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15.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063323

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 12.07.2006 – 19 W 41/06

Ein Schenkungswiderruf wegen Verletzung der ehelichen Treuepflicht kann ungerechtfertigt sein, wenn der Schenker durch seine Lebenspraxis zu erkennen gegeben hat, dass eheliche Treue für ihn nicht die hohe Bedeutung hat, die ihr üblicherweise beigelegt wird.


19 W 41/06

Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage abgelehnt. Denn es fehlt an der erforderlichen Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klageerhebung (§ 114 ZPO).

Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Rückübertragung des in der Antragschrift bezeichneten Miteigentumsanteils nicht zu.

Der geltend gemachte Rückübertragungsanspruch kann nicht aus dem Gesichtspunkt des Widerrufs einer Schenkung gemäß § 530 BGB geltend gemacht werden. Die Übertragung des Miteigentumsanteils gemäß Urkunde Nr. .../2002 der Notarin A vom 11.06.2002 an die Antragsgegnerin stellt keine Schenkung dar. Vielmehr handelt es sich um eine Zuwendung unter Ehegatten, der die Vorstellung oder Erwartung zugrunde liegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde oder die sonst um der Ehe willen oder als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und die darin ihre Geschäftsgrundlage hat (BGH NJW 1997, 2747 m.w.N.). Dieser rechtliche Ausgangspunkt ergibt sich hier daraus, dass die Übereignung in der notariellen Urkunde nicht als Schenkung, sondern als "Übertragung" bezeichnet wird. Diese steht ersichtlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem am selben Tage zuvor beurkundeten Ehevertrag der Parteien. In III. 2. des Ehevertrages vom 11.06.2002 wird die Absicht der Übertragung eines Miteigentumsanteils erklärt, die dann unmittelbar im Anschluss an die Beurkundung des Ehevertrages vollzogen wurde. Danach stellt sich die Übertragung des Miteigentumsanteils an die Antragsgegnerin als Bestandteil der ehevertraglichen Regelungen dar. Als Zweck dieser Regelungen gibt der Ehevertrag ausdrücklich - neben anderem - Würdigung und Ausgleich der Arbeitsleistung der Antragsgegnerin an. Danach diente die Übertragung der Miteigentumshälfte ersichtlich der Anerkennung der Dienste und Hilfe der Antragsgegnerin, die diese dem Antragsteller außerhalb und innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft leistete. In einer unbenannten Zuwendung unter Ehegatten liegt regelmäßig die Anerkennung eines gleichwertigen Beitrages beider Ehepartner (BGH NJW 1992, 564, 565; NJW 1982, 1093). Wegen der Übertragung des Miteigentumsanteils nicht im Wege einer Schenkung, sondern im Wege einer ehebezogenen Zuwendung kommt ein Widerruf der Schenkung nach § 530 BGB nicht in Betracht. Derartige Zuwendungen können bei Scheitern der Ehe nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu Ausgleichsansprüchen des Zuwendenden führen, wenn ihm die Beibehaltung der Vermögensverhältnisse, die durch die Zuwendung herbeigeführt worden sind, nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. Im gesetzlichen Güterstand ist ein Ausgleich allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn besondere Umstände den güterrechtlichen Ausgleich als nicht tragbare Lösung erscheinen lassen (BGH NJW 1997, 2747 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind nach dem Sachvortrag des Antragstellers und dem Ehevertrag vom 11.06.2002 nicht ersichtlich.

Die erforderliche Erfolgsaussicht der Klage ist selbst dann zu verneinen, wenn man die Anwendbarkeit des § 530 BGB wie das Landgericht oder einen dieser Norm vergleichbaren Maßstab für die Anwendung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage annimmt.

