Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

21.12.2006 · IWW-Abrufnummer 063759

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 09.11.2006 – 6 K 2704/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
6 K 2704/04

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Umsatzsteuer 2000 und 2001

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat - im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 9. November 2006 durch XXX

für Recht erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger der Vorsteuerabzug aus den Kosten für die Errichtung einer Golfanlage zusteht.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein; er wurde am 29.09.1999 gegründet. Vereinszweck lt. Satzung ist die Pflege und Förderung des Golfsports; dieser wird verwirklicht durch Abhalten eines geordneten Spielbetriebs, Ausbildung von Übungsleitern, Einführung und Ausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen zur Ausübung des Sports, Teilnahme an regionalen und überregionalen Verbandsspielen, sowie Ausrichtung von Turnieren und Wettkämpfen. Mit vorläufiger Bescheinigung vom 14.01.2000 und Freistellungsbescheid vom 28.11.2001 wurde der Kläger als gemeinnützig anerkannt.

In den Jahren 2000 bis 2002 errichtete der Kläger die ersten 9 Spielbahnen einer geplanten 18-Loch-Anlage.

Im Streitjahr 2000 hatte der Kläger Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 3.900 DM und in 2001 in Höhe von 39.550 DM. Die Erlöse für den auf der Driving Range erteilten Unterricht betrugen 289,22 DM in 2000 und 1.898,00 DM in 2001.

In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre erklärte der Kläger die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen und Unterrichtsvergütungen als steuerpflichtige Umsätze ? Unterrichtsentgelte 16% und Aufnahmegebühren 7% ? und machte Vorsteuern aus der Errichtung der Golfanlage, dem Kauf von Betriebsvorrichtungen, sowie aus laufenden Kosten in Höhe von 4.371,55 DM in 2000 und 315.192,96 DM in 2001 geltend.

Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung, deren Ergebnis im Prüfungsbericht vom 21.08.2003 dargestellt ist, erließ der Beklagte am 24.09.2003 Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, mit denen er mangels Steuerbarkeit der Mitgliedsbeiträge und wegen der Steuerfreiheit der Einnahmen aus Golfunterricht den geltend gemachten Vorsteuerabzug nicht anerkannte.
Die Einsprüche, zu deren Begründung der Kläger sich auf das Urteil des EuGH vom 21.03.2002 Rs. C-174/00 berief, wurden mit Einspruchsentscheidung vom 07.10.2004 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, nach dem Urteil des EuGH vom 21.03.2002 Rs. C-174/00 seien die Jahresbeiträge der Mitglieder Gegenleistung für die vom Kläger erbrachten Dienstleistungen und damit steuerbar. Der Vorsteuerabzug sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nur dann ausgeschossen, wenn mit den zugrunde liegenden Lieferungen und sonstigen Leistungen steuerfreie Umsätze ausgeübt würden. Zwar seien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe m) der 6. EG-Richtlinie bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben, steuerfrei. Diese Richtlinienbestimmung sei jedoch nicht in das deutsche Umsatzsteuerrecht umgesetzt worden; deshalb könne der Beklagte sich nicht auf die Steuerfreiheit der Umsätze berufen.

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001 vom 24. September 2003 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2004 die Umsatzsteuer für die Jahre 2000 und 2001 entsprechend den erklärten Beträgen festzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, Deutschland sei seiner Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie durch Abschnitt 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) nachgekommen, indem das nationale Recht zur Erreichung des Ziel der Steuerfreistellung der Mitgliedsbeiträge von deren Nicht-Steuerbarkeit ausgegangen sei.

Durch das EuGH-Urteil vom 21.03.2002 Rs. C-174/00 trete im Ergebnis keine Änderung ein. Werde nunmehr auf Antrag ? entgegen Abschnitt 4 UStR ? Steuerbarkeit unterstellt, greife die übergeordnete Steuerbefreiung der 6. EG-Richtlinie. Nach dem Ergehen des EuGH-Urteils vom 21.03.2002 sei keine Gesetzesänderung in Gang gebracht worden, die das Recht auf Nichtbesteuerung eines grundsätzlich nach Gemeinschaftsrecht befreiten wirtschaftlichen Vorgangs, sei es durch Nichtsteuerbarkeit oder Steuerbefreiung, ohne Optionsmöglichkeit aufhebe. Das berechtigte Interesse der Steuerpflichtigen in die Rechtssicherheit des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems bleibe damit gewährleistet. Weder die Steuerpflicht der Mitgliedsbeiträge, noch der entsprechende Vorsteuerabzug seien zulässig. Die auf Null DM Steuerschuld lautenden Bescheide seien damit zu Recht ergangen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Mitgliedsbeiträge eines Sportvereins sind nach dem Urteil des EuGH vom 21.03.2002 Rs. C-174/00 Kennemer Golf & Country Club (UR 2002, 320) steuerbar. Zur Steuerpflicht der Mitgliedsbeiträge hat der EuGH entschieden, dass Besteuerungsgrundlage einer Dienstleistung alles ist, was als Gegenleistung für den geleisteten Dienst empfangen wird, wenn zwischen dem geleisteten Dienst und der erhaltenen Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Eine Leistung ist somit nur dann steuerpflichtig, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die erbrachte Dienstleistung darstellt. Der Umstand, dass der Jahresbeitrag ein Pauschalbetrag ist und nicht jeder jeweiligen Nutzung des Golfplatzes zugeordnet werden kann, ändert nichts daran, dass zwischen den Mitgliedern des Sportvereins und dem Verein selbst gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Die Leistung des Vereins besteht in der dauerhaften Zur-Verfügung-Stellung der Sportanlagen. Der EuGH bejaht deshalb den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung.

