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10.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063271

Oberlandesgericht Zweibrücken: Urteil vom 26.04.2006 – 1 U 31/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Aktenzeichen: 1 U 31/05
2 0 133/03
Landgericht Landau in der Pfalz

Verkündet am: 26. April 2006

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Schadensersatzes aus Verkehrsunfall,

hat der 1. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Morgenroth sowie die Richter am Oberlandesgericht Klüber und Schwenninger auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2006 für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 3. März 2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Kläger begehren von den Beklagten Schadensersatz über 10.543,69 ? aus einem Verkehrsunfall vom 25. Januar 2003 in B...., bei dem ihr Fahrzeug BMW 540 I einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Die Haftung der Beklagten für den Unfallschaden ist ? zwischenzeitlich ? dem Grunde nach außer Streit.

Der Unfallwagen wurde zunächst zu einer Fachwerkstatt nach G... verbracht. Durch deren Vermittlung mietete der Kläger zu 1) bei der Fa. A...., für die Zeit vom 27. Januar bis 14. Februar 2003 nacheinander einen BMW 325 CI Cabrio, BMW 735 und BMW
X5 als Unfallersatzfahrzeug an. Die Rechnungen hierfür belaufen sich auf insgesamt 6.866,91 ?.

Mit Urteil vom 3. März 2005 hat das Landgericht die Beklagten zur Zahlung von insgesamt 8.826,96 ? nebst Zinsen verurteilt. Die Mietwagenkosten hat es wegen des Alters des Unfallfahrzeuges von 10 Jahren und einer Kürzung wegen Eigenersparnis um 25 % auf 5.150,18 ? gekürzt.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte zu 2), zugleich als Streithelferin für den Beklagten zu 1) gegen die Verurteilung zur Zahlung der Mietwagenkosten.

Sie behauptet, mangels Preisvereinbarung sei schon kein wirksamer Mietvertrag über das Mietfahrzeug zustande gekommen; zudem hätten die Kläger nicht nachgewiesen, überhaupt auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen zu sein. Letztlich seien die geltend gemachten Kosten der Höhe nach nicht erforderlich gewesen.

Die Kläger sind der Berufung entgegengetreten.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M..., K..., A..., J... und K... gemäß Beweisbeschlüssen vom 9. November 2005 und 10. Februar 2006 bzw. 5. April 2006. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 11. Januar 2006 und vom 5. April 2006 verwiesen.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat den Klägern zu Recht Mietwagenkosten zuerkannt.

1. Auf das Fehlen eines wirksamen Vertrages über ein Unfallersatzfahrzeug überhaupt können sich die Beklagten nicht mit Erfolg berufen. Ihr Hinweis, es sei im Mietwagengewerbe durchaus üblich, dass keine Preisvereinbarung getroffen werde, ist als neuer Vortrag im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO zu werten. Gründe, weshalb er zuzulassen wäre, sind nicht vorgebracht. Davon abgesehen ergibt sich aus den vorgelegten Mietverträgen, dass sich die Mietgebühr nach dem Unfallersatztarif der Schwacke-Liste
errechnet. Diese Bezugnahme ist ausreichend, der Mietzins ist damit bestimmbar (BGH NJW 2002, 3016, 3018; Palandt/Weidenkaff, BGB 65. Aufl. § 535 Rdnr. 1).

2. Der Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten scheitert im Ergebnis auch nicht an dem weiteren Einwand der Beklagten, die Kläger hätten sich mit ihrem Zweitfahrzeug begnügen können und müssen. Das Erfordernis und Bedürfnis, ein zweites Fahrzeug zur Verfügung zu haben, ist, worauf schon das Landgericht abgestellt hat, von den Klägern jedenfalls ab der Zeit, ab der die Klägerin aus dem Krankenhaus entlassen war, schlüssig dargetan (siehe dazu unten). Es ist nachvollziehbar, dass die Kläger, die in einer ländlichen Gegend wohnen und deren Fahrbedarf gerade wegen des Kleinkindes nicht sicher vorhersehbar und planbar war, wie zuvor und auch in der Folgezeit über ein zweites Fahrzeug verfügen wollten.

3. Das Landgericht hat auch zu Recht den so genannten Unfallersatztarif als geschuldet angenommen.

a) Den Klägern ist zwar nicht der Nachweis gelungen, dass die Übernahme der nach dem Unfallersatztarif errechneten Mietwagenkosten mit der Beklagten zu 2) verbindlich abgesprochen war, so dass deren Zahlungsverweigerung wegen des gewählten Tarifs jedenfalls treuwidrig wäre. Der Zeuge M... hat bekundet, mit einem Sachbearbeiter der Beklagten, dem Zeugen H..., wegen der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges durch die Kläger gesprochen zu haben. Er konnte sich aber nicht mehr konkret daran erinnern, dass dabei ein bestimmter Tarif oder sonstiger konkreter Betrag von ihm genannt und dieser seitens der Beklagten als in Ordnung gehend bestätigt wurde. Vor diesem Hintergrund bedurfte es daher auch nicht der Vernehmung des von der Beklagten zu 2) gegenbeweislich benannten Zeugen H....

b) Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der
Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Der Geschädigte verstößt allerdings nicht stets gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist. Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, ist auf seine spezielle Situation, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten Rücksicht zu nehmen (vgl. BGHZ 132, 373; VersR 2005, 241; VersR 2005, 381; VersR 2005, 663 sowie BGH Urteil vom 14. Februar 2006 VI ZR 32/05, zit. nach www.bundesgerichtshof.de). Zwar ist hier davon auszugehen, dass ein Normaltarif für Selbstzahler günstiger gewesen wäre. Das geht jedoch nicht zu Lasten der Kläger. Denn sie haben nachgewiesen, dass ihnen ein günstigerer Tarif nicht ohne weiteres zugänglich war. Hierfür hat ein Geschädigter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt ? zumindest auf Nachfrage ? kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war (BGH Urteil vom 14. Februar 2006 a.a.O.). So liegt es hier. Der Zeuge M... hat zwar glaubhaft bekundet, dass Kunden auch günstigere Tarife angeboten würden. Das setze aber ab der Gruppe 8 ? hier geht es um die Gruppe 9 ? voraus, dass hierfür zwei Kreditkarten eingesetzt werden. Entsprechend haben sich auch die Zeugen K..., Geschäftsführer der Autovermietung O... sowie der Zeuge J... von der Fa. A..., J. geäußert. Verlangt wird danach eine entsprechende wirtschaftliche Absicherung. Mit einer EC-Karte, wie sie der Kläger zu 1) nach seinen glaubhaften Angaben vor dem Senat im Zeitpunkt der Anmietung nur hatte, wäre ihm sonach ein günstigerer Tarif nicht angeboten worden und damit nicht zugänglich gewesen.

Die Anmietung eines Fahrzeuges zu günstigeren Bedingungen bei der weiteren von den Parteien genannten Fa. K... schied schon deshalb aus, weil diese Firma nach den Bekundungen des Zeugen A... damals überhaupt keine Fahrzeuge in der fraglichen Gruppe vorhielt.

Soweit die Beklagten zahlreiche weitere Firmen benannt haben, die Mietwagen anbieten, bedurfte es deren Berücksichtigung nicht. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, Marktforschung zu betreiben. Er muss also nicht sämtliche in einem Telefonbuch aufgeführten Firmen kontaktieren, bis möglicherweise ein Autovermieter mit einem im Vergleich günstigeren Tarif gefunden wird. So hat der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung vom 14. Februar 2006 (XI ZR 126/05, zit. nach www.bundesgerichtshof.de) ausgeführt, dass gegebenenfalls ein oder zwei Konkurrenzangebote einzuholen seien.

4. Der Höhe nach wirkt es sich nicht aus, dass die Kläger wegen des Krankenhausaufenthaltes der Klägerin zu 1), damit schon wegen fehlender Nutzungsmöglichkeit keinen Anspruch auf einen Mietwagen für die Zeit vom 27. bis 28. Januar 2003 hatten (Rechnung über 715,86 ?). Denn das Landgericht hat die Mietwagenkosten schon um 25 % wegen Eigenersparnis sowie wegen des Alters des Fahrzeugs von rund 10 Jahren gekürzt. Letzteres begegnet durchgreifenden Bedenken. Der Geschädigte hat grundsätzlich das Recht, sich das gleiche oder ein klassengleiches Fahrzeug anzumieten. Denn das Alter eines Fahrzeugs mindert nicht ohne weiteres dessen Gebrauchswert. Es gilt insbesondere dann, wenn das beschädigte Fahrzeug wie hier aufwendig zum Teil mit Sonderzubehör ausgestattet ist, wie aus dem Gutachten der Dekra vom 27. Januar 2003 folgt. Anhaltspunkte dafür, dass es erheblich abgenutzt war und keinen Komfort mehr geboten hätte, fehlen und werden von den Beklagten auch nicht geltend gemacht.

Bedenken gegen den Abzug ersparter Aufwendungen für das eigene Fahrzeug bestehen hingegen nicht. Die Kläger sind mit dem Mietwagen mehr als 1000 km (rund 1400 km) gefahren, sie liegen damit über der Grenze von rund 1000 km, ab der ein Abzug für Eigenersparnis in Betracht kommt (vgl. Becker/Böhme/Biela, Kraftverkehr und Haftpflichtschäden, 22. Aufl., D Rdnr. 59). Der Senat muss sich wegen der Eigen-ersparnis nicht auf eine bestimmte Quote festlegen, weil jedenfalls der nach Abzug von der Mietwagenrechnung von 715,86 ? noch zur Urteilssumme von 5.150,18 ? verbleibende Betrag von über 1.000,-- ? die Eigenersparnis in ausreichendem Maße abdeckt (über 15 %; vgl. OLG Hamm NZV 2001, 217: 10 %; vgl. weiter Himmelreich/Halm/Schmelcher, Verkehrsrecht, Kap. 5 Rdnr. 46 m.w.N.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vor-läufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB

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