Allerdings ist die Verletzung der ehelichen Treuepflicht - hier durch die vom Antragsteller behauptete Fortsetzung einer außerehelichen Beziehung der Antragstellerin auch nach der Eheschließung - grundsätzlich als eine schwere Verfehlung gegen den Schenker anzusehen (BGH FamRZ 1985, 351 m.w.N.). Hier jedoch liegen Umstände vor, die es rechtfertigen, der behaupteten Eheverfehlung der Antragsgegnerin nicht das den Schenkungswiderruf eröffnende Gewicht beizulegen. Denn eheliche Treue hatte für den Antragsteller offenbar nicht die hohe Bedeutung, die ihr üblicherweise beigelegt wird. Obwohl er in früherer Ehe bis 1996 verheiratet war, unterhielt er seit 1982 eine außereheliche Beziehung zu der Antragsgegnerin.

Die aus dieser Lebenspraxis zutage tretende Relativierung der Bedeutung ehelicher Treue für den Antragsteller kann bei der Gewichtung des der Antragsgegnerin vorgeworfenen ehewidrigen Verhaltens nicht außer Betracht bleiben. Auch spricht die Regelung in III. 1. des Ehevertrages dafür, dass eine außereheliche Beziehung der Antragsgegnerin einen Schenkungswiderruf bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht rechtfertigt. Denn in III. 1. des Ehevertrages wird das Recht der Antragsgegnerin begründet, vom Antragsteller die Übertragung des vollständigen Grundbesitzes einschließlich des Mobiliars zu verlangen, falls dieser die Ehescheidung betreibt. Das bedeutet, dass der Antragsteller, wenn er wegen einer schweren Eheverfehlung der Antragsgegnerin - wie etwa der von ihm behaupteten langjährigen außerehelichen Beziehung - die Ehescheidung beantragt hätte, der Antragsgegnerin sogar noch die Miteigentumshälfte hätte übertragen müssen, die ursprünglich bei ihm verbleiben sollte. Vor diesem Hintergrund kann die behauptete außereheliche Beziehung der Antragsgegnerin nicht allein deshalb, weil der Ehescheidungsantrag von ihr und nicht vom Antragsteller gestellt wurde, als ein den Widerruf der Schenkung bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage rechtfertigender Grund angesehen werden. Selbst wenn die Regelung in III. 1. des Ehevertrages auf Betreiben der Antragsgegnerin mit Rücksicht auf die von ihr beabsichtigte Fortsetzung der ehewidrigen Beziehung aus ihrer Sicht der Absicherung für den Fall dienen sollte, dass der Antragsteller Kenntnis hiervon erhält, so konnte doch dem Antragsteller die Tragweite der von ihm akzeptierten Regelung nicht verborgen geblieben sein. Deshalb kann die sich nun nachteilig für den Antragsteller auswirkende Regelung des Ehevertrages auch nicht als weiteres ehewidriges Verhalten der Antragsgegnerin angesehen werden.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller bei Erwerb von dessen Miteigentumsanteil im November 2003 (vereinbarungsgemäß) nicht offenbarte, von wem sie die Mittel zur Bezahlung des Kaufpreises erhielt, stellt keine Täuschung und auch keine schwere Verfehlung gegen den Antragsteller dar. Aus der Behauptung einer mietfreien Nutzung einer ihr von ihrem Liebhaber zur Verfügung gestellten Wohnung durch die Antragsgegnerin ergibt sich lediglich eine weitere Facette der behaupteten außerehelichen Beziehung, nicht aber einen zusätzlicher Grund für den Widerruf der Schenkung bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Übertragung des Miteigentumsanteils.

Die Wegnahme von Hausrat ohne einvernehmliche Regelung und die Wegnahme einzelner im Alleineigentum des Antragstellers stehender Gegenstände durch die Antragsgegnerin im Dezember 2004 erfolgten, nachdem das Scheitern der Ehe offenbar geworden war. Mögen hierdurch auch Rechte des Antragstellers verletzt worden sein, kommt diesem Vorgang doch nicht das Gewicht zu, um einen Widerruf der Schenkung zu rechtfertigen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzunehmen. Das gilt auch für das Führen eines Rechtsstreits gegen den Antragsteller, um von diesem Miete oder Nutzungsentschädigung zu erlangen.

Schließlich ergibt auch die Gesamtschau der vom Antragsteller geltend gemachten Umstände keine andere Beurteilung.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 530

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