegebenenfalls unter Beweis stellen. Dies ist jedoch nicht erfolgt, sodass von einem generellen Nutzungswillen weiter ausgegangen werden kann. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der so genannte Nutzungsausfallschaden bereits in dem Moment vorliegt, in dem der Wagen beschädigt wird und nicht mehr benutzt werden kann. Wenn aber im vorübergehenden Fortfall der Benutzbarkeit der eigentliche Vermögensschaden bereits entstanden ist (so BGHZ 40, 345 [349] = VersR 1964, 225 [226], kann eine gesetzlich nicht geregelte Frist ohne Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls nicht zum Ausschluss der Ansprüche führen.

Dementsprechend hat hier der Kl. auch den Anspruch auf Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung. Auch die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das AG das Fahrzeug nach der Nutzungstabelle nach Sanden/Danner eingeordnet und aufgrund des Alters um zwei Gruppen herabgestuft. Diese Schätzung nach § 287 ZPO durch das AG ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Der Rechtsstreit hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar hat das AG die Berufung gem. § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zugelassen, um eine einheitliche Rechtsprechung zu erzielen, die Kammer geht jedoch davon aus, dass es sich vorliegend nicht um eine grundsätzliche Rechtsfrage, sondern um einen Einzelfall handelt, der eine grundlegende Entscheidung nicht erfordert. Dies gilt umso mehr, als nunmehr ein Ersatzfahrzeug durch den Kl. angeschafft wurde. Es kommt auf die jeweilige Auslegung im Einzelfall unter Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs sowie die Dauer bis zum Zeitpunkt der Ersatzbeschaffung an. Dies ergibt sich so auch aus den zitierten Urteilen, sodass die Kammer insoweit davon ausgeht, dass die Berufung weder grundsätzliche Bedeutung hat noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO erforderlich ist.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 249

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