Ein Entgelt für eine steuerfreie Grundstücksüberlassung gemäß Art. 13 Teil B Buchstabe b) der 6. EG-Richtlinie ist in den Mitgliedsbeiträgen nicht enthalten (Urteile des EuGH vom 18.01.2001 Rs. C-150/99 Stockholm Lindöpark AB, UR 2001, 153 und des BFH vom 31.05.2001 - V R 97/98, BStBl II 2001, 658).

Damit sind die Mitgliedsbeiträge in vollem Umfang steuerbar und grundsätzlich steuerpflichtig.

Gemäß Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe m) der 6. EG-Richtlinie befreien die Mitgliedsstaaten allerdings bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben. Gemäß Abs. 2 können die Mitgliedsstaaten für die Steuerbefreiung dieser Dienstleistungen, wenn sie durch nicht öffentlich-rechtliche Einrichtungen erbracht werden, zur Bedingung machen, dass nicht systematisch Gewinn angestrebt wird und dass dennoch erzielte Gewinne nicht verteilt, sondern zur Verbesserung der Leistungen verwendet werden. Es handelt sich dabei um eine zwingende gemeinschaftsrechtliche Befreiungsnorm.

Der EuGH hat mit Urteil vom 21.03.2002 Rs. C-174/00 entschieden, dass es für die Beurteilung, ob systematisch Gewinn angestrebt wird, nicht auf die einzelnen Leistungen ankommt, sondern auf die jeweilige Einrichtung und dass eine Einrichtung dann nicht nach Gewinn strebt, wenn sie ? auch systematisch ? erzielte Gewinne nicht ihren Mitgliedern zugute kommen lässt, sondern für die Erbringung ihrer Leistungen verwendet.

Aus der Anerkennung der Gemeinnützigkeit ergibt sich, dass der Kläger nicht nach Gewinn strebt.

Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe m) der 6. EG-Richtlinie ist in Deutschland bislang nur im Rahmen des § 4 Nr. 22 b) UStG umgesetzt. Nach dieser Vorschrift sind sportliche Veranstaltungen, die von gemeinnützigen Vereinen durchgeführt werden, steuerfrei.

Nach der bisherigen Auslegung durch den BFH, der die reine Überlassung von Sportanlagen nicht unter § 4 Nr. 22 Buchstabe b) UStG subsumiert (z.B. Urteil vom 25.07.1996 ? V R 7/95, BStBl II 1997, 93), läge eine unzureichende Umsetzung der Richtlinie vor.

Unter Zugrundelegung dieser Auslegung käme der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zum Zuge, mit der Folge, dass Vereine sich unmittelbar auf die günstigere Richtlinie berufen können, sofern dies für sie steuerlich günstig wäre (ständige Rechtsprechung des EuGH, Zusammenstellung bei Birkenfeld, UR 2002, 153 ff., Fn. 16). Wäre die Steuerpflicht günstiger, könnten sie sich auf deutsches Recht berufen (Birkenfeld a.a.O., Fn. 17).

Da der Kläger eine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist, kann er sich also hinsichtlich der Steuerfreiheit der Mitgliedsbeiträge und Unterrichtsentgelte unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe m) der 6. EG-Richtlinie berufen. Soweit es an einer Umsetzung der Richtlinie in Deutschland fehlt, gilt die Steuerfreiheit dieser Umsätze allerdings für den Kläger nicht zwingend; er hat also ein Wahlrecht, ob er die Umsätze als steuerfrei oder steuerpflichtig behandeln will.

Wenn allerdings eine EU-konforme Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchstabe b) UStG möglich ist, muss diese vorgenommen werden. Dann sind die Leistungen entsprechend der Richtlinie zwingend steuerfrei; das Günstigkeitsprinzip gilt nicht (Birkenfeld a.a.O. S. 155 m.w.N. Fn. 18).

Der Senat ist der Auffassung, dass die richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchstabe b) UStG dahin gehend vorzunehmen ist, dass entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH unter den Begriff der sportlichen Veranstaltung auch die Überlassung von Sportstätten fällt. Sportliche Veranstaltungen sind nach allgemeiner Auffassung (Zusammenstellung bei Nieskens UR 2002, 345 ff., Fn. 18) die organisatorischen Maßnahmen eines Sportvereins, die es aktiven Sportlern ermöglichen, Sport zu treiben. An den Begriff der organisatorischen Maßnahme sind dabei keine großen Anforderungen zu stellen. Da die Überlassung des Golfplatzes den Sportlern die Ausübung des Golfsports ermöglicht, kann man darin bereits eine solche organisatorische Maßnahme sehen. Diese Auslegung führt zu einem richtlinienkonformen Ergebnis. Da somit eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchstabe b) UStG möglich ist, hat diese Vorrang. Die Vorstellung des Gesetzgebers bei Einführung der Vorschrift ist insoweit dann irrelevant.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Urteil weicht hinsichtlich des Begriffs der sportlichen Veranstaltung von der bisherigen Rechtsprechung des BFH ab.

Der Senat hat gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Rechtsmittelbelehrung XXX

RechtsgebietUStGVorschriften§ 4 UStG